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Diejenigen, welche sich nm Preise bewerben wollen, haben ihre Tiere mindestens zehn Tage vor der Schau bei dem Kgl. Oberawt unter Benützung der von diesem zu beziehenden Anmeldescheine anzumelden und spätestens bis zu der oben angegebenen Zeit auf dem Musterungsplatz aufzusteüen. Farren müssen mit Nasen- ring versehen sein und am Leitstock vorgeführt werden.
Für den Fall, daß eine entsprechende Anzahl von Tieren bis zu dem vorgeschriebenen Zeitpunkt nicht angemeldet wird, behält die K. Zentralstelle für die Landwirtschaft sich vor, die Schau ausfallen zu lassen.
Vorstehendes wird hiemit zur Kenntnis der Landwirte des Bezirks gebracht. Dabei werden dieselben unter besonderer Hinweisung darauf, daß verspätet angemeldete Tiere zur Teilnahme an dem Preiserwerb nicht berechtigt sind und daß Farren ohne Nasenring zurückgewiesen werden, zu pünktlicher Einhaltung der bezüglichen Vorschriften aufgefordert.
Tie Ortsvorsteher haben auf die Abhaltung der Rindviehschau durch ortsübliche Bekanntmachung hinzuweisen.
Calw, 4. Juni 1907.
K. Oberarm.
Vo elter.
> Tagesneuigkeiten.
* Calw 1. Juli. Die Kurkonzerte in. den Anlagen erfreuen sich von Jahr zu Jahr immer größerer Beliebtheit bei der Einwohnerschaft. Das gestrige Konzert war ein Beweis davon, wie sehr diese Einrichtung allerseits geschätzt wird. Sehr zahlreich waren die Besucher herbeigekommen, um den Weisen der Stadtkapelle zu lauschen und den prächtigen Aufenthalt in den schönen Anlagen zu genießen. Die Stadtkapelle Frank spielte 6 Musikstücke, die flott und mit großer Exaktheit zum Vortrag kamen. — Die Lindenblüte ist gegenwärtig zur Entfaltung gekommen. Auf dem Brühl verbreiten die zahlreichen Lindenbäume mit den zahllosen Blüten einen vorzüglichen Geruch. Das Summen der Bienen, welche den süßen Honig aus den Blüten holen, beweist, daß auch diese Insekten von dem lieblichen Geruch der sonst unscheinbaren Blüten angezogen werden.
Neuenbürg 29. Juni. Der Metzger und Wirt Müller von Unterniebelsbach hat sich in einem Anfall von Schwermut erhängt.
Aidlingen OA. Böblingen 29. Juni. Gestern mittag schlug der Blitz während eines heftigen Gewitters in das Wohnhaus des Schneiders Stürner an der Steige. Es brannte ein Doppelwohnhaus mit Scheuer nieder.
Stuttgart 29. Juni. JmWidmann'- scheu Tiergarten wird am Mittwoch, den 3. Juli, das erste Kinderfest abgehalten, wozu die nötigen Vorbereitungen schon getroffen sind. Das Programm sieht einen kostümierten Festzug,
sowie Reigen und Spiele vor. Die Festzeitung enthält einige poetische Beiträge und kleinere Erzählungen von bekannten Schriftstellern und Schriftstellerinnen, sowie einige gute Bilder über den Besuch des Königspaares im Tiergarten.
Stuttgart 29. Juni. Die Schwurgerichtsverhandlung gegen den Schneider Julius Zwicker von Untertürkheim wegen Brandstiftung konnte heute nicht fortgesetzt werden, da der Angeklagte heute früh im Untersuchungs- gefängnis wieder einen Tobsuchtsanfall bekam. Die Verhandlung wird am Montag weitergcsührt, falls Zwicker verhandlungsfähig ist.
Cannstatt 29. Juni. Gestern nachmittag trank ein getrennt lebender Mechaniker in selbstmörderischer Absicht Lysol. Er wurde ins städtische Krankenhaus nach Cannstatt gebracht.
Neresheim 26. Juui. Anstelle ihrer erkrankten Mutter, die das Bett nicht verlassen konnte, hantierte das 9jährige Töchterchen des SLraßcnwärters Stritzelberger am Hsrdfeuer, um für ein kleineres Brüderchen Milch zu erwärmen. Die Kleider der Kleinen fingen dabei plötzlich Feuer und im Nu stand das entsetzte Kind in Hellen Flammen. Durch den bei der Flucht nach der Straße entstandenen Luftzug zerfraß das Feuer rasch die ganze Kleidung bis auf wenige Fetzen. Während hilfsbereite Nachbarn herbeieilten, z. T. aber selbst nicht unbeträchtliche Brandwunden erlitten, mußte die schwerkranke Mutter untätig dem qualvollen Verbrennungstod ihrer Pflegerin und Stütze zusehen.
