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I.
Ein seltsames Land ist die große Insel Madagaskar, der westliche Eckpfeiler jenes sagenhaften, längst untergegangenen Weltteils Lemuria, der sich einst über den Indischen Ozean bis vermutlich zu den Philippinen erstreckt hat. Seltsam die Flora und Fauna, seit jeher den Wissenschaftlern eine unerschöpfliche Fundgrube interessanter Forschungen. Vorliegende Erzählung, nach den Aufzeichnungen des französischen Arztes und Botanikers Dr. Andrä Dnvier, ergänzt durch Len mündlichen Bericht seines Freundes, des Hauptmanns Peret, behandelt eine Liebesepisode des Forschers mit einem dämonischen Howa-Mädchen, welches ihn schließlich zum Opfer des letzten sogenannten Menschenfresserbaums auf der Insel werden läßt.
Ein Vamphr der tropischen Flora?
Die Existenz eines solchen Baumes wird zwar von der offiziellen Wissenschaft bestritten; aber zahlreiche Legenden Madagaskars, Indiens und der Philippinen berichten von diesem Vampyr tropischer Flora. Leider verlief durch den seltsamen Ausgang dieser Geschichte die nachforschende Expedition in diesem Falle resultatlos; immerhin war die Mehrzahl der Expeditionsmitglieder überzeugt, daß Duvier in der Tat einem Menschenfresserbaum, der in diesem Fall als Werkzeug der Rache des gekränkten Howa-Mäd- chens diente, zum Opfer gefallen war. In dem legendären Baum selbst erblickten sie nichts weiter als das zur höchsten Vollkommenheit entwickelte Endglied der sogenannten fleischfressenden Pflanzen. — Ich halte mich — wie schon oben bemerkt — genau an die Aufzeichnungen Duviers und ihre Ergänzung durch Peret und erzähle nun die Angelegenheit, die wegen ihrer Seltsamkeit verdient, der Nachwelt erhalten zu bleiben.
In Tananarivo, der madagassischen Hauptstadt, herrschte Hochbetrieb. Es war kurz nach dem siegreichen Vorstoß des Generals Du- chesne im Jahre 1895, der bekanntlich mit der Einnahme der Hauptstadt und völligen Unterwerfung der Aufständischen endigte. In zügellosen Orgien suchten die französischen Eroberer die Schrecken des zwar kurzen, aber von den Madagassen überaus grausam geführten Krieges zu vergessen, wobei ihnen der weibliche Teil der eingeborenen Bevölkerung, von Haus aus schon alles andere als keusch, weitestgehend entgegenkam. Das Tagesgespräch jener Tage aber war die Tänzerin Vatsemerika, angeblich eine Prinzessin uralter Rasse, die in einer Art primitiven Varietä- Theaters ihre mehr als gewagten Künste öffentlich zur Schau stellte. Allerdings konnte sich niemand der französischen Offiziere, der Stammgäste besagten Lokals, intimerer Gunstbezeugungen dieser Frau rühmen; im heikelsten Moment gelang es der Tänzerin immer wieder, rechtzeitig zu verschwinden.
Forschung und Liehe
Auch Andrö Duvier, der als Truppenarzt und gleichzeitig sozusagen privatim zur Erforschung der „flora madagascariensis" her- übergekommen war, vermochte sich dem Zauber dieses seltsamen, nicht einmal eigentlich schönen, aber unendlich rassigen Weibes zu entziehen. Es gelang ihm bald, in eine Art Vertrauensverhältnis zu ihr zu gelangen, und da sie in dem französischen Kloster der Hauptstadt erzogen war, fließend französisch sprach und auch nach europäischen Begriffen als halbwegs gebildet anzusprechen war, konnte er von ihr mancherlei für seine Forschungen Interessantes erfahren. Sie machten häufig tagsüber Ausflüge in die Umgebung der Hauptstadt, und schließlich wurde sie, da sie ihn auch erotisch stark zu fesseln begann, seine Geliebte.
Sie war in der Tat noch jungfräulich, eigentlich ein Novum auf dieser durch seine Sittenlosigkeit berüchtigten Insel, und es berührte ihn einigermaßen peinlich, als sie ihm nach dieser Wendung ihres ursprünglich nur freundschaftlich gedachten Verhältnisses warnend zurief: „Von nun an ist dein Geschick mit dem meinen unlösbar verknüpft!" Ueber- haupt war ihr ganzes Wesest äußerst seltsam; mit Vorliebe berichtete sie ihm alte Legenden, in denen er oftmals ein Körnchen Wahrheit zu entdecken vermeinte. In ihren Empfindungen zu ihm war sie sprunghaft und völlig unberechenbar und wirkte dadurch so ungewollt raffiniert, daß er in der Tat nicht wußte, ob er sie in der Pose der leidenschaftlichen Geliebten mehr bewundern sollte als in der einer demütigen und hingebenden Sklavin. Sie gab schließlich die Tanzerei in dem fragwürdigen Variete-Theater auf, um gänzlich bei ihm zu sein.
