Aus dem Heimataebiet
Der Reichsstatthalter hat im Namen des Reichs die Verwaltungssekretäre Schneider No- mann und Ohngemach bei der Landesver- sicherungsanstalt Württemberg zu Verwaltungs- obersekretären, die Lehrer Gotthold Deeg m Saßfelden. Kr. Hall. Eberhard H e r t ler in Stuttgart. Erwin Lehn er in Birkenseld. Krers Neuenbürg, Emil Leicht in Oberndor? a. N., August Link in Stuttgart. Wilhelm Nirk m Stuttgart. Eugen Schnaidt in Asperg, Kreis Ludwigsburg und Hermann Wöhr in Bisfin- aen a. E.. Kr. Ludwigsburg. zu Hauptlehrern ,m württembergischen Landesdienst ernannt.
Der Kultminister hat versetzt die Oberlehrer Rudolf Bauer in Wiesensteig. Kr. Geislingen, nach Stuttgart. Walter Dongusin Unter- jettingen. Kr. Herrenberg, nach Eningen. Kr. Reutlingen, die Hauptlehrer Walter Dreher in Seeburg. Kr. Urach, nach Eningen, Kr. Reut- lingen, Max HolzhSuer in Murrhärle, Kr. Backnang, nach Backnang. Richard Pset- schinger in Engelhardshausen. Kr. Gerabronn, nach Goldburg Hausen, Kr. Neresheim und Josef Winter in Abtsgmünd. Kr. Aalen, nach Klingen st ein. Kr. Blaubeuren. Ferner hat er die unständigen Fachlehrerinnen Emilie Kittelberger in Nürtingen und Luise Nieder in Maulbronn zu Handarbeits. und Hauswirtschaftslehrerinnen im württembergischen Landesdienst ernannt.
Der Reichsarbeitsminister hat den Präsidenten Dr. Battenberg. Leiter des Oberversiche- rungsamts Stuttgart, als Leiter an die Landes- Versicherungsanstalt Pfalz in Speyer versetzt.
Der Oberlandesgerichtspräsident hat den Obersekretär Trost bei dem Amtsgericht Gaildorf seinem Ansuchen gemäß an das Amtsgericht Heil- bronn versetzt und die Notariatspraktikanten Schick bei dem Amtsgericht Biberach zum Ober- sekrctär bei dem Amtsgericht Saulgau, Haspel bei dem Amtsgericht Blaubeuren zum Obersekretär bei dem Amtsgericht Heilbronn, Vollmer beim Volksgerichtshof in Berlin zum Obersekretär bei dem Amtsgericht Stuttgart I, Schall bei dem Amtsgericht Scborndors zum Obersekretär bei dem Amtsgericht Wangen und Wenger bei dem Amtsgericht Leonberg zum Obersekretär bei dem Amtsgericht Gaildorf ernannt.
Der Oberlandesgerichtspräsident hat im Namen des Reichs den Hausverwalter Schädel bei dem Landgericht Stuttgart, verwendet bei dem Amtsgericht Schorndorf, dem dienstlichen Bedürfnis entwrechend und mit seinem Einverständnis mit Wirkung vom l.Jnli 1b3K ab an das Amtsgericht Laihingen a. Enz versetzt.
Der Eeneralstaatsanwalt hat den Strafanstaltswerkführer mit der Amtsbezeichnung Straf, anstaltswerkmeister Grät er bei dem Landes- gefängnis Nottenburg aus seinen Antrag in den Ruhestand verseht.
Im Bereich der Reichsbahndirektion Stuttgart ist der Reichsbahnobersekretär Brey tu Buchau nach Münsingen versetzt worden.
Dicnsterledigungcn
Die Bewerber um eine Studienratstelle mit mathematischem Lehrauftrag an dem Progymnasium und der Realschule in N , edlingen haben sich binnen 10 Tagen bei der Mnisterialabteilung für die höheren Schulen zu melden. Die Bewerber um je ein? Lehrstelle an Volksschulen in folgenden Gemeinden haben sich bis zum 11. Juli bei der Ministerialabteilung für die Volksschulen zu melden: Metzingen, Kr. Urach, für eine Lehrerin; Ohrnberg. Kr. Oehringen. Dienstwohnung. Gelegenheit zur Uebernahme des Organisten- und Chordirigentendienstes: Reutlingen. Hilfsschule: Schorndorf; Bisstn- gen. Kr. Ulm. Dienstwohnung, Gelegenheit zur Uebernahme des Organisten, und Chordirigentendienstes: Waldstetten, Kr. Schwäb, Gmünds Dienstwohnung.
