Donnerstag den 27. August 1938
Der Enztöler
Jahrgang Nr. 199
Der Führer und Reichskanzler hat die Amtsrichter Dr. Schrempf und Hans Bühler, beioe in Heilbronn, zu Landgerichtsräten in Heilbronn ernannt.
Der Reichsmintster der Justiz hat den Bezirks- Notar der Gr. 6 Heyd in Nellingen auf seinen Antrag in den Ruhestand versetzt.
Der Obcrlandesgerichtspräsident in Stuttgart hat den Hausverwalter Kürner bei dem Amts- gericht Stuttgart I aus seinen Antrag in den dauernden Ruhestand versetzt.
Der Generalstaatsanwalt in Stuttgart hat den Strafanstaltswachtmeister Joses Häsele bei dem Strafgefängnis Nottenburg aus dienstlichen Gründen an das Zuchthaus Ludwigsburg versetzt.
Der Präsident des Landesfinanzamts Stuttgart hat für den Reichsminister der Finanzen namens des Führers und Reichskanzlers den Oberzoll- insvektor Klumpp bei dem Zollamt Tuttlmgen mit Ablauf des Monats November 1936 und den Zollsekretär Schaible bei dem Hauptzollamt Heilbronn mit Ablauf des Monats Oktober 1936 aus Antrag in den dauernden Ruhestand versetzt.
Im Bereiche des Landesfinanzamts Stuttgart wurden versetzt: Oberzollsekretär Güthner bei dem Hauptzollamt Schwäbisch Hall an das Haupt- zvllamt Hellbronn; die Zollsekretäre: Altstädt bei der Zollaufsichtsstelle (8t) Nagold an das Zollamt Calw. Baslerbei der Zollaussichtsstelle (8t) Riedlingen an das Zollamt Aalen. Lehnert bei der Zollauffichtsstelle (8t) Leutkirch an das Zollamt Wangen/Allg.. Präger bei dem Zollamt Wangen/Allg. an das Zollamt Stuttgart-Bad Cannstatt. Kuhnlmhos bei der Zollaufstchts- stelle <8t> Kappelrodeck an die Zollauffichtsstelle (8t) Lausten a. N.; die Zollasststenten: Mo- Haupt bei der Zollaussichtsstelle (G) Neugers- dors an die Zollaufsichtsstelle <8t) Bad Mergent- heim, Ernst bei der Zollaussichtsstelle (6) Lausten an die Zollaufsichtsstelle <8t) Munderkingen, Fellmeth bei der Zollaussichtsstelle <6) Nonnenhorn an die Zollauffichtsstelle <8t) Weilheim a. Teck, Käser bei der Zollaufsichtsstelle (6) Au a. Nh. an die Zollaussichtsstelle (8t) Göppingen.
Hausverwalter Steiner beim Oberamt Mm tritt nach Erreichung der Altersgrenze mit dem Ablauf des Monats November 1936 in den Ruhe-
De'r Landesbischos hat die II. Stadtpfarrstelle in Giengen a. Brz., Dek. Heidenheim, dem Stadt- pfarrverweser Theodor Ludwig daselbst, sowie die Pfarreien Mitteltal, Dek. Freudenstadt, dem Pfarrer Eberle in Gültstein, Dek. Herren- bcrg, Dalheim, Dek. Heilbronn, dem Stadtvikar Erich Traub in Stuttgart-Münster, Dek. Bad Cannstatt, Not selben, Dek. Nagold, dem Stadtvikar Wilhelm Lettner in Obereßlingen, Dek. Eßlingen, und Oelbronn, Dek. Knittlingen, dem Repetenten Eberhard Weismann am Stift in Tübingen übertragen.
Von dem Bischof von Rottenburg ist im Einverständnis mit dem Patronatsherrn, dem Grafen von Nechbera, die Psarrstelle Nenningen unter Enthebung des Pfarrers Heinzmann in Grün- mettstetten vom Antritt der Stelle dem Pfarrer Joses Strehle in Dätzingen verliehen worden.
Dicnsterledigungen
Die Bewerber um die Pfarreien Kayh, Dek. Herrenberg, Archshosen, Dek. Weikersheim, und P l ü d e r h a u s en, Dek. Welzheim, haben sich binnen 3 Wochen beim Ew. Oberkirchenrat zu melden.