II.
Der menschenfrefsenbe Kinbrrschreck
Eines Tages erzählte sie ihm von den Matoutouas, den abgeschiedenen Geistern derer, die wegen ihrer im Leben begangenen Verbrechen verdammt sind, ruhelos umherzuirren. Als er dann versuchte, sie über den „Kinoulh", den menschcnsressenden Kinderschreck der Insel, anszufragen, erklärte sie ihm
Phantastische Novelle von Hans Arnold
völlig ernsthaft, daß es diesen in der Tat gäbe und sie überdies auch seinen Aufenthaltsort, etwa zehn Wegstunden von hier entfernt, in dem letzten Menschenfresserbaum der Insel wüßte. Die Erwähnung dieses unheimlichen Baumes war natürlich ein gefundenes Fressen für Dnvier, und er beschwor sie, ihn zu diesem zu führen. Sein Wunsch stieß aber auf einen so starken unerwarteten Widerstand bei ihr, der in irgendeinem grauenvollen Erlebnis zu wurzeln schien, daß er vorerst enttäuscht seine Bemühungen aufgab.
Einige Tage später erhielt er seine Versetzung zur Küste. Dieses Ereignis kam so unvermutet, daß es ihm nicht einmal möglich war, sich von seiner Geliebten zu verabschieden, da diese gerade zu einem mehrtägigen Besuch einer Verwandten abgercist war. Er hatte übrigens die Gewährung dieser Besuchsreise von der Bedingung abhängig gemacht, ihn sofort nach ihrer Rückkehr zu dem Menschenfrefserbanm zu führen.
Die Trennung
Als er Tamatave erreicht hatte, lag bereits eine neue Ordre für ihn vor, die ihn zur sofortigen Berichterstattung nach Paris zurückrief. So trennten sich ihre Wege überraschend schnell; und es bedrückte ihn, daß es ihm nicht einmal vergönnt war, sich von I jener Frau, an welche ihn bereits mehr als eine flüchtige sinnliche Neigung fesselte, zu verabschieden. Selbst die Tatsache, daß er ihr ein für seine Verhältnisse mehr als reichliches Geschenk nebst einem erklärenden Brief zurückgelassen hatte, vermochte ihn nicht zu befriedigen, umso mehr, als ihm ein untrügliches Gefühl sagte, daß ihre Beziehungen noch nicht definitiv gelöst seien.
Viele Ehrungen erwarteten den Forscher und Arzt in Paris. Bald wurde er auch in den Strudel allerhand gesellschaftlicher Verpflichtungen gezogen und lernte so die schöne zwanzigjährige Susanne Chaminade, die einzige Tochter eines reichen, auch auf Madagaskar begüterten Kaufmanns, kennen. Diese verliebte sich Hals über Kopf in den „interessanten" Mann, obwohl dieser fast doppelt so alt war wie sie. Ihr Charme und die so kindlich betonte Offenheit ihrer Verliebtheit veranlaßten schließlich Duvier, um ihre Hand anzuhalten und sie nach Ueberwindung einiger Schwierigkeiten zu seiner Gattin zu machen.
Von seiner ehemaligen Geliebten hatte er durch seinen Freund Peret erfahren, daß sie nach seiner plötzlichen Abreise zunächst wieder als Tänzerin aufgetreten sei; dann aber, als er ihr auftragsgemäß die Verheiratung Duviers mitgeteilt hatte, plötzlich verschwunden und erst nach geraumer Zeit und zwar als Frau eines madagassischen Würdenträgers wieder aufgetaucht sei. Duvier hatte inzwischen seinen Dienst quittiert und widmete sich ganz seinen wissenschaftlichen Arbeiten.
Ein Jahr mochte bereits seit seiner überstürzten Abreise von Madagaskar vergangen sein, als ihn eines Tages ein seltsamer Brief erreichte. Er war von seiner ehemaligen Geliebten Vatsemerika, und sie erinnerte ihn in diesem an seinen Wunsch, den Menschenfresserbaum kennenzulernen. Dazu wäre es jetzt die höchste Zeit, denn die Herrschaft des „Kinonly" ginge noch in diesem Jahr zu Ende, und mit ihm würde auch sein Wohnsitz, der letzte Menschenfresserbaum der Insel, spurlos verschwinden. Bon ihren ehemaligen und jetzigen Beziehungen war nichts in dem Brief zu lesen; kühl und fast geschäftsmäßig beschränkte er sich auf die obigen Mitteilungen.