Angriffsübung der Wcckerlinie. Die Wccker- liuie hielt gestern abend eine großangelegte Angriffsübnng ab. Als Brandobjekt war das etwa 70 Meter über dem Enzwasserspiogel gelegene neue Schloß mit seinen umfangreichen Gebäulichkeiten ausersehen. Die große Motorspritze stand in der Wildbader Straße bei der „Germania", während die kleine Motorspritze am Bergabhang der Hinteren Schloßsteige aufgestellt war. Beide Maschinen waren durch Schlauchleitungen miteinander verbunden und Preßten das Wasser mit großer Kraft durch die beiden Schlauchlagen, die durch die Gärten am Schloßberg hinaufgcführt waren, an den Brandherd heran. Vom Schloß ans war eine Fernsprechleitung bis zur großen Motorspritze gelegt, sodaß die Anweisungen rasch und ohne sede Hemmung erteilt werden konnten. Sehr gut bewährt haben sich die bei dieser Gelegenheit erstmals verwendeten doppelgummierten Feuerwchrschläuche, die von der Schlauch- Vollmer <ü Hummel neu heraus- gebracht wurden. Trotz der Länge der Sch.auchlagen hielten sie hohem Wasserdruck Stand und zeigten an keiner Stelle irgendwelche Mängel. Der Hebung wohnten enie stattliche Anzahl Schaulustiger bei, die sich sehr anerkennend über die Leistungen der Weckerlinie äußerten. Die Uebung zeigte, daß es in kürzester Zeit möglich wäre, mit den Leiden Motorspritzen im Ernstfälle die Brandbekämpfung an höher gelegenen Gebäuden mfzuneh- men. Hauptbrandmeister Ietter sprach sich über die Leistung der Wcckerlinie, die die große Angriffsübung unter dem Ko mmando seines Stellvertreters Kain er ausführte, lobend aus. Im Gasthaus zur „Germania" verbrachte die Mannschaft zusammen.mit Len Gästen noch einige gemütliche Stunden.
Ein Nachwort zur Sonnenwendfeier 1936 .
Die wegen der Störung der Sonnenwcndfeier vom Ortsgruppenleiter sofort eingeleitete Untersuchung Hat ergeben, daß die Führung des Fußballvereins Neuenbürg an der Störung nicht beteiligt war und sie auf das schärfste verurteilt. Es handelt sich vielmehr um einen unüberlegten Streich eines Einzelnen, der die Tragweite seines Tuns offenbar gar nicht übersah. Der Betreffende bereut seinen Schritt heute tief und hat inzwischen allen Beteiligten sein Bedauern ausgesprochen und um Entschuldigung gebeten. An dieser Stelle sei nochmals betont, daß die Partei mit allem Nachdruck gegen Störungen ihrer Feiern Vorgehen wird. Die Partei wird es niemals Luiden, daß private Meinungsverschiedenheiten zü einer Störung der Volksgemeinschaft führen. Möge der Vorfall für Alle, die es angeht, eine Lehre für die Zukunft sein.
Treue Freundschaft unter Haustieren
Neuenbürg, 26. Juni.
Eine hiesige Witwe besitzt neben einer guten Hauskatze auch einen Kanarienvogel. Zwischen der Hauskatze und dem Kanarienvogel hat sich nun mit der Zeit ein sehr vertrauliches Verhältnis entwickelt. Gar oft. wenn cs der Katze zu langweilig wird, sitzt sie vordem Vogelkäfig und lauscht dem Singen ihres Freundes, andererseits interessiert sich auch der Vogel für das. was die Katze in langen Stunden hinten am Ofen oder am Fenstergesims tut. Der Vogel liebt jedoch die goldene Freiheit und so hat er vor einiger Zeit den günstigen Augenblick dazu benützt, aus seiner Behausung zu entfliehen und irgendwo auf einem Apfel- oder Birnbaum seine Liedchen zu singen. Offenbar hat er aber doch Heimweh bekommen, denn eines schönen Tages flog er wieder ganz in der Nähe des Hauses herum und konnte mühelos in seinen Käfig zurückgebracht werden. Darob herrschte im Hans große Freude und die Miez, die sich bereits mit ihrem Schicksal abgefnnden hatte, zeigte gleichfalls frohe Laune und widmete sich mit um so größerer Aufmerksamkeit ihrem Freund. Vor einigen Tagen nun wurde der Kanarienvogel wieder von einem besonders starken Freiheitsdrang erfaßt. Die weitgehenden Vergünstigungen, die man ihm als Hausgast zu
teil werden ließ, kamen ihm offenbar wieder gelegen, um den Käfig in der Stube mit der goldenen Freiheit in der Natur zu vertauschen.
