85. Jahrgang Nr. 5
Freitag den 8. Januar 1SS7
Der Enztiiler
Bei der Schaffung der Deutschen Schule in Neckarsulm hatte sich eine verschwindende Minderheit für die Konfessionsschule in Neckarsulm ausgesprochen. Nun ist auch diese vollends derart zusammengcschmolzen, daß sie mit sofortiger Wirkung aufgelöst wurde.
Durch den Tod des bisherigen Chefarztes am Kreiskrankenhaus in Marbach wurde die Stelle des leitenden Arztes in diesem Hause frei. Der Marbacher Krcisrat genehmigte nunmehr durch einstimmigen Beschluß den Vorschlag des dortigen Landrats. Oberarzt Dr. Alius-Ulm zum leitenden Arzt ani Kreiskrankenhaus Marbach zu berufen.
Die in Schreckensee beschäftigte, aus Reute, Kreis Waldsee, gebürtige Maria Müller, wurde bei einer Nadfahrt in der Nähe von Fronhosen von einem Kraftwagen an gefahren und erlitt einen Oberschenkelbruch und am anderen Bein eine Verletzung der Kniescheibe, ferner einen Unterkieferbruch und andere Verletzungen.
Wenige Tage nach Vollendung seines 88. Ge. burtstages ist der Mitbürger und letzte Veteran von 1870/71, Waldschütz a. D. Israel Ebinger aus Plieningen a. F., zur großen Armee ab. berufen worden.
Eislingen a. F., 7. Jan. (ImZugsPitz. gebiet abgestürzt.) Aus einer Schitour in den Bergen verunglückte dieser Tage der etwa 24 Jahre alte A. Staudenmaier von Eislingen. Bei einer Abfahrt im Zug- spitzgebict stürzte der junge Mann etwa 150 Meter tief ab. Mit schweren Verletzungen, u. a. einem Beckenbruch, wurde er ins Par- 'enkirchener Krankenhaus eingeliefert.
Crailsheim, 5. Januar. (Beleidigung eines Kriegsbeschädigten.) Tiefer Tage hatte sich Georg Weiser ans Honhardt vor dem Gericht zu verantworten, weil er in unverantwortlicher Weise einem Kriegs- oescyacugieu gegenüber den Bvrwurs gemach! hatte,- er lasse sich von der Allgemeinheil unterstützen. In Anbetracht verschiedener Milderungsgründe verurteilte ihn das Ge- Acht "och einmal zu einer empfindlichen Geldstrafe. Im übrigen duldet es die NSKOV. nicht, daß Kriegsbesetzä. dlgte, die zu Recht eine Rente beziehen, von Menschen und besonders von solchen. die nicht an der Front gestanden haben veschlmpftwerden.
Friedrichshofen, 7. Januar. (Bodenseeschiffe werden erneuert.) Nachdem die „Friedrichshasen" und die Motorfähre „Schüssen" einer gründlichen Ueber- holung auf der Schiffswerft unterzogen worden sind, liegen sie wieder auf Wasser. Die „Schüssen" hat am Dreikönigstag ihre Fahrten nach Romanshorn wieder ausgenommen, die „Friedrichshafen" dürfte in Bälde in Dienst gestellt werden. Beide Schisse Prüfen- tieren sich in ihrem neuen weiß-rot-schwar- zen Gewände ungemein schön und neben ihnen liegt mit frischem Kleide die kleine „Buchhorn". Mit dem Ausbau der neuen „Schwaben" auf der Bodanwerft in Kreßbronn geht es gut voran. Auch die „Ravensburg" liegt aus der dortigen Werft znr Ueber- holung.
V. NeichstagWg der Auslands' deutschen
nsg. Stuttgart, 7. Januar.
Am 6. und 7. Januar 1937 weilte Gau- leiter Bohle und Gauamtsleiter Grothe von der Auslandsorganisation der NSDAP, in Stuttgart, um mit Reichsstatthalter und Gauleiter Murr, Stellvertr. Gauleiter Schmidt, Oberbürgermeister Tr. Strö- lin, Kreisleiter Mauer und der Leitung des 'Deutschen Auslands - Institutes Vor- besprechungen über die V. Reichs- tagung der Ausländsdeutschen zu führen.
Die Reichstagung, die voraussichtlich Ende August d. I. stattsinden wird, soll nach der Ernennung der wttrttembergischen Landeshauptstadt zur Stadt der Ausländsdeutschen die machtvollste Kundgebung der Auslandsorganisation werden, die bisher stattgefunden hat.
