Die große Pimpsensthlacht bei Nottweil ist geschlagen!
Jedes Jahr wird als Abschluß der Iungvolk- arbeit ein größeres Geländespiel in Form einer Fehde zwischen zwei Iung- bannen durchgesühri. Der 14jährige Pimpf, der in die Hitlerjugend überwiesen wird, nimmt dabei das letzte Erlebnis seiner vierjährigen Jungvolkzeit in die Hitlerjugend mit. Jeder soll durch diesen Kampf erprobt werden. Zäh und beharrlich hat er das befohlene Ziel zu erreichen und pünktlich alle Befehle auszuführen, gleichgültig, welche Hindernisse ihm in den Weg kommen. So gewinnen die Geländespiele ihren Wert: der Führer wie seine Jungen sollen sich bewähre», nicht im Draufschlagen und Prügeln, sondern in der geländesportlich ein- wandsreien Erreichung eines gegebenen Zieles. Dazu gehören Gewandtheit, Findigkeit, Mut und Ausdauer, Eigenschaften, die in jedem rechten Kerl stecken. Aber auch das Verantwortungsgefühl soll geweckt werden. Vom Führer bis zum letzten Mann seiner Einheit müssen alle zusammenstehen, wobei es jedem klar sein muß, was er zum Siege seiner Partei beitragen kann.
Bekanntlich ist den 126ern ein Fchdebrief von den 127ern auf den" Feldherrntisch geflattert. Das durften natürlich die Schwarzwälder nicht auf sich ruhen lassen. Ein großer Rachefeldzug wurde entworfen. Die Osterfeiertage wurden als Fehdetage ausgesucht. Je 80Ü Pimpfe, gegliedert in 6 Kampffähnlein, stritten auf beiden Seiten in einer dreitägigen Schlacht um den Sieg.
Unsere Streitmacht setzte sich zusammen aus 12—14jährigen Pimpfen von den Stämmen Neuenbürg, Calw, Nagold, Freuden- stadt, Horb, Sulz, Oberndorf und Schramberg. Die Entscheidung wurde durch den sogenannten Bändelkampf herbeigeführt. Jeder Teilnehmer trug am linken Handgelenk einen Wollsaden. Wurde dieser Faden im Verlauf der Kampfhandlungen zerrissen, so schied sein Träger als „tot" aus. Erst am nächsten Morgen erwachte der tote Kämpfer zu neuem Leben, wenn wieder ein Lebensfaden sein Handgelenk schmückte.
Erkennungszeichen der beiden Parteien waren für Jungbann 126 rote und für Jungbann 127 blaue Mlltzenbänder. Die Schwarzwälder wurden demnach kurz als die „Roten" und ihre Gegner vom Zollernland als die „Blauen" bezeichnet. Quartiermeister und Quartiermacher waren durch gelbe. Schiedsrichter durch weiße Armbinden kenntlich gemacht. Das Schiedsrichteramt während der Fehde wurde durch unparteiische NSKK.-Männer aus Oberndorf, Sulz und Rottweil ausgeübt. Die Mitglieder des Generalstabs der beiden Fehdejungbanne 126 und 127 fielen durch ihre hellgrünen Armbinden und Mützenbänder besonders auf. Die Träger von gelben, weißen und grünen Armbinden waren stets unangreifbar.
Die Oberste Heeresleitung der 128er unter der Führung von Iungbannführer Heinz Korunka, Freudenstadt, hatte ihr Hauptquartier auf dem Rathaus in Oberndorf aufgeschlagen, während der Generalstab der 127er mit Iungbannführer Albert Rieh an der Spitze von Rottweil aus die Kampfhandlungen seiner Streitkräfte leitete.
Die Punktwertung war wie folgt festgelegt:
1 gerissener Lebensfaden 1 Punkt
Lösen der Kampfaufgabe 3V Punkte
eine eroberte Kampffahne 60 Punkte
- Jedes Kampffähnlein hatte eine eigens für die Fehde angefertigte Fahne mitzufllhren in dem Gefecht. Eroberte Fahnen blieben im Besitz chrer Eroberer. Eine Fahne konnte nur erbeutet werden, wenn der Träger „tot" war. Die Fahne stand so jeweils im Brennpunkt der gegnerischen Angriffe.
