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im Wasser gelegen haben. Nachforschungen nach dessen Persönlichkeit sind im Gange.
Kirchheim u. T. 13. Sept. Ueber den Verbrennungstod der Frau des Kaufmanns Strähle, die bei einem Dachstuhlbrand im Hause ihres Mannes umgekommen ist, kursieren hier verschiedene Gerüchte. Die Leiche wurde in der Nähe des Kamins aufgefunden: sie war vollständig ver- kohlt; Arme und Beine lagen vom Körper getrennt. Auffällig ist, daß man keine Hilferufe während des Brandes gehört hat. Ueber die nähere Ursache des Todes der Frau herrscht noch Ungewißheit; das Gericht hat die Untersuchung sofort ausgenommen.
Heidenheim 12. Sept. Heute früh brach in dem freistehenden Anwesen des Oeko- nomen Läpple in der Giengener Straße Feuer aus, das in der mit Vorräten reich gefüllten Scheuer reichlich Nahrung fand, so daß das große Anwesen vollständig niederbrannte. Das Vieh konnte gerettet werden. Neben verschiedenem Mobiliar ist auch eine Dreschmaschine verbrannt. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt.
Pforzheim 15. Sept. Vermißt wird seit Freitag Vormittag der in einer hiesigen Brocherie angestellte 20jährige Alfons Abt, sowie ein 17jährigeS Mädchen. Abt ist etwa 1,70 m groß, stark gebaut mit dunkelblondem Haar und Schnurrbartanflug. Er trägt Touristenanzug, blaues Hemd und blauen Hut (oben rund eingeschlagen). Das Mädchen ist 1,50 in groß, hat dunkelblonde Haare, tiefeinliegende Augen, trägt hellgrauen Mantel, schwarze Bluse und Rock und blaudurchzogenen Strohhut. Er ist anzunehmen, daß beide gemeinsam den Tod gesucht haben. Nachrichten über den Verbleib derselben werden an Emil Lemcke in Pforzheim erbeten.
Lindau i. B. 13. Sept. Unter eigentümlichen Umständen hat am Mittwoch der Besitzer der Villa Seeburg in Güttingen bei Romanshorn, Privatier Raetzer, seinen Tod gefunden. Es erschien ein Herr mit einer Dame auf Villa Seeburg und wünschte das Anwesen wegen Ankaufs in Augenschein zu nehmen. Der Unbekannte besichtigte unter Führung Raetzers das Besitztum. Plötzlich hörte die Haushälterin einen Schrei, eilte ins Haus und fand ihren Herrn mit schweren Verletzungen am Kopf bewußtlos auf dem Dachboden liegen. Der Fremde erklärte, Raetzer sei aurgeglitten und gefallen. Hierauf reiste das Paar in der Richtung Winterthur ab. Der Schwerverletzte verneinte die Frage, ob er seine Verletzungen wirklich durch einen Fall erlitten habe, durch eine Kofbewegung. Bald darauf starb er. Die Sektion der Leiche ergab eine Zertrümmerung des Hinterkopfes und schwere Verletzungen in der Augengegend. Da gleichzeitig gemeldet wird,
daß sich die Schlüssel des Geldschranks nicht an ihrem gewöhnlichen Platz befunden haben, erscheint ein Raübmordversuch wahrscheinlich.
Rotenburg a. d. T. 14. Sept. In einem Anfalle religiösen Wahnsinns ermordete der Schustergeselle Johann Hartmann seinen Meister namens Seusert durch Stiche mit einem Schustermesser.
Aus der Pfalz 13. Sept. (Wein- Herbstaussichten.) Die Aussichten für den diesjährigen Weinherbst haben sich in den letzten Wochen bedeutend gebessert und können deshalb heute als recht gut bezeichnet werden. Die Witterung war und ist heute noch für die Entwicklung und Reife der Trauben recht günstig. Bei Tag brennt die Sonne so heiß, wie das nicht stärker während des Hochsommers der Fall war, und die Nächte sind fortgesetzt so warm, wie noch selten. Nicht nur allein auf die Trauben, sondern auch auf den Rebstand hat die seit längerer Zeit herrschende günstige Witterung den besten Eindruck ausgeübt, indem den vorher teilweise stark aufgetretenen Pilzkrankh eiten, wie Blattfallkrankheit und Schimmelpilz, durch das gute Wetter und die richtige Bekämpfung Einhalt in ihrer Weiterentwicklung geboten wurde. Der Weinflock hat durchweg ein üppiges, grünes Aussehen und die Trauben sind vollkommen entwickelt, haben schönen Umfang und sind gesund. Rotmost sowie Malingermoste, die hauptsächlich in der Edenkobener Gegend schon abgesetzt wurden, erbrachten 340—400 ^ die 1000 Liter. In Dürkheim wurde Portugiesermost zu 450—460 ^ per Fuder abgesetzt.
