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vorgerückten Zeit wegen nicht mehr ganz gehalten werden. Eine auszugsweise Fortsetzung wurde dann noch während des Mittagessens im „Waldhorn" gegeben.
8.-V. Calw 10. Sept. Für die diesjährige Haupttour des hiesigen Schwarzwaldvereins am 8. Sept. war als Hauptziel Herrenalb gewählt worden. In aller Frühe hatten sich hiezu gegen 30 Personen mit der Bahn nach Rotenbach im Enztal begeben, von wo aus die eigentliche Wanderung begonnen wurde, die zu den schönsten unseres Vereins zählen darf. Nachdem auf dem „Neuen Fußweg", der entgegen dem steilen und steinigen alten Pfad jedermann empfohlen werden kann, das hochgelegene Dennach erreicht war, begann eine genußreiche Höhenwanderung, die wir gerne noch mehr Calwern gegönnt hätten. Das Wetter war ausgezeichnet, die Luft sehr rein und das ganze Gebiet reich an Abwechslung. In diesen prächtigen Wäldern, die uns oft auch schöne Ausblicke gewährten und zwar teils auf waldbewachsene Täler und Hügel teils auf tief unten liegende Ortschaften mit lieblichen Fluren, hatte man nur noch den einen Wunsch, einmal nach Herzenslust tagelang so hinwandern zu dürfeu, fern von des Tages Arbeit und dem Getriebe der Menschen. Schön «ars dort oben auf dem Wege von Dobel nach Teufels- Mühle, schön wars aber auch unten in Herrenalb, das nicht mit Unrecht das Paradies des nörd-' lichen Schwarzwaldes genannt wird. Auch unsere Heimfahrt auf erstklassigen Leiterwagen und in der 4. Klasse der Eisenbahn verlief aufs Beste und mit Freuden gedenken wir alle des schönen Tages, den wir in einer herrlichen Gegend verbringen durften. Wir möchten hiermit andere Wanderfreunde aufmuntern, auch einmal dorthin zu gehen; sie werden es sicherlich nicht bereuen.
Calw. Wie aus dem Inseratenteil ersichtlich, wird das bekannte Krügl'S Alpinen- und Koschatlieder-Ensemble am Donnerstag abend im Saale des Hotel Waldhorn hier ein Konzert geben. Die aus mehreren Damen und Herren bestehende Gesellschaft hat mit bestem Erfolg vor hohen und höchsten Herrschaften konzertiert und darf der Besuch jedermann empfohlen werden.
Nagold 10. Sept. Die Gedächtnis« kapelle auf den Gräbern der am 5. April 1906 beim Einsturz des Gasthofs zum Hirsch Umgekommenen ist jetzt fertiggestellt; sie macht einen würdigen Eindruck und enthält auf einer Votivtafel die Namen der Opfer. Die Einweihung erfolgt in Bälde. — Bei der gestrigen Versteigerung der in der Schweiz aufgekauften Farren wurden 9 Tiere zum Ankaufspreis und darüber und 9 Tiere unter dem Ankauf umgesetzt.
Böblingen 9. Sept. In der letzten Nacht wurde in Altdorf die 86jährige Witwe
Eitel» die ein kleines Haus allein bewohnt, erdrosselt. Die Aufregung im Ort ist eine große. Dar Gericht begab sich heute früh an Ort und Stelle. Verdächtig find 2 Personen.
Altdorf OA. Böblingen 10. Sept. Der Mörder der Witwe Eitel wurde nunmehr verhaftet. Es ist der 20jährige Taglöhner Wilhelm Zipperer. Er stieg in das von der 86 Jahre alten Frau allein bewohnte Haus ein und vergewaltigte sie. Als sie um Hilfe rief, würgte er sie so lange, bis sie tot war. Auch hat der Unhold der Frau sämtliche Rippen eingetreten. Der Mörder hat ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er will betrunken gewesen sein.
Stuttgart 10. Sept. Die Manöver der 52„ 53. und 54. Brigade gingen heute zu Ende; morgen ist allgemein Ruhetag. — Der kommandierende General v. Fallois wohnte heute in Begleitung des Generalstabschefs und zweier Offiziere des Stabes den Manövern der 54. Brigade an und ist in Biberach a. R. abgestiegen.
