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Hamor hatte auch verschiedene Entwürfe im Kopf, die Thymert betrafen. Er war nach langer Ueberlegung zu dem Schluß gelangt, daß der Pfarrer zu einem rein menschlichen Vorgang, bei welchem leidenschaftliche Erregung mit in's Spiel kam, am besten zu verwenden sei. Plouvenec gegenüber befand sich eine felsige, mit Sand bedeckte Landspitze, die ihm der paffende Schauplatz schien. Ein Schiffbruch — natürlich nur angedeutet — war ein gutes Motiv, dazu als Hauptfigur die mächtige Gestalt des starken Mannes, neben der Leiche eines von ihm geliebten Wesens — etwa seines Freundes, oder seines Weibes. Halb entkleidet, die eine Hand in den Sand gestützt, sollte Thymert in stummer Verzweiflung auf sein verlorenes Glück starren. Ob der Ertrunkene aber sein bester Freund sein solle, den zu retten er sich vergeblich gemüht hatte, oder lieber eine Frauengestalt? Ueber diese Frage war Hamor noch nicht in's Klare gekommen. Das Eine wie das Andere hatte mancherlei für sich. Derartige Pläne zu Bildern zu entwerfen, war Hamors größter Genuß: er baute täglich Dutzende solcher Luftschlösser und zerstörte sie dann selbst wieder.
Eines Morgens war Douglas bei ihm und Guenn saß strickend in der Fensternische. Plötzlich kam Hamor ein glücklicher Gedanke: „Komm her, Guenn," sagte er, tue deine Coiffe einen Augenblick ab, und lege dich nieder auf's Gesicht mit ausgebreiteten Armen. Sieh her, ich will dir's zeigen, wie du's machen mußt."
Guenn rührte sich nicht.
„Hast Du nicht gehört?" fragte er freundlich. „Nimm einmal deinen ganzen Kopfputz ab, bitte. Ich möchte nämlich eine Studie für das Haar eines ertrunkenen Mädchens machen, Douglas; wenn ich es später wirklich malen sollte, muß es natürlich richtig durchnäßt sein; ich bin aber noch nicht ganz entschlossen, ob ich nicht doch eine Männergestalt vorziehe. Es liegt etwas Ergreifenderer in einer Männerfreundschaft. Jedenfalls rührt sie mich mehr."
„Du ziehst also David und Jonathan, Romeo und Julia vor?" meinte Douglas gedehnt.
„Oh bei weitem," versicherte er aufstehend, wobei er bemerkte, daß Guenn noch immer zauderte.
Sie saß regungslos am Fenster, die Augen niedergeschlagen, die Wangen mit purpurner Glut bedeckt.
„Komm her zu mir, Guenn!" sagte er ernsthaft.
Gehorsam trat sie an seine Seite, jedoch ohne die Augen aufzuschlagen. In Hamor regte sich wieder der alte Puritaner, voll von Tadelsucht, beschränkter Einsicht und irriger Meinungen. „Du wirst mir zugebeu, Guenn, daß ich jede Rücksicht auf Eure nationalen Vorurteile genommen habe. Doch dächte ich, du müßtest mich nach so langer Zeit genau genug kennen, um mir ohne Besinnen dein Haar zu zeigen, wenn ich dich darum bitte. Jeanne und Viktoria würden mir auf der Stelle gehorchen. Mich wundert, daß du noch immer nicht begreifst, wie uns Malern Euer Haar nicht mehr bedeutet, als Euer Gesicht, wenn man auch hier zu Lande anderer Ansicht darüber ist."
Guenn zauderte noch immer; sie stand schwer atmend mit gefalteten Händen da; Hamor fand sie im höchsten Grade unvernünftig und widerspenstig.
Douglas sah von der Arbeit auf; „Ach laß sie doch in Ruhe, Hamor, du weißt ja, wie sie hier darüber denken."
„Mein Modell gehört mir," beharrte Hamor ärgerlich, „das Mädchen hat die schönsten Haare, die ich je gesehen habe, ich bin jederzeit freundlich gegen sie gewesen, es giebt wenige Menschen, die so rücksichtsvoll wie ich mit ihren Modellen verfahren. Ich wüßte also auf der Welt keinen Grund weshalb sie sich mir widersetzten sollte."
Douglas zuckte die Achseln.
„Herunter damit, Guenn! Wenn du's nicht augenblicklich tust, werde ich dir dabei helfen."
Sie rührte sich nicht, und um ihre Mundwinkel zuckte es verräterisch. Flehend erhob sie die schönen Augen zu ihm, es lag kein Vorwurf, nur ein schmerzliches Fragen, ein wehrloser Unterliegen, in ihrem Blick: „War ich denn damals von Sinnen? Er würde also lieber das Haar gehabt haben? Mein Gott, mein Gott, wie hätte ich das denn wissen können? Er hat sich gar nichts aus dem Tanzen und den neuen Kleidern gemacht. Jetzt braucht er mein Haar, und ich habe keins mehr für ihn. Was für ein furchtbarer Mißgriff von mir. — Es war so lang und glänzend und wellig, es reichte mir bis über die Kniee. Er braucht es und ich habe keins mehr — nicht einmal soviel, wie die andern Mädchen — und ich hatte doch das schönste! Ach, wenn es die heilige Jungfrau nur schnell wieder wachsen ließe! Oder wenn ich in die Erde versinken könnte, ehe er's gewahr wird!"
„Guenn," sagte der Maler ernst aber nicht unfreundlich, „laß jetzt die Kindereien." Rasch trat er hinzu, löste das Band, das ihr mehrmals fest um den Kopf gebunden war und zog das Häubchen herunter. Sie wehrte ihm nicht. Douglas stand gelassen dabei. Unter der Coiffe befand sich statt der sonst üblichen sechs oder sieben Tuchkappen nur eine einzige, die Hamor jetzt entfernte. Seine ernste Richtermiene verwandelte sich in ein maßloses, fast knabenhaftes Staunen. „Donnerwetter!" rief er überrascht und trat einen Schritt zurück.
Man konnte aber auch nichts Bezaubernderes sehen als das Köpfchen, das sich jetzt in größter Verwirrung vor ihm senkte. Noch warm und feucht von der Kappe lagen die kurzen Haare, in weichen glänzenden Ringeln wie die eines kleinen Kindes, fest an den Kopf gedrückt.
(Fortsetzung folgt.)
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