Ludwigsburg 18. Mai. In den Tagen vom 4.-7. Juni wird hier der mit einer Fachausstellung verbundene 22. Verbandstag der Wirte Württembergs abgehalten. Die reichhaltige Tagesordnung sieht u. a. vor: Bericht über das Ergebnis der Interpellationen der Kandidaten für die Landtagswahl über ihre Haltung zur Frage der Abschaffung des Umgeldes und der Bekanntgabe der neuen Eingabe in dieser Sache, Referent Gürndörfer, der Flaschenbierhandel und seine schädigende Wirkung für das Wirtsgewerbe, Referent Schramm, das Schätzungsverfahren bei der Einkommensteuer gegenüber den Wirten, Redakteur Wilhelm, Bericht über die Lage der Ruhezeitverordnung von Emil Maier, schließlich verschiedene Anträge. Die Verhandlungen finden am 5. Juni im Bahnhotel statt, abends ist Festball. Der 6. Juni ist ausschließlich der Geselligkeit gewidmet, wofür der hiesige Wirtsverein ein umfangreiches Programm aufgestellt hat.
Tübingen 17. Mai. An dem Bau der Bahn Tübingen-Herrenberg wird von letzter Seite gegen Tübingen emsig gearbeitet. Das 4. Baulos — die Strecke Hardtwald-Altingen-Gültstein — wird jetzt mit einem Baukapital von 156 580 ^ vergeben. Auf Tübinger Markung werden gegenwärtig die Grunderwerbungen vorgenommen.
Antwerpen 18. Mai. In der vergangenen Nacht brach an Bord des Dampfers „Montevideo", der morgen nach Buenos Ayres abgehen sollte, eine Feuersbrunst aus. Nach mehrstündiger angestrengter Tätigkeit gelang es, des Feuers Herr zu werden. An Bord des Dampfers befanden sich etwa 6000 Tonnen Waren, von denen ein Teil vernichtet beziehungsweise beschädigt wurde. Der genaue Schaden ist noch nicht festgestellt. Das Schiff wurde ins Trockendock gebracht.
Zürich 18. Mai. Tatania Leontiew, die den Pariser Rentier Müller erschoß, den sie für den ruffischen Minister Durnowo hielt, wurde wegen Ausbruch von Wahnsinn aus dem Zuchthause zu Lenzburg in die bernische Irrenanstalt Münfingen überführt.
London 18. Mai. Der „Daily Telegraph" meldet aus Petersburg, daß die Untersuchung genügend Beweise der Existenz der gemeldeten Verschwörung gegen das Leben des Zaren und auch gegen das des Großfürsten Nikolaus und den Ministerpräsidenten Stolypin geliefert hat. Die Verschwörer hatten weitgehende Pläne ausgearbeitet. Zuerst sollte ein Kosak der Leibgarde versuchen, den Zaren mit einem Dolch zu töten. Für den Fall, daß ihm dies nicht gelingen sollte, sollten andere Kosaken der Leibgarde in das kaiserliche Schloß dringen und ein Bombenattentat gegen den Zaren versuchen. Für den Fall, daß auch dieser Versuch mißlänge, sollte eine Milchfrau, welche auf ihrem Rundgange den Zaren öfters sah, eine Bombe gegen den Kaiser werfen. Außer
dem hatten die Verschwörer Vorbereitungen getroffen, den Sonderzug des Zaren auf der Eisenbahn zwischen Zarskoje Selo und Peterhof, wohin sich der Zar demnächst begibt, in die Luft zu sprengen.
Petersburg 18. Mai. Das Interesse der gestrigen Duma konzentrierte sich auf die Volkrschulfrage, über die nicht weniger als 70 Redner zu sprechen verlangten. Als der Abgeordnete Chaffanow (Muhamedaner) das Elend der Elementarbildung im Kaukasus und in der Krim schilderte und dafür die Worte gebrauchte: Das sind die Früchte des höchstherrlichen Regiments, ertönte von den Reihen der Rechten der Ruf: Hinaus mit dem Lumpen, fort, genug, Mund halten. Trotz des Einschreitens des Präsidenten und des von ihm der Rechten erteilten Ordnungsrufes, erhob sich Purischkewitsch und zwei andere Mitglieder der Rechten fast drohend gegen den Redner. Es entstand ein wüster Lärm, worauf der Präsident die genannten drei Mitglieder der Rechten wegen Ruhestörung von der Sitzung ausschloß. Da Purischkewitsch diese neue Maßregelung mißfiel, so fügte er sich einfach nicht, worauf das Haus auf Beschluß des Präsidenten des Golowin unter wachsender Aufregung die Ausschließung Pnrischkewitsch's von 15 Sitzungen beschloß. Als der Gemaßregelte sich auch jetzt noch nicht entfernte, drohte ihm der Präsident, er werde ihn mit Gewalt entfernen lassen, schloß aber zur Vermeidung eines größeren Skandals die Sitzung eine halbe Stunde vor dem üblichen Schluß. Beim Verlassen der Duma erklärte Purischkewitsch, Golowin und die Duma hätten ihn mißverstanden. Er werde dem Präsidenten seine Sekundanten zuschicken, damit er sich benehmen lerne.