Stuttgart 10. Sept. Der Württ. Landcsverein vom Roten Kreuz hat gestern wieder eine größere Sendung Liebesgaben an die Truppen in Südwestafrika abgehen lassen. Die Sendung besteht aus 600 Paketen mit Gaben für 600 Mann und einer Anzahl sonstiger Liebesgaben. Hiezu sind dem Landcsverein vom Roten Kreuz auch vom Alldeutschen Ortrverband hier außer 12 Versandlisten eine Anzahl Gaben in dankenswerter Weise überlassen worden. Die 600 Pakete enthalten Genußmittel und Gebrauchr- gegenstände für je 1 Mann, wie sie von dem Kais. Delegierten in Südwcstafrika gegenwärtig als den Truppen dort besonders erwünscht bezeichnet worden sind.
Stuttgart 10. Sept. Gegenwärtig verfügt die Heilsarmee in Deutschland über 170 Stationen, darunter 25 soziale Einrichtungen, nämlich: 6 Rettuncsheime für gefallene Mädchen, 9 Männer Heime, 4 Samariterstationen, 1 Wöchnerinnenheim, 2 Mädchen-Metropolen, 1 Gefängniskommission, 2 Kinderkrippen. Im ganzen besitzt die Heilsarmee 7390 Stationen mit 16500 Offizieren.
Stuttgarter Bahnhofumbau. Wie die Neck.-Ztg. berichtet wird als Vorläufer der immensen Umbauten neben ausgedehnten Räu- mungs- und Auffüllarbeiten zunächst die Erstellung eines zweiten Tunnelsbei der Prag, hart neben dem bisherigen Feuerbacher Tunnel, in Angriff genommen. Zu diesem Zweck wird schon in allernächster Zeit nach vorausgegangenen größeren Abhubarbeiten ein ca. 2*/- m hoher und ca. 2 in breiter Stollen durch das Bahnhindernis getrieben behufs Sondierung der Gesteins- und Wasserverhältnisse, worauf der Tunnel selbst erst
„Sehr richtig, Herr Graf, und regelmäßig fragten Sie mich, wie Sie sich mal für all meine guten Ratschläge revanchieren könnten. Und nun trifft sich's gerade, daß Sie mir altem Manne mit gleicher Münze dienen können, denn es gibt gewisse Fragen, in denen Sie kompetenter find als ich, trotz meiner grauen Haare."
„Da bin ich neugierig," erwiderte Werner liebenswürdig, indem er stehen blieb und seinen Bereiter erwartungsvoll ansah.
„Ja, sehen Sie," fuhr dieser fort, „Sie sagten damals ein schwer- wiegcndes Wort. Sie behaupteten, ohne Liebe würden Sie niemals heiraten, und wenn Sie einmal liebten, so würden Sie sich nicht im mindesten von Traditionen und aristokratischen Vorurteilen beeinflussen lassen. Sagten Tie nicht so?"
„Gewiß," entgegnete Werner, „und ich entsinne mich dessen noch sehr wohl."
„Und haben Sie seitdem Ihre Meinung geändert?"
„Ich pflege meine Ansichten niemals zu ändern, dar wissen Sie ja mein lieber, alter Freund sehr wohl, und gerade in diesem Punkt bin ich gewissermaßen stolz darauf, ein echtes Kind meiner vorgeschrittenen, freier denkenden Zeit zu sein."
„Nun gut! Ich stehe nämlich da vor einer großen Gewiffensfrage. Sie haben ja meinen Heinrich auch gern; Ihnen verdankt er seinen jungen Ruhm und seine ganze Zukunft, und deshalb wende ich mich an Sie. Der Junge hat mir nämlich ein Geständnis gemacht!"
Werner erbleichte und wandte das Gesicht ab, denn nun mußte der Vorwurf kommen, der sie beide für immer voneinander trennen mußte. Großmann mußte ihm jetzt sagen? „Sie, verehrter Herr Graf, haben trotz Ihrer Abneigung gegen Geldheiraten es verstanden, meinen reifen Sohn in das Retz Ihrer Familie zu ziehen," und Werner mußte diesen Vorwurf mit stolzer Entrüstung zurückweisen. Damit brach die schöne Freundschaft,
in Angriff genommen werden kann, dessen Erstellung unter günstigen Verhältnissen ca. 1 Jahr in Anspruch nehmen und welcher künftig ausschließlich dem Fernverkehr dienen wird, während der bisherige alte Tunnel für den Vorortsverkehr Vorbehalten bleibt. Gleichzeitig beginnt alsdann auch die Neuregulierung der Ludwigsburgerstraße, die bekanntlich zum größten Teil gänzlich aufgefüllt wird und welche künftig ihren Anfang in den K. Anlagen durch die sog. Philosophenallee nehmen wird.
