Mittwoch dev 8. Juli 1936
Der Enztaler
94. Jahrgang Nr. 186
Körperschule nach Musik
20 000 Mädel beteiligen sich an de» BdM.-SPortwettkämpfen
Zum drittenmal ist es in diesem Jahr, dah wir unsere Sportseste durchführen, und doch ist uns das Wort „BdM.-SPortfest" schon zu einem Begriff geworden, der nicht mehr aus unserer ganzen Arbeit wegzuden- ken ist.
Jahr nm Jahr haben wir unsere Sportarbeit durch Sportkurse und regelmäßige Turnabende in Stadt und Land weiter ausgebaut und somit alle in unserem Bund zusammengeschlossenen Mädel mit dem Gedan- ken der Körperertüchtigung erfaßt und sie auch praktisch darin geschult. Ein Bild dieser ungeheuren Breitenarbeit, die damit geleistet wurde, werden unsere Sportfeste ablegen:
Allein 20 000 Mädel beteiligen sich in Württemberg aktiv an den Untergausportesten, die am 12., 19. und 25. Juli statt- inden. Schon seit Wochen bereiten sich un- ere Mädel und Jungmädel überall eifrig und begeistert vor, das Sportfest allen Volksgenossen, Eltern, Erziehern und Betriebsführern wieder zu einem richtigen Erlebnis zu gestalten. Viel Neues werden wir in diesem Jahr wieder zeigen: Angefangen bei der Körperschule, die zum erstenmal nicht nach Kommandos, sondern nach einer eigens dafür geschaffenen Musik ausgeführt wird.
Etwa 600 Mädel werden in jedem Untergau diese Körperschule ausführen, und es Wird ein herrliches Bild sein, wenn Hunderte nach Musik die gleichen Hebungen machen und ihren Körper dabei systematisch durcharbeiten. Bei einem Mannschaftsmehrkamps, zu dem jeder Mädelring 15 Mädel stellt, wird in Schlagballwurs. Weit- sprung, Zielwerfen und Stasfellauf heiß um den Preis gekämpft werden.
Die Jungmädel ermitteln ihre beste Mädelschast bei einem Hindernislauf. Wer erinnert sich noch der Hindernisse, die unsere Jungmädel bei-den letzten Sportfesten zu überwinden hatten, und die durch ihre lustige Art immer alle begeisterten und mitrissen. Lausschule, Nollball und eine bunte Spielwiese der Jungmädel folgen nacheinander und an einem Volkstanz, der jeweils von 3—400 Mädels in bunten Volkstanzkleidern ausgeführt wird, werden alle ihre Freude haben.
Trotz der verstärkten körperlichen Schulung wird unser Sport nie zum Selbstzweck. Das an Körper, Geist und Seele gleich gesunde Mädel bleibf unser Ziel. Unsere Sportfeste werden wirkliche BdM.-Feste sein, bei denen wir in einigen frohen Stunden allen Volksgenossen einen Einblick in unsere Sportarbeii und darüber hinaus ein Bild unseres Bundes überhaupt geben werden.
Ligenberickt äer 148.-Presse
Landgerichtspräsident Schiele in sein Amt eingesetzt
Nottweil, 7. 'Juli. In feierlicher Weise wurde der neuernannte Landgerichtspräsident SchieIein sein Amt eingeführt. Oberlandesgerichtspräsident Küstner, Stuttgart, entbot den Willkommensgruß namens der Reichs- justizverwaltung und übermittelte die Grüße des stellv. Gauleiters Schmidt. Dann ging der Oberl mdgerichtspräsident dazu über, die Auf
gäben des Richters im naklvnalsozialistischen Staat grundsätzlich aufzuzeigen. Oberlandgerichtspräsident Küstner gedachte mit DankeS- worten zum Schluß des in den Ruhestand getretenen Landgerichtspräsidenten Koch, der sieben Jahre lang dieses Amt in vorbildlicher Treue verwaltet hat.
Kreisleiter Acker, Rottweil, überbrachte die Grüße und Glückwünsche der Partei und ihrer Gliederungen. Landgerichtsdirektor Jäger, Rottweil, Hieß als Vertreter der Rechtswahrer des Landgerichtsbezirks Rottweil den neuen Präsidenten willkommen. Anschließend dankte der neuernannte Landgerichtspräsident Schiele in warmen Worten für die vielen Glückwünsche und den herzlichen Empfang.