Petersburg 18. Mai. Die skandalöse Affäre des Ministergehilfen Gur ko beschäftigte gestern das erste Departements des Reichsrats. Die Schuld Gurkor besteht in der Ueberschreitung der Amtsgewalt. Er übertrug die Getreidelieferung für das Hungergebiet in Höhe von 10 Millionen Pud Getreide dem unfähigen Lieferanten Lidwal und ließ ihm 800000 Rubel im Voraus auszahlen ohne vorherige Beratung mit der Verpflegungskommission, während reelle Firmen ohne Anspruch auf Vorausbezahlung die Lieferung nicht erhielten. Das erste Departement des Reichsrats fand einstimmig Gurko schuldig. Das Urteil lautete: Gurko ist dem Gericht zu übergeben und zwar dem Kriminal- und Cassations-Departement des Senats mit vorhergehender völliger Ausschließung vom Dienst. Das Ministerium des Innern verlangt von Lidwal wegen vollkommen ungenügender Lieferungsfähigkeit die Rückzahlung von 350 000 Rubel von den erhaltenen 800000 Rubel.
Petersburg 20. Mai. Unweit der Station Musajowo wurde ein Eisenbahnzug, der 200000 Rubel zur Auszahlung der Eisenbahnarbeiter transportierte, von Räubern über
fallen. Diese wurden jedoch von den den Zug begleitenden Militärpersonen durch Gewehrschüsse vertrieben.
— In Warschau wurde das Bureau der Staatsbahnen von 20 Bewaffneten überfallen, die 10000 Rubel raubten und entkamen, nachdem sie zwei Wachsoldaten und zwei Personen aus dem Publikum getötet und 4 Wachsoldaten und 6 Personen aus dem Publikum verwundet hatten. — In Lodz überfielen 3 0 Banditen in der Laonkowa- Straße einen Postwagen, töteten 2 und verwundeten 4 Mann der Besatzung und raubten 2000 Rubel. Die Räuber entkamen. Militär untersuchte die benachbarten Häuser, darunter die Fabrik von Kuttow und feuerte auf die in den Fabriksälen tätigen Arbeiter, von denen 21 getötet, 40 verwundet worden sind. Auch der Direktor der Fabrik wurde getötet. — In Smolensk drangen Studenten in den Examensaal des geistlichen Seminars ein, um die Examina zu unterbrechen. Sie gaben Revolverschüsse ab und warfen eine Bombe. Truppen umstellten das Gebäude.
Lodz 18. Mai. Die gestern beim Ueber- fall auf den Postwagen geraubten Postsäcke sind von der Polizei in einem Quartier, dessen Bewohner politisch verdächtig sind, aufgefunden worden. Die Bewohner des Quartiers, die wahrscheinlich von Genossen gewarnt worden waren, hatten vor Ankunft der Polizei das Weite gesucht. 3 verdächtige Hausbewohner wurden verhaftet. Der Betrag der geraubten Wechsel wird auf gegen 288 000 Rubel an- gegeben.
Wie verbessere ich am besten und am schnellsten den Kaden meines Gartens?
Preis arbeit aus dem Praktischen Ratgeber im Obst- und Gartenbau Frankfurt a. Oder, von Franz D e h l i n g—Burgstädt.
Vor 19 Jahren kaufte ich hier als kranker Mann eine Baustelle von etwa 33 m Straßenfront bet 23 m Tiefe. An die Straße baute ich ein Häuschen so groß, daß mir rund 700 Quadratmeter Garten blieben. Dieser Garten bestand zu (/» aus Kartoffelland, das ein armer Teufel aus der Nachbarschaft pachtweise bewirtschaftet hatte, die übrigen 2/z waren alte Grasfläche, unter welcher eine Anzahl mit Schutt und Kiesgerölle ausgefüllte ehemalige Lohgruben ruhten.
