Das serForeae Jaraciies
Vor meinem Vaterhause dehnten sich weite Wiesenslüchen. die in Frühlingstagen einzig für mich geschaffen schienen. Denn ich allein kannte ihren Zander, wenn ich wie ein Helles Närrlein über den samtgrünen endlosen' Teppich tanzte und Lieder lallte, die ich selbst nicht kannte. Wonnigstes Weltgesühl jauchzte unbewußt aus mir und meine Knabenlust machte sich Luft mit Singen und Springen, bis ich ins Gras torkelte und mit den Beinen gegen das blaue Wunder des Frühlingshim- mels strampelte.
Als ich wieder einmal so lag und strampelte. da schrie mich etwas aus dem Grase an: „Bschra. bschra, bschra ..."
Als ich hinsah. streckte sich mir ein breiter weitosfener Schnabel entgegen: „Bschra, bschra. bschra!"
Welchem Märchenwesen mochte dieser Schnabel angehören? Denn ein natürliches Tierwesen konnte es nicht sein. Ich wußte es ja schon aus der biblischen Geschichte, daß seit dem Sündensall im Paradies Feindschaft gesetzt ward zwischen Tier und Mensch. Also konnte es nur ein Märchenvogel oder sonst ein Geisterwesen gewesen sein, das von der natürlichen Ordnung der Dinge ausgenommen war und sich zutunlich an mich Menschlein wagte.
Das graue Wunderwesen hüpfte vollends zu mir heran und sperrte wieder seinen gier- großen Schnabel auf: »Bschra, bschra, bschra!"
Ich kramte in den Hosentaschen und entdeckte dort noch den Nest einer Schmalznudel.
„Sieh da", sagte ich und schob dem Schnabel Bröslein um Bröslein zu. Der Schnabel Nimmersatt aber schnappte und schluckte und schluckte und schnappte, bis die Schmalznudel zu Ende war.
Da es nichts mehr zu atzen gab, schob sich das Wunderwesen aus meine Schulter und schrie mir buchstäblich ins Ohr: »Bschra, bschra!"
„Warte ein Weilchen", sagte ick zu dem Geistervogel und erhob mich sachte, daß er mir nicht ins Gras siele. Denn ich gedachte, das Wundertier heimzubringen in unsere Stube, um damit Aussehen zu machen. Es waren an diesem Tage gerade der Schwin- genzäuner und der Psannenslicker bei uns aus der Stör, die konnten mir wohl Bescheid sagen, was es mit dem seltsamen Vogel sür eine Bewandtnis habe. Denn es waren weitgereiste, weltersahrene Männer, die von den Karpathen bis zum Wasgenwald jedes Bauerndorf kannten, jedes Vogelnest wußten.
Nichtig blieb der breite Schnabel mit feinem struppigen Anhängsel ans meiner Schulter sitzen und ich brachte ihn wohlbehalten in unsere Stube.
„Bschra, bschra, bschra!" erhob er sogleich sein Geschrei und meldete sich selber an, so baß ich weiterer Erklärungen enthoben war.
Der Schwingenzäuner und der Psannen- .flicker sahen gleich vom Schrägen bei der Ofenbank auf.
„Je!" rief der Schwingenzäuner, der alte Rosenlehner. „Was hast denn da sür ein grausliches Vieh?"
„Das ist ein junger Star!" beschied der weitgereiste Psannenslicker.
„Em echter, lebendiger, junger Stark?"
, fragte ich erstaunt. Und ich dachte an den Sündensall im Paradies und seine seind- lichen Folgen zwischen Mensch und Tier.
„Ein echter Star", sagte eine Stimme hinter mir. Es war mein lieber Vater, der zum Mittagsmahl in die Stube kam.
Mutter sah mich vom Herde her, wo sie eben das Essen rüstete, unendlich liebreich an, Wohl weil sie meinte, ich könnte von der Erbsündenfolge ausgenommen sein, nachdem mir ein echter, wirklicher, lebendiger junger Star aus der Schulter sah und sein bschra, bschra, bschra in die Stube schrie.
Nur die Magd äußerte sich wegwerfend , über meinen Wundervogel. Sie mochte mich nicht leiden, weil ich versehentlich mit ihrer Haarpomade die Stiefel geschmiert hatte. Und seitdem übertrug sie ihren Grimm gegen mich aus alles, was mir lieb und teuer war.
So gab sie denn meiner Mutter gleich den Rat, den Vogel zum Fenster hinauszu- seuern, denn sie sehe es schon kommen, wie die Stube aussehen werde, wenn der Vielfraß Schnabelbreit darin Hausen werde.
