Amts- und ÄnzeigebLatl für den Bezirk Calw.
82. Jahrgang.
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Dienstag, -en 17. September 1SV7.
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* Calw 15. Sept. Außer der Wespen - plage tritt in diesem Sommer auch die Mäuse- plage auf. Der überaus trockene Nachsommer hat die Vermehrung der schädlichen Nager sehr begünstigt; man steht auf den Wiesen und auf den Aeckern unzählige Gänge und Löcher der Mäuse. Kartoffeln und Rüben werden stark benagt und es ist zu fürchten, daß auch die Aussaat der Winterfrucht in hohem Grade von den Mäusen zu leiden haben wird.
* Calw 15. Sept. Die Reisezeit der Zugvögel macht sich bemerkbar. Die Schwalben sammeln sich in großer Zahl, um ihre Reise nach dem Süden anzutreten. Heute nachmittag sahen wir im Nagoldtal ganze Scharen von Schwalben, die sich bald hoch in die Lüfte schwangen und sich im Fluge übten, bald auf Telegraphendrähten sich niederließen und zwitschernd dicht beieinander saßen. Das neckische Spiel der lieblichen Vögel gewährte einen ergötzlichen Anblick.
* Calw 15. Sept. Am Samstag wurde in der Nagold oberhalb des Gutleuthauses ein Weißfisch gefangen, der das seltene Gewicht von 8 Pfund hatte; ein Beweis, daß bei dem Fischsterben in der Nagold nicht alle Fische zu Grunde gingen.
* Calw 15. Sept. Die Septembernummer der Blätter des Württ. Schwarzwaldvereins erregt unser besonderes Interesse durch einen Aufsatz von Schullehrer Bartholomäi in Althengstett über den Jägerberg bei Althengstett, einen wenig gekannten, schön gelegenen Aussichtspunkt unseres lieblichen Schwabenlandes. Bartholomäi tritt in warmen Worten für einen Ausstchtsturm auf dem Jägerberg ein und begründet die Berechtigung dieses Gedankens in ausführlicher Weise. Er will den Schwarzwald- und Albverein auf die günstige
Gelegenheit aufmerksam machen, an hervorragender Stelle zu einem billigen Ausstchtsturm zu gelangen, da die Gemeinde Althengstett das zum Bau nötige Holz unentgeltlich abgebe. Der Jägerberg ist 551 in hoch und von Althengstett aus in der Richtung nach Gechingen gelegen; auf seinem Gipfel genießt man, wie wir uns selbst überzeugt haben, eine ungeahnte Rund- und Fernsicht. Wir wünschen dem Plane bestes Gelingen und zweifeln nicht daran, daß der willige Opferstnn der wohl- habenden Einwohner Althengstett- in Bälde den Turm als Wahrzeichen freien Bürgerfinns erbauen und dadurch der Gemeinde einen Anziehungspunkt für die näheren Gemeinden und für den Fremdenverkehr bereiten wird. In der gleichen Nummer wird uns „Loffenau" in Wort und wohlgelungenen Bildern vor Augen führt. Götz-Freudenstadt läßt die Fortsetzung seines hochinteressanten Aufsatzes über die Farne mit besonderer Beziehung auf den Schwarzwald folgen. „Ein Besuch in der VMnger Ausstellung" ladet jedermann freundlichst zum Eintritt und Rundgang in das anmutige badische Schwarzwaldstädtchen ein. Das römische Rottweil hauptsächlich auf Grund der Ausgra- bungen vom Herbst 1906 beschreibt Dr. Gößler- Stuttgart und vom Sommer am Wasser entwirft Anton von Kocher ein hübsches Stimmungsbild. Eb. Nestle-Maulbronn fragt nach der Höhe von Bad Teinach und bemängelt den Aufstieg vom Bahnhof Teinach nach Altbulach über Waldeck. Mittellungen aus den Bezirksvereinen, darunter eine Nachricht vom Verein Teinach über das Jakobifest, Bücherschau und Fortsetzung der Mitgliederverzeichnisses bilden den Schluß der Nummer. Bemerkenswert ist noch, daß der Bezirksverein Calw zur Gewinnung neuer Mitglieder auch sein Augenmerk mit Erfolg auf unsere Kolonien gerichtet hat und in Dar-es-Salam in Deutsch-Ost- Afrika ein neues Mitglied besitzt. .