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Bei Schwieberdingen (Kornwestheim) fuhr ein Motorradfahrer aus Hemmingen aus einen Personenkraftwagen von Kornwestheim aus. Der Motorradfahrer wurde auf das Verdeck des Wagens geworfen und schwer ver- letzt
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Der 23 Jahre alte Kupferschmied Johann A l l- gaier aus Kau bei Tettnang ist vom Fahrrad gestürzt und den schweren Verletzungen erlegen.
In Steinhofen in Hohenzollern brach im Dachstock des Anwesens des Landwirts und Friseurs Konrad Volm Feuer aus, das in kurzer Zeit die gesamten, schon unter Dach gebrachten Erntevorräte vernichtete. Das Wohnhaus samt angebauter Scheune und Schuppen brannte auf die Grundmauern nieder.
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Zwei von der Olympia kommende Motorradfahrer verunglückten vor Knittlingen (bei Maulbronn). Der eine erlitt einen Schädelbruch, der andere einen Armbruch. Beide wurden ins Maulbronner Krankenhaus eingeliesert.
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In der Neuffener Straße in Nürtingen kam es abends zu einer wüsten Szene zwischen einer von ihrem Mann getrennt lebenden Frau und einem Fräulein, das mit dem seit kurzem nach auswärts verzogenen Ehemann der Frau in Beziehungen gestanden haben soll. Bei der Rau- ferei zerrissen sich die Frauen gegenseitig die Kleider. Eine größere Menschenansammlung »ahm Aergernis an diesen widerlichen Auftritten. Die beiden werden sich wegen groben Unfugs zu verantworten haben.
Nehren, OA. Reutlingen, 26. Aug. (Ge- fährltcherScheunenbrand.)Jnder Scheuer des Landwirts Karl Klett brach wahrscheinlich durch die Unvorsichtig, keil eines Nachbarn, Feuer aus. Er hatte in der Nähe der Scheuer seinen Lastwagen und ein Benzinsaß stehen und wollte andern, tags frühzeitig wegsahren, deshalb tankte er noch abends mit einer Sturmlaterne Benzin in seinen Wagen. Dabei muß durch dieLaternedasBenzin entzündet worden sein. Der Mann wollte mit einer Decke das Feuer löschen, was ihm jedoch nicht gelang. Das Feuer sprang auf die Scheuer des Klett über, die mit Heu und Getreide vollständig gefüllt war und gänzlich niederbrannte. Ein Mutterschwein ist ebenfalls mitverbrannt. Gerettet werden konnten lediglich ein Wagen und zwei Fahrräder. Die Nehrener Feuerwehr bekämpfte den Brand tatkräftig und auch die Tübinger Motorspritze mußte gerufen wer. den, da das Wohnhaus ebenfalls sehr gefährdet war.
Ulmer Schachteln fahren nach Wien
Ulm, 26. August.
In aller Welt kennt man die Fahrten der Miner Schiffer mit den sog. „Ulm er Schachteln" von Ulm nach Wien. Nach dreijähriger Unaerbrechung werden nun diese romantischen Tonaureisen durch die „Ulmer Wikinger" wieder ausgenommen. Tie erste Reise dieser Art findet anfangs September ds. Js. statt, für welche die sehr gut singe- richtete motorisierte Ulmer Schachtel „Heimatgruß", über 60 Personen fassend, zur Verfügung steht. DaS an uralte Verkehrstradition erinnernde Unternehmen ist geeignet, die freundschaftlichen Beziehungen Deutschland-Oesterreich zu fördern und ist dazu berufen, überall an den Donauufer» von der Verbundenheit und Zusammengehörigkeit dieser beiden deutschen Staaten zu künd>m.
Sanktelmamm -es Führers an öle I2ier
Ludwigsburg, 26. August. Auf das Huldigungstelegramm, das beim Fest der „Alt- Württemberger", der ehemaligen 121er, an den Führer und Reichskanzler abgesandt worden ist, dankte der Führer mit diesem Telegramm: „Den anläßlich der 220jährigen Gründungsfeier und des 20jährigen Gedenk- tages an die Kämpfe an der Doppelhöhe 60 und an der Somme versammelten alten Soldaten des Jnsanterie-Regiments 121 danke ich für die mir übermittelten Grüße, die ich in kameradschaftlicher Verbundenheit herz- lichst erwidere. Adolf Hitler."