Schweres Unwetter über Sulz
Lizenberiobt cker 148.-Presse
Sulz, 7. Juli. Ueber der Kreisstadt Sulz a. N. entlud sich ein schweres Gewitter mit Wolkenbruch. Ueber eine halbe Stunde strömten die Regenmassen nieder. Vollbeladene Heuwagen wurden in den Straßengrabengeworfen. Die Aehrenfelder liegen w ie gevügelt da. Die Autos blieben auf offener Straße stecken. Auf dem Marktplatz wurde ein Stuttgarter Personenwagen von einem in der Mitte sich spaltenden Baum vollständig zugedeckt und schwer beschädigt. Mit Sägen und Aexten mußte der Baum zuerst in Stücke verteilt werden, um das Auto freizumachen.
Hunderte von Ziegelsteinen wurden auf die Straße geworfen. Keme Zimmerdecke blieb verschont von den eindringenden Wassermassen. In den Gärten wurde der gute Ackerboden weggeschwemmt. Großer Schaden entstand auch an elektrischen Freileitungen. Die Bergstraßen sind nicht befahrbar, da die Wasserfluten eine Menge Kies mitschwemmten. Ueber den Straßen liegen eine Menge Bäume, besonders im Glatter Tal.
Ser Beamte hält Schritt!
Die neue Gauschule in Neuffen
Neuffen, 8. Juli. Aus dem Gedanken heraus, daß der Beamte, wenn er seiner hohen Aufgabe gerecht werden will, sich die völkisch gebundene Weltanschauung erarbeiten muß, erstellt der Reichsbund der Deutschen Beamten im Einvernehmen mit der Gauleitung der NS.- DAP. für die Beamten des Gaugebiets in Neuffen eine Gauschule. Diese Schule wird der NSDAP, unterstellt. Die Schulung erfolgt im Rahmen der Parteischulung nach den Richtlinien des Gauschulungsamtes der NSDAP.
Nationalsozialismus und nationalsozialistische Weltanschauung kann man nun nicht theoretisch erlernen, sie würden papieren bleiben, man muß den Nationalsozialismus erleben, wenn er lebendig werden soll. Dieses Erleben nationalsozialistischer Kameradschaft soll in der neu zu bauenden Gauschule ermöglicht werden. Innerhalb einer Gemeinschaft von jeweils 100 Kameraden aller Gruppen werden die Beamten auf der Gauschule, die in einer landschaftlich schönen und geschichtlich bedeutungsvollen Gegend Württembergs liegt, nationalsozialistisches Gedankengut Pflegen und sich darin vertiefen. Es ist dafür gesorgt, daß neben den Beamten auch Arbeiter und Angestellte gleichzeitig an den Lehrgängen dieser Schule teilnehmen.
Kaum schöner können die Beamten des
Gaugebiels dazu beitragen, dem wirtschaftlich schwächeren Berufs- und Arbeitskameraden sie Teilnahme an der Gauschule zu ermöglichen als durch regelmäßige, nach dem Einkommen bemessene Leistungen. So entstehen dem einzelnen Schulungsteilnehmer keinerlei Kosten. Ein ausgezeichneter Beweis des kameradschaftlichen Zusammenstehens.
Amtl. Großmarkt für Getreide und Futter mittel Stuttgart vom 7. Juli. Die Verhältnisse auf dem Brotgetreide- und Mehlmarkt haben sich gegenüber der Vorwoche nicht geändert. Durch die neuen Zuteilungen ist genügend Futtergetreide vorhanden. Es notierten )e 100 Kg. frei verladen Vollbahnstation: württ. Weizen, durchschnittliche Beschaffenheit, 76/77 Kg. Juli-Erzeugerfestpreis: W7 20.70, W10 si, W 14 21.40, W17 21.70, Roggen, durchschnittliche Beschaffenheit, 71/73 Kg. Juli- Erzeugerfestpreis: R14 17.80, R18 18.30, R19 18.50; Winterfuttergerste, durchschnittliche Beschaffenheit, 61/62 Kg. Juli-Erzeugerfestpreis: G7 17.70, G8 18; Sommerfuttergerste, durchschnittliche Beschaffenheit, 59/60 Kg.: Es können 50 Rpf. per 100 Kg. Aufschlag bezahlt werden; Futterhafer, durchschnittliche Beschaffenheit, 48/49 Kg. H11 Juli-Erzeuger- festpreis: 17.10, H14 17.60; Wiesenheu lose 5, Kleeheu lose 6, drahtgepreßtes Stroh 3 RM.