Pforzheim 29. Juni. In Pforzheim ist der Besitzwechsel im letzten Jahre ein sehr bedeutender gewesen. Er war größer als in jeder anderen badischen Stadt. Selbst in dem dreimal größeren Mannheim ist ein so großer Besitzwechsel nicht gebucht worden. Es sind 1581 Eigentumsveränderungen festgestellt worden.
Karlsruhe 29. Juni. Bei einem furchtbaren Gewitter wurden gestern Abend 6 Uhr jn dem benachbarten Orte Spoeck durch Blitzschlag 12 Gebäude vollständig eingeäschert. 17 Familien sind obdachlos. Das Feuer konnte erst spät in der Nacht bewältigt werden.
Konstanz 27. Juni. Eine starke Leistung im Automobil lieferte neulich ein hiesiger Fabrikant. Er fuhr morgens Uhr hier ab, traf */-11 Uhr in Mannheim ein, besuchte daselbst die Ausstellung und fuhr nachmittags wieder nach Konstanz zurück. Trotz eines heftigen Regens, der ihn in Hornberg überraschte, traf er ohne den geringsten Unfall nachts ^ 12 Uhr hier ein. Bei dieser Eilfahrt, die für die Sicherheit des Führers wie für des Automobils spricht, wurden an dem einen
Tag 660 Kilometer zurückgelegt. Eine kolossale Leistung!
München 29. Juni. Der preußische Eisenbahnminister Breitenbach hält sich seit einigen Tagen hier auf, um sich mit dem bayrischen Verkehrsminister von Frauendorffer zu beraten. Gegenstand der Besprechung waren die schwebenden Fragen verkehrspolitischer Natur wie Schiffahrtsabgaben, Tarifreform, Betriebsmittel- Gemeinschaft und die Verständigung, die Bayern sowohl mit der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft als auch in großen internationalen Eisen- bahnüeziehungen mit Oesterreich sucht.
München 29. Juni. Im Walde bei Petznitz in Oberfranken wurden drei Mädchen, die Erdbeeren suchten, von einem Arbeiter überfallen. Zwei von ihnen konnten sich flüchten, während das dritte dem Wüstling zum Opfer fiel, der es mißbrauchte und ihm dann mit einem Beil den Schädel einschlug. Man ist dem Lustmörder auf der Spur.
Berlin 30. Juni. Die von einer hiesigen Korrespondenz gebrachte Mitteilung, daß das Verfahren gegen den Fürsten Eulenburg eingestellt sei, ist verfrüht. Wie von berufener Seite mitgeteilt wird, ist das Ermittelungsverfahren gegen den Fürsten Eulenburg zur Zeit bei der Prenzlauer Staatsanwaltschaft noch anhänhig.
Paris 30. Juni. Gestern fand in einer öffentlichen Versammlung die Uebergabe der goldenen Medaille an den früheren Kriegsminister General Mercier statt. Die Medaille ist dem General zum Andenken an seine Haltung in der Affäre Dreyfus von seinen politischen Freunden gestiftet worden. Mehrere Reden wurden gehalten.
Montpellier 29. Juni. Gestern Abend verbreitete sich das Gerücht, daß die verhafteten Mitglieder des Comitees von Argellieres vorläufig auf freien Fuß gesetzt worden seien. Diese Nachricht rief große Aufregung in der Stadt hervor. Die Wachen vor dem Justizgebäude und dem Gefängnis mußten verstärkt werden. Dragoner patrouillieren während der ganzen Nacht durch die Straßen, die Ruhe wurde jedoch nicht gestört.
Toulon 30. Juni. Seit gestern Abend geht hier das Gerücht von einer großen Schiffs- katastrophe im Mittelmeer. Nach den während der Nacht eingezogenen Erkundigungen soll ein Kreuzer mit einem Torpedojäger auf der Reede von Toulon an der Küste von Algier zusammenge- stoßsn und hierbei 69 Matrosen umgekommen sein.
Prag 29. Juni. Gestern abend gegen 6 Uhr blieben plötzlich sämtliche Motorwagen stehen. Die Arbeiter und Hilfsarbeiter des Elektrizitätswerks hatten die Feuer gelöscht und die Arbeitsstätten verlassen. Die Ursachen des
in seinem ganzen Leben nur Gutes getan; aber Ihr seid auch nicht vA» fern im stände, sein Tun zu begreifen."
