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Dieses Lal mit seinen Naben
In dem märzlich klaren Grund.
Wo wir einst als kleine Knaben
Spielten unterm Himmelsrund.
Diese wohlbekannten Glocken
Und die Stimmen dort am Wehr.
Die wie halbe Lieder locken.
Sind mir keine Heimat mehr.
Lange bin ich fortgewesen.
Lange war ich auf der Fahrt.
Viel gegrübelt und gelesen
Habe ich um Kaisers Bart.
Statt das Haus in Gold zu fassen.
Worin meine Wiege stand.
Habe ich es stolz verlassen . . .
Nun steht's kühl und fremd im Land.
Wilhelm Schüssen
Der: Lr-e AäLH)
Eine wahre Geschichte vom jungen Beethoven Von Gustav Halm „Laßt den Vogel aus dem Käfig, sag' ich!" schrie der junge Mensch im braunen Schoßrock wild und hieb mit der Faust aus den Tisch, daß von vier Gläsern gleich zweie umstürzten und ihren Inhalt über die Tischplatte ergossen. — „Schämt Euch. Kantor, es ist wider Gottes Gesetz und die Freiheit der Kreatur, daß Ihr ihn eingesperrt haltet! Also. — wollt Ihr oder wollt Ihr nicht?"
„Ich will nicht. Ludwig", sagte der ältere begütigend, und die beiden anderen. Dorflehrer aus nahen Orten, lachten dazu. — „Ich hör' ihn gar.zu gern singen, den Hansel. Oft. wenn ich in Sankt Pantaleon an der Orgel sitze und mir so recht kein Uebergang zur neuen Strophe einfällt, denk' ich bloß au seine Triller und Passagen, die spiel' ich dann bin ich gerettet. — Nein. nein, der Hansel ist ganz vergnügt in seinem Bauer."
„Jetzt redet Ihr wie ein Kerkermeister. Kantor." sagte der andere. — „Und die Unwahrheit obendrein! Tenn wie sollt' einer singen, der gefangen ist?" — Er stützte die breite Stirn in beide Hände und sann eine kurze Weile, dann brach er wieder los: „Geht's denn mir anders? Daheim ist alles so kahl und eng, die Decke hängt bis tief in die Stuben, erdrückt einen schier. — und ist kein Winkel, keine Ecke da. sich allein zu halten. von dem Schmutz fern, den der Vater ins Haus trägt. — Und ist's draußen besser? Ist nicht ganz Bonn ein Gefängnis? — Kapellenorganist des Kurfürsten! wie das so klingt! Was die Leute wohl sich vorstellen mögen, wenn sie's hören!? — Aber hol's der Teufel, wenn ich das Gebrumm und Geheul zu andrer Pläsier noch länger mitmach'! Wenn Ihr nicht wäret. Kantor ... I Wenn Euer Unkel nicht war', nicht die weite, mächtige Sturmluft den Rhein entlang, die Berge nicht, die Wellen nicht, nicht der Nudertakt in dem Wasser, der wie eine Musik mit weiten Läufen und ewigem Rhythmus ist. — das hielt' ich nicht aus. bas Hundeleben in solcher Misere hier! — Aber — was ist denn das? — Nun singt er doch?"
Wirklich war über der polternden Rede des jungen Menschen, seinen Schlägen ans den Tisch und dem Klingen der Gläser der Vogel ausgewacht und begann ein schmetterndes Lied. Verwundert horchte der Sprecher ihm: wie verzückt starrte er durch die Gitterstäbe auf die wogende, bunte Vogelbrust, aus die vibrierende Kehle, der der lichte' quirlende Ton entquoll.
„Siehst du", lächelte der Kantor, „ich sag' dir's. Ludwig. — in weni was drin ist der bringt's an's Licht, ob ihn zehn Kerkerwände hielten! Denn den Körper sperrst du wohl ein. aber nicht den Geist, nicht die heilige Kunst! — Und daranf trinken wir einen mit unserm göttlichen Unkeler Funkelerl"
Sie leerten noch manches Glas und gerieten allgemach in die übermütigste Stimmung der Welt. Aber aus einmal fiel eines der Gläser klirrend zu Boden und zerbrach. Lachend sahen die drei anderen, daß der junge Mann am Tisch? eingeschlafen war.
„Still, Freunde", flüsterte der Kantor, „der junge Beethoven schläft. Ich Hab' einen Plan mit ihm! — Ihr habt da eben gehört, wie er für die neumodische Freiheit schwärmt und mich einen Kerkermeister schilt. Jetzt hört Zw — Ich Hab' den Schlüssel zum alten Gefängnisturm in Bewahr. Ihr kennt ihn. es ist der runde Turm mit dem spitzen Schieferhelm: früher sperrten sie die Gefangenen hinein. eh' sie oben auf dem Stux einen Kopf kürzer gemacht wurden. Aber die Zeiten sind
vorbei, gottlob. — Jetzt faßt mit an. — wir tragen den Jungen hinein. — wenn er auswacht. kann er doch sagen, daß er auch einmal im Käsig gesessen hat. wie mein Zeisig hier!"