Mehlnotierung im Gebiet des Getreidewirtschaftsverbands Württemberg. Preise für 100 Kg., zuzüglich 50 Rpf. Frachtenausgleich, frei Empfangsstation. Weizenmehl mit einer Beimischung von 25—30 Prozent Kernen Aufschlag 1 RM. per 100 Kg. Reines Kernenmehl 3 RM. Aufschlag. Weizenmehl mit einer Beimischung von 20 Prozent amtlich anerkanntem Kleberweizen 1.25 RM. Per 100 Kg. Aufschlag. Weizenmehl: Basis-Type 790 Inland (bisher Weizenmehl I) W7 bis 15. September 1936 27.80, W10 28.30, W14 28.90, W17 28.90; Roggenmehl: Basis-Type 997 R14 bis 15. August 1936 22.70, R18 23.30, R19 23.50; Mühlennacherzeugnisse: Weizenkleie W 7 bis 15. September 1936 9.95, W10 10.10, W 14 10.30, W17 10.45, Roggenkleie R14 bis 15. August 1936 10.10, R 18 10.40, R19 10.50 RM. Weizen- und Roggen- Futtermehl jeweils bis zu 2.50 RM. Per 100 Kg. teurer als Kleie. Für alle Geschäfte sind die Bedingungen des Reichsmehlschlußscheins maßgebend.
Pforzheimer Schlachtviehmärkte vom 1.
und 6. Juli 1936. Zufuhr: 6 Bullen, 15 Kühe, 14 Färsen, 106 Kälber, 4 Schafe, 433 Schweine. Preise: Bullen a 40—43, Kühe a 40, b 35—39, d 25, Färsen a 42—44, b 39, Kälber a 61—65, b 56—60. c 50—55, Schweine a 56,5, b 1. 55,5, b 2. 54,5, c 52,5, d 50,3 RM. für je 50 Kilogramm Lebendgewicht. Großvieh und Schweine zugeteilt.
Erzeuger-Großmarkt Kreßbronn (OA. Tett- nang) vom 6. Juli. Der Erzeugergroßmarkt Kreßbronn wurde am Montagabend zum erstenmal «^gehalten. Die Zufuhr betrug etwa 25 Zentner Kirschen. Verkauft wurde alles zum Preise von 40—50 Rpf. für 1 Kg.
Kirschenmarkt in Liebenau (OA. Tettnang) vom 6. Juli. Zufuhr schwach. Nachfrage groß. Preise: 26—30 Rpf. pro sch Kg. Anlieferung 25 Körbe.
Gmünd. Württ. Edelmetallpreise v. 7. Juli. Feinsilber-Grundpreis 41.20, Feingold-Verkaufspreis 2840 RM. je Kg., Reinplatin 3.60, Platin 96 Prozent mit 4 Prozent Palladium 3.55, Platin 96 Prozent mit 4 Prozent Kupfer 3.45 RM. je Gramm.
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Berlin: Aktien uneinheitlich, Renten fest
Da eine größere Beteiligung der Bankenkund- schajt im wesentlichen ausblieb, schritt die Kulisse vereinzelt zu Glattstellungen, die namentlich am Montanmarkt leichte Kurseinbußen zur Folge hatten; so bei Nheinstahl und Klöckner, sowie Harpener um je 0,25 Prozent. Ver. Stahlwerke konnten allerdings einen Anfangsverlust von 0,12 Prozent sogleich wieder wettmächen.
Die Zsllstoffbewegung geht von einem Paket- erwerb von Zellstost Waldhos an Aktien der Ver. Zellstoff, und Papierfabriken Kostheim-Oberleschcn aus den Händen einiger Großaktionäre aus, wobei es sich um etwa 90 Prozent des Aktienkapitals der letztgenannten Gesellschaft handelt. Zell- stoff Waldhos selbst gewannen zum l.Kurs 1.5 und sodann gleich weiter 2 Prozent, Aschaffen- burger Zellstoffe wurden anfangs mit Ptns-Vor- zerchen notiert und mit etwa 119—l20 nach l 12,75 geschätzt. Die garbcnaktie konnte eine» Anfangs- Verlust von 0,75 Prozent zum Teil wieder aus- holen und notierte zuletzt 168,5. Chemische v. Heyden liegen weiter schwach (minus 1 Prozent).
