Was Hai Japan

mit China oder

Die vorwärts drängende Macht Japans gegenüber dem überlegenen chinesischen Lächeln der Ergebung

Ganz Asien steht im Zeichen politischer Gärung und das uralte China mit seiner vieltausendjährigen Kultur ist schweren Er­schütterungen ausgesetzt. China, das Reich der Mitte, muß sich entscheiden, ob es die inneren Kämpfe machtlüsterner Generale weiterhin duldet oder ob es die Fähigkeit innerer Sammlung hat. um dem vorwärts drängenden Japan Einhalt zu gebieten. Wir berichteten in diesen Tagen, daß zwei mäch­tige südchinesische Provinzen gegen die Zen­tralregierung in Nanking die Mobilisierung angeordnet haben und daß in diesen Provin­zen eine japanfeindliche Stimmung herrsche. Das veranlaßte Japan, seine Garnisonen in Nordchina zu verstärken.

Diese Vorgänge lenkten das weltpolitische Interesse wieder aus die grundsätzliche Frage im Fernen Osten, die lautet: wann wird Japan das vielseitige chinesische Reich schlucken" oder welche Methoden wird Japan anwenden, um seine Macht über China aufzurichten? Dieses Problem, das sür die gesamte weltpolitische Gestaltung von ausschlaggebender Entscheidung ist und das auch Europa, vor allem England, aufs höchste beherrscht, wird in dem nachstehenden Aufsatz, der aus der Feder der amerikanischen Schriftstellerin Pearl Buck stammt, ein­gehend und mit großer Sachkenntnis erläu­tert. Pearl Buck lebte mit ihren Eltern mit kurzen Unterbrechungen in China und ist da­her mit dem chinesischen Volk auss innigste vertraut.

Zuvor geben wir dem Leser an, wie die Größenverhältnisse der beiden Reiche im Osten sich gegenwärtig zueinander ver­alten: Japan umfaßt heute mit seinen ußenbesitzungen 678 867 Quadratkilometer mit einer Einwohnerzahl von rund 90 Mil­lionen, China weist eine Bevölkerungszahl von 440 Millionen aus und hat einen Ge- bietsumsana von 7 128 000 Quadratkilometer. Die Einwohnerzahl Chinas ist also fünfmal und gebietsmäßig nahezu elfmal größer. Und nun geben wir der amerikanischen Schriftstellerin Buck das Wort. Sie schreibt:

China gegen Japan

Was Japan mit China vorhat, geht seiner allmählichen Verwirklichung entgegen. Auf dem Papier war der Plan schon längst fer­tig, und Schritt für Schritt ist er weiter­geführt worden durch die Einverleibung K o- reas, die Einverleibung der Mandschu­rei, die in einer langen Reihe von Jahren im stillen erfolgte Ucbernahme der beherr­schenden Stellung an verschiedenen strate­gischen Punkten Chinas und jetzt die offene und kühne Ankündigung einer Ausdehnungs- Politik. die, wie die Japaner zur eigenen Verteidigung sagen, derjenigen Englands in früheren Jahren nachgebildet ist. Die heute zu stellende Frage lautet nicht mehr: Wird Japan seine Drohung aussüh- ren und dieHerrschast überNord- china an sich reißen und seinen Ein­fluß so ausdehnen, daß er sich über ganz China erstreckt? Tenn hiermit hat Japan bereits begonnen. Es ist eine Tatsache und kann bei der gegenwärtigen Weltlage nur als eine Tatsache hingenommen werden. Es bleibt jetzt nur die Frage, wie die Chinesen auf lange Sicht davon betroffen werden.

Chinas Gegenkräfte Masse und Trägheitsmoment

Denjenigen, die die Pläne Japans Jahre hindurch genau verfolgt haben, ist es klar, daß die Chinesen jetzt nichts von entscheiden­der Bedeutung tun werden. Sie befinden sich in der Lage des Elefanten, der von einer Boa constrictor langsam immer mehr um­klammert wird. Das Endergebnis hängt ganz von der relativen Kraft und Ausdauer der Boa und des Elefanten ab. und letztlich davon, ob die Boa wirklich den Elefanten verschlingen kann. Seit einigen Jahren trö­sten sich Chinesen, die mit Unbehagen diese mnstrickungen gewahr werden, damit, daß MasseundUmsang allein China in der Vergangenheit vor seinen Feinden gerettet haben und es wieder tun werden. Die Philo­sophie des Chinesen ermöglicht es ihm. zu sagen, daß es aus ihn als einzelnen nicht ankomme, daß es überhaupt nicht aus einen einzelnen ankomme, und daß sich schließlich die Japaner, wie die Mongolen und die Mandschu, in dem unermeßlichen Gewimmel der Chinesen verlieren werden. Als japa­nische Truppen Tientsin bedrohten, äußerte solch ein chinesischer Philosoph mir gegen­über frohen Mutes:Wenn die ganze japa­nische Bevölkerung in China einmarschierte, würde sie sich in wenigen Tagen verlieren. Wir würden nicht einmal merken, daß sie da

Diese Art Philosophie ist indessen nur zum Teil beruhigend. China ist nie von einer modernen Nation angegriffen worden, und Philosophie mag in der jetzigen Zeit nicht genügen. Es ist jedenfalls zweifelhaft, o b Masse und Trägheitsmoment ausreichen werden, wie gewaltig sie auch immer sein mögen. Auf Formosa hat Japan, wie Edgar Snow gezeigt hat besorgniserregende Fortschritte in der Japa- nisierung der chinesischen Bevölkerung ge­macht.

