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Birkenfelder, Calmvacher und Herrenalber Tagblatt
Amtsblatt für den Kreis Neuenbürg Parteiamtliche nationalsozialistische Tageszeitung
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Nr. 303
Neuenbürg. Donnerstag den 3V. Dezember 1937
Zeichen -es Massenstreik
AutzerorböNNWee KavinelkSrat — WrrkSbesetzuvaen durw die Mobile Garde Aufforderung zue Arbeitsaufnahme — ..Modikmaivung" der öffentlichen Dienste
Paris, 29. Dezember. Der Generalstreik aller öffentlichen Betriebe in Paris und Umgebung, der gm Dienstagabend angekündigt tvurde, ist h e u t e fr ii h aus gebrochen. Paris wird infolgedessen ab heute ohne Autobusse und Untergrundbahnen und — zumindest theoretisch — auch obne Gas. Wasser und Elektrizität sein. Es streiken ferner sämtliche öffentlichen Betriebe wie Müllabfuhr und Straßenreiniguna. Selbst die städt. Krankenhäuser haben sich der Streikbewegung an- gescblosscn. doch hat man grotzzügigerweise zugestandcn, „daß die Behandlung der Kranken darunter nicht leiden kolke". Die Gründe für dicken Streik — der Streikbeschluß wurde der Regierung be'elkbnendcrweike durch einen soeben erst aus Moskau ziiriickoeketzrten Vertreter der TranZtzortärbeiteraewerkschast mit- getcslt t!l — sollen kn de» Maßnahmen zu suchen sc'n, die die Regierung ergriffen hat. um die Auswirkungen des bereits bestehenden Transportstreiks zu lindern.
Der Generalstreik in Paris hat das Straßenbilö brr französischen Hauptstadt doll- ständig d rändert. Keine Untergrundbahnen, keine Autrbnffe, keine Straßenbahnen i-rhr. Rnnö 1"0 aast Personen streiken.
Im Ministcrpräsidium ist das Kabinett am späten Nachmittag zu einer außerordentlichen Sitzung zusamrneng: treten.
Während der Kabinettsrat noch tagte, erschien plötzlich Innenminister Marx Dormoy in dem Vorzimmer, in dem die Journalisten warteten und stellte die von einem Abendblatt gebrachte Meldung in Abrede, wonach er sich mit dem Befehlshaber des Wehrkreises von Paris, General Bouret, über Sicherhcitsvor- kehrungen unterhalten habe. Dormoy fügte hinzu, General Bouret habe ihm nur wie auch allen anderen Ministern seine Neuiharsglück- wünsche ausgesprochen.
Zur gleichen Stunde kam eine Abordnung der Streikenden der Werke Oueft-Lumiöre (Put aux) ins Ministcrpräsidium, um gegen die Besetzung der genannten Werke durch die Garde Mobile zu protestieren.
Die Polizei hat nämlich in mehrere« Fällen Energie gezeigt und hat die von Streikenden besetzten Merke gewaltsam geräumt und hält sie nun ihrerseits besetzt. Das ist zum Beispiel bei den Gaswerken in d:n Pariser Vororte« La Billette und Clichy, sowie bei mehreren Elektrizitätsstationen der Pariser Elektrizitätsxescllschaft der Fall. Außerdem hat die Polizei angesichts wiederholter Versuche der Streikenden, die die Angestellten größerer L bensmittelgeschäfte don Paris zur Arbeitseinstellung veranlassen wollten, bereits fünf Verhaftungen von Streikhctzern wegen Beeinträchtigung der Arbcitöfrciheit vorge- nommcn.
Die Polizei gab am Abend eine Mitteilung über die Streiklage in Paris aus. Danach werden sämtliche 30 Antobusdepots der Städtischen Verkehrsgesellschaft bestreikt. Vier davon sind von den Streikenden besetzt worden. Alle Ausgangstore der Depots werden pon Polizeitruppen bewacht. Von den zahlreichen Elektrizitätswerken der Pariser Elek- trizitätsgescllschaft wird in 1t Werken und 28 Unterstationen die Strombeliefernng aufrecht erhalten. Ebenfalls werden 1t Gasanstalten bestreikt. Bei den Wasserwerken hat die Polizei zehn Reservoirs besetzt. Die Wasserbelieferung wird, soweit es möglich ist, durchgeführt. In den Krankenhäusern. Spitälern und Entbindungsanstalten haben die Angestellten ihren Dienst normal dnrchge- führt. Die Angestellten der Stratzenreinigung streiken vollkommen.