Im Huartier
Am Ostersamstag wurden die Kampfeinheiten der Fußtruppen in Omnibussen von ihren Standorten an die Front geworfen. Bis zu ihrer Ankunft in den durch den Schlachtenplan genau sestgelegten Dörfern und Ortschaften hatten die Quartiermacher schon längst alles vor- oe,reitet. Wie herzlich die Aufnahme und wie reichlich die Verpflegung während der Jung- bannfehde. war, das konnte jeder feststellen, welcher die Pimpfe im Quartier oder beim Vespern im Gelände gesehen hat. Sämtliche Brotbeutel waren von den Quartierleuten bis obenan gefüllt worden mit Speck, Ostereiern und Bauernbrot, alles Sachen, die einem Pimpfen das Herz tm Leibe lachen lassen. Ist der Kampf auch nicht immer nach Wunsch verlaufen, im uuartier bei den Bauersleuten war alles wie- «r vergessen. Abends versammelten sich die Pimpfe mit ihren Gastgebern, um ihnen im lustigen Dorfabends ein «tuck echten Pimpfenlebens zu zeigen.
Der erste Kampftag
^ ^orsonntag. Nach zweistündigem Anmarsch trafen die Einheiten im Kampf- zwischen Oberndorf und Rottweil aufein- beiden Radfahrfähnlein starteten von Schramberg und Sulz aus in die Schlacht, vchon die ersten Geplänkel zeigten, daß d i e Blauen körperlich fast durchweg uarker waren. Dazu kam noch zahlen- vl a ß,g eine leichte Ueberlegenheit vo s Gegners. Die größeren Siegesaussichten -"Uten so von vornherein bei den Blauen, wenn «on dabei noch bedenkt, daß der Angriff von An Roten in das feindliche Gebiet bis nach ^!l vorgetragen werden mußte. Denn in meisten Fällen ist es leichter, eine Stellung verteidigen als zu erobern.
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den Sieg gekämpft. In hartem Streit, Pimpf gegen Pimpf, wollte jede Mannschaft das Schlachtenglück auf ihre Seite bringen. Zerrissene Hosen und aufgeschürfte Beine waren aber für die Pimpfe noch lange kein Grund zur Kampfaufgabe, auch dann nicht, wenn eine besorgte Mutter auf der Kampfstätte erschien, um ihren armen Sohn aus dem Schlachtengetllmmel herauszuholen. Den Beweis hierfür erbrachte ein kleiner Kerl, der surchtlos in den vordersten Reihen kämpfte, der aber zu heulen anfing, als seine Mutter ihn aus dem Gefecht nehmen wollte. Solche Kerle können wir im Jungvolk brauchen!
Ein tolles Stückchen trug sich auf einer andern Walstatt zu. Erscheint da kurz vor Gefechtsbeginn einer vom Generalstab der 127er auf der Bildfläche, um bei den Noten herumzuspionieren. Nun besagt zwar ein besonderer Abschnitt der Kriegsartikel, daß Spionage erlaubt sei. Während nun aber der Eindringling über sein Verhalten zur Rode gestellt wird und ein hitziges Wortgefecht sich entspinnt, stibitzt ihm ein kleiner Pimpf der Roten wichtige Befehle aus den Aermelaufschlägen des Mantels. Der Generalstäbler bemerkt allerdings gleich darauf den Verlust der Papiere, zieht es aber vor, sich schleunigst unter dem Gejohle der Roten mit seinem Motorrad aus dem Staub zu machen.
Nach beendetem Kampf zieht Freund und Feind mit frischfröhlichem Gesang wieder in die Quartiere. Eilkuriere melden das Ergebnis der Kampfhandlungen in das große Hauptquartier. Dort sitzt der Generalstab über die Karten gebeugt und arbeitet bis. spät in die Nacht hinein an den Spielplänen für den nächsten Tag. Dann fährt noch der Fehdearzt seine Runde durch sämtliche Quartierorte des Jungbannes 126. Die jedem Kampffähnlein zugeteilten Feldschere berichten ihm über die Vorkommnisse des Kampftags in gesundheitlicher Hinsicht. Schnell und sicher trifft der Fehdearzt seine Anordnungen. Meist genügt schon ein ausmunterndes Wort, und der Schmerz ist vorbei. Einmal allerdings ist er auch ratlos, als ein Pimpf vom Radfahr- sähnlein angelausen kommt und schreit- „Doktor, mir ist die Kette am Fahrrad gebrochen."