Japans überlegene Verwaltungstechnik

Man muß sich darüber klar sein, daß die japanische Gefahr für die Zukunft Chinas nicht so sehr in überlegenen Feuerwaffen liegt, als vielmehr in der überlegenen Technik moderner Verwaltung. Japan weiß, welche Stärke für den Eroberer darin liegt, die Jugend zu unterrichten, Straßen und Ackerbau zu vervollkommnen, den Massen wirtschaftliche Entwicklung zu bringen, sowie das zu bewahren, was an der einheimischen Kultur des Besiegten wertvoll ist. und rücksichtslos das zu verbieten, was nicht wertoll ist. Japan ist jener Imperia­list. dem am schwersten Widerstand zu leisten ist, weil er in mannigfaltiger Hinsicht den­jenigen. die seiner Herrschaft unterstehen, Nutzen bringt. Es besteht kein Zweifel, daß, wenn Japan in China die Macht er greift, die Bevölkerung materiel­len Vorteil davon haben wird. Alle jene Dinge, die das gemeine Volk von seinen Herrschern hätte bekommen sollen, aber nicht bekommen hat, seien sie nun Imperialisten, Nationalisten oder Kommunisten, werden ihm die Japaner zweifellos geben. Straßen werden gebaut werden, der Handel wird sich entwickeln, den Hungersnöten wird ein Ende

erfolgen. Vor allem aber wird endlich in China Hygiene er- zwungen werden.

Trachom, Tuberku­lose. Malaria. Ha- kenwurmkrankheit.all die zahllosen Seu­chen Chinas werden ausgerottet werden.

Japans Kanonen kann China keinen Widerstand leisten

Es kommt auf fol­gendes heraus: Chi­na kann Japan auf dem Felde des Krie­ges nicht widerste­hen, denn seine Aus­rüstung besteht ein­zig und allein aus einer ungeheuren Menge Kanonenfut­ter in Gestalt unaus- gebildeter Männer.

Der chinesische Phi­losoph prahlte auch zu seiner eigenenAuf- munterung und zur Beruhigung seiner Besorgnisse:Wir ha­ben Menschen genug, um die japanischen Kugeln ein Jahrhun- derj lang aufzuhal­ten." Aber er wußte nichts von Bomben und Gas und Gift­chemikalien. Japan kann, wenn es dazu gezwungen ist, selbst die Millionen Chinas aufreiben. Aber als

kluger Imperialist wird es das nicht tun, wenn es nicht dazu gezwungen wird, d. h-, wenn China nicht Widerstand leistet.

Und es ist jetzt, fürchte ich, fürChinazu spät,Wider st andzulei st en. Die Zeit zum Widerstande war vor zwanzig, fünfzehn, zehn, fünf Jahren. Heute protestiert die Stimme Englands, und obgleich Chinas so­genannter Freund, die Vereinigten' Staaten, seinen Protest Japan höflich unterbreitet hat, ist es augenscheinlich, daß die amerikanische Politik gegen verstrickende ausländische Bund nisse, das Erbe eines klugen und praktischen ersten Präsidenten, auch auf den Orient An

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bereitet werden, die Landwirtschaft wird sich heben, es wird eine geordnete, wenn auch bürokratische Verwaltungsform kommen, das Räuberunwesen wird verschwinden. Eisen­bahnen werden das Land durchziehen, und Fabriken werden gebaut werden. China wird zu materiellem Wohlstand gelangen. Japan wird aus selbstsüchti- gen Gründen durch seine erstaunliche Geduld, seinen zähen Fleiß und seine beispiellose Charakterstärke vollbringen können, was keine andere Macht aus irgendeinem Grunde zu tun vermochte oder zu tun willens war, und was China bestimmt nicht sür sich getan hat.

Auch wird der Fortschritt nicht nur mate- rteller Natur sein. Zum ersten Male wird ein durchdachter Verstoß gegen das unge- heure Analphabetentum in China

Lblnss Cesielit lAus dem BuchIm Sattel durch Mandlchukuo" v. R. Lind»

lution zusammenschließen und sich ihres Landes bemächtigen und es retten werden. Ein junger Chinese sagte in den Tagen, als Japan. Schanghai angriss:Ich bete, daß sie nicht zu früh aufhören werden, uns anzugreifen. Ich hoffe, es wird kein Friede geschlossen werden! Wenn nur der Terror und der Einmarsch fort- dauern, werden sie uns zum geistigen Erwachen und zur Einigung treiben." Sein Gebet wurde nicht erhört. Eine Art Friede wurde zusam­mengeflickt, denn Japan sah, daß es zu früh gekommen war. Und der erwachende Patriotis­mus, der Protest und der edle Zorn erstarben, und das Volk verfiel wieder in das planlose Leben oon einem Tag zum andern.