Die Mutter aber machte das Kreuzzeichen und sprach den Ttschsegen, weil es schon Zeit zum Essen war.
Und wie sich alle zum Tische setzten, da nahm ich den jungen Star behutsam von der Schulter und gab ihm zwischen dem Handwerkszeug unserer Störgäste aus der Ofenbank ein wohliges Plätzchen. Kaum aber hatte ich den Vogel abgelegt, da ließ er etwas fallen, was mir sehr peinlich war. Denn die Magd hatte es mit ihren giftigen Augen bemerkt und sie sprach: „Hab ich's nicht gleich gesagt? Bis morgen um diese Zeit wird die Stube ein einziger Misthaufen sein. Aber ausputzen kann, wer will — ich nicht. Für das bin ich nicht gedingt."
Da nahm der Psannenslicker zwischen zwei Löffeln voll Grießschmarrn das Wort und sprach: ,.O Dirn, du solltest einmal in Serbien oder Kroatien dienen müssen, da Hausen Mensch and Weh tn einem Raum, und der Stal! ist zugleich d:e Stube. Und man weiß
nicht, was gesünder ist. die Stubenlust oder die Stalluft. Denn dort, in meiner Heimat, werden die Leute hundert Jahre alt, und mancher Hundertjährige sängt seinem Großvater noch die Läuse aus dem Schafpelz. Kannst dir nachher schon denken, wie alt de: Großvater sein mag."
„Auf weit weg ist gut lügen", spitzte die Magd dazwischen. „Und Überhaupts möchte ich sehr bezweifeln, wo es solchene Länder gibt wie dieses Servazien und Pankrazien. Etwa auf dem Mond?"
„Gibt's!" bestätigt der alte Rosenlehner, der Schwingenzäuner. „Gibt's, so gut wie es ein Paradies gegeben hat und einen Sündenfall, wo nachher die Feindschaft ist gesetzt worden zwischen Tier und Menschen."
Ich benützte die Auseinandersetzung am Tisch und wischte die Bescherung auf der Ofenbank mit der Stallschürze der Magd hennlich weg. So ward die Unbill gerächt, und ich fütterte meinen Vogel nach Herzenslust.
Jetzt wies der Schwingenzäuner mit dem gegupften Löffel voll Grießschmarren auf mich und sprach: „Sieh hin, du halbe Heidin, die du nicht einmal an Servazien und Pan- krazien glaubst, sie hin auf die Ofenbank, dort siegst du die Helle Unschuld, das reine Paradies. Ein junges, unschuldiges Menschenkind, einen jungen, unschuldigen Staren- vogel — die lauterste Unschuld, die lauterste Liebe, die Welt vor dem Sündenfall. Wer Augen hat, zu sehen — schau nur hin!"
„Jawohl," Pflichtete der Psannenslicker bei. „Das Paradies wie in Serbien und Krao- tien, wo die Stube der Stall ist und der Stall die Stube."
„Ja, das Paradies!" fuhr der alte Nosen- lehner fort. „Das wenn wir heut noch hätten, müßte ich nicht in der Welt herumfahren ins Schwingenzäunen. Da bräuchten wir Überhaupts keine Schwingen nicht."
„Keine Schwingen nicht?" spitzte die Magd. „Mit was tät man dann nachher dem Vieh das Futter vorgeben?"
„Ganz einfach: Weil überhaupt kein Futter not wär. Weißt was, du Siebenweise? Hört Leut, was mir der alte Einsiedel am Frauenbündl einmal gesagt hat: Das war der Sündensall, daß die Eva das Naschen angesangt hat. Und gerade vom verbotenen Baum! Ehvor hat weder Mensch noch Tier gegessen. Da hat alles nur von der Lust gelebt, wie der selige Nikolaus von der Flue, der in seinen alten Jahren auch kein Vrök- kerl Essen mehr angerührt hat. Von der Luft hat die Kreatur gelebt im Paradies und von der Liebe zu Gott und zu allen Wesen. Erst wie die Eva den Apfel herunter hat von dem
„Es geht nicht", schreit der Kaufmann Angermaier. „Und wenn du hundertmal das Gegenteil behauptest, — es geht nun einmal nicht. Die Zeit ist zu kurz, das Stück zu lang und das Auswendiglernen der Rollen eine zu ungewohnte Arbeit sür unsere Leut'."
