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Wir waren zusammen auf der Schule und haben uns dieses Frühjahr ganz zufällig wieder getroffen."
„Ach so! — den kennst Du?" antwortete Viktor gedehnt. — „Fader Geck! — Viel zu schade ist das reizende Mädel für den seelenlosen Menschen. Des Herrn Wege — und Weibergeschmack find nun mal wunderbar und unergründlich!"
„Du scheinst kein tsuärs für Kurt Rhoden zu haben?" forschte Werner.
„Wer hat denn das? Rhoden ist einer von den Menschen, in deren Gegenwart es mich unwillkürlich friert, und wäre es auch am behaglichsten Kamine. Und wenn ich darüber nachdenke, so wüßte ich auch nicht einen meiner Bekannten, dem dieser Mensch sympathisch wäre, obwohl er niemandem etwas zu Leide getan hat und mit allen ganz gut steht. — Ich persönlich halte ihn für bodenlos falsch und egoistisch! — Bist Du befreundet mit ihm?"
„Befreundet? Nein! Ich kenne ihn nur aus der Zeit, wo wir beide noch veritable Jungens waren, und mir find allerdings damals diese Charaktereigenschaften weniger ausgefallen als heute Dir, wo sie sich eben ausgereift haben mögen. — Wie ist denn die Braut?"
„Einfach unbeschreiblich!" lautete die prompte Antwort. „Fräulein von Selten ist eins der reizendsten Geschöpfe, die ich jemals gesehen habe, und ich schmeichle mir, recht viele gesehen zu haben. Jung und bildhübsch, und dabei klug und liebenswürdig, wie ich keine andere kenne. Alles ist an ihr so fertig, so tadellos, daß man tatsächlich nicht begreifen kann, wie gerade dieser Rhoden zu diesem Engel kommt."
„Das ist ja eine ganze Musterkarte weiblicher Tugenden und Vollkommenheiten," lächelte Werner. „Ich muß Dir offen sagen, daß ich jetzt anfange, noch um einige Prozent neugieriger zu werden, als ich schon war. Vielleicht muß man dabei doch wohl ein bischen sehr jugendliche Auffassung Deinerseits subtrahieren, nicht?"
„Kaum!" entgegnete Viktor, etwas gekränkt. „Ueber Erika von Selten find wir so ziemlich alle im Regiments einig bis zum Hauptmann hinauf. Da braucht man nicht jugendlicher Schwärmer zu sein, um dieses Mädchen reizend zu finden."
„Merkwürdig ist es dann aber wirklich," antwortete Werner nachdenklich, „daß sie gerade Kurt genommen hat oder nehmen will, denn einem solchen Mädchen kann es doch nicht vorher schon an Bewerbern gefehlt haben."
„Meinst Du, daß das eine Rolle dabei gespielt haben könnte?"
„Man sagt es, obgleich man ja auf das Gerede der Leute wenig geben kann. Aber weißt Du, so ein Körnchen Wahrheit ist immer an jedem Klatsche. Die Familie Selten hat immer auf sehr großem Fuße gelebt, und viel Privatvermögen ist eigentlich wohl nie da gewesen. Ein Hausstand, wie der Seltensche, kostet aber verteufelt viel Geld, und deshalb mögen die alten Herren, die von Jugend auf befreundet find, wohl mit einander die Rechnung gemacht haben!"
„Aber Du sagtest ja selbst vorhin, die Tochter scheine den Verlobten gern zu haben, also kann es doch wohl keine solche bloße Spekulationssache sein."
„Du lieber Gott, Werner, wenn man als Kinder mit einander gespielt, sich so und so oft mit einander gezankt und wieder versöhnt hat, wenn ein junges Mädchen durch langjährige Gewohnheit mit einem Menschen verbunden ist, dann mag sich mit der Zeit wohl so ein Gefühl heräusbilden, das wie Zuneigung oder gar wie Liebe aussehen mag. Und wenn dann von anderer Seite, die als erfahren und wohlmeinend gilt, diesem Mädchen immer und immer wieder gesagt wird, daß dieses Gefühl eben nichts anderes ist, als die Liebe, die sie aber noch nicht kennt, ja, dann glaubt sie's eben und läßt sich den Simili an den Fingern schwindeln für den echten Diamanten, den man ihr wohlweislich vorenthält! — Voüa tont! So denk' ich mir die Geschichte."
„Was ich für einen gescheiten Bruder habe!" lächelte Werner, während er im Innern tatsächlich den Scharfblick des zwanzigjährigen Leutnants bewunderte.
„Aber glaubst Du nicht, daß gerade heutzutage ungeheuer viele Ehen unter solch falschen Voraussetzungen geschloffen werden?"
„Das ist ja eben für Viele das Malheur I Denn meistenteils lernen dann solche arme Betrogene die echte Liebe als Frauen kennen und fühlen dann mit doppeltem Widerwillen, daß man ihnen absichtlich etwas Falsches aufgehängt und ihre harmlose Unwissenheit ausgenutzt hat. Dann fühlen sie sich um so schmerzlicher gedrückt und kommen zu dem eigentlich sehr natürlichen Schlüsse: Habt Ihr mich betrogen, so betrüge ich eben wieder, um mich schadlos zu halten für das, was Ihr mir unterschlagen habt, und woran ich mein Recht habe, wie jedes andere Geschöpf. Und dann ist die untreue Frau fertig — als logische Konsequenz der Vorgeschichte ihrer Ehe!"
„Du spachst ja da mit einer Sachkenntnis, die mich geradezu in Erstaunen setzt, mein Junge," antwortete Werner, indem er Viktor ganz verblüfft ansah.
Werner stand langsam auf, ging auf Viktor zu und legte ihm ruhig beide Hände auf die Schultern, indem er ihm fest in die Augen schaute. „Ich will Dir auch mal was sagen" — begann er halblaut — „Deine große und umfassende Wissenschaft in diesem Punkte gibt mir zu denken. Sie stammt nicht von Dir, dazu bist Du zu jung, mein Lieber. Glaube ja nicht, daß ich Dein Geheimnis wissen will oder den Sittenrichter zu spielen gedenke. — Ich will Dich nur auf eins ganz ruhig und freundlich aufmerksam machen. Es gibt für sehr junge Gemüter nichts Gefährlicheres als das Mitleid mit dem Lose einer duldenden Frau!"
„Aber Werner!" antwortete Viktor halblaut.
„Brauchst Dich gar nicht zu verteidigen," schnitt ihm der Andere das Wort ab.
(Fortsetzung folgt.)
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