Breslau 14. Sept. In Ostrowo verhaftete gestern die Polizei den Dienstknecht Heinze und den Fleischerlehrling Sikorski, weil sie wiederholt Steine und größere Eisenstücke auf die Eisenbahnschienen gelegt hatten. Sie gaben an, sie wollten beobachten, mit wie viel Kraft die Lokomotive die Steine und Eisenstücke zermalmte. Drei Züge gingen über die Hindernisse, bei einem vierten Zuge wurde ein Rad zertrümmert.
Merlenbach 15. Sept. Gestern abend 10V- Uhr ereignete sich im Schacht 5 der Grube Merlenbach, welche der Saar- und Mosel-Gesell- schaft gehört, ein schweres Bergunglück. In einem Querschacht des Schachtes 5 wollte eine Kameradschaft von 12 Arbeitern einen Schuß Massen. Bei den Vorarbeiten hierzu kamen angesammelte Gase zur Entzündung. 4 Bergleute wurden getötet, 3 schwer verletzt. Die Getöteten wurden schrecklich zugerichtet. Demjenigen, der den Schuß abgeben wollte, wurde der Bauch aufgeschlitzt, einem anderen Arme und Beine abgerissen.
Berlin 14.Sept. Die Militär-Luft- schiffahrts-Gesellschaft, die es sich zum Ziele gesetzt hat, den lenkbaren Motor-Luftballon
nicht üblichen Stunde zu machen. So war ich aber sicher, Sie zu Hause zu treffen."
„Uebrigens," sagte jetzt der alte Herr stutzend, indem er Werner scharf ins Auge faßte, „Sie sehen ein wenig übernächtig aus. Es ist Ihnen doch nichts Unangenehmes begegnet?"
„Unangenehm? Nein! Und doch auch nicht angenehm!" entgegnete Werner ein wenig verlegen. „Ich habe seit gestern etwas ganz Eigenartiges erlebt, und wenn ich früh morgens, kurz nach neun Uhr, Sie aufsuchte, so trieb mich der lebhafte Wunsch, Ihnen mein Erlebnis zu erzählen und mir von Ihnen Rat zu holen."
„Mit tausend Freuden!" rief der andere, „habe ich Ihnen doch schon einigemale einen guten Rat geben dürfen. Also los!"
„Kennen Sie das Märchen," begann Werner zögernd, von dem armen Fischer, der ganz plötzlich und unerwartet in seinem Netze einen Schatz findet und nun ganz ratlos dasteht, ob er denselben für sich verwenden darf oder in die Tiefen des Zaubersees zurückversenken soll?"
„Haben Sie in den Furchen der Ellingenschen Aecker Goldstaub gefunden ?" lachte Gehring.
„Nein — aber ich habe diese Nacht gegen 60000 Mark gewonnen!"
„Ge — wonnen?" entgegnete Gehring langsam, indem er Werner tief in die Augen schaute, wobei dieser sichtlich errötete. „Sie haben gespielt?" „Jal"
„Und wo, wenn ich mir die Frage erlauben darf?"
„Bei Kurt Rhoden!"
Gehring schoß in die Höhe, wie von einer Feder emporgeschnellt, und sah Werner an, als glaube er, falsch gehört zu haben. Dann, als dieser nur stumm mit dem Kopfe nickte, schüttelte er das graue, ehrwürdige Haupt, durchmaß langsam das Zimmer und blieb endlich an den Schreibtisch gelehnt, stehen, während Werner begann, ihm die ganze wunderliche Geschichte, anfangend mit der so überraschenden Einladung, in allen Einzelheiten zu erzählen.
für Verkehrszwecke nutzbar zu machen, hatte ihren Aufsichtsrat, Gesellschafter und viele namhafte Persönlichkeiten heute nach der Ballonhalle im Reineckendorfer Weg eingeladen. Der Parseval- ssche Ballon wurde vorgeführt und erzielte einen glänzenden Erfolg, da er willig dem Steuer gehorchte und alle Manöver in den Lüften mit sicherer Ruhe aurführte.
Berlin 14. Sept. Das Opfer des Pistolenduells im Grunewald, der stud. jur. Max Stämmler, der den Zweikampf mit dem Bankbeamten Walter L. am Mittwoch im Grunewald ausgefochten hat, ist heute den dabei erlittenen Verletzungen erlegen.