„Und esmuh geh'n". Plärrt der Verfaster des Trauerspiels, der Buchdrucker Wupfin- ger, dagegen. „Bis zum Mittwoch muß ganz einfach zeder seine Rolle im Kopf haben, am Samstag dann Hauptprobe und am Sonntag die Aufführung. Die Vorstellung ist angekündigt, das ganze Stadtl in Spannung, ohne Blamage können wir nicht mehr zurück. Und du wirst sehen: es geht.«
Es ging auch, und schon um halb neun war der ganze, bis auf den letzten Platz.dicht besetzte Bräusaal, wenigstens was die allzeit gefühlsbereite Frauenseele anlangt, in Tränen aufgelöst. Und dabei war doch erst gegen v«8 der Vorhang aufgegangen, weil die Maria von Brabant wieder einmal Krach mit ihrem versoffenen Geschäftsführer gehabt hat und darum unmöglich rechtzeitig eintref- fen konnte. Ihr Partner, der Notarratsbuch- halter Gambsler, wäre darüber ohnehin bald wahnsinnig geworden und der Dichter Wup- finger nicht weniger. Nur gut, daß das Publikum nichts davon bemerkt hat, weil der Vorhang noch nicht ausgezogen war. Denn wie die ewig rastlosen Wölfe der Menagerie Corsani, die kürzlich hier war, sind die zwei mit funkelnden Augen immerzu aus und ab und hin und her auf der Bühne, bis die Buchbinderswitwe Maria Schmelzle dann endlich doch noch gekommen ist. Die hat nämlich die Herzogstochter Maria von Brabant gespielt, weil sie unbestrittenermaßen die schönste Frau der ganzen Stadt ist, und nach ihr hat der Dichter Wupsinger auch das ganze Stück benannt: „Maria von Brabant". Doch manche haben hintennach gemeint, er hätte es der Einfachheit halber auch gleich „Maria Schmelzle" heißen können, weil fast nur sie den ganzen Abend über redet und die übrigen Personen nicht viel zu sagen haben, Frau Schmelzle dagegen überhaupt erst nach ihrer Hinrichtung schweigt.
Der Dichter hat aber damit wahrscheinlich, wie hinwiederum andere meinen, das weibliche Geschlecht als solches charakterisieren
Baum, erst wie sie mehr hat fein wolle« w:c die andere Kreatur, erst dann ist die Gaudi losgegangen. Jetzt haben die Menschen schus- ten und rackern müssen. Damit sie Brot für sich und Futter fürs Vieh herbringen. Und wegen dem Futter sürs Vieh muß ich Schwingen zäunen, und wegen dem Essen für die Leut muß der Psannenslicker Pfannen flicken. Denn in einem Krautblattl kann kein Mensch keinen Grießschmarren kochen. Hast mich, du spitzgoschiges Weiberleut?"
„Jawohl!" sprach der Psannenslicker, „der Schwingenzäuner hat recht. Von der elenden Schnabelgier kommt alles Unglück in der Welt. Hätte die Eva . . .'
„Laß mich mit der Eva ans!" ziefcrte die Magd. „Schau nur den Mistvogcl da hinten an! Der frißt ja wie ein ausgewachsenes Mannsbild. Bschra, bschra, bschra!"
Diesmal hatte die Magd recht. Mein Star war nicht zum Erfüttern. Als aber die Magd wieder von dem anfing, was die natürliche Folge des Fressens war. und wie die Stube schon demnächst aussehe, daß aber aufputzen könnte, wer möchte, und daß sie Lichtmeß machte, wenn ihr solches geschafft würde — da machte Mutter wieder das Kreuzzeichen und sprach das Dankgebet, denn der Grießschmarren war zu Ende.
Ich war froh, denn jetzt hatten der Schwingenzäuner und der Psannenslicker Zeit für mich und meinen Vogel hinten auf der Ofenbank. Der war auch gleich zu den Zweien zutraulich, riß ihnen den Schnabel auf und schrie ihnen sein bschra. bschra ins Ohr.
Ich war wirklich wie im Paradies mit meinem jungen Star, der mir auf Schritt und Tritt nachhüpfte oder auf die ausgestreckte Hand Pluderte.
„Die Zunge mußt ihm lösen", sagte der Psannenslicker. „Nachher spricht er wie ein Mensch. Ich hah' einmal eine solche Dohle gehabt unten bei uns daheim in Kroatien .."
„Und ich", sagte der Schwingenzäuner, „Hab im Sckwarzwald hinten einmal bei einem Wildschützen eine Lachtaube gesehen, die hat wahrhaftig gelackt."