Der zweite Kampftag
Ich stehe am Ostermontag auf der Landstraße südlich des Ortes Gößlingen. In meinen Händen halte ich den Zettel, auf dem folgende Worte stehen: „Kamps beobachten, um die Landstraße Jrslingen—Gößlingen, in der Zeit von 1 bis 2K- Uhr nachmittags." Ein kürzer Rundblick im Gelänbe genügt — und schon habe ich ein feines Plätzchen ausfindig gemacht. An dem Südhang einer windgeschützten Mulde schlage ich mein Standquartier auf. Hier kann ich das ganze Kampfgebiet übersehen. Noch habe ich eine Stunde Zeit bis zum Beginn des Gefechts Bequem strecke ich mich in der Sonne aus und suche mit meinem Fernstecher das ganze Gelände nach etwas Lebendigem ab. Richtig! Talaufwärts entdecke ich den Feind in einer Entfernung von einem Kilometer. Die-Blauen sind also bereits anmarschiert und benützen noch die Zeit zu allerlei Bewegungsformen im Gelände als Uebung für den Angriff.
Weit unten im Tal bemerke ich die Staubwolke eines Autos. Donnerwetter, das sieht ja gerade wie ein Opel ? 4 aus! Schärfer sehen meine Augen durch das Glas. Deutlich erkenne ich nun die Bänder an den Mützen der Insassen. Der Iungbannführer 127 fährt mit dem Generalstab zu seinem Kampffähnlein, um die letzten Anordnungen für den bevorstehenden Kampf zu treffen. Wenige Augenblicke später gellt der wilde Schlachtruf der Blauen durch das stille Tal. Aber die Roten sind auch nicht von Pappe. Ihre Aufgabe ist zwar am zweiten Tag ziemlich schwer. Sie haben den Spielbefehl, einen bestimmten Abschnitt der Straße südlich von Gößlingen zu besetzen. Die Blauen müssen versuchen, von dem Dorfe her 3 SMG. (Baumstämme) über die besetzte Straße zu bringen.
Kurz vor 1 Uhr marschieren die Roten durch den Ort Gößlingen und besetzen, wie befohlen, die Straße südlich davon in einem Abschnitt von 2 Kilometer Länge. Der Gegner muß versuchen
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von der Nordseite her, die chm gestellte Ausgabe zu lösen. Dazu bieten sich drei Möglichkeiten: 1. auf dem äußersten rechten Flügel, wo der Wald seine Ausläufer bis nahe an die besetzte Straße streckt, 2. über das Dorf, dessen letzte Häuser ebenfalls knapp an die Straße reichen, 3. auf dem linken Flügel, wo die Sicht nach Norden durch steil aufragende Hügel erheblich erschwert ist. Diese drei Möglichkeiten haben die Roten gleich richtig erkannt und verteilen sich entsprechend. So vergeht eine geraume Zeit, ohne daß der Gegner einen Angriff gewagt hätte. Da versuchen zwei Iungzüge der Blauen auf dem linken Flügel die Straße zu erreichen. Aber eben an dieser Stelle haben die Roten ihre stärksten Kerle stehen. Nach kurzem Zögern zeigt der Gegner die Fersen und zieht sich im Laufschritt zurück. ' Dann ist alles wieder ruhig. Wir glauben schon, daß die Blauen, entmutigt durch den mißlungenen Angriff, auf weitere Kampfaktionen verzichten. Erst 10 Minuten vor Gefechtsschluß versuchen die Gegner ihr Heil zum zweitenmal, aber diesmal auf dem rechten Flügel. Jedoch — unsere Späher haben den Angreifer eingesehen beim Anmarsch. Ganz vereinzelt nur wagt sich der Gegner aus dem Wald. Dann folgt eine Gruppe mit einem der SMG.s in der Mitte. Blitzschnell handeln nun die Roten. Mit siegessicherem Hurragebrüll stürzen sie sich aus dem Straßengraben auf den verblüfften Gegner. Die Vorderen werden schnell erledigt durch Abreißen des Lebensfadens. Auch die Abteilung mit dem SMG. hat keine Zeit, sich zu entfalten. Im Nu ist der kleine Trupp umstellt, ein kurzes Handgemenge und schon wird unter dem Siegesgeheul der Roten das erbeutete SMG. in Sicherheit gebracht. Gleich darauf ertönt der Schlußpfiff.' Rot war der unbestrittene Sieger, wenn sich auch bei der Punktewertung heräusstellte, daß sie von ihrem Gegner geschickt
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gelauscht worden waren Das eroberte SMG. war nämlich gar kein rechtes bzw. vorschriftsmäßiges.