Vom Mer- tö-ltch geschlagen
Aschen-Eglofs, OA. Wangen. 26. August. Dem ledigen, im 60. Lebnsjahr stehenden Johann Georg Kempter stieß im land- wirtschaftlichen Betrieb der Witwe seines verstorbenen Bruders Franz Josef ein schwerer Unglücksfall zu, an dessen Folgen er zwei Stunden später starb. Kempter ging, als ein Knecht zwei Pferde auS dem Stall führte, hinter den Rosien her. Er wollte nun plötz- lich etwas vom Boden aufheben. Als er sich bückte, erschrak ein Pferd. Es schlug ohne weitere Ursache aus und traf den Kempter mit voller Wucht an das Schläfenbein. Durch den Schlag wurde das Gehirn zertrümmert. Im Krankenhaus Wangen, wohin der Schwerverletzte bewußtlos gebracht worden war, verschied er.
4« ooo zum Vierten Frontkämpfer' und Kriegsopfer-Ehrentag
in Heilbronn am 17. und 18. Oktober
Heilbronn, 26. Aug. Am 17. und 18. Oktober findet in Heilbronn der 4. Schwäbische Frontkämpfer- und Kriegsopfer-Ehrentag der in der NS.-Kriegsopserversorgung zusammen» geschlossenen Kameraden statt. Die grundlegenden Vorbereitungen für dieses große Soldatentresfen sind inzwischen in aller Stille getroffen worden. Am ersten Tag (Samstag, 17. Oktober) findet voraussichtlich ein großer Zapfenstreich statt, dem sich dann der Kameradschaftsabend im großen Zelt auf der Theresienwiese unweit vom Hauptbahnhof anschließen wird. Der zweite Tag (Sonntag, 18. Oktober) bringt den Höhepunkt des Frontkämpfertages. Die im Laufe des frühen Vormittags eintreffen- den Sonderzüge und Omnibusse werden die rund 40 000 Kameraden aus allen Teilen des Gaues von Württemberg und Hohenzollern direkt auf die unweit vom Hauptbahnhof befindliche Theresienwiese bringen. Um 11 Uhr vormittags findet dann auf dem HSV.-Platz der Theresienwiese die soldatische Großkundgebung statt, der ein besonderer Stempel aufgedrückt werden wird durch die Anwesenheit bedeutender Persönlichkeiten, wie Reichskriegsopfersührer Oberlindober. Berlin, Reichsstatthatter Murr mit weiteren Mitgliedern der Staatsregierung, sowie maßgebenden Männern der einzelnen Partei
gliederungen und befreundeter Verbände. Im Laufe des Spätnachmittags soll den vielen auswärtigen Gästen mit der Veranstaltung eines „Heilbronn er Herbstes" eine besondere Freude bereitet werden. Außerdem finden noch zwei Sondertagungen statt, und zwar für die Hirnverletzten und die Hinterbliebenen, wobei auch die Neichshinterblie- benenvertreterin, Frau G ö t t i n g, anwesend sein wird.
Eröffnung -er Miensteinslraße
Reutlingen, 26. August. Die 1 500 Me- ter lange Straße, früher ein Holzabfuhrweg, die von der Verbind ungs- ftraße Station Lichtenstein — Gcnkingen nach dem Lichtenstein abzweigt, ist am Dienstagnachmittag unter Anteilnahme aller am Bau beteiligten Stellen offiziell eröffnet worden.
In knapp sechs Monaten wurde eine ein- wandfreie, anfangs 4.60 und später 5 Meter breite Autostraße geschossen, sowie kurz vor dem Forsthaus ein großer Parkplatz, der 18 Meter breit und 170 Meter lang ist und rund 150 Autos und Omnibussen Platz bietet. Der Kostenvoranschlag von 26 000 NM. ist, wie Baurat Wälde, der Vorstand vom Straßen, und Wasierbauamt Reutlin- gen, bemerkte, nur um ein Geringes über- schritten worden, da man auf der linken Seite gleich eine Aufschüttung für einen spä- ter noch zu erstellenden Gehweg vorgenommen hat. Die Krümmungen find durchweg breiter gehalten worden, als die normale Straßenbreite, so daß sich auch der stärkste Verkehr gefahrlos abwickeln kann.