Elektrowerte waren nur geringen Schwaukun- gen nach beiden Seiten unterworfen. Eine Aus- nähme bildeten Chade-Anteile, von denen Lit. A—C 13 NM., Lit. D etwa 8 NM. verloren. Von Elektrizitätswerken sind Lieferungen um l,!2 und EI. Schlesien mit plus 1 zu erwähnen. Dessauer Gas gewannen auf die gemeldete Ab- stoßung zweier westdeutscher Beteiligungen, die im Zuge der Konzentrierung der Gesellschaft auf das ursprüngliche Arbeitsgebiet liegt, erneut 0,5 Pro- zent.
Im übrigen sind noch Bremer Wolle mit plus 1,25, Metallgesellschaft mit Plus 0.87 und BMW. mit plus 0.62 Prozent als kräftiger befestigt und Muag sowie RWE. mit je minus 1 Prozent als gedrückt zu erwähnen. Südd. Zucker verloren 3 Prozent. Von umwtierten Papieren lagen Win- tershall 1,62 Prozent höher.
Am Rentenmarkt bröckelten Neichsaltbesitz er- neut um 17,5 Npf. auf 112.7 ab. Auch die'Um- schuldungsanleihe wurde 5 Npf. niedriger mit 88,20 genannt. Deutsche Reichsschuldbuchforderu». gen ermäßigten sich um 0.12.
hebt Startverbot aas
Der Präsident der Oesterreichischen Sport» und Turnfront teilt mit:
In Anbetracht der bevorstehenden Olympischen Spiele in Berlin, an denen österreichische Mannschaften teilnehmen werden, und in Anbetracht des Umstandes, daß die in letzten Zeit wiederholt stattgefundenen sportlichen Begegnungen zwischen österreichischen und deutschen Sportlern den in den Sportkreisen herrschenden sportlich» kameradschaftlichen Geist bewiesen haben, hat der Oberste Sportführer, Fürst Starhemberg, die Aufhebung des im vorigen Jahr erlassenen Startverbots verfügt.
Die Genehmigung für die einzelnen Starts österreichischer Sportler in Deutschland ist aber dessenungeachtet bei der Führung der Oesterreichischen Sport- und Turnfront in jedem einzelnen Fall einzuholen.
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Urhebec-Rechlijchutz; Lr«> üuellen-verlog, Sönigrdrück tvez. vre-din) «I
Der ganze Abend blieb wundervoll, und die Zeit verflog unglaublich schnell. Es war plötzlich weit nach Mitternacht, als die Mädchen zum Aufbruch drängten. Sie muhten am nächsten Tag früh aufstehen und dann munter im Geschäft sein, um ihre anstrengende Arbeit gut zu bewältigen.
Als der Kellner den Freunden die Rechnung überreichte, entdeckte Hein, daß ihm sieben Mark fehlten. „Leg' sie aus, Robert, ich bin blank", bat er.
Robert kratzte sich den Kopf. „Wenn ich die Rechnung bei deiner Mutter bezahle, Hab' ich nur noch mein Rückfahrgeld nach Hamburg —"
„Is doch bloß für jetzt, zu Hause Hab' ich doch Geld. Ich Hab' doch nur zu wenig eingesteckt."
„Na, denn is es ja was andres." Ohne Bedenken zog Robert sein Rückfahrgeld aus einem Extrafach seiner Brieftasche und bezahlte damit Heins fehlenden Anteil. Sie hatten zusammen über achtzehn Mark zu entrichten.
Zuerst brachten sie die Mädchen nach Hause. Hein war ziemlich angeheitert, und er lärmte und sang laut in den stillen Tiergartenstraßen. Die stupsnäsige Lotte hatte große Mühe mit ihm. Robert und Hella folgten ihnen eng umschlungen.
„Willst du wirklich schon in vier Tagen fort? Aber morgen kannst du doch nochmal mit mir zusammen sein?" Hella sah Robert bittend an.
„Na schön! Wo denn? Wieder hier im Tiergarten?" Robert verabredete sich mehr aus Gutmütigkeit als aus Interesse. Er war in Gedanken schon mehr in Hamburg als hier, und konnte es kaum noch abwarten, bis er seine Heimatstadt wiedersah.