Ein Frevler wird bestraft
Gmünd, 7. Januar.
Im Sommer vorigen Jahres waren in Württemberg und in Hohenzollern-Sigma- ringen mehrere Feldkreuze beschädigt worden. Als einer der Täter wurde ein gewisser Alois H. aus Waldstetten festgestellt. Durch Urteil des Schöffengerichts wurde er nunmehr zu der empfindlichen Strafe von 9 Monaten Gefängnis verurteilt. Alois H., der diese Freveltatcn beging, gehört der k a t h o- l i s ch e n K i r ch e an. (Er ist w e d e r M i t- glied der NSDAP, noch einer ihrer Gliederungen.)
Dir deuWe MrtMst im ZM1SZ7
Wir gehen mit fest umrissenen Ausgaben in das neue Wirtschaftsjahr hinein. Das Jahr 1937 soll und wird uns ein weiteres Stück vorwärts bringen aus dem Wege zu einer wirtschaftlichen Befreiung unseres Volkes. Es geht in der nächsten Zukunst dar
um, alle verfügbaren Kräfte innerhalb unseres beengten Lebensraumes zu mobilisieren, neue Rohstoffquellen zu erschließen, unsere Produktionsbasis aus eigenen Mitteln zu erweitern usw., mit dem Ziel einer souveränen Unabhängigkeit. Es ist klar, daß wir ein um so stärkerer Partner auch auf dem Gebiet der Außenhandelspolitik werden, je unabhängiger wir uns wirtschastlich machen. Was uns gegen früher die Bewältigung der schwierigen Ausgaben so leicht macht, ist vor allem, daß es der nationalsozialistischen Führung gelungen ist. die Wirtschaftspolitik in wenigen Jahren aus einer planlosen zu einer zielsichere» und klaren zu gestalten. Wir haben nur noch einen politischen Willen im neuen Staat, und die Wirtschaft ist heute ein praktischer Mithelfer, diesen politischen Willen zu verwirklichen.
Daß der bisherige Weg richtig war, beweist der Erfolg, der immer im praktischen Leben entscheidet. Ter geschlossene Einsatz aller Kräfte hat nicht nur die industrielle Reserve- armee, das Heer der Arbeitslosen, das früher als etwas Unabänderliches hingenommen wurde, beseitigt, sondern die deutsche Wirtschaft hat in einem organischen Wachstumsprozeß von vier Jahren inzwischen einen Grad der Vollbeschäftigung erreicht, daß selbst der Arbeitseinsatz nicht mehr folgen konnte. Dieser Gesundungsprozeß hat sich fast ausnahmslos auf alle Lebensgebiete ctusgewirkt. ob wir nun das steigende Volkseinkommen heranziehen oder die gebesserten Kapitalverhältnisse, die allgemeine Stetigkeit des deutschen Wirtschaftslebens oder aber den günstigen Nentabilitäts- und Liquiditätsstand der deutschen Betriebe usw. Die Wirtschaftspolitik des neuen Staats hat sich also völlig gewandelt. Vor allem hat der Nationalsozialismus mit den verderblichen Vorstellungen vom Konjunkturmechanismus und von der Eigengesetzlichkeit der Wirtschaft gründlich aufgeräumt. Heute bestim- men allein noch Wille und Arbeit unser Schicksal. Und diese Kräfte werden wir auch in diesem Jahr einsetzen. Der Erfolg ist uns dann sicher.
Auftrieb: 17 Ochsen, 33 Bullen, 51 K ühe, 30 Färsen, 55 Kälber, 349 Schweine
Ochsen
»j vollfleischige, ansgemästete
1. jüngere .
2. ältere .
li> sonstige vollfleischige . .
d fleischige .
ä) gering genährte.
Zulle»
s> flingere vollfleischige . .
bl sonstige vollfleischige . .
d fleischige .
ch gering genährte.
Kühe
s> jüngere vollfleischige . .
b> sonstige vollfleischige . .
d fleischige .
ch gering genährte.
Färsen (Kalbinnenl ch vollfleischige. ausgemästete bl vollfleischige .. . .
7. 1.
5.1.
Fresser
44
42—44
mäßig genährtes Jungvieh
Kälber
—
—
s> beste Mast, und Saugkälber
—
—
b) mittlere Mast-u. Saugkälber
d geringe Saugkälber ..... ch geringe Kälber.
