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wirkte so beruhigend auf Guenn, daß sie sich wieder ganz glücklich zu fühlen begann, trotz des Geheimnisses, das ihr Kopfputz verbarg.
„Ich werde mir ein blaues Kleid kaufen," malte sie sich aus, „aber es muß sehr dunkel und mischfarbig sein, er liebt das und kann solche Farben gebrauchen. Auch wird es ihn beim Gnadenfest sicher freuen, wenn die Spitze an meiner Haube breit und von schönem Muster ist."
Im Geiste sah sie sich bereits mit Alain nach dem Klang der schrillen Sackpfeifen die Gavotte tanzen; und als sie später nach dem Atelier ging, war sie wieder in ihrer lustigsten, fröhlichsten Laune und hatte das un- angenehme Schnipp« Schnapp der Schere längst vergessen. —
Als am Abend die Post hereinfuhr, war Guenn in solcher Aufregung, daß sie kaum ihre Ungeduld bemeistern konnte, bis es ihr gelang von Jeanne loszukommen, um auf Andres Zeichen zu warten. Endlich kam er.
„Wie viel ist's?" flüsterte sie atemlos, als er da» Geld in ihre zitternde Hand gleiten ließ.
„Dreißig Franken." Guenn hüpfte vor Freuden.
„Die Frau sagte, sie habe noch niemals solch schönes Haar gesehen."
Guenn schwieg einen Augenblick. Ein glücklicher Seufzer entschlüpfte ihrem übervollen Herzen, und ihre Augen füllten sich mit wehmütigen Tränen. Er schien ihr nur gerecht, daß man ihr Haar gelobt hatte — so war es noch würdiger für ihn geopfert zu sein! Schnell faßte sie sich wieder und sagte in keckem Ton: „Das glaube ich gern, daß sie noch kein solches Haar gesehen hat. Das liebe, gute Haar, nun hat es mir so viel Geld gebracht," sie strich sich wohlgefällig über den Kopf, dann hielt sie Andre die Hand entgegen: „und Euch tausend, tausend Dank, für alle Eure Mühe, guter Andre!"
„Ich werde ein Auge auf dich haben, beim Gnadenfest," brummte Andre; „ich muß herausbekommen, was für ein Bursch es ist. Nun, mach' dich aber auch schön, du eitler, kleiner Pfau!"
„Schön? Na, das will ich meinen, Andre! Es wird nicht alle Tage getanzt. Man ist auch nicht immer hübsch und jung, und" — hier dämpfte sie die Stimme und schaute sich vorsichtig nach allen Seiten um — „man ist auch nicht immer reich!" —
Triumphierend barg sie den kostbaren Schatz in der Kleidertasche und sprang davon, um Jeanne wieder aufzusuchen. Zwei wichtige Geheimnisse mußte sie jetzt vor dieser treuen, kleinen Seele verbergen — den Verlust ihres Haares und ihren Gewinn an irdischem Besitz. Das machte ihr aber keine sonderlichen Gewissensbisse — es ging ja alles eigentlich nur Monsieur an; und wenn das Zauberwort „Monsieur" ins Spiel kommt, tritt ja in dm meisten Mädchenfreundschaften eine gewisse Entfremdung und Erkältung ein. Am Abend auf dem Dorfplatz klang Guenns unwiderstehlicher Lachen bald hier, bald dort, noch niemals war sie so ausgelassen und mutwillig gewesen, unter unaufhörlichen Späßen und Neckereien sprang sie von einer Gruppe zur andern. Mit jubelndem Herzen kostete sie schon jetzt den Vorgeschmack all der Freuden, die ihr dar Neviner Gnadenfest bringen sollte.
15. Kapitel.
Ein Gnadenfest war nach Guenns Begriffen schon an und für sich eine Quelle der unbegrenzetesten, reinsten Freuden, ein Gnadensest aber, das durch Monsieurs Gegenwart verherrlicht war, und bei dem sie in einem nmen, blauen Kleide vor seinen Augen tanzen sollte, schien ihr ein so unendliches Glück, daß ein armes Menschenkind es kaum auf einmal zu ertragen vermochte. Die cpnischen Ansichten, die wir über ein solches Fest in einem altm, französischen Schriftsteller finden, weichen freilich um ein Wesentliches von Guenns rosenfarbener Auffassung ab.
„Dort ist eine Kapelle, eine Quelle oder sonst ein Platz, der dem Andenken irgend einer Wundertat oder eines Helligen geweiht war," — so ungefähr lauten seine Worte, „die Menge beichtet, fröhnt allerhand abergläubischen Gebräuche, sie kaufen Kreuze, Rosenkränze und Heiligenbilder, mit denen sie dann das Bildnis des heiligen Wundertäters berühren; sie reiben die Stirn, die Knie oder gelähmte Gliedmaßen gegen den heilt- gm Stein und werfen Geld und Nadeln in den Wunderquell; sie tanzen, sie trinken bis zur Bewußtlosigkeit und kehren dann, zwar mit leeren Taschen, aber reich an Hoffnung, nach Hause zurück. Dieser Aberglaube ist noch ein Ueberbleibsel aus dem uralten Waffergötzendienst, diesem älte- sten Ritus der Gallier, die in ihren heiligen Quellen, sogar das den Fein, den abgenommme Gold bargen."
Guenn Rodellec fragte freilich wenig nach dem Glauben der altm Gallier, als sie an dem ersehnten Morgen mit Jeanne und Nannic den Hmwagen erklomm, der sie und eine ganze Schar fröhlicher, lachender Mädchen nach Nevin bringen sollte. Unterwegs begegneten sie den drei Malern, die in übermütiger Feiertagslaune, grüßend die Hüte schwenkten. Die jungm Künstler gingen einen tüchtigen Schritt, nur ab und zu blieben sie stehen, um Druidensteine zu betrachten, , deren mehrere am Wege standen. Ein volmsii war da, verschiedene Ueberbleibsel eines 6romi«od8 und ein Zitterstein, der sich nach dem Volksglauben nur bewegt, wenn eine reine Hand ihn anrührt. Liebespaare kamen hierher, um ihre gegenseitige Treue zu erproben. Auch an einem Nendir von 32 Fuß Höhe führte der Weg vorbei, vielleicht ein Sonnenstein, dm die alten ^rmoi-ikLnsr heilig hiel- tm. Zu ihm schlichen junge Eheleute im Dämmerlicht, schmiegten sich an den rauhen Riesenstein und vertrauten ihm ihre liebsten Wünsche für Haus und Herz. Guenn wäre lieber auch zu Fuß gegangen, da er aber ein Marsch von zehn Mellen war, hatte sie, in Anbetracht des bevorstehenden Tanzes, Jeannes Vorschlag ihre Kräfte zu schonen, mit außergewöhnlicher Bereitwilligkeit Gehör gegebm. „Was er wohl sagen wird, wenn er mich sieht I" tönte es fort und fort in ihrem freudig erregten Herzen. Bei der Ankunft in Nevin hatte sie für nichts Sinn, bi» sie ihn gekommen sah; dann folgte sie ihm so dicht, als e» ihr ein gewisses, neues Gefühl der Befangenheit gestattete . _ (Forts, folgt.)
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