Vas neue Polen

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Nachdem m den Jahren der Systemzett dauernd unerquickliche, politische Spannungen zwischen Polen und Deutschland bestanden hatten, gelang es der Regierung Adolf Hitlers, diesen unfruchtbaren Zustand zu beseitigen und durch den Freundschaftsvertrag vom SS. Januar 1SS4. der zunächst auf die Dauer von zehn Jahren den gegenseitigen Willen zu friedlicher und freundnachbarlicher Verständigung festlegte, klare Verhältnisse zu schaffen. Dieser Vertrag hat in den letzten Jahren schon zu einer erfreu­lichen Annäherung und Zusammenarbeit aus vielen Gebieten geführt. Wir halten es deshalb für angebracht, einmal etwas Grundsätzliches über dasPolen von gestern und heute' zu ver­öffentlichen und geben der Darstellung des fran­zösischen Schriftstellers Marquis de la Londe Raum, der in derRevue Mondiale', Paris, vor einiger Zeit einen aufschlußreichen Aufsatz veröffentlichte. Er erschien in deutscher lieber- tragung inDie Auslese', Berlin. Der Ver- fasser schreibt:

Polen hat eine Oberfläche von 388000 Quadratkilometern, das sind 70 Prozent der Oberfläche Frankreichs. Die Bevölkerung, die beständig zunimmt, beläuft sich auf ungefähr 30 Millionen. Kein Land Europas hat eine gleich hohe Geburtenziffer. Wenn sie sich auf der gegenwärtigen Höhe hält, wird Polen im Jahre 1950 eine gleich große Bevölkerung haben wie Frankreich.

Gegenwärtig hat Polen eine Bevölkerungs- dichte von etwa 77 Bewohnern auf den Qua. dratkilometer. Das ist dieselbe Ziffer wie in Frankreich. In Polen gibt es keine nahezu un- bewohnten Landstriche, ausgenommen vielleicht einige Karpathenhöhen und die Sumpfgegend des Pripet, die übrigens zur Zeit in gesund- heitlicher Beziehung bewohnbar gemacht wird.

Als ein völlig aus zumeist sehr fruchtbaren Ebenen bestehendes Land könnte Polen viel mehr Einwohner ernähren, als es gegenwärtig zählt. Da es jedoch ein rein ackerbautreibendes Land geblieben ist, verfügt es über einen lieber- schuß an Arbeitskräften, und viele Polen wan­dern aus.

Polen hat mehrere sehr bedeutende Städte. Die Hauptstadt Warschau ist eine Groß­stadt mit über einer Million Einwohnern. Die zweitgrößte Stadl ist Lodz mit 500 000 Ein- wohnern, einer der größten Jndustriemittel- Punkte des Kontinents; in der Umgebung schlie- ßen sich mehrere sehr bedeutende Gemeinden an, die wie Lodz speziell Textilindustrie betrei­ben. Andere Städte sind Lemberg, das ein sehr bekanntes Landwirtschafts- und Handels­zentrum ist, Krakau, das lange die Landes­hauptstadt und der geistige Mittelpunkt des Landes war und hervorragende Zeugen aus dieser Vergangenheit besitzt, ferner Posen, Wilna und Kattowitz.

Polen ist hauptsächlich auf lanhwirtschaft- lichem Gebiet tätig. Einige Provinzen haben Getreideboden von märchenhaftem Reichtum. Die mit Getreide bebaute Fläche beträgt über 10 Millionen Hektar. Diese Ziffer steigt übri­gens rasch und ist noch sehr starker Steigerung fähig. Dazu kommt der Anbau von Kartoffeln, Zuckerrüben und Gespinstpflanzen (Flachs und Hanf).

Polens Bodenschätze

Die Industrie ist weit weniger bedeu­tend. Allerdings birgt Polen erhebliche Boden- Mtze, namentlich Kohle, Ersen, Zink, Petroleum und Steinsalz. Die Aus- veutuntz aller dieser Reichtümer ist aber noch unentwickelt. Insbesondere die noch unerschlos- fetten Kohlevorkommen würden hinreichen, um auf Jahrhunderte hinaus eine niehrfach stär- kers Mrderung als die heutige sicherzustellen.

Oberschlesien hat eine sehr lebhafte Hütten- und Kohlenindustrie. Die Webstoffindustrie konzentriert sich auf die Lodzer Gegend. In Galizien finden sich Petroleum- und Stern-

schwüng zu nehmen. Schließlich dürfen eine bedeutende Brennereiindustrre und Rüben­zuckerraffinerie nicht vergessen werden.