40—42
42
Schweine
38
ch Fettschweine über 300 Pfd.
—
1. fette .
2. vollfleischige.
42
40-42
bs 1. vollfleischige 240—300 Pfd.
36-38
33—38
di 2. vollfleischige 240-300 Pfd.
28-32
25—32
d vollfleischige 200—240 Pfd.
20-24
17—24
ch vollfleischige 160-200 Pfd. d fleischige 120—160 Pfd.
43
42—43
g> Sauen 1. fette.
39
—
2. andere.
7. 1.
56—65
42—55
40
52.-
52.—
52.-
52,—
51.—
48.-
52
5 1.
56-65 41-55 Lv—40
52
52
52,-.
52.—
51.—
48.—
48.-
52
50
„Bei obigen Viehpreisen handelt es sich um Marktpreise einschließlich Transportkosten. Schwund, Händlerprovifion; demzufolge müssen die Stallpreise unter den Marktpreisen liegen."
Marktverlaus: Großvieh, außer b-, c- und <l- Kühen zugeteilt, Ausstichware über Notiz, Kälber lebhaft, Schweine zugeteilt.
Stuttgarter Fleischmarkt. Preise: Hammel-
fleisch d) 86-90, ch 70-78: Bullenfleisch ch 72 dis 75: Ochsensleisch ch 75—78: Kuhfleisch ch 72 bis 75, b> 60-63; Färsensleisch ch 75—78; Kalb- fleisch ch 100—105, b) 90—98; Schweinefleisch kj 72
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NörlenGerichte vom 7 . Samiac
Berlin: Umschuldungsanleihe 40 Rpf. höher
Nachdem bereits ein Wechsel zur freundlicheren Tendenz eingetreten war, konnte man weitert Eiiilagetüuse der Bankenkunöichast beobachten, die zu einer allgemeinen Besserung des Kursniveaus führten. Intern regten Gerüchte an, die von einer Kapitalerhöhung bei der IG. Farbenindustrie im Zuge einer größeren Kapitaltransaktion wissen wollen, wobei man als wesentlich die daraus zu erkennende Lockerung der Emissionssperre an- sehen will. Diese Gerüchte sind selbstverständlich mit allem Vorbehalt aufzunehmen. Die Farben- aktie selbst setzte zunächst mit unverändert 169,12 ein, nacktem man vorbörslich einen Kurs von 170,25 zugrundegelegt hatte. Später ergab sich eine Besserung auf 170,37.
Gut erholt waren bei lebhaften Umsätzen Vep. Stahlwerke, die 1 Prozent höher mit 118 all- kamen und nach Schwankungen auf 118,12 anzogen. Von Braunkohlenwerten sind Deutsch« Erdöl mit plus 1,25 Prozent zu erwähne,». ' '
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von
Ha««Lr«st
Urheberrechtsjchutz durch Vorlagsanstalt Manz, München 31 Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
„Leusi, so a Hirsch I Der reut mich schon", antwortet Bari!. „Der Winninger hat Botschaft g'schickt, er braucht ein paar große Stück."
„Geh halt einmal in ein anders Revier, zum Weindl oder zum Toni. Für heut aber geh heim. Es wird schon Tag. G'sehlt wärs, wenn uns jemand zusammen sehen tat."
Die beiden gehen auseinander.
Toni ist zu Mut, als hätte ihm jemand mit einem Prügel über den Kops geschlagen. Nun kann und darf er nicht mehr schweigen.
Sich umwendend, geht er ein Stück durch den Wald seitwärts und nimmt dann den kürzesten Weg über eine Geröllhalde zur Brandlalm.
Als er das freie Almfeld betritt, bleibt er einen Moment benommen stehen vor der Pracht und Schönheit, die sich ihm bietet.
Ein leichenfarbener Schein breitet sich über den Himmel und erstickt den Glanz der Sterne und des Mondes. Wolken dampfen um die Berge, die rötlich zu schimmern beginnen und Heller werden, immer Heller.
Die Luisenhütte liegt noch in tiefem Frieden, als Toni ankommt. Sein erstes ist, daß er an die Tür des Grafen klopft.
Es dauert keine zwei Minuten, kommt Graf Bruggstein barfuß, nur mit Hemd und kurzer Lederyose bekleidet, aus der Kammer.
„Wie spät ist es?"
„Halb vier, Herr Graf."