In der schlichten Feier im Forsthaus betonte Bürgermeister Pfau-Honau die anerkennenswerte Zusammenarbeit aller betet- ligten Stellen.
SroßeSlmschwabeiMau in Saulgau
1. oberschwäbische bäuerliche und gewerbliche Leistungsschau Saulgau vom 12.—27. Sept.
Saulgau, 26. August. Saulgau, im Herzen oberschwäbischen Bauernlandes gelegen, rüstet zu großer Tat. Auf dem idyllischen Gelände um den Festplatz entsteht gegenwärtig eine mächtige Zeltstadt, die in den Tagen vom 12. bis 27. September die 1. oberschwäbische bäuerliche und gewerbliche Leistungsschau aufnehmen wird, ver- anstaltet von der Londesbauernschaft Württemberg, der Stadt Saulgau und der Kreis- Handwerkerschaft Saulgau.
Die bäuerliche Schau wird von der Landesbauernschaft als Lehrschau für den ganzen oberschwäbischen Raum aufgebaut und zeigt das weltanschauliche und agrarpolitische Programm des Reichsnährstandes. Eine große Zuchtviehprämiierung aller Vieh- gattungen wird Höchstleistungen in der Tierzucht eines anerkannt hochstehenden Zucht-
ebietes vor Augen führen. Die gewerb-
iche Schau gibt einen lehrreichen und interessanten Querschnitt durch die gewerbliche, handwerkliche, kaufmännische und industrielle l^ungsarbeit des Kreises Saulgau. Ein großes Volksfest, Reit- und Fahrturniere, Festspiele, ein Flug tag, Festzüge mit Lrachtengruppen und historischen Bildern, Tänze der Bauernjugend, das althergebrachte Saulgauer Kinderfest, das 400jahrige Jubiläum der Saulgauer Bür- gergarde und Bürgerwache mit Festzug der württ. und badischen Bürgerwachen umrahmen die Ausstellung.
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Am letzten Tag, wo Robby mit dem Training aussetzte, entzog er sich aller Bevormundung energisch, und fuhr auf Hildes Wunsch mit ihr zum erstenmal zu ihren Eltern. Hilde hatte ihrer Familie nicht verschwiegen, daß sie sich öfter mit Nobby traf, und wollte ihnen nun den Freund zuführen, und ihnen zeigen, daß ein Preisboxer kein Wilder war.
Zu Hildes Genugtuung machte Robby einen guten Eindruck auf ihren Vater. Sie sprachen zuerst über Seefahrt, das war ein Thema, das Robby in- und auswendig beherrschte. Dann streiften sie den Sport, und zum Schluß der halbstündigen Unterhaltung erwies sich, daß Robby eine große Anzahl guter Bücher gelesen hatte.
Später bemerkte Herr Botmer nebenbei, daß Robby ein sehr vernünftiger junger Mann zu sein schien. Er hätte das von einem Boxer nicht erwartet. Und Hildes Mutter war sogar entzückt von Robbys Bescheidenheit. Sie wußte mehr als ihr Mann von Robbys bekanntem Namen. «Nett ist der junge Mann, wirklich sehr nett", sagte sie.
„Und sonst hältst du von dieser Freundschaft immer noch dasselbe?" fragte ihr Mann.
„Ganz dasselbe. Unser Kind ist viel zu klug, um nicht zu wissen, daß im Grunde die innere Kluft zwischen ihr und einem Boxer nie zu überbrücken ist."
Inzwischen gingen die jungen Leute durch den nahen Stadtpark. Hilde hatte ihre Hand leicht in Robbys Arm gelegt. „Morgen fahren Sie nun nach Paris, Robby. Unsere schönen Nachmittage sind wieder mal vorbei."
„Ja, leider. Sie wissen nicht, wie hart das für mich ist."
„Es tut mir auch leid. Und diesmal sind Sie so lange fort. Sie fahren ja von Paris direkt nach Holland und trainieren dort weib'r "
„Ist das Ihr Ernst, Hilde? Tut es Ihnen wirklich leid, daß ich fortfahre?" Robby, beugte sich vor, um in Hildes Gesicht zu sehen. Ihm wurde weich und zärtlich zumute. Sein Gesicht war dem ihren sehr nah.