»Also morgen um neun. Du bist ein feiner Kerl, Robert."
Robert zog sie noch näher an sich, und begann irgendein Lied vor sich hin zu pfeifen. ^
Es war schon , spät am Morgen, als Robert noch mit benommenem Kopf in die Küche kam. Ein Geruch von billiger Seife, Dampf und schmutziger Wäsche schlug ihm entgegen. Frau Lütting wusch Kinderzeug.
„Guten Morgen! Schläft Hein noch?"
„Hein?" Frau Lütting putzte sich die Hände an ihrer blauen Schürze ab, und brachte Robert seinen Morgenkaffee an den Tisch. „Hein is doch heute früh weg."
„Weg? Wieso?" Robert sah Frau Lütting verständnislos an.
„Ja, wissen Sie'n das nicht? Als ich heut' früh auf- stand, lag 'nen Zettel von Hein da, daß ich ihn gleich wecken sollte. Aber als ich ins Zimmer kam, war er ja schon beim Kofferpacken."
„Kofferpacken? Dunnerlüchting, der is doch nich' etwa allein fortgefahren?" Robert fuhr hoch und schrie es beinah' heraus.
Frau Lütting sah ihn entgeistert an. „Er hat doch gesagt, Sie wollten noch hier bleiben, weil Sie 'ne Braut gefunden hätten. Was is denn nu? Haben Sie sich gezankt?"
„Gezankt nich', aber Hein is ein ganz verdammter —", Robert brach plötzlich ab, weil er sah, wie in Frau Lüttings Augen Tränen traten. Sie sah noch versorgter und kleiner aus, als vorher. „Lassen Sie man. Frau Lütting", tröstete er sie gutmütig. „Hein is bloß immer so'n komischer Mensch."
„Ja, sa", fiel ihm die kleine Frau ins Wort, „schlecht is er bestimmt nich'. Bloß so schrecklich leichtsinnig. Was hat er Ihnen denn getan?"
Robert trank hastig seinen Kaffee und biß in die Margarineschnitte. Warum mar Hein geflitzt? Ob er irgendetwas angestellt hatte? Aber das hätte er ihm doch sagen können I Plötzlich begriff Robert. Blitzartig ging ihm das
Verständnis für Heins Abreise auf. Es war wegen des Geldes, das er ihm zurückzahlen sollte, und das er selbst nicht mehr besaß. Natürlich! Hein hatte ihn gestern angelogen, er hatte selbstverständlich kein Geld mehr zu Hause gehabt. Das war ein Lump. Wo sollte er jetzt das Fahrgeld hernehmen? Wütend schlug er mit der Faust auf den Tisch.
„Was is denn bloß, Herr Prell? Sagen Sie mir aber die Wahrheit." Frau Lütting schickte ihren Jüngsten hinaus, der neugierig den aufgeregten Zimmerherrn ansah.
Robert zwang sich zur Ruhe. Es hatte ja keinen Zweck, den wilden Mann zu spielen. Was geschehen war, konnte er nicht mehr ändern. Aber Hein würde er noch einmal treffen, und dann hatte dieser Verräter nichts zu lachen. Das schwor er sich. Er blickte zu Heins Mutter, die ihn angstvoll anstarrte, und sagte: „Nö, nö, lassen Sie man, Frau Lütting, dat sind Männersachen."
„Aber Herr Prell —"
Die Tür ging auf und Emil drängte sich wieder herein.
Nervös drehte sich seine Mutter um. „Wat willste denn bloß, Bengel? Marsch, in die Schule. Karl und Albrecht sind schon weg."
„Ich brauch 'n Groschen für 'n Heft, Mutter."
Frau Lütting kramte in ihrem Portemonnaie. „Da, hier hast'n, und nu' aber raus!"
„'n Moment noch. Komm mal Herl" rief ihn Robert zurück und strich ihm übers Haar. Dann nahm er aus seiner Hosentasche ebenfalls zehn Pfennig. „Die sind für Bonbons —"
„Au fein!" Emil rannte los.
„Kauf' Sahnebonbons, die halten länger", rief ihm Robert nach.
Mutter Lütting schüttelte den Kopf. „War das nötig? — Und nun reisen Sie wohl heute auch noch ab, wie?"
Robert dachte einen Augenblick nach. „Ich? Nö!" Dann stand er auf. „Ich werd' mir hier Arbeit suchen."
(Fortsetzung folgt.)