Was das Verkehrswesen angeht, so hat Polen sein Eisenbahnnetz wiederhergestellt, das eine Lange von etwa 20000 Kilometern er­reicht; diese Ziffer ist übrigens sehr unzu- reichend, da sich z. B. in Frankreich das Bahn- netz über 64000 Kilometer erstreckt. Glück­licherweise haben die Schiffahrtswege eine recht große Ausdehnung und können noch er­werben.

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deten höheren Schicht, ebenso wie der dur mehrere Jahrhunderte der Knechtschaft no gesteigerten natürlichen Passivität der Massen zu verdanken.

Polens Bolksschichtung

Die hohe Aristokratie der Magnaten von etwas kosmopolitischem Charakter besteht noch immer, doch haben die Kompromisse, die sie zur eigenen Erhaltung mit den Staaten, die sich in Polen geteilt hatten, hatten abschließen müssen, ihr einen großen Teil ihres Ansehens bei der Nation genommen. Weiter nach unten hat der mittlere und der kleine polnische Adel, der durch die landwirtschaftliche Krise bedrängt ist, große Schwierigkeiten, sich über Wasser zu halten und seinen Kindern eine gute kulturelle Ausbildung zu geben. Die Bauernschaft schließ, lich, die bei weitem zahlreichste Klasse 75 Prozent der Bevölkerung, bildet an­gesichts ihrer Unwissenheit weder einen bedeu­tenden politischen noch sozialen Machtfaktor.

In den Städten ist die Gesellschaftsschichtung etwas anders. Man hat drei soziale Gruppen zu unterscheiden: die Masse der Hausbedienste­ten und der kleinen Angestellten; sodann die sogenannteIntelligenz", die sich aus höheren Beamten, Akademikern, Aerzten usw. zusam­mensetzt; und schließlich die Juden, Proletarier und Handeltreibenden, von allen Kategorien und jeder Art Kultur. In Warschau z. B. gibt es bei einer Gesamtbevölkerung von 1 200 000 Einwohnern 250 000 Hausbedienstcte un!> 350 000 Juden!

Das Problem der Erziehung und der Er­gänzung der höheren Klassen gestaltet sich schwierig bei einer gewiß überaus zahlreichen aoer sehrzurückgebliebenen" ländlichen Be- völkerung und einer städtischen Bevölkerung, in der die stabilen und sicheren Elemente nicht in unbeschränkter Zahl anzutreffen sind. Es ist zu fürchten, daß man, wenn man die Ent- Wicklung überhasten will, keinen wirklichen Mittelstand, sondern ein Jntelligenzproletariat schafft, aus dem sich, mehr oder weniger will­kürlich, die Verwaltunasbeamtenschaft von morgen rekrutieren würde. Hierin liegt, das darf man sich nicht verheimlichen, eine wirk­liche Gefahr für die ganze Zukunft des Landes.

Ein Viertel des polnischen Gebiets, rund 9 Millionen Hektar, ist mitWald bedeckt. Die Holzgewinnung erreicht fast 25 Millionen Kubikmeter jährlich. Ein Drittel der Wälder gehört dem Staate und steht nur teilweise in Nutzung. Vor allem nach Osten hin gibt es fast undurchdringliche Wälder in der Gegend der Pmsker Sümpfe.

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Die letzten fünfzehn Jahre sind von Polen dazu verwandt worden, wieder Ordnung in das erstaunlichste Durcheinander, das man sich vorstellen kann, zu bringen. Unmittelbar nach dem Kriege mußte alles erneuert werden, und da die polnischen Provinzen teils aus dem ehe­maligen deutschen Kaiserreich, teils aus dem früheren russischen Kaiserreich, teils auS der

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Erinnerung an eine gemein- ame Vergangenheit, die chon stark zu verblassen be­gann. Es galt, in allen Tei­len eine Verwaltung, ein Heer, eine Polizei zu schaf­fen, den ganzen öffentlichen Unterricht wieder einzurich­ten, der vorher nicht in pol­nischer Sprache erteilt wor­den war; man mußte die Eisenbahnen neu ordnen, denn der aus Rußland stammende Teil des Netzes hatte nickt dieselbe Spur­weite wie die anderen Strei­ken. Zu alledem hatte das Land vier Jahre lang dem russischer und dem öster­reichisch-deutschen Heer als Schlachtfeld gedient. Schließ­lich gab es, um den Wirr­warr zu vermehren, nicht weniger als vier verschie- dene im Umlauf befindliche Währungen: die deutsche Mark, die österreichische Krone, den russischen Rubel und schließlich die polnische Mark.

Wenn die verwaltungs- mäßige und politische Ver­einheitlichung der drei Teil­stücke sich in weniger als 15 Jahren in bemerkenS- werter Weise vollzogen hat, so ist dies de Tätigkeit der an westlicher Kultur gebt!-

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