Gesagt, getan. Ihrer drei trugen und schleppten sie, selbst nicht mehr so recht lest aus den Beinen, den jungen Ludwig van Beethoven aus dem Kantorhause heraus, quer über die Gasse und in das enge Verlies im Turm. Mit schwerem Schlag siel die Tür ins Schloß. Ein wenig wankend und unsicher traten die beiden Lehrer ihren von freundlichem Mond beschienenen Heimweg an. Der Kantor aber torkelte in sein Stübchen zurück und taumelte in den Kleidern auf's Bett. Nicht lange, so schlief er fest und traumlos. und er wurde erst wach, als sein Zeisig mit lautem Schmettern die Mittagssonne begrüßte.
Der Kantor sprang aus dem Bette, sah verwundert, daß er in voller Kleidung war. betrachtete nachdenklich die Unordnung umher. Flaschen. Gläser und Scherben, — dann versorgte er liebevoll den bunten Zeisig, der munter nach seinem Finger pickte. — „Und dich sollt' ich von mir tun?" sagte er und
Eilend lies der Kantor über die Gasse und übersann blitzschnell alle die Ausreden und Entschuldigungen, die ihm etwa zu Gebote standen. Aengstlich drehte er den Schlüssel im Schloß und trat ein wenig beiseite, dem ersten Sturm auszuweichen. — aber nichts regte sich. — „Er schläft wohl noch", sagte er bei sich und trat in das Mauerverlies. Aber da sah er seinen Gefangenen aus einer Schütte Stroh kauern und mit einer Tonscherbe etwas in die Wand eingraben. „Stört mich nicht. Kantor!" ries er kurz, „gleich bin ich so weit!" — Gern benutzte der Kantor die Gelegenheit, nach Hause zu eilen und ein paar Tassen Kaffee auszubrühen. Nach einer Weile trat der junge Beethoven in sein Zim- mer. — „Endlich hatt' ich Muße, endlich ein paar ruhige Stunden", ries er schon in der Tür. — „die dank' ich Euch, lieber Freund! Seht's Euch an. was ich gemacht Hab' — Noten Hab' ich geschrieben. — .Adelaide' soll's heißen, und gleich brauch' ich Papier und Feder .es für mich zu kopieren! — Und habt Dank. — Ihr habt mich gelehrt: Man kann auch im Gefängnis singen! Man hat nur die Seele nötig dazu!"
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strich ihm zärtlich über das Köpfchen.
aber, — mein Gott—. wie ist mir? — Hab' ich nicht noch einen Zeisig im Käfig? — Himmel ja. — schier hält' ich ihn vergessen, und er möchte vor Wut und Zorn von Verstände kommen! — Nur flink die Schlüssel! — Nikolaus. Nikolaus, nun sei aus ein Donnerwetter gefaßt!"
l„Kunst und Leben"!
„Denn schließlich ist diese ganze Welt ein Gefängnis. Ludwig", sagte der Kantor, — „wir sitzen zwischen seinen Wänden und kommen nicht heraus!" —
Leider hat ein wohlweiser Magistrat Beethovens erste Niederschrift der „Adelaide" im Unkeler Turm in späteren Jahren übertünchen oder gar abschlagen lassen!
AiEancks 7t). HeKttirtLtaH)
Die ^Listige Hesc/iic/ite -eines ÄeLt^eciic/ites
Von tlnns
Das war noch unter dem alten König und geschah in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts irgendwo zwischen Neckar und Donau, zwischen Nottweil und Bopfingen.
Ta war noch gut sein aus der Welt, besonders. wenn man in den Schuhen des Rößleswirts von Seckachhausen stand, der das erste Gasthaus im Städtchen sein eigen nannte und sich des fleißigen Zuspruchs der Einheimischen und auch der Fremden, die ins Städtlein kamen, zu erfreuen hatte. War kein Wunder, man bekam sein Sach recht, das Essen und das Trinken, und wurde nicht übernommen, und wenn die Bürger beim Feierabendschoppen um den runden eichenen Stammtisch, der in der Mitte der Gaststube stand, hernmsaßen, fühlten sie sich in ihrem
Dasein um ein ganzes Stockwerk gehoben. Wohlgefällig stand dann der dicke Rößleswirt hinter dem Schenktisch, trank ein Viertel von seinem Prälatenwein, gab der Kellnerin gemessene Befehle und setzte sich dann und wann zu einem spärlichen, klugen Gespräch unter seine Gäste.
So waren eines Abends im kalten Märzen. da es bei gutem Bier oder einem Gläs- lein Wein oft so warm ist. Wirt und Gäste guter Tinge. Ter Herr Gasthos stand zufrieden hinter dem Schenktisch und bohrte tiefsinnig die Daumen in die Taschen der seidenglänzenden Weste, die seinen dicken Bauch umspannte. Seine Gäste hatten einen estrigen Diskurs. Es ging um große Dinge,
um die hohe Politik, um >-.„n u-nui und um den bösen Bismarck.