Der -ritte Kampftag
Die Erstürmung von Rottweil durch die Roten am leßten Tag mußte die Entscheidung bringen. Jeder ergatterte Punkt zählte diesmal doppelt. Die Blauen hiellen sämtliche Zugangsstraßen nach Rottweil besetzt, während die Rote» die Aufgabe hatten, in das Stadtinnere einzudringen. Die Blauen, die zum größten Teil mit dem Gelände vertraut waren, suchten den Ansturm der Roten in den Nebenstraßen durch Barrikaden aufzuhalten. So entspann sich nochmals vor den Toren der alten Reichshauptstast ein heftiger Kampf, bei dem die Roten unter Aufbietung aller Kräfte versuchten, den Punkte- abmangel der beiden ersten Tage auszugleichen. Iungbannführer Korunka feuerte seine Streiter zu letztem Einsatz an, aber der Gegner war nicht mehr gewillt, sich noch in letzter Stunde den Sieg nehmen zu lassen. Die Angriffe der Rote» aus südwestlicher Richtung konnten nach heldenhaftem Kampf zurückgeschlagen werden. Auf der entgegengesetzten Seite der Stadt gelang es den Roten, die Neckarhochbrücke zu nehmen, wobei der Feind völlig aufgerieben wurde.
Am Dienstag vormittag 11.30 Uhr wurde schließlich die groHe Fehde auf allen Kriegsschauplätzen abgeblasen. Mit einem Kampflied auf den Lippen marschierten die Streitkräfte von Blau und Rot in Rottweil ein, wo die beiden Parteien sich sammelten. Nach kurzer Rast bewegte sich ein langer Zug durch die Straßen der Stadt zur
flbfchlußkun-gebung auf -em §rie-richs- platz in Kottweil
Unter dem dumpfen Klang der Landsknechtstrommeln marschierten zuerst die Kämpfer von 126, die Roten, in tadelloser Ordnung auf. Gleich darauf folgten die Pimpfe von 127, die Blauen» mit dem Iungbannspielmannszug an der Spitz«. Beim Klang der Trommeln und Fanfaren war jede Müdigkeit aus den Gliedern der tapferen Streiter gewichen. Straff und diszipliniert standen die Fronten, ein prachtvolles Bild. Die Gäste, unter denen sich auch die Schirmherren der Fehde, Kreisleiter Arnold-Schramberg und Kreisleiter A ck e r - Rottweil, befanden, waren inzwischen auf die Tribüne getreten. Jungbannführer Korunka sprach dann zu seinen Pimpfen und schloß die Fehde zwischen den beiden Nachbarjungbannen. Gewaltig brauste da» Siegesgeheul der Blauen an den Häuserfronten hinauf, als Iungbannführer Rieß den Sieg derer vom Zollernland verkündete. Zum Schluß wandte sich noch Kreisleiter A ck e r - Rottweil an die 1600 Pimpfe: „Dieses Geländespiel", so führte er aus, „fand nicht nur darum statt, damit man sich gegenseitig die Fäden und Bänder vom Arm reißt und nachher feststellt, wer Sieger und Besiegter ist sondern die Iungbannfehde ist in erster Linie ein wichtiger Abschnitt auf dem Wege zur körperlichen und charakterlichen Erziehung der deutschen Jugend." — Ein zackiger Vorbeimarsch vor den beiden Iungbannführer» legte die Fehde endgültig bei. Die Einheiten sind wieder heimgefahren in ihre Standorte, innerlich reicher um ein großes, unvergeßliches Erlebnis. K. B.