Da ich damals schwer nervenleidend war, so glaubten sich auch andere Leute an die Stirn tippen zu müssen ob der wunderbaren Idee, daß ich gerade auf dieses ganz vernachlässigte, abschüssige Stückchen Grund und Boden bauen wolle. Daß aber die Lage sonst eine sehr ruhige und wegen der in den Nachbargärten vorhandenen hohen Bäume recht idyllisch war, das übersahen sie vorläufig.
Im Spätherbst war das Häuschen fertig, mehrere mächtige Haufen rohen Lehmbodens, die sich beim Ausgraben des Hausgrundes ergeben hatten, erhöhten noch das wüste Aussehen des Gartenbildes.
ermahnen. Springe über so viele Mauern in Plouvenec als du magst, gerate meinetwegen alle Tage in Zorn, aber hilf mir da, wo ich deine Hilfe gebrauche. Hilf mir, Guenn!"
Wie elektrisiert fuhr das Mädchen auf; dieser Ton machte sie vor Freuden erbeben.
„Nur du kannst mir helfen, niemand sonst. Siehst du, ich spreche ganz offen mit dir, weil ich dich für ein vernünftiges Mädchen halte. Ich sagte dir schon früher einmal, daß ich nur für meine Kunst lebe, für sie ganz allein! Ihr würde ich alles zum Opfer bringen, nichts wäre mir zu groß, nichts zu kostbar! Du wirst das kaum ganz verstehen, aber vielleicht begreifst du mich doch, wenn ich dir sage, daß es für mich eine Lebensfrage ist, das Bild zu malen, das mir vorschwebt — mein großes Bild — dein Bild, Guenn!"
Guenn stand neben ihm, mit stockendem Atem und leidenschaftlich erregtem Gemüt. Sie sollte ihm helfen, sie! Nicht mehr als bloßes Werkzeug, wie sein Pinsel und wie die Leinwand, sondern mit Einsicht» mit Verstand, mit ihrem eigensten Selbst. Er hatte sie ja soeben darum gebeten!
„Wenn Du überlaunig bist, Scenen machst und blaß wirst," fuhr er eindringlich fort, „so kannst Du mir keine Hilfe sein. Ich hasse alle Scenen und ihr Frauen führt sie mit Vorliebe dann auf, wenn ein Mann recht überarbeitet und abgespannt ist. Auch gestern hast Du mir eine Scene gemacht und mich in meinem besten Gedankengang gestört. Tue es nicht wieder, Guenn!" Guenn wollte in den Boden sinken vor Scham und Reue. — „Natürlich muß ich einmal diesen Ort verlassen; hast Du wirklich gedacht, ich könnte auf immer hier bleiben? Aber jetzt gehe ich noch nicht» — noch lange nicht." In den Zügen des Mädchens spiegelte
sich das reinste Entzücken bei diesen Worten. „Warum solltest Du mir nicht helfen, so lange ich noch hier bin, mir eine gute Freundin sein und tun, was in Deiner Macht steht, für mich und das worauf es mir allein ankommt? Warum mir nicht hochherzig als Genossin zur Seite stehen und mich bei der Vollendung meines besten Werkes unterstützen? Und wenn ich dann fern bin — siehst Du — es hängt ja nicht von mir ab, ob ich meinen Aufenthalt hier ins Unendliche ausdehnen will — dann könntest Du Dir sagen: ich habe ihm geholfen, — ich war seine Freundin. Sieh Guenn, wenn Du blaß und eifersüchtig bist, ist alle meine Mühe umsonst. Ich brauche Deine Schönheit, nicht Deine kindischen Launen, die sie gar leicht zerstören können. Gerechter Himmel, Kind, kannst Du denn gar nicht begreifen, wie der Maler an seinem Bilde hängt? Kannst Du nicht Teil nehmen an meinem großen Gedanken und Dich über alles Kleinliche und Niedrige erheben, das Deine Seele herabzieht? Nicht wahr, Du verstehst mich und wirst Dir's überlegen? Ich habe ganz offen und ehrlich zu Dir geredet."
Freilich wohl — aber er hätte nicht nötig gehabt mit dieser vollen, wohltönenden Stimme zu sprechen, er hätte ihr nicht in die Augen zu blicken brauchen, gleich einem Liebenden! —
„Du bist schön, Guenn: bleibe schön für mich!" flehten die weichen, verführerischen Laute.
O, über die Wonne dieses Augenblicks! Ihre Schönheit hoch gepriesen zu hören von dem Manne, der ihres Herzens Abgott war. Die Schönheit, die sie bis jetzt als einen so gleichgültigen, selbstverständlichen Besitz angesehen, war in seinen Augen, eine wertvolle Mitgift. Sie konnte ihm helfen, sie ganz allein! (Forts, folgt.)