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Pforzheim und 2 von Stuttgart, die übrigen waren aus dem Oberamt Calw und dessen nächster Umgebung. Eröffnet wurde der Zug durch Festreiter, worauf die Ehrengäste, die Festdamen, die hiesigen Vereine und sodann die auswärtigen Militärvereine folgten, den Schluß machte der Jubiläums, verein, der hiesige Militärverein. Der Zug bewegte sich durch den Bischofs, die Bahnhofstraße, über die neue Brücke in die Badgaffe, sodann auf den Marktplatz, die Vorstadt hinauf, um den Schloß, berg herum und zurück auf den Marktplatz, wo der Vorbeimarsch vor dem Bundespräsidium und den Ehrengästen stattfand, sodann durch die Leder« straße und von da auf den Brühl. Nachdem die Vereine Aufstellung genommen hatten, hieß der Vorstand des Militärvereins, Gärtner Ellinger, die erschienenen Kameraden, die Ehrengäste und das Bundespräsidium in herzlichen Worten will- kommen und gab der Hoffnung Ausdruck, daß der Festtag zur Bekräftigung des kameradschaftlichen Geistes und zur Treue gegen den König führen möge. Stürmischen Widerhall fand das auf den König ausgebrachte Hoch. Der frühere Bezirks, obmann, Rektor Haug in Freudenstadt, sprach seinen Dank aus für dis freundliche Einladung der er gerne gefolgt sei, damit er wieder seine früheren Kameraden und namentlich auch den Ehrenvorstand, Karl Essig senior, begrüßen könne und schloß daran die Mahnung, die Ideale des württ. Kriegerbundes, Vaterlandsliebe und Kameradschaftlichkeit hochzuhalten. Sein Hoch galt dem Bundespräsidium und dem württ. Krieger, bund. Major v. Mauch überbrachts die freund- lichsten Glückwünsche des Bundespräsidiums zum 25jähr. Jubiläum des Militärvereins, der stets als tüchtiges Mitglied des Bundes sich bewiesen habe und dem daher die Erinnerungsmedaille am Tage von Champigr.y verliehen werde. Der württ. Kriegerbund habe schon sehr viel Gutes für die Kameraden geleistet, er zähle 1812 Vereine mit 103 500 Mitgliedern und habe ein Vermögen von 480000 im letzten Jahr seien an die Kameraden 52000 ^ Unterstützungen gereicht worden. Die Zahl der Vereine sei im Wachstum begriffen, die Reservisten sollen gewonnen und in die Kriegervereine ausgenommen werden, damit der Bund immer mehr gestärkt werde. Die Kriegervereine sollen stets eingedenk des Wahl, spruchs sein: „Mit Gott für Kaiser und Reich, für König und Vaterland". Der Redner brachte zum Schluß dem Bezirkskriegertag und dem Militärverein Calw ein kräftiges Hurra. Die Festrede hielt Stadtschultheiß Conz. Der Redner wies in seinen wohldurchdachten und feurigen Ausführungen dar- auf hin, daß die Kriegervereine feste Grundsätze haben müssen, diese zielen auf selbstlose Hingabe der ganzen Person an König und Vaterland hin, jeder habe Opfer zu bringen, nicht nur im Rock des Königs, sondern auch im bürgerlichen Leben.
Das Vaterland, dem sich alle zu ergeben haben, verlange zu seiner Machtstärke und zu seinem Ansehen unter den Völkern ganze Männer, erprobte Leute; es sei also Pflicht der Militärvereine nur das Wohl des Vaterlandes im Auge zu haben, Sonderintereffen wie in den politischen Vereinen müßten zurücktreten. Bei einem Jubiläum geziemt es sich den Befehlen nachzukommen: „Rückwärts richt Euch!" nämlich auf die Wirksamkeit in den vergangenen Jahren, „Gewehr über"! d. h.seid allzeit bereit dem Ruf des Feldherrn zu folgen und „Achtung, präsentiert das Gewehr!" d. h. habt Hochachtung vor dem König und vor den Gesetzen. Nach diesen Grundsätzen sei der Jubelverein bisher gut gefahren und alle Vereine werden fernerhin Gutes leisten, wenn sie das Wort befolgen: Laß Kraft uns erwerben in Herz und mit Hand, zu leben und zu sterben fürs deutsche Vaterland. Der Redner schloß seine zu Herzen dringenden Worte mit dem Ruf: Der Jubelverein, der Militärverein Calw Hurra! Nach der Festrede trugen die Sänger des Liederkranzes und der Konkordia das Vater« landslied vor: „Grüß dich Gott, schönes Land". Dieses Lied wie auch der Gesang „So sei gegrüßt viel tausendmal" von den beiden Vereinen zum Eingang gesungen, fand sehr günstige Aufnahme bei der Versammlung. Zum Schluß übergab Frl. Kir chh err mit einem finnigem Gedicht dem Verein ein schönes Fahnenband und Frl. Dollinger einen prächtigen Silberkranz. Damit waren die offiziellen Feierlichkeiten zum vorzüglichen Abschluß gekommen; die kameradschaftliche Unterhaltung kam nun zu ihrem Rechte. Eine große Menschenmenge hatte sich auf dem Festplatzs versammelt, die aufgestellten Tische waren sämtlich besetzt; unter Musik und Gesang und sonstigen Veranstaltungen gab sich überall ein fröhliches Festtreiben kund und alte Erinnerungen der Kamernden kamen zum Aus« tausch. Das ganze Fest verlief ohne Störung und es war ein durchaus schönes und erhebendes Fest, das dem Militärverein beschieden war. Mit dem Verlauf des Festes kann der Verein in jeder Weise zufrieden sein; es wird ein helleuchtender Stern in seiner Geschichte bleiben. Abends war noch Festball im Badischen Hof und heute finden Ausflüge nachZavelstein,Teinach und Liebenzcll statt.