Ludwigsburg 9. Sept. Gestern abend kurz vor 7 Uhr wurde der 71 Jahre alte Anlageportier Da mb ach von einem bis jetzt Unbekannten erschossen. Dambach hatte eben die Cmichrburg geschlossen und war im Begriff wegzugehen, als 2 Revolverschüsse aus nächster Nähe auf ihn abgegeben wurden.
Ludwigsburg 10. Sept. Die mit großer Energie betriebenen Nachforschungen nach dem Mörder des Anlagenportiers Dambach haben auf cine ganz andere Spur, als man anfänglich erwartete, geführt. Der Täter ist bereits in Haft und hat auch beim Verhör ein Geständnis abgelegt. Es ist der etwa 40 Jahre alte Hermann Krauß, Besitzer einer Privatirrenanstalt, der selbst erst vor einiger Zeit in der Irrenanstalt Winnenden untergebracht, aber auf Betreiben seiner Frau wieder beurlaubt worden war. Gegen Dambach hatte Krauß einen alten, auf frühere Strafanzeigen wegen kleiner Uebertretungen zurück- führenden Haß, der, als die beiden Männer sich in einem Restaurant trafen und Dambach an Krauß eine etwas provozierende Frage richtete, von neuem emporloderte. K. holte zu Hause seinen Revolver und streckte Dambach, als dieser im Begriff stand, die Cmichrburg zu verlassen, mit einem Schuß in den Rücken, der tödlich war, und einem solchen in die Magengegend nieder. Krauß wurde gestern vormittag in einer Wein- Wirtschaft verhaftet; seiner Frau hatte er gleich nach feinem Nachhausekommen erklärt» er habe Dambach erschossen. Krauß wird voraussichtlich dauernd in eine Irrenanstalt eingewiesen werden. Sein Opfer ist 71 Jahre alt geworden, und war noch außerordentlich rüstig; im Dienste hatte er sich durch sein schroffes Auftreten gegenüber dem Publikum vielfach Feinde gemacht.
Rottenburg 9. Sept. Die Hopfenernte, die hier wie im ganzen Bezirk in der vergangenen Woche allgemein in Angriff genommen wurde, geht dank der günstigen Witterung flott von statten. So schön fast durchweg das Produkt ist, so überrascht sind die Pflanzer von seiner geringen Ausgiebigkeit. Schon die geringe Zahl der Heuer hier zur Einstellung gelangten fremden Arbeiter deutet auf eine schwache Mittelernte hin. Hiesige Händler kauften heute mehrere kleine Posten zu 60—65 ^ den Zentner. Einige hier
die gute Nachbarschaft und vielleicht auch das erste junge Glück seiner geliebten Schwester rettungslos zusammen.
Er antwortete nicht — und Großmann fuhr fort: „Heinrich hat mir erzählt, daß er in der Residenz sein Herz verloren hat — an ein reizendes Mädchen — einen Engel —, der nur den einzigen Fehler hat, daß eine aristokratische Krone von sieben Perlen die blonde Stirn ziert. Was denken Sie nun darüber?"
Werner atmete auf, als wenn eine Zentnerlast von ihm genommen würde, und fragte nur: „Liebt sie ihn denn wieder, die kleine Baronesse?"
„Genau so, wie er sie!"
„Und die Eltern des Mädchens?"
„Sie ist Waise!"
„Aber ihr Vormund?"
„Da find wir eben auf dem Punkte! Vormund und Oheim ist ein charmanter Kavalier, ein Ehrenmann durch und durch, mit Recht stolz auf den alten Namen seiner erlauchten Ahnen, aber ebenso frei und vorurteilslos denkend wie Sie, lieber Herr Graf. Aber der Haken bei der Geschichte steckt ganz wo anders. Die Baronesse ist — wenn auch nicht arm, so doch wenig vermögend, und der gute Vormund zittert, soviel ich weiß, nur vor einem Gedanken mit angeborenem Feingefühl."
„Und das wäre?"
„Daß ich glauben könnte, er beabsichtige, seine Nichte eine Geldheirat machen zu lassen, wenn er sie meinem Sohne gibt, und dieses eingefleischte Vorurteil könnte hier das Glück zweier Menschen rettungslos zerstören, denn in diesem Punkte ist der Herr Vormund kitzlich. Und nun weiß ich nicht, wie ich das anstellen soll, um dem Ehrenmanne diese Skrupel zu benehmen!"
„Da ist nicht leicht zu raten" — entgegnete Werner sinnend. — „Das find Gefühlssachen, die rein individuell sind."
(Fortsetzung folgt.)