Und doch glaube ich noch, daß China die Oberhand behalten kann. Es kann sein, daß eben diese Gelassenheit, die Gleich­gültigkeit zu sein scheint, nur eine andere Be­kundung der wirklichen Kraft Chinas, sich zu behaupten, ist, ein anderer Beweis, daß es nicht endgültig erobert werden kann, und wenn dieser Glaube zum Teil auf Jnst-nkt und viel­leicht sogar auf einem Wunsch beruht, so be­ruht er doch auch auf Ueberlegung.

Denn ein Volk kann nicht Jahrhunderte hindurch bestehen, wie es bei den Chinesen der Fall ist, außer wenn es eine Philosophie aufbaut,' die es mit einer Atmosphäre umgibt, in der sein Leben ungeachtet der sich verändern­den Welt weitergehen kann. Und die Chinesen haben eine solche Philosophie, die so umfassend, so weise ist, so voll Begreifens für das Welt­ganze und die Nichtigkeit des Einzellebens eines Menschen oder eines Volkes, daß die kleinen Geschehnisse der Stunde zugleich be­deutungsvoll für Genießen oder Erdulden und bedeutungslos für Kummer, Verdruß oder Erregung sind. Und in solch weitgreifender Philosophie sind auch Krieg und Besiegung Geschehnisse der Stunde. In dieser Weite wird möglicherweise eines Tages selbst das Fieber des japanischen Ehrgeizes zum Erlöschen be­stimmt sein, wie heiß es im Augenblick auch brennen mag.

Welche Philosophie wird siegen?

Die letzte Frage zwischen den beiden Völ­kern ist schließlich weder eine Frage der Waf­fen, noch der Bevölkerung, noch moderner Er^ runaenschaften. Es ist vielmehr die Frage, welche Philosophie am längsten durchhalten wird: die ruhige, humor­volle, kosmische Philosophie Chinas oder die verwegene, engherzige, nüchterne Philosophie Japans. Was den einzelnen betrifft, so ist es sicher der Chinese, der das Leben durchhält, Willens, es hinzunehmen, wie es kommt, wil­lens, kleine Alltaasfreuden zu genießen, wenn kein großes Glück zu haben ist, willens, mit Spott und leichtem Sinn Fehlschläge zu be­lächeln und Erfolge hinzunehmen, der den Tod bis zum letzten unerbittlichen Augenblick auf­schiebt und das Leben selber für besser hält als Ehre oder Streben oder Patriotismus. Der Japaner aber nimmt sich das Leben, wenn sein Ehrgeiz nicht Erfüllung findet. Es ist sein Stolz, das zu tun. Seine Philosophie ist nicht umfassend genug, die Durchkreuzung der Wünsche in sich einzuschließen.

Was Japan daher zu besiegen hat, wenn es China wirklich erobern will, ist diese Philo­sophie vom ewigen Wert deS Lebens, so daß jede Anpassung sieb um deS Lebens willen der Mühe lohnt. Uno Japan kann diese Philosophie, diese schlaue, zähe, hei­tere, schalkhafte Lebensentschlossenheit, nur durch eine überlegene Philosophie überwinden. Und die besitzt es nicht. Es hat in seinem eigenen Wesen nichts, das sich mit ihr messen, es ihr gleichtun oder ihrer Herr werden könnte.

4 g p s r, - Cebietsumksng: 678 867 (Zusärstkilometer. kUowoverrnbl', 90 Kkilliolleo.

6 t» l a a: Cebietsuiiiksnz: 7 128 000 (Zuaärstkiloinoter. kllii'voknerrakl 4t0 dlilliooea.

Wendung finden soll. Man muß jetzt damit rechnen, daß wir uns möglicherweise einer Zu­kunft von vierhundert Millionen mehr Java­nern gegenübersehen werden, als dies heute der Fall ist oder wenigstens japanisierten Chinesen.

Chinas Hoffnung: Geistige Aevolulion Und doch ist noch Hoffnung. Auf mate­riellem Gebiet wird Japan bestimmt über China siegen; auch auf intellek- tuellem Gebiet mag es erobern. Aber es besteht eine Hoffnung geistiger Art, selbst jetzt, zu dieser späten Stunde. Es besteht eine Möglichkeit, daß die überwältigende und düstere Drohung Japans den noch in China vorhandenen Geist in einem Brennpunkt sam- melt, und daß junge Männer und Frauen sich zu einer verrweifeltenneuenRevo-