„Ja, für vier Wochen wird es nun der letzte Tag sein, den wir zusammen sind", sagte sie ausweichend.
Stumm gingen sie nebeneinander. Der Wind brachte Hildes Haar in Unordnung, das Robbys Gesicht berührte. Ganz sanft legte er seinen rechten Arm um ihre Schultern. Der Arm, der sie umschlang, zog sie langsam und unendlich zart an sich. Er beugte sich vor und küßte sie.
Sehr lange sprachen sie kein Wort. Mehrmals zog er sie so an sich, und jedesmal begegneten ihre Lippen scheu den seinen. Ihr Körper schmiegte sich an ihn, und sie hielten sich eng umschlungen.
Erst sehr spät brachte Robby Hilde nach Hause. „Auf Wiedersehen, Liebes, denk' an mich."
„Und schreib' Robby. Vergiß es nicht."
„Jeden Tag", versicherte Robby. „Du kannst dich drauf verlassen. Und mach' dir um mich und den Kampf keine Sorgen."
Hilde schüttelte den Kopf. „Tu ich gar nicht. Und Hals- und Beinbruch, mein Robby."
Sie drückten sich noch einmal die Hand, und dann verschwand Hildes hohe schlanke Gestalt im Schatten des Hauses. Robby hörte, wie sie die Haustür aufschloß. Er blieb so lange stehen, bis sie nach seiner Schätzung in der Wohnung war. Dann machte er sich auf den Heimweg. Vergnügt und froh zog er los. Aber ab und zu fluchte er auch ein bißchen, weil er morgen Berlin verlassen mußte. - ^
XXV. /
Vier Tage später wurde Familie Botmer in aller Frühe durch den Telegraphenboten geweckt. Verschlafen und mißmutig durch die Störung, nahm Hildes Bruder das Telegramm an. Er öffnete es noch auf der Diele, obwohl es gar nicht für ihn bestimmt war. Aber für Telegramme war
in der Familie Botmer das Briefgeheimnis aufgehoben. Er las: Erste Runde gewonnen. Robby! — Dann sah er. daß der Aufgabeort Paris war. Nun ging ihm erst ein Licht auf. „Total verrückt", brummte er. „Einen darum um sechse rauszuklingeln." Er überreichte das Formular dem inzwischen erschienenen Dienstmädchen, damit sie es Hilde ins Zimmer brachte. Dem Vater, der seinen Kopf aus dem elterlichen Schlafzimmer steckte, rief er zu: ,,'n Telegramm für Hilde. Von dem Boxer, daß er gewonnen hat."
Bei der Kaffeetafel ging das Telegramm reihum. „Wieso telegraphiert er das gerade an dich, Hilde?" fragte die Mutter.
„Ach, das haben wir neulich so ausgemacht." Hilde versuchte ein möglichst gleichgültiges Gesicht zu machen.
„Und was hat so ein Sieg nun für Folgen?" fragte Vater Botmer. Seit er vor einigen Tagen mit dem jungen Boxer gesprochen hatte, fühlte er die Verpflichtung, etwas Interesse für diesen Sport zu zeigen.
„Nun — weitere Kämpfe natürlich", sagte Hilde.
„Und hier —I" Wolfgang machte eine reibende Handbewegung mit Daumen und Zeigefinger. „Nach jedem Sieg verdoppelt sich die Gage."
„Börse sagt man", warf Hilde ein.
Herr Botmer trank den letzten Schluck Kaffee, wischte sich den Mund und erhob sich. „So ein Boxer soll ja sündhaft viel verdienen. Ich las mal, für einen Kampf Tausende und aber Tausende von Mark." Er schüttelte den Kopf. „Tol! ist es, geradezu toll." Dann verabschiedete er sich.
Hilde ging erregt und voll Erwartung zur Arbeit. Unterwegs kaufte sie sich eine Morgenzeitung und durchblätterte sie rasch. Es stand aber noch kein Bericht über den Kampf drin. Mit Windeseile durchflog sie im Büro die Post. Bis jetzt hatte Robby sein Versprechen getreulich gehalten und ihr jeden Tag einen kurzen Gruß geschickt. Heute war natürlich nichts dabei, sie fand es ganz in Ordnung, ober gefreut hätte sie sich doch, wenn außer dem Telegramm auch noch eine Karte gekommen wäre.
(Fortsetzung folgt.)