„Bschra, bschra, bschra!" schrie mein Star mitten in die Unterhaltung. Jetzt gaben mir die zwei Weitgereisten und Welterfahrenen dankenswerte Ratschläge, wie ich den Vogel füttern müsse, nämlich mit Ameiseneicrn, Milchtropfen, Negenwürmern, jungen Heuschrecken und Kirschen, wenn sie einmal reis wären.
So verging der erste Paradiesestag in lauter Glück und Kurzweil, die mir die drei Paradieseswesen, der junge Star, der Schwingenzäuner und der Psannenslicker bereiteten.
Und es kam der zweite Tag.
Schon im ersten Augenblick des Erwachens dachte ich: Was wird mein allerliebster Starliputzi machen? Da hörte ich ihn schon in der Stube sein bschra, bschra, bschra, schreien, aber gleich daraus drang die gift
wollen, und außerdem ist es auch nicht wahr; denn der Notariatsbuckhalter Gambsler hat eine fast ebenso schwierige Ausgabe wie seine erlauchte Gemahlin. Man kann jedoch nur sagen: er spielt den Bayernherzog Ludwig den Strengen großartig. Man muh es gesehen haben, wie er, von rasender Eifersucht entflammt, die Frau Schmelzle zum Tod verurteilt. und wie er dann nach ihrer Hinrichtung, den Beweis ihrer Unschuld in Händen, verzweifelnd zusammenbricht, so daß seine Haare in einer einzigen Nacht grau werden. Und das alles doch schon im Jahre« 1256 nach Christi Geburt, wie der Theaterzettel vermerkt.
Zwischen des Herzogs übereiltem Nichter- spruch und der Abführung der Frau Schmelzle zur Enthauptung hat der Buchdrucker Wup- finger mit gutem Bedacht bei offener Szene für die Rührung eigens eine kleine Spielpause eingeschaltet, die die Frauenwelt zum Trocknen der Tränen ausnützt, so um die Schönheit, Jugend und Tugend der Frau Schmelzle fließen, also, daß der große Bräusaal Plötzlich von Ergriffenheiten widerhallt, die durch die Nasen den Durchbruch erzwin- en. Herzog Ludwig der Strenge indes nutzt en Stillstand des Spieles aus seine Art: er nimmt — denn der Notariatsbuchhalter Gambsler ist und bleibt nun einmal in jeder Lebenslage der leidenschaftliche Schmalzlerschnupfer, der er von jeher gewesen — eine ganz gehörige Prise und reiht daran eine sehr ausgiebige Handhabung eines schier überlebensgroßen, blauen, weißgetupften und offensichtlich schon seit seiner Thronbesteigung in Gebrauch befindlichen Sacktuches an.
Dieser Bühnenvorgang nun reißt geradezu mit Gewalt die Maurerpoliersgattin Schluckmoser aus ihrer Erschütterung auf und zwingt sie unwiderstehlich zu folgender geschichtsphilosophischer Betrachtung, die sie laut und in weitem Umkreis vernehmbar, vor sich hinspricht: „Jatz da schau! I hätt mir denkt, vor a sechs- oder siebenhundert Jahr hätten 's d'Weiberleut mit'n Schneuz- tüachlwaschen no leichter g'habt. Aber i siehg scho: d'Mannsbilder san alleweil scho' de gleichen Schweinigel gwen."
Und da gibt es immer noch Leute, die den Bildungswert des Tbeaters nickt erkennen!
Die s<M^L2i5cke Amse
Dm» MiokaeE ^oEa«s
schrille Stimme der Magd an mein lauschen, des Ohr.
„Mistluder, miserabliges. den Kragen dreh ich dir um! Tie Stube schaut ja aus wie ein Hühnerstall aus Georgi. wenn den ganzen Winter nicht aufgeräumt worden ist. Und das soll ein Paradies sein? Mir iftP recht Aber aufputzen kann wer mag, ich nicht, da-' für bin ich nicht gedingt."
Ich aus dem Bett heraus, in die Hose hm. ein. in die Stube hinunter.
Mein Starliputzi schrie mir unversehrt entgegen: „Bschra, bschra!" und flog mir aus die ausgestreckte Hand. Ich fütterte ihn so, gleich mit einer Handvoll Milchtopfen, und es war mir ein wonniges Erlebnis, wie er mir nachher auf die leere Hand flog und den Schnabel zärtlich am Daumen wetzte.
Der Schwingenzäuner und der Pfannen- flicker waren auch bald zur Stelle und wir unterhielten uns paradiesisch mit meinem Starliputzi und mit uns selber. Was wuß- ten die zwei für Wunderdinge von seltsamen Vögeln in fremden Landen, und sie versprachen mir auch, so lange bei uns zu bleiben, bis es Zeit wäre, dem Starliputzi die Zunge zu lösen, auf daß er mich anspräche wie em leibhaftiger Mensch.