— Plötzlich war halt der Kanarienvogel verschwunden. Mit am meisten sorgte sich die Hausmutter um den Vermißten. Der treuen Miez muß der überraschende Ausflug ihres Freundes gar nicht gepaßt haben, denn, wenn Mutterle sie ans den leeren Käfig aufmerksam machte, miaute sie ganz kläglich, als wollte sie sagen: „Ja, mir tut es auch sehr leid, daß mein Freund so Plötzlich davongegangen ist und mich allein läßt." Was hat Wohl den Kanarienvogel zu seiner Flucht bewogen? War die Liebe zur Katze plötzlich kalt geworden, haben sich Katze und Kanarienvogel auf einmal nicht mehr verstanden? Wer weiß es! Jedenfalls Passierte vor wenigen Tagen das Ergötzlichste, was sich denken läßt: Die Miez brachte den durchgebrannten Kanarienvogel, ihren untreu gewordenen Hausfreund, zurück und zwar lebend und in guitschfideler Stimmung, als ob eigentlich gar nichts passiert wäre. Die Nebervaschung! Man schaute sich gegenseitig verwundert an, hätte am liebsten
— wenn es möglich gewesen wäre — in I Brehms Tierloben nachgeschlagen, ob es Wohl
solche Fälle schon gegeben hat.
Die große Frage war aber die: wie hat sich dieser Vorfall abgespielt? Aber auch Liese Frage konnte geklärt werden. Der Kanarienvogel trieb sich nämlich tagelang in der Umgebung des Hauses herum und hielt sich dann zuletzt in einem der Familie X- gehörenden Garten auf. Die Hauskatze durfte mit der Mutter schon öfters dorthin, machte auch allein dort ihre Besuche. Bei einem gelegentlichen Ausgang muß die Miez die ihr bekannte Stimme des alten Freundes gehört haben; sie legte sich schnell auf die Lauer und entdeckte den untreuen Freund, der vermutlich gar keine Anstalten machte, um zu fliehen, sondern sich von der Katze ruhig fangen ließ im sicheren Gefühl, Laß ihm dabei nichts passieren könne. Jedenfalls trug die brave Hauskatze den durchgebrannten Kanarienvogel sehr vorsichtig zwischen den Zähnen in die alte Heimat zurück und zeigte über ihren guten Fang eine große Freude, die natürlich bei den andern Hausfreunden noch größer war.
Diese ergötzliche Tier-Liebesgeschichte hat sich zngetragen im Oberamtsstädtle Neuenbürg Mitte Juni 1936.
OesanZverein unä Voürstuni
Von ^äolk Xreiskulturwart äer
Der Gesangverein „Lieöerkranz - Freundschaft" Neuenbürg kündigt ein Oratorium mit dem ganzen künstlerischen Apparat eines solchen Werkes an! Es hat bestimmt bei vielen Freunden unserer Gesangvereine ein Gefühl der Ueberraschung ausgelöst, daß ein Verein unseres Kreises es wagt, diese Ausgabe anzupacken. Die Neberlegnngen mit Für und Wider, die vor dem ersten Schritt anzustellen waren, der Entschluß und der Wille zur Durchführung sind weit mehr als eine bloße Vereinsangelegenheit: sie fassen mutig an ein Problem, das gerade die aufrichtigsten Freunde der Gesangvereine und die überzeugtesten Bekenner ihres Volkstumwertes schon lange plagt. Ueber die Kluft zwischen Volk und Kunst ist genügend geschrieben und gesprochen worden; die Gründe für die gleichgültige Abseitsstellung weiter Kreise des Volkes gegenüber edlen Werken aller Art sind ebenfalls geklärt; die neue Zeit müht sich tatkräftig, die Kunst wieder zum Gewissen des Volkes zu machen; der Wirkungsgrad dieser Bemühungen auf dem Gebiet der Musik muß einmal daran zu erkennen sein, daß die Darbietungen deutscher iKnnst den freiwilligen Zulauf des Volkes aus innerem Drang heraus finden; zum zweiten aber muß sich der Umschwung bei allen Gelegenheiten zeigen, wo sich das Volk selbst aktiv mit Musik befaßt.