* Calw 24. Juni. Wie wir vernehmen, hat die Amtskorporation das Zoeppritz'sche Anwesen in der Bahnhofstraße um 50000^ angekauft. Das Gebäude soll zur Aufnahme der Oberamtspflege, der Oberamtssparkaffe und der Bezirkskrankenkasse dienen.
Stuttgart 21. Juni. Wegen schweren und einfachen Diebstahls, Anstiftung zum Diebstahl, sowie wegen Sachbeschädigung hatte sich der ledige Schreinermeister Karl Geiger von Leutenbach O.A. Waiblingen zu verantworten. Der Angeklagte, der Hausbesitzer ist, verübte im Laufe
Einwohner hervor und mancher finnige Schmuck verfehlte seines Eindrucks nicht. Da der Festzug sämtliche Hauptstraßen der Stadt passieren sollte, so waren überall die Häuser geschmückt, und verschiedene Ehrenpforten errichtet worden. Die Inschriften an den Häusern bezogen sich meist auf militärische Erinnerungen oder hervorragende Heer- führer, zu einer wirkungsvollen Ehrenpforte war der über die Bischoffstraße sich spannende Steg bei der Westenfabrik von Hrn. Gg. Wagner umgewandelt, vor dem Marktplatz war ein Podium errichtet worden zur Aufstellung der Bunderpräsidiums und der Ehrengäste. An den Eingängen der Stadt wurden die Gäste mit herzlichen Worten willkommen geheißen. An der Ehrenpforte beim Bahnhof lautete die Inschrift: Willkommen! An der neuen Brücke las man: Wer hält zur Krieger- sahne treu, uns allen hoch willkommen sei. Beim Adler war zu lesen: Ein scharfes Schwert in starker Hand und Mut im Herzen schützt das Land. Am Eingang der Bischoffstraße wurden die Pforz- heimer Kameraden begrüßt mit den Worten: Der biedere Schwabe reicht die Hand zum Gruß dem Freund vom Badener Land. So zeigten schon in Ehrenpforten den Festgästen, daß letztere eines guten Empfanges sicher sein dürfen und der Verlauf des Festes hat gezeigt, daß zwischen Gästen und Einwohnerschaft sofort ein herzliches Einvernehmen sich anbahnte. Am Samstag abend fand Zapfenstreich statt, ausgeführt von der Stadtmustk und Jugendkapelle der Stadt Calw. Gestern früh um 6 Uhr kündigten Weckruf und Böllerschüsse den eigentlichen Festtag an. Das Wetter sah morgens etwas bedrohlich aus, auch mittags schien Regen einzutreten, aber der heitere Himmel behielt die Oberhand und ohne Störung konnte sich der Empfang der Festgäste und der Festzug selbst vollziehen. Von 8 Uhr an trafen von allen Seiten die eingeladenen Vereine ein, so daß bei dem Frühschoppenkonzert in der Brauerei Dreiß schon eine stattliche Zahl von Vereinen versammelt war. Mit den Mittagrzügen trafen vollends die meisten Vereine ein, empfangen von dem hiesigen Festverein und 30 Festjungsrauen ; letztere waren sämtlich weiß gekleidet mit einem Eichenlaubschmuck im Haar und mit gleichartigen Schärpen angetan. Mit militärischer Pünktlichkeit fand um 12 Uhr das Festessen im Hotel Waldhorn statt. Das Mahl, das eine große Zahl von Festteilnehmern aufwies, wurde gewürzt durch Ansprachen von Bezirksobmann Stadtschultheiß Conz, Sägwerkbesitzer Wagner, Oberleutnant der Landwehr in Ernstmühl, und Major Böhringer. Um 2 Uhr vollzog sich der Festzug durch die Straßen der Stadt. An dem sehr großen und stattlichen Zug, der durch die zum Teil prächtigen Vereinsfahnen einen imposanten Eindruck machte, beteiligten sich außer den hiesigen Vereinen noch 47 auswärtige, darunter 2 Kriegervereine von
Var KschermSdchen von der Bretagne.