„Guenn," begann Hoel furchtsam und stieß sie dabei freundschaftlich mit dem Ellbogen an, „sei doch nicht so böse. Es wäre ja nicht einmal so schlimm, sondern nur natürlich für jeden Mann, einem so hübschen Mädchen gegenüber, wie du eines bist! Hat er dich denn jemals — geküßt — natürlich nur ganz zufällig — hat er das jemals getan?"
„Er!" rief das Mädchen mit unaussprechlicher Verachtung für den Fragenden. „Da sieht man recht, wie kleinlich und gemein Eure ganze Sinnesart ist! Er denkt nicht an dergleichen — nur an Sonnenschein und Farben, an hohe prächtige Bäume und an das Meer; er liebt Blumen und Kräuter und lustige Kindergesichter. Für jeden hat er ein freundliches Wort, ein gütiges Lächeln. Den alten Leuten, die schwach am Wege sitzen, wird es froh und leicht ums Herz, wenn sie nur sein heiteres Antlitz sehen. Die kleinen Kinder nimmt er in seine Arme, er hat ein Mitgefühl für einen lahmen Hund, ein müdes Pferd, für alles was leidet. Ich habe ihn um eine welke Rose trauern sehen. Und Ihr Memmen — verbergt Euch hier heimlich, um ihm nach dem Leben zu trachten!"
Laut erklang ihre beherzte Rede durch die stille Nacht; als sie tief aufatmend innehielt, machte sich das eigentümliche Rascheln des welken Laubes über ihr deutlich bemerkbar.
„Guenn," hob Ho8l wieder bittend an, „sag mir nur das Eine: Seit Wochen flüstert man bald dies bald das, mir war's ganz überdrüssig, alle die Anspielungen zu hören. Schenk' du mir reinen Wein ein: wer gab dir die schönen Kleider zum Gnadenfest?"
Im nächsten Augenblick schon hatte Guenn ihre Haube heruntergerifsen, was lag ihr jetzt noch daran, ihr Geheimnis zu wahren. „Also deshalb? Da seht her! Freut Euch darüber! Ich Hab' es selbst abgeschnitten! Es war das schönste, längste Haar in ganz Plouvenec, und ich habe es selbst
abgeschnitten, weil ich wollte, weil ich Geld brauchte. Hat einer von Euch Leuten, die ihr Euch hinter Mauern verkriecht, etwas dagegen einzuwenden, so mag er's sagen!" Sie fuhr sich hastig mit der Hand durch das dichte Haar, „da seht's Euch nur genau an! Seid Ihr jetzt befriedigt?"
„Ich will wissen," rief Rodellec mit wildem Fluch, wie du in deiner Frechheit unsere Pläne aufspürst. Ich komme schon noch dahinter."
Sie lachte bitter. „Dazu braucht'« keinen Scharfsinn, wenn Ihr Drei nachts abseits steht und zusammen flüstert, wenn du böse Blicke auf Monsieur Hamor schießest, sobald er über den Dorfplatz geht, jeden seiner Schritte beobachtest und ihm nachschleichst, bis er an den Rand des Dammes, wo er in glückliche Gedanken versunken nach den Sternen schaut oder lächelnd ins
Lasser blickt."
Rodellec sah ihr argwöhnisch in die Augen. „Da steckt doch mehr ahinter, als du zugeben willst, aber ich werde dir deine Schliche schon ertreiben. Hast du ihn jemals vor uns gewarnt-- Weiß er, daß ich jn Haffe?"
„Wenn er's wüßte, so wäre es nur deshalb, weil jeder, der mcht lind ist, den Haß in deinen Augen lesen kann; ich habe ihm noch nie ein Lort gesagt von dem was ich sehe und höre und was beständig in der üft zu liegen scheint. Er selbst hat aber ein so sonniges Gemüt, daß er icht darauf achtet, und ist viel zu tapfer, um sich vor irgend etwas zu Irchten!"
„Gnade dir Gott, wenn du mich belügst! — wenn du ihm gesagt ast, heute nicht diesen Weg zurück zu kommen!"
„Nein und abermals nein!" rief Guenn heftig. „Ich mache mich icht zur Angeberin von Plouvenecer Männern, wenn nicht gerade ein Menschenleben auf dem Spiele steht. Soll ich, Guenn Rodellec, einem :emden Manne sagen, daß drei bretagnische Seeleute, gemeine, schmutzige eialinae sind? Lieber bisse ich mir die Zunge ab." (Forts, folgt.)