Im Straßcnbild tauchen mehr und mehr die Mobilgardisten mit schwarzem Stahlhelm and umgehängtem Karabiner auf. Vor den Polizeirevieren n. an allen wichtigen Plätzen der Innenstadt sowie der Randviertel sind Militärlastkraftwagcn mit Abteilungen der
Mobilen Garde angefahren, um nötigenfalls zur Au'rechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung eingesetzt zu werden.
Der außerordentliche Kabinettsrat dauerte von 15.80 Uhr bis 19.00 Uhr. Nach seiner Beendigung verlas Unterstaatssekretär Bertrand folgende amtliche Verlautbarung:
„Ministerpräsident. Chautemps und Innenminister Dormoy haben dem Kabinettsrat die Lage auseinandergesetzt, die durch den Streik der öffentlichen Dienste entstanden ist. Die Regierung, ihrer Verantwortung bewußt, ist einmütig entschlossen, den Stillstand der öffentlichen Betriebe nicht zu dulden. Die Regierung will hoffen, daß das Personal von seiner besonderen Pflicht gegenüber dem Lande und vom Gefühl der nationalen Solidarität durchdrungen ist und die erforderliche Kaltblütigkeit und die Vernunft dadurch beweisen wird, daß es ohne Verzug die Arbeit wieder aufnimmt. '
Das Ergebnis des KabineltSrvIS
Der Kabinettsrat hat einmütig beschlossen, ans ällc Fälle die Ordnung aufrecht zu «tznl. ten Und das unerläßliche Funktionieren der öffentlichen Dienste zu gewährleisten."
Auf eine Frage antwortend, fügte der Unterstaatssekretär hinzu, daß die Regierungsmitglieder ohne Fühlungnahme mit den politischen Parteien und den Gewerkschaften beraten und entschieden hätten.
In Ergänzung des Kahinettsrates wird bekannt, daß die Negierung eine Art Mobilmachung der öffentlichen Dienste sowohl des Personals wie des Materials beabsichtigt, falls dev Streikbeschluß b's Gcwerkschaftsverban- des der öffentlichen Dienste nicht aufgehoben werden sollte. Diese Mobilmachung wurde die Elettrizitäts-, Wasser- und Gasversorgung in erster Linie betreffen. Ferner hat die Regierung bereits Maßnahmen getroffen, um den Einsatz der Militärlastkraftwagcn für bas Transportwesen zu verstärken.
Im Anschluß an den Kabinettsrat hatte
eine Abordnung des marxistischen Gewerk-^ schaftsverbandes EGT im Gebäude der Ministerpräsidentschaft mit den drei sozialdemokratischen Ministern Blum, Dormoy und Faure eine Besprechung. Nach Beendigung dieser Besprechung wurden sie vom Ministerpräsidenten Chautemps empfangen. Der Vorstand des Gewerkschäftsverbandes ist zu einer Beratung zusammengetketen. -
Im Anschluß an den Kabinettsrat empfing Ministerpräsident. Chautemps zusammen mit Staatsminister Paul Faure und Innenminister Dormoy die Vertreter der marxistischen Gewerkschaften, denen er die Beschlüsse der Regierung zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Abwicklung der öffentlichen Dienste bekanntgab. Der Ministerpräsident appellierte an das „bürgerliche Pflichtbewußt- fein" der Gewerkschaftsvertreter, diesem Streik sofort ein Ende zu setzen, dq er für die Pariser Bevölkerung wie für die gesamte französische Nation schwere Schäden mit sich bringe.
Der Präsident der Pariser Stndtverord- rrrtenbevsaml««ng «m Mittwoch nbrnb einen Aufruf zur Ruhe und Ordnung an die Pariser Bevölkerung herausgegeben, der in Nacht zum Donnerstag als Plakat in allen Stadtteilen angektebt wird. In dem Aufruf wird gesagt, der Pariser Streik könne „keine, Entschuldigung für sich in Anspruch nehmen".