„Und ich sag'tz noch einmal!" riet der alle Kaufmann Fröschle der Anno ackilundvier- ztg vor dem strengen Oberamimann Siälste den Hut aut dem Kops behalten haue and sich dieser Mannesiat bis in sein Hobes Aller hinein rühmte ich iag's noch einmal ein Gewalthansel ist der Bismarck obenberans. wie es noch keinen gegeben hat. und wenn ich wieder ernen Hund zu lausen hätte .
Ta fuhren sie ihm zedoch ins Wort: ..He. he. man weiß ja schon auch ein bißle aber was zu arg ist ist zu arg." Nur wenige nickten ihm Beifall und der Schubmachermeister Gratus Gras sagte ruhig: „Kann schon lein, ein weltsmäßiger Tickkops ist er: aber so einen braucht man. um überzwerche Geschichten ins Blei zu bringen und soviel Köpf unter einen Hut."
„Freilich freilich," stimmten die meisten zu. - Meister Gratus galt etwas bei leinen Mitbürgern weil er trefflich das Wort zu führen wußte mündlich und schriftlich. Ter Stadtanzelger hatte schon Gedichte von ihm abgedruckt die von den meisten Seckachhäu- sern mit Respekt gelesen wurden und denen sogar der Herr Stadtpsarrer schon ein Wört- lein der Anerkennung gezollt hatte, und allgemein hieß es- .Ter Schuhmacher har einen guten Kopf: wenn der studiert hält' Plärrer oder so etwas wär' noch das mindeste, was aus ihm geworden."
Aber Fröschle war wie ein böser Hund in den Bismarck verbissen. „Und daß ich an seinem siebzigsten Geburtstag nächste Woche zum Fest ginge, das sollte mir gewiß nicht einsallen, oder eine Fahne hinaushängen — nein!"
„Nachbar, man kann auch testen ohne deine Fahne" sagte Meister Gratus ruhig.
„Jawohl, und von mir aus kannst du für den Bismarck das Maul lausen lassen wie eine Karsreitagrätsch oder gar ein Festgedicht machen — und solang wie eine Bußtagspredigt!" warf gereizt Fröschle ein.
„Warum denn nicht, wenn's sein müßte, schon", erwiderte gelassen der Meister und tat einen langsamen, aber ergiebigen Trunk.
Dagegen konnte Fröschle nichts einwenden; aber hastig griff er nach seinem Glas, um sich zum weiteren Kampfe zu stärken und Rede und Gegenrede wären sich in heißem Gefechtseifer gefolgt, wenn nicht plötzlich die Türe in weitem Bogen zurückgestogen und mit kurzen, lauten Spreiztritten ein nobel- gekleideter Fremder hereingekommen wäre, einen ansehnlichen Koffer in der Hand und einen goldenen Zwicker auf der Nase. Nachlässig ließ er die Türe ins Schloß fallen und schritt nun einem weißgedeckten Tische zu. der in einer Ecke der großen Wirtsstube stand, immer bereit, einen besseren Herrn zu empfangen.
Am Stammtisch hielten sie nun vorläufig Waffenruhe. Sie tranken schweigend aus ihren Schoppengläsern, saugten nachdrücklich an ihren Zigarren und Tabakspfeifen und musterten neugierig den Fremdling. Der Rößleswirt aber gab sich einen Ruck, zog Kragen und Krawatte zurecht und setzte sich in Marsch, die Wünsche des noblen Herrn in Empfang zu nehmen.
Der Fremde hatte seinen Koffer auf einen Stuhl neben den Tisch gestellt und Platz genommen. Er saß nur halb am Tisch, begann gleich mit den Fingern auf die Platte zu trommeln und blickte mit herausgezogenen Brauen ungeduldig dem herankommenden Wirt entgegen.
Der Rößleswirt war kein Eilwagen. Er kam langsam heran, machte einen wohlgelungenen Bückling, nicht zu tief und nicht zu gemessen, gerade recht, um zu zeigen, daß er wisse, was Lands Art und Sitte sei. und sich doch als Herr aus Eigenem und in Eigenem fühlte, sonderlich diesem Herrn gegenüber, der aussah wie ein Kommandierender General. Zurückhaltend, aber doch in verbindlichem Ton sagte er:, „Womit kann ich aufwarten?' Dabei stützte er sich mit beiden Händen aus eine Stuhllehne, wie um sich selbst vollends den nötigen Rückhalt zu geben.
„Ich möchte ein Nachtessen haben, aber bitte rasch, ich habe noch zu arbeiten!" sagte der Fremde und zog die llhr. „Also, bitte, was kann ich speisen?"
Das war dem Rößleswirt neu. daß