Dieser Brief versetzte Dnvier in die zwiespältigste Stimmung. Die anfkeimeude Sehnsucht nach den Schönheiten dieses Ueberbleib- sels einer früheren Wunderwelt und ein fast körperlich-schmerzhaftes Verlangen nach dieser seltsamen Tochter einer uralten Rasse stand in schroffem Widerspruch zu der Liebe und Sorge für Susanne und der Vorahnung drohenden Unheils. Sie selbst sollte die Angelegenheit entscheiden, und vorsichtig tastend ließ er im Gespräch mit seiner Frau die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Forschungsreise nach Madagaskar durchblicken. Zu seinem Erstaunen fand er bei ihr begeisterte Zustimmung, und auch sein Schwiegervater sah im Hinblick auf seine Besitzungen auf der Insel diese Reise nicht ungern. So kam es, daß etwa sechs Wochen später Duvier mit seiner jungen Frau die Reise nach Madagaskar antrat.
Noch am Tage seiner Ankunft in Tananarivo erhielt Duvier von Vatsemerika, die auf irgend eine Weise von seiner Ankunft Kenntnis erhalten haben mußte, einen Brief durch einen Boten, in welchem sie Duvier aufforderte, diesem sofort zu folgen, sofern ihm noch an der Erfüllung seines Wunsches gelegen sei. Unangenehm berührt von dieser merkwürdigen Botschaft, aber dennoch aufs höchste gespannt, folgte er dem Boten, der ihn in das Haus von einer Freundin der Tänzerin führte. Hier war es aber, wo er sie wieder sehen durfte. Er fand sie schöner als je. Wieder überkam ihn Lei ihrem Anblick die seltsame Zwiespältigkeit seiner Empfindungen; dennoch ließ er sich von der spontanen Aufwallung, sie in seine Arme zu schließen, nicht übermannen. Sie war ganz „grande dame" und erklärte ihm kühl und sachlich, daß bereits in vier Tagen'die Herrschaft des „Ki- noulh" zu Eude ginge, und daß sie, wenn er noch Wert auf die Bekanntschaft mit dem Wunderbaren Baum lege, spätestens übermorgen bei Sonnenaufgang die Reise an- treten müßten. Duvier, Lei dem die Wißbegier des Forschers jedes Bedenken überwog, war einverstanden, und sie schieden genau so kühl, wie sie sich begrüßt hatten. Kein Wort von dem, was einst gewesen war.
(Schluß folgt.)
Vulkane hei»«» die Stadt Veyljavi»
Es gehört zu den ältesten Träumen der Menschheit, die ungeheuren natürlichen Energien der Mutter Erde in den Dienst der Technik zu stellen. Schon vor langer Zeit plante man. Ebbe und Flut in gewaltigen Kraftwerken auszunutzen: aber dieses Projekt ist bisher an seiner Unwirtschastlich- keit gescheitert. Auch die Erstellung unoor- stellbar großer Windmühlen zur besseren Verwertung der Winde ist in den Anfangsstadien der Projektierung stecken geblieben, obwohl man gerade heute sehr ernsthaft damit rechnet, daß eines schönen TageS der Wind, das himmlische Kind, einen großen Teil der auj Erden notwendigen Energie liefern wird.
Ein anderer, bisher unerfüllt gebliebener Plan, die Indienststellung der Vulkane und heißen Quellen, scheint jetzt aber inIsland seiner Verwirklichung näher zu kommen. Man fußt dabei aus den Erfahrungen, die man bei Florenz seit einigen Jahren gemacht hat. Tort hat man die dem Erdinnern entströmenden heißen Dämpse dazu verwandt, große Industrieanlagen zu betreiben. Und da bisher die entwickelte Energie einigermaßen konstant geblieben ist. sind gute Er- gebnisse dabei hcrausgekommen. Die Ingenieure in Reykjavik — dort soll eine „V u l k a n h e i z u n g" eingerichtet werden — sind es nicht gewohnt, ins Blane hinein zu wirtschaften. Bevor sie damit beginnen die isländische Hauptstadt ganz und gar mit Hilfe der heißen Quellen der Umgebung zu Heizen, haben sie zuerst zwei Schulen und 50 Privathäuser an eine Leitung angeschlossen, die den kostbaren Dampf fünf Kilometer weit herholt. Und siehe da: es klappte ausgezeichnet. Nun fragt es sich allerdings, ob man mit der Hitze allein die fehlende Sonne des Südens ersetzen kann und ob es gelingt, in geisergeheizten Treibhäusern genau wie in Italien Zitronen und Orangen zur Reife zu bringen: aber eins ist sicher, daß die all-
gemeineStadtbeheizung eingeführt werden soll.