So verging der zweite Tag, der dritte Tag. der vierte Tag, der fünfte Tag. der sechste Tag und auch der siebente.
Es waren lauter Paradiesestage mit meinem Starliputzi, mit dem Schwingenzäuner und mit dem Pfannenflicker.
Nur die Magd schrie jeden Morgen in der Stube, als stärke ihr ein Messer im Leib, und bedrohte meinen Starliputzi mit äußersten Maßnahmen. Aber sie führte ihre Drohungen nicht aus, denn sie brauchte nicht aufzuputzen. Das tat meine gute Mutter, um mir die Freude mit dem Vogel nicht zu verderben.
Der siebente Tag aber war ein Sonntag, und da hatten der Schwingenzäuner und der Psannenslicker gar nichts zu tun. War also erst recht ein Paradiesestag. Und Mittags gab es einen saftigen, knusperigen Braten, den die beiden für ihr Leben gern aßen.
Als wir so bei Tische saßen und Starliputzi in der Stube herumflog, da geschah es, daß er etwas fallen ließ und es fiel der Magd gerade auf die Gabel mit dem ersten Fleisch- und Knödelbrocken. Und es packte sie ein Grausen, daß sie die Gabel nach meinem Starliputzi schmiß, aber sie traf ihn nicht, sondern die Ampel mit dem Frauenlicht im Herdwinkel. die in Trümmer ging. Dann erhob sie sich und begab sich in ihre Kammer und eilte mit einem Kleiderbündel fort.
Sie ist auch nicht wiedergekommen.
Der Schwingenzäuner und der Pfannenflicker teilten sich noch paradiesisch brüderlich in das zurückgelassene Bratenstück der Magd. Dann bedankten sie sich fleißig für die schöne Arbeit und das gute Essen und begaben sich weiter auf Wanderschaft, just an dem Tage, an dem sie meinem Starliputzi die Zunge lösen wollten, auf daß er mich anspräche wie mit Menschenlaut.
Aber sie sagten, sie hätten bei uns keine Arbeit mehr, und umsonst wollten sie meinen guten Eltern nicht die Mäuler über die Schüssel halten. Ich hielt sie nach dieser Aeußerung wie nach ihrer Welterfahrenheit für recht werte Ehrenmänner, aber die Mutter meinte, vierzehn Tage wären sie dagewesen und in drei Tagen hätten sie mit Pfannenflicken und Schwingenzäunen leicht fertig sein können. Da wären ihr richtige Bettelleute noch lieber, denn da hätte man für ein Stück Brot schon ein Vergeltsgott, nicht aber einen leeren Schmalzhasen wie von diesen Umfahrern.
So waren vom Paradiese nur ich und mein Starliputzi übrig geblieben. Ich fütterte ihn fleißig und hatte meine Helle Freude an ihm, auch mit ungelöster Zunge. Denn er war allezeit um mich und flog mir auch im Freien nicht davon. . -
So kam der achte Tag.
Ich wunderte mich schon, daß ich an diesem Morgerz sein bschra. bschra. bschra nicht hörte und kam besorgt in die Stube.
Was sah ich?
Da lag mein kleiner, herzlicher Freund mit zerstoßener Hirnschale tot am Fenstersims draußen.
Mutter hatte ihn über Nacht vors Fenster gesetzt, damit sie am Morgen nicht so viel zum Aufputzen hätte, wo doch auch die Magd nicht mehr da war als Arbeitshilfe ... Und so ist der arme Kerl, der es nicht fasten konnte, daß man ihn hinaussperrte, beim Anflug an das Fenster zu Tode gekommen.
Ich schrie und weinte um mein totes Para, diesbrüderchen, grub ihm ein Grab im Schatten des Schwarzkirschbaumes und netzte es mit heißen, heiligen Knabenzähren.
Ich weiß gewiß: Adam und Eva kann nicht weher zu Mute gewesen sein, da sie aus dem Garten Gottes scheiden mußten, als mir, da ich meinen toten Herzensfreund begrub.
Und heute noch, wenn ich an das wehe Geschick meines Starliputzi denke, beschleicht mein Herz eine leise Trauer um unser verlorenes Paradies.
Hernuöm'nclie» im Nnlnne i^'i '.VZ.-'Vi-sik ^mbera von Z?nirö Üi enkrno tUlrri a.