Graf Bruggsteins Gesicht verdunkelt sich.
„Was? Du hast verschlafen?" Seine Augen werden klein. „Und wie schaust denn du aus? Aha, da treibt sich der Anton Zaggler draußen rum und vergißt dabei, daß ich um halb drei geweckt werden will."
Er zieht die Lederhose mit beiden Händen am Leib hoch und tritt dicht vor Toni hin.
„Dreihundertvierundsechzig Hirsche Hab ich in meinem Leben geschaffen. Aber noch keinen, wie der am Gröllberg ist. Freunderl, der Hirsch wenn mir auskommt, dann ist's aus mit deiner Jagerei!"
Nun kann Toni doch nicht mehr länger schweigen. Das Blut war ihm bei dieser Anklage ins Gesicht geschlagen. Seine Gestalt reckt sich.
„Herr Graf, ich-"
„Maul halten! Ich will keine Entschuldigung. Das ganze Jahr zahlt man so einen Kerl und wenn man ihn braucht, muß man warten, bis er von einer Kittelsalten wegkommt. Der Hirsch liegt mir schon lang im Magen. Heut hätt ich ihn haben können. Aber natürlich, der Herr Zaggler — "
Graf Brnggstein wendet sich ab und stützt den einen Fuß aus die Bank.
„Meine Wadelstrümpf her."
Toni nimmt sie von der Herdstange und gibt sie ihm.
Gras Bruggstein reißt sie ihm aus der Hand.
„Hab immer gemeint, du bist ein richtiger Jäger. Aber man täuscht sich in den Menschen. Das sag ich dir, Toni: Von mir ans gehst du bei der Nacht hin, wo du willst. Aber du hast dazusein, wenn ich dich brauche, sonst kannst du hingehen, wo du hergekommen bist."
Toni steht wie vom Donner gerührt. Seine Augen werden feucht. Zugleich aber wächst ein wilder Trotz in ihm. Seine Stimme hat einen harten Klang, als er sagt:
„Soll ich das als Kündigung ausfassen?"
„Hab ich nicht deutlich genug geredet?" sagt der Graf, ohne sich umzuwenden.
„Dann möchte ich noch meinen dienstlichen Rapport machen. Heute morgen um drei Uhr ist der Büchler ge
meinsam mit dem Steinmüller Bartl von der Ambacher Straße heraufgekommen."
Graf Bruggstein fährt mit jähem Ruck herum. Sein Ge« sicht ist ganz Spannung:
„Du hast sie gesehen?"
„Ja, ich Hab sie gesehen und Hab einen Teil ihres Ge» spräches gehört. Sie haben auch von dem Hirschen am, Gröllberg geredet."
„Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?"
„Der Herr Gras hat mich ja nicht zu Wort kommen lasten."
Graf Bruggstein wird von einer fiebernden Aufregung befallen. Im Augenblick hat er die Bergschuhe an den Füßen und schlüpft in die Joppe. Mit zitternden Händen nimmt er das Gewehr, drückt das graue Hütl über die weißen Haare und will zur Hütte hinaus.
Da besinnt er sich unter der Türe, kommt zurück und legt dem Toni beide Hände auf die Achseln.
„Nimm mir meine Worte von vorhin nicht krumm, Toni. Ich hätt es wissen müssen, daß du ein anständiger Kerl bist. Und jetzt komm mit. Dem Büchler werd ich heut die Suppe versalzen. Jetzt Hab ich g'nug von ihm."
Mit langen Schritten geht Graf Bruggstein das Lat- schcnfeld hinunter und drüben den Hang wieder hinauf. Toni kann ihm kaum folgen.
Mittendrin bleibt der Gras stehen.
„Das geht eigentlich nicht, wie ich es mir im ersten Zorn vorgenommen Hab. Wenn ich jetzt den Büchler aus der Stell zum Teufel jage, geht er am Abend mit dem Bartl gemeinsam zum Wildern. Wir haben dann noch um einen Lumpen mehr im Bezirk. Paß auf, Toni. Den Büchler, den nehm ich jetzt zu mir und du übernimmst sein Revier. Ich sag zum Büchler, du hättest drei Wochen Urlaub. Verstehst mich?"
„Wohl, Herr Graf."
Der Graf faßt den Jungen beim Haarschüppel, der ihm wirr in die Stirn hereinhängt, zieht ihm den Kopf ein wenig zurück und bückt ihm fest in die Augen.
(Fortsetzung folgt.)