Paris 14. Sept. Die Nachrichten aus Marokko lauten höchst widerspruchsvoll und die Kommentare sind noch unklarer. Die Marokkaner haben um Waffenstillstand nachgesucht, der ihnen von Drude bewilligt ist. Aber während einige Blätter mit dem Sturm auf Taddert den Erfolg schon entschieden und die Expedition beendet glauben, meinen andere, daß weitere Vorstöße ins Innere und die Entsendung neuer Verstärkungen nötig wäre, um den Respekt vor Frankreich endgültig zu befestigen. Auch über beide Sultane ist man sich nicht einig. Nach den Berichten der meisten Korrespondenten hat im Augenblick Abdul Asis mehr Chancen, die Herrschaft zu behaupten. Andere Blätter aber, darunter die zuverlässig bediente Petit Republiqus erzählen, daß Muley Hafid in aller Stille seine Macht befestige und daß seine Verhandlungen mit den europäischen Mächten fortdauern. Sicher erscheint, daß trotz aller Bestätigungen völligen Einverständnisses Spanien mehr als Frankreich zu Abdul Asis hält und jeder Erweiterung der militärischen Initiative in Marokko passiven Widerstand entgegensetzt.
Paris 15. Sept. Dar „Echo de Paris" meldet aus Casablanca: Nach den Berichten, welche von verschiedenen Spionen und Kundschaftern im Lager des Generals Drude singe- troffen sind, geht hervor, daß die Marokkaner keineswegs beabsichtigen, ihren Widerstand aufzugeben. Sie sammeln sich im Gegenteil in großer Zahl und beabsichtigen demnächst aufs neue anzugreifen. Die Meldung ist ein Beweis dafür, daß der von den Marokkanern nachgesuchte Waffenstillstand nur eine Kriegslist war.
Mailand 14. Sept. Eine heftige Feuersbrunst hat in Spezzia gewütet. Dort wurden gestern Abend 14 Getreide-Lagerhäuser der Dampfmühle Merello mit ihrem Inhalt im Werte von einer Million Lire durch Brand zerstört.
Petersburg 14. Sept. Am Havarieort des „Standard" bei Hangoe sind 16 Rettungsschiffe mit Tauchern und der Marineminister eingetroffen, der die genaue Untersuchung über
Ohne ihn zu unterbrechen, hörte Gehring zu und beobachtete dabei das freie, offene Gesicht seines jungen Freundes, der ihm gegenüber saß — wie ein unbeholfener ratloser Schulknabe.
Als Werner zu Ende war, trat eine kleine Pause ein, in der Gehring wiederum im Zimmer auf- und abwanderte, wie es seine Gewohnheit war, wenn er über etwas nachdachte, und endlich blieb er vor dem jungen Grasen stehen.
„Ich will Ihnen mal was sagen, lieber Werner, begann er, indem er ihm vertraulich beide Hände auf die Schultern legte. Es gibt Menschen, die einen ganz besonderen Schutzengel hinter sich haben, wenn sie mit offenen Augen wie die Nachtwandler auf gefährlichen Wegen spazieren gehen. — Man darf diese Leute aus ihrer Hypnose, wenn ich sagen darf, nicht auf- wecken und ihnen den Abgrund nicht zeigen, an dem sie hingehen, sonst verlieren sie die Balance."
„Was wollen Sie damit sagen?" stotterte Werner, indem er tatsächlich erschrocken zu ihm aufschaute.
„Das w'.ll ich Ihnen verdeutschen," lautete die Antwort. „Ueber diese ganze merkwürdige Einladung mache ich mir meine eigenen Gedanken und Kombinationen. Sie wissen ja, ich bin gerade diesem Manne gegenüber ein wenig hellseherisch veranlagt. — Sie sind heute ein bischen genacht, wandelt und Ihr guter Engel hat Sie weich und unsichtbar in den Armen gehalten. Was ich mir denke, wie ich mir verschiedenes erkläre» möchte ich für mich behalten dürfen! Ich bitte Sie bei unserer Freundschaft, mich nicht darnach zu befragen. Nur ein Versprechen bitte ich Sie mir fest und feierlich zu geben! Wollen Sie?"
„Gewiß! Gern!"
„Nun gut! Geben Sie mir Ihr Wort darauf, sobald Herr Rhoden Sie jemals wieder einladet, mich auf der Stelle zu benachrichtigen, wenn es sein muß, telegraphisch, wo ich auch immer sein mag! Wollen Sie?"
(Fortsetzung folgt.)