Starker Kurssturz des Francs
London, 29. Dez. Der Pariser Verkehrsstreik erregt in England beträchtliches Aufsehen. Für sämtliche Abendblätter ist der Streik und insbesondere die Rede des Ministerpräsidenten Chautemps das Ereignis des Tages, über das sämtliche Blätter in aller Ausführlichkeit berichten. Die Vorgänge in Paris haben sogar die Börse beeinflußt und zu einem lebhaften Angebot französischer Francs geführt, die daher am Mittwoch im Kurse fielen und zum Teil fast unverkäuflich waren.
Gegen Judentum. Demokratie und VoMewiSmuS
Die neue rumünifche Reglern»« lm Amt — Neuwahlen lm April
Bukarest. 29. Dezember. Die Regierung yai gleich noch ihrer Vereidigung ihre Täligkeit ausgenommen. Noch in der Nacht wurden 41 neue Präsekten ernannt denen i'rr Lan^e des heutigen Tages die restlichen 30 folgten. Alle Verwaltungskörperschatfen werden aufgelöst und neu ernannt. Ebenso rechnet nmn auch mit der baldigen Auslösung des soeben gewählten Parlaments — dessen endgültige Zniammen- setznng übrigens immer noch nicht seststehl — und der Ausschreibung von Neuwahlen etwa iür Anfang April. Tie Aussichten der Negierung werden für diesen Fall günstig beurteilt.
Tie Presse batte inwlae der überraschend schnellen Losung der Krise noch nicht Gelegenheit. gnsssihrlich zur neuen Negierung Stellung zu nehmen. Das Negierungsblatt „Fora Nonstra" und die nationalen Plätter ..Enrentnl" . Universsil" ..Pornnca Bremst" nssv. begrüßen die Negierung. Im liberglen Parteiblatt . Viitonil" dem bisherigen Ne- gierugnsblgtt wird erklärt, daß heute mehr denn je Eintracht »nd Harmonie notwendig seien und die Liberale Partei sich zu dieser Politik bekennt. .Buna Bestire" das Platt der Eisernen Garde erklärt, daß die neue Neaiernng unterstützt wird, wenn sie ihr nationales Ideal zu erfüllen und die indischen Kräfte zu vernichten versucht. Tie linksgerichtete Presse zeigt große Zurückhaltung.
L'er tuoimie ..Aveverul" nrmmk ttverymipl nicht unmittelbar Stellung. Er klagt nur in einem Aussatz über die „Krise der Demokratie'.
Ganz allgemein geht der Eindruck dahin, daß die Männer, der Regierung den Nb» webrkamvs gegen die I.nden. die Demokratie und den Polschewis- m n s aus itzre F 'bnen geschrieben haben. Dagegen erschöpft sich ihre Stellungnahme keineswegs nur in dielen verneinend"« Ge- sichtsvnnkten. Ti" Bemühungen zur Hebung eines gefunden Panerntnms werden gerade ftnrch di? Peri,s„na führender Mitglieder der Nationalen Pa»"rnpar!e!. der sogenannten Na'wnal-Far-'nist"« in die Negierung unterstrichen. Tie Pem'",bungen werd"n sich weiter ans eine Nationgsisternng der Wirtschaft und vornehmlich der Presse die in Rumänien stark in jü^itchrn Händen ist richten. Auch die bodenständigen Volksgrupnen w-rden. wie man an^ den programmatischen Erklärungen de?- Ministerpräsidenten entnimmt, mit ihren Rechten und W"'nsthen ans Verständnis bei der Negierung stoßen.
In außenpolitischer Hinsicht er- kkärte der neue Außenminister I st r a t e Mieescn bei der Ilebernahme seine? Amtes ans den Händen seines Vorgängers Anto- nescu. daß er dessen wahrer N->chwtger sein wird. Er will gewissenhaft alle Pündnisse und Freundschaften, die die Peraanaenbeir
95. Jahrgang
Tibet,
Ltw ALmgkem an -er Waage
In Asien gärt es überall. Der Kundige sieht diese unterirdischen Anzeichen eines kommenden Vulkanausbruchs, wo der Laie absolut von der Ungefährlichkeit eines Schlagwortcs, eines Gedankens oder einer . politischen Maßnahme überzeugt ist. Das östliche Problem wurde, keineswegs durch den Abwehrkampf Japans gegen die rote Gefahr erst aufgcrollt- schon die Round-Table-Konserenz verdeutlichte die langsam fortschreitende Befreiung der indischen Böller.von der englischen Herrschaft. Man muß die Lage vom g e o p o l i t i s ch e n Standpunkt, aus betrachten, um.einen Einblick zu gewinnen. Mandschukuo steht gegen die Tschachar- Provinzen, China gegen Japan, Rußland arbeitet fieberhaft in Siukiang, Indien erwacht aus seiner Politik der „ahimsa", der Gewaltlosigkeit, mehr und mehr. An den Ufern des Ganges und Brahmaputra wachen. britische Geschütze und Flugzeuge und Iran verfolgt eine, durchaus moderne nationale Politik.