Von B- W. Howard.
(Fortsetzung.)
Als stehe der Mensch noch im vertrauten Verkehr mit den Naturelementen wie zur grauen Heidenzeit, bedräute er die Wasser: „Glaubt ihr denn," rief er, „daß ihr mich von ihm zurückhalten könnt — seinen Seelsorger von dem Sterbenden? Seid ihr zornig, weil er Euch nicht zum Opfer gefallen ist? Gewiß, der arme Jean wäre weit lieber auf offener See gestorben, als daheim auf seinem Lager. Aber die heilige Jungfrau hat es anders beschlossen. Laßt mich hinüber sage ich Euch!"
Hamor hörte ihm mit stummem Enzücken zu. Die urwüchsige Natur des starken Mannes schien sich unter der gewaltigen Erregung voll ausleben zu wollen; er schalt, er trotzte den Wogen, er suchte sie zu besänftigen, als seien es wilde Gesellen, die sich seinem Vorhaben widersetzten.
Nach hartem Kampf mit den Sturzwellen war das Boot endlich in eine ruhigere Srtömung gebracht. Ein schweres Stück Arbeit! Aber die beiden Männer waren kräftig und gewandt, und Thymert kannte den Wasserweg wie der Landmann seine Felder. An der Cigogne angelangt» wollte ihnen das Landen durchaus nicht glücken, bis sie zuletzt heftig auf den Sand geschleudert wurden, wo ein Dutzend hilfsbereite Arme sich ihnen entgegenstreckten, um das Boot vollends an's Ufer zu ziehen, ehe die nächste Welle es wieder zurückschleudern konnte.
„Gott sei Dank, wousisur Is rsetsur, daß Sie endlich da sind. Es geht schnell mit ihm zu Ende," bemerkte einer der Seeleute.
Me ärmliche Fischerhütte war überfüllt von Jeans Freunden und Bekannten. Sein Hund stieß unablässig ein klägliches Geheul aus. Thymert bückte sich und trat durch die Thür. Mit einem stummen Gruß für die Umstehenden, näherte er sich dem Lager des Sterbenden, sah ihm lange
schweigend in's Gesicht und fühlte seinen Puls: „Kennt Ihr mich, Jean?" fragte er.
Jean öffnete mühsam die schon halb erstarrten Augen. „Ich kenne Euch," flüsterten die bleichen Lippen.
Der Priester bedeutete den Anwesenden das Zimmer zu verlassen. Ueber das Bett gebeugt, nahm er alsdann des alten Mannes letzte Beichte entgegen, zärtlich bemüht, das schwache Gedächtnis und die brechende Stimme zu unterstützen. Draußen brüllte der Sturm und jedes Ohr lauschte ängstlich auf das Rollen und Rasseln der broustts äs 1a Nort, die nach dem Volks« glauben von Totengerippen gezogen, auf Sturmesflügeln die Insel umkreiste, und auf die Seele des sterbenden Mannes wartete. Schnell vollzog der Priester die letzten, von der Kirche verordneten Bräuche; aus dem Kästchen auf seiner Brust nahm er das heilige Oel und das Sakrament. Die Freunde hatten sich wieder in's Zimmer geschlichen, Hamor lehnte an der Tür und blickte auf Thymert, der sich wie ein mitleidiger Engel über den alten Jean beugte; doch lag in seinen bewegten Blicken so viel rein menschliches Leid und Mitgefühl, wie es ein Engel Gottes nicht hätte haben können. Die Lichter flackerten unruhig, und der Hund hörte nicht auf zu winseln. Jeans alte Frau und ein paar andere Weiber schluchzten und jammerten. Seltsame Schatten glitten durch das dämmerige Zimmer, sie huschten auch über das roh in Holz geschnitzte hölzerne Schiff, das an der Wand hing und über die zwei großen Seemuscheln, die Jean vor fünfzig Jahren mit aus Indien gebracht hatte.
„Oh, daß ich Dich retten könnte, Dir meine Jugend und Kraft geben, mein armer alter Jean!" klagte Thymert über den Sterbenden gebeugt. Er liebte jeden Bewohner seiner Inseln, würde für jeden von ihnen freudig sein Leben dahingegeben haben. Hier aber war seine Macht zu Ende, auch er hörte das Rauschen der broustts über der niederen Fischerhütte.
Jean öffnete die Augen, ein schwacher Schimmer von zurückkehrendem