16 Kilometer weit wollen die Hauptstädter die heißen Dämpfe herbeiholen, die ihnen alle öffentlichen und privaten Gebäude beheizen sollen. 500 000 Kronen sollen die vulkangeheizten Dämpfe im Reykjaviker Etat einsparen helfen. Und man gedenkt damit ein schönes Stück an Devisen einzustreichen: denn dadurch würde ein wesentlicher Teil des Kohlenimportes überflüssig werden. An den Vorarbeiten ist auch ein deutscher Gelehrter beteiligt. der in Italien wertvolle Vorstudien gemacht hat und der der Ansicht ist. daß vielleicht die günstigen Vorbedingungen Islands auch aus andere Gegenden der Welt zutrek- fen. Jedenfalls wird man jetzt bald soweit sein, daß der erste Schritt aus Neuland getan werden kann.
Der Kuüuü hat M rrmgeslellt
Seit alten Zeiten ist der Kuckuck Wohl einer der volkstümlichsten Vögel. Nicht allein darum, weil sein Rufen im Walde, nach einer alten Legende, die Anzahl der Jahre kündet, > die uns noch beschieden sind, nicht allein auch darum, weil man nach einem bestehenden Volksglauben sein Geld in der Tasche schütteln soll, wenn der erste Kuckucksrus im Frühjahr erschallt.
Nein, der Kuckuck ist bisher die „Zierde" all jener beweglichen Gegenstände gewesen, die der Gerichtsvollzieher mit Beschlag belegt hatte. Er war das warnende Zeichen: dies und das gehört dir vorläufig nicht mehr, ist Unterpfand für eine Schuld, die du nicht abzutragen vermochtest. So ist im Laufe der Zeiten der Kuckuck, wie die berühmte Pfandsiegelmarke mit dem Pleitegeier hieß, ein wahrhaft gefürchtetes Tier geworden. Von ihm ging das schreckliche Odium aus, daß er sich für dauernd einniste, wenn er innerhalb von Bürostuben und Wohnungen einmal sein Nest aufgeschlagen hatte. So war es denn an der Zeit, daß dieses bestgehaßte Tier einmal auS der menschlichen Vorstellungswelt und vor
Wen« einer eine Reise tut...
Soviel Schicksals-Schläg« machen den stärkste» Mann mürbe. Hase entsann sich eines alten Plan- — einer Erholungs-Reise nach Böhmen. Pünktlich war er an der Bahn, mit Sack und Pack belade». Wer nicht kam, war der Zug. „Der fährt jetzt eint halbe Stunde früher!" sagte der Mann mit der roten Mütze. „Es stand doch überall zu lesen, daß wir seit Sonntag neuen Fahrplan haken!"
Hase weiß wiedermal von nicht». Cr macht bloß Augen wie Untertasten. — Der nächste Zug ging erst am Abend ...
Tja — hätte er Zeitung gelesen!
Die kündigt sowaö vorher an, worauf man sich verlassen kann!
allem aus der gerichtlichen Exekutive entschwand. Der blaue Kuckuck lebt nicht mehrk Er hat sich umgestellt. Ueber Nacht hat er sich diskret zurückgezogen, vielleicht wieder in den Wald, wo seine ursprüngliche Heimat ist, vielleicht dahin.'wo wir ihn nur rufen hören> aber nicht zu sehen brauchen. Die Reichs« und Preußische Justizverwaltung hat eirk neues Pfandsiegel eingeführt. Eines mit roter Grundfarbe, ohne den berüchtigten Kuckuck. Das Hoheitszeichen des Nationalsozialismus hat ihn abgelöst, und im Mittelfelde dieser Pfandsiegelmarke steht nuri diskret der „Absender" der betreffenden Vollstreckungsbehörde.
Es ist nun einmal so, daß wir Menschen an Äußerlichkeiten kleben, daß wir von einem Aberglauben behaftet sind und uns Wohl auch nicht immer von gewissen Vorurteilen fret- machen können. Darum ist es gut, daß der gestutzte Pleitegeier von einst auf der Klebemarke verschwunden ist. Der Kuckuck klebt nicht mehr. Es bliebe nur noch zu überlegen, ob die neue Pfandsiegelmarke dem hartgesottenen Schuldner künftighin weniger Angst und Schrecken einflößt, als dies der Kuckuck getan, ob das veränderte Bild der Siegelmarke unS den Schmerz über den Verlust gepfändeter Gegenstände leichter überwinden läßt. Sicherlich nein. Denn die Wirkung, die Anwendung und der Gebrauch bleiben doch in allen Fällen die gleichen.
A. : „Deine Gattin ist sehr hübsch!"
B. : „Du täuschst dich! Dies ist das Bild meiner Schwiegermutter — und wen sie jü unschön aussieht, habe ich es verkehrt an die Wand gehängt!"
„Kommen sie doch näher, meine Herren. da«H sie genau die Wirkung meines neueg Feuerlöscher» beobachten können!"-