Es handelt sich bei dem Bestreben nach kultureller Ausschließung des Volkes weniger darum, „Kunst an das Volk hexanzubringen", es muß vielmehr mit allen Kräften versucht werden, Kunst ans dem Volke heraus zu Wecken. Unsere Gesangvereine werden bei dieser Volkstumsarbeit „von innen heraus" immer eine besonders verantwortungsvolle Stelle einnehmen. Sie sind für weite Volksteile — und gerade für unseren Kreis gilt das besonders — dis einzige Möglichkeit, nicht nur passiv zu genießen, sondern in eigener Mitarbeit mit din Schönheiten und Werten des deutschen Liedes gleichzeitig den Sinn und das Verständnis für musikalische Werte überhaupt zu gewinnen. Es wäre selbstredend unsinnig, auf musikalischem Gebiete den Satz „Kauft am Platze" zu vertreten; ich bin mir vollkommen darüber klar, daß unserem Kreis Darbietungen von außen her von Zeit zu Zeit notwendig sind und daß sie befruchtend wirken, wenn sie gut sind; wir brauchen sie, um Ausblicke in das Weben höchster Kunst zu eräugen; genau so klar bin ich mir aber darüber, daß alles von außen Herangetragene — und wenn es organisatorisch noch so geschickt aufgezogen ist — wirkungslos bleiben muß, wenn es nicht von innen her, d. h. in der Art
und in der Form, wie sie unserem Volkstum gemäß sind, unterbaut wird. Diese Nnterban- ung und vorschulende Einführung zu den höchsten Kulturgütern muß das Ziel der ständigen und beharrlichen Arbeit derjenigen Vereine unseres Kreises sein, die für kulturell wertvoll gelten wollen. Ich würde es für eine ungemein bedauerliche Verarmung des kulturellen Eigenlebens unseres Volkstums halten, wenn die Praxis der Volkstumsarbeit sich so gestalten würde, daß wir uns ausschließlich auf organisierte Anbringung äußerer, oft recht fremd anmutender Darbietungen beschränken würden; unsere bodenständige Kraft, die doch nichts anderes ist als ein eigenwertiger Zweig des großen deutschen Volkstums, würde dadurch vernachlässigt und verstaut. Wie könnte es gelingen, echtes musikalisches Empfinden von außen her, durch rein passives Aufnehmen ins Volk zu bringen, wenn überall da, wo das Volk mitschaffend Musik Pflegt, in weitem Maße Banalität und gedankenlose Flachheit die Regel bliebe?
Hier haben vor allem unsere Gesangvereine ihre Aufgabe. Der Gesangverein hat es in sich, ein Volkstumsfaktor ersten Ranges zu werden, weil in ihm bei aktiver Mit- arbeitan edelstem deutschem Kulturgut alle Schichten unseres Volkes erfaßt werden. Welche Organisation bringt es fertig, so folgerichtig, so selbstverständlich und eindringlich die einfachen und in ihrer Urtümlichkeit so empfänglichen Menschen unseres Waldes zu bewußter Mitarbeit an deutschen musikalischen Werten zu bringen. Dabei fußt der Gesangverein auf der echt deutschen Vorliebe am gehaltvollen Lied und braucht deshalb gerade dem einfachen Menschen gegenüber keine Begründung des Wertes seiner Arbeit, die vielmehr rein gefühlsmäßig bejaht wird. Mit dieser Wichtigkeit wächst aber auch die Verantwortung des Gesangvereins seiner Aufgabe gegenüber.
Erfüllt der Gesangverein diese Aufgabe genügend, wenn seine Mitglieder Jahr für Jahr zur Singstunde gehen, von Zeit zu Zeit auf Bezirks- usw.-Festen mitsingen? Genügt cs, wenn der Gesangverein bei Gelegenheit nationaler Feste zugezogen wird, um in der Oeffentlichkeit einige Ehöre zu singen? Beweisen die Vereine allein damit, daß sie von keiner zentral geleiteten kulturellen Einrichtung erseht werden können? Müssen die Gesangvereine nicht zu einer viel stärkeren und vertieften Auffassung ihrer Sendung gebracht werden? Ich schätze die Wirksamkeit dieser Ortsvereine, wenn sie gut geleitet sind, sehr hoch ein. Sie haben für mich denselben Wert
l tvie jede am Ort aus gesundem Grund aeivacki.
jene kulturelle Einrichtung, Hie in ihrer 1 Eigenart das Wesen ihrer Heimat widerspiegelt und deshalb befähigt ist, an diesem Platz stärkste Wirkung hervorznrufen.