Stuttgart. Der Landesverband württ. Gemeindeunterbeamten hat an die bürgerlichen Kollegien aller württb. Gemeinden ein Gesuch gerichtet um Verbesserung der Einkommenr- verhältniffeder Gemeindeunterbeamten, Einführung einer Gehaltsordnung mit Dienstvorrückungssystem und Vereinigung der verschiedenen Einkommensteile — Gehalt, Einzugs-, Fleischbeschau- und andere Gebühren — zu einem einheitlichen Gehalt. Letzteres insbesondere im Hinblick auf die angestrebte, nach Erledigung der Staatsbeamtenvorlage in größere Nähe gerückte Schaffung einer Pensionskaffe für die Gemeinde- (und Körper- schafts)-Unterbeamten. Denjenigen Gemeinden, die schon den Zeitverhältnissen Rechnung getragen haben, wird der Dank der Unterbeamten ausgesprochen. Andererseits wird aber hervorgehoben, daß es noch viele, selbst größere und gutgestellte Gemeinden gebe, die noch gar nichts oder sehr wenig für ihre Unterbeamten getan hätten. Die Eingabe wurde auch den K. Oberämtern, den K. Kreisregierungen und dem K. Ministerium des Innern übersendet. — An die Reichsbehörden richtete der Verband ein Gesuch um Aenderung des Jnvalidenverstcherungsgesetzes (§ 48 Z. 1 u. 2) in der Weise, daß für Angehörige einer Penstonskaffe, die von der JnvalidenverstcherungSpfltcht befreit find aber sich freiwillig weiter versichern, eine Kürzung der Invalidenrente erst eintrete, wenn Pension und Rente das zuletzt bezogene Einkommen übersteige und zwar solle die Kürzung den jeweils übersteigenden Betrag ausmachen.
Eßlingen 15. Sept. Vorgestern Vormittag um 10 Uhr wurde bei der Kierbaggerei zwischen Altbach und Deizisau die Leiche eines etwa 25 Jahre alten Manne» aus dem Neckar gezogen, deren Kopf vom Leibe getrennt war und bei der Weiterbaggerung nachher zum Vorschein kam. Der Verlebte mag schon etwa sechs Monate
Gerettet!
Roman von Walter Schmidt-Häßler, Stuttgart.
(Fortsetzung.)
Er selbst begann jetzt höher und höher zu pointieren, spielte immer gewagter, leidenschaftlicher und sinnloser — aber er gewann. Verlor er wirklich ab und zu einige größere Summen, so brachte die nächste Minute ihm fast das Doppelte wieder ein, und merkwürdigerweise war es Kurt, der an ihn das Meiste verlor, der fast immer mit stets höheren Einsätzen gegen ihn spielte.
Der Morgen graute bereits, als man sich erhob, um gemeinsam aufzubrechen, und Werner sah sich im Besitze einer Summe, die weit über einen Jahresertrag seiner Güter hinausging.
Er empfand — plötzlich nüchtern geworden — ein fast beschämendes Gefühl und bot Kurt für den nächsten Tag schon Revanche, aber dieser lachte sorglos, indem er ihm die Hand schüttelte und sagte:
„Um eine Revanche ist mir nicht bange, lieber Werner, ich nehme Dich beim Wort! Aber morgen oder übermorgen kann ich nicht dazu kommen; ich werde Dich schon einmal gelegentlich daran erinnern!"
„Aber wann?" fragte Werner, während der Diener ihm den Mantel umhing.
„Das wissen die Götter!" lachte Kurt. „Vorläufig muß ich für einige Zeit Berlin verlassen und reise schon in den nächsten Tagen ab. Nach all den Erlebnissen der letzten Zeit muß ich mich vor allen Dingen mal ein bischen zerstreuen, und Du weißt, das kann ich nur auf Reisen!" — Damit trennte man sich.
An der nächsten Straßenecke schlugen die Herren verschiedene Wege ein, und Werner blieb allein!
Ueber Berlin graute der Tag. —
Die ersten Arbeiter schritten eiligen Ganges an ihm vorbei, ihre Schritte hallten auf dem Asphalt der stillen Straßen.
Die Kehrwagen fegten den Damm und wirbelten schmutzige Wolken Staubes auf. Die Bäckerjungen schlürften pfeifend über ben Weg — vom Potsdamer Bahnhof schritten die Marktweiber mit Kiepen und Körben über den Platz — und ab und zu klingelte in der Ferne ein Pferdebahnwagen.
Langsam schritt Werner in den frischen Morgen hinein, dem Brandenburger Tore zu, durch den taufeuchten Tiergarten.
In den Zweigen zwitscherten die erwachenden Vögel — er war wie im Traume.
In seiner Brusttasche trug er ein kleines Vermögen, auf dieselbe Weise gewonnen, wie seine Ahnen es vergeudet hatten.
*
* *
„Wenn der Mensch so recht glücklich ist, dann vernachlässigt er seine Freunde," sagte Gehring, als er auf der Schwelle seines Arbeitszimmers Werner die Hand reichte, der ihm zu früher Morgenstunde seinen Besuch machte. „Sie brauchen sich gar nicht zu entschuldigen, liebster Graf," fuhr er freundlich fort, nachdem beide in der behaglichen Plauderecke Platz genommen hatten. Ich habe Sie die ganze Zeit mit meinen Gedanken verfolgt und weiß sehr wohl, daß das Glück auf Ellingen eingezogen ist, und wenn Sie sich ausschließlich mit diesem seltenen Besuch beschäftigten und den alten Freund darüber ein bischen vernachlässigten, so war das ebenso selbstverständlich wie menschlich. Um so mehr freut es mich, daß Sie heute meiner gedenken."
Werner lächelte und drückte Gehring herzlich die Hand. „Ich wußte, daß Sie mich entschuldigen würden, und weil ich Ihre freundliche Nachsicht kenne, wagte ich es auch, Ihnen meinen Besuch zu einer sonst