Die Karten scheinen weiter aufgedeckt zu liegen denn je. in Wirklichkeit sind sie mehr verschleiert als in früheren Jahrzehnten. Und niemand weiß, welche Pläne Stalin verfolgt, um zu einem großen Schlag auszuholen, falls die Aufwiegelung Europas nicht den gewünschten Erfolg zeitigen sollte. In Tibet schneiden sich die Interessensphären dreier Großmächte, nämlich England, Japan und Sowjetrußland. Niemals batte sich der Tibeter früher für Politik interessiert, M die Chinesen zu Beginn des. Weltkrieges hin- ausgrworfen wurden. Tie einflußreichen Mönchsorden bekämpften sich in dogmatischen Streitigkeiten, aber das änderte sich schlagartig, als der nach Indien geflohene Dalai Lama einen britischen Kommissar nach Lhasa mitbrachte. Das religiöse Oberhaupt, der Taschi Lama, mit dem Sitz in Taschilhümpo, war national eingestellt, der Dalai Lama aber war. englandfrenndlich. Er hatte gesehen, daß die Weiße Nasse in zivilisatorischer und kultureller Hinsicht seinem Land sehr große Vorteile zu bieten imstande war. Der Kampf der lamaisti« schen Mönchsorden entbrannte unter erweiterten Gesichtspunkten. Als der letzte Dalai Lama im Jahr 1934 starb, war es verständlich, daß die stärkste Partei einen ihr genehmen Thronfolger als „Wiederverkörperung" des Verstorbenen auswählte, der im Kindesalter unter Staatsaufsicht erzogen wird. Nun hatte sich der Taschi Lama schon'seit Jahren nicht mehr im eigenen Land sicher gefüblt, er lebte inkognito an der mongolisch-chinesischen Grenze. Bor kurzem kam die Nachricht, daß er auch gestorben sei. Ob eines natürlichen Todes, wird wohl immer rätselhaft bleiben.
Was heute Tibet eine so große Bedeutsamkeit verleiht, ist nicht die lamaistische Religion, nicht der große Reichtum des Landes an Metallen und die Pracht der Klöster und Tempel, sondern die Tatsache, daß die Interessensphären der drei Großmächte sich in diesem Land treffen. Der moderne Luftverkehr hat kaum jemals Aussichten, über Tibet direkte Fluglinien einzurichten. Die zahllosen, durch Berge und Hochpässe zerrissenen Täler reizen kein europäisches Volk, dort Niederlassungen zu gründen, obwohl Tibet, von der Größe Deutschlands, nur etwa vier Millionen Einwohner zählt. Das Land stellt heute ein Vakuum dar, es befindet sich in einem Zustand, welcher demjenigen Deutschlands im verflossenen Jahrzehnt gleicht. Maßgebend ist auch heute noch die Geistlichkeit. Obwohl der modernen Zivilisation mit wenigen Ausnahmen durchaus nnzugänalich tancht doch die Frage uns, welche der Mönchsparteien auf die Angebote fremder Mächte hört. Gewiß tut sie cs nur, um sich dadurch in die Macht zu setzen. Mit dem Eindringen des Kommunismus, der in Tibet größeren Nährboden findet als in der Mongolei — die Mongolen sind großenteils Nomaden und als solche nicht sür die „rote Lehre" zugänglich —, wachst die Gefahr. Das tibetische Volk ist durch Steuern und Naturalabgaben ausgesaugt, es will Ruhe, wie cs sie unter der Chinesenherrschaft hatte. In religiöser Hinsicht, was wohl den Haupt- ansschlag bildet, streiten sich Buddhisten, Mohammedaner. Lamaistcn. Chinesen und
Rumäniens sicherten bewadrc,, nutz sich bemühen fremwVmKlick'" Vezichunac» zu allen Länden, z» entwickeln.
HZ