Es ist bestimmt falsch, alle bestehenden kleineren Vereine, besonders Gesangvereine, von Vorneherein mit dem Tadel der Vereinsmeierei zu belasten; der Prüfstein für die Lebensfähigkeit und den Lebenswert eines <8?- sangvereins ist, daß er ans sich heraus die Kraft und den Entschluß anfbringt, alle bequeme Selbstgenügsamkeit abzulegen, sich selbst Aufgaben zu stellen, die nicht der „Vereinsehre" dienen und nicht von der Vcreins- kasse befürwortet werden, sondern der Liebe zur Heimat und zum Volkstum entspringen. Es geht bestimmt nicht an, daß von jeder Veranstaltung eines Gesangvereins behauptet wird, sie sei kulturell wertvoll, weil ihr eine nationale Kundgebung vorausgeht oder angehängt wird; der Gedanke des Volkstums darf nicht gedankenlos z-um Kundenfang mißbraucht werden. Für die Anerkennung als Volks- tumsarbeit ist erforderlich eine folgerichtige Gestaltung des gesamten Arbeitsplans und des Einzelprogramms, außerdem aber eine bestimmte innere Haltung des gesamten Vereins und jedes Einzelmitgliods; der Verein muß auf diese Meise ein Spiegelbild der Volksgemeinschaft im kleinen sein. Wichtiger als die Mitgliederzahl ist dabei zunächst, daß die Ver- einsleitung gerade und unbeirrt von Krämergeist ihre Erziehnngs- und Schnlungsarbeit leistet und daß ihr und den Einzelnsttgliodern der Verein nie Selbstzweck wird. Wir erwar-' ten von einem solchen Verein, daß er sich zeitweilig Aufgaben stellt, die bewußt über den „Vereinsrahmen" hinausgehen, die er sich aber stellen muß, wenn er als Kulturfaktor des Heimatgebietes anerkannt sein will. Ist der Verein wert, erhalten zu bleiben, so wird er an einer solchen Aufgabe nicht zerbrechen, sondern im Gegenteil von ihr zusammengeschweißt werden. Einige unverbesserliche Ver- einsmeicr werden absplittern: das bedeutet eine Stärkung des guten Kerns der Gemeinschaft. Die Sänger werden an dieser Aufgabe wachsen; sie werden lernen, welche Kraft in ihrer gemeinsamen selbstlosen Zusammenarbeit liegt; sie werden mit der Zeit selbst verwundert ans frühere Beispiele engstirniger Vereinsmeierei zurückblicken, wenn sie einmal erfahren haben, wie wirkliche Kulturwerte erarbeitet werden.
Der MGV. „Lied er kranz - F r x » n d- schaf t" Neuenb ü r g will mit der TM die Richtigkeit der Uoberlegung beweisen. Der Verein tritt an die Oefsentlicheit, um ohne Ehrgeiz für sich, ohne äußerlichen Anlaß, bloß getrieben von innerem Wollen, ein Werk zu bieten, das anfrüttelt. Solche Wagnisse stud Gelegenheiten, die dem Rechner die Haare zu treiben, Gelegenheiten, bei denen keine Medaille an die Fahne geheftet wird; aber cs sind Momente, die uns für die Arbeit eines Vereins erwärmen können. Mut und Verantwortungsgefühl der Vereinsleitung haben den Anstoß gegeben; beispiellose Hingabe der Sänger und Sängerinnen hat die Durchführung ermöglicht. Dieses Beispiel wird nicht unfruchtbar bleiben. Ein solcher Verein ist cs wert, von allen Kreisen der Bevölkerung aktiv unterstützt zu werden.
Solche Aufgaben sollten immer mehr noch zur Zusammenarbeit verschiedener Vereine führen und auf diese Weise mithelfen, die hier und da noch bestehenden mittelalterlichen Vorstellungen von lokalem Eigenleben zu beseitigen. Manchmal fehlt nur noch Mauer und Zinnenkranz mit einem Nachtwächter darauf und manche Leiste waren restlos glücklich. Der Verein „Liedcrkranz- Freundschaft" Neuenbürg weist mit seinem Vorgehen einen Wog ans dieser unseligen Schneckenhauspolitik. Dieses Beispiel eines wirklich großzügigen und uneigennützigen Vereinslebens zeigt die einzige Möglichkeit, wie nicht nur Gesangvereine, sondern überhaupt Vereine ihre Daseinsberechtigung beweisen können. Wohl dem Verein, der cs fertig bringt, seine Mitglieder zu würdiger, disziplinierter, verantwortungsbÄvußter und kameradschaftlicher Haltung zu erziehen. Der Verein, der dies nicht als seine höchste Aufgabe betrachtet, der nicht dieser Aufgabe allen Eigennutz, alles „Prestige" und alle Empfindlichkeit unterordnet, hat sein moralisches Todesurteil unterschrieben.
Dem MGV. „Liederkranz-Freundschaft" wünschen wir Gelingen seines Werkes; er arbeitet für unser Volkstum: mögen seine Mitbewerber bei dieser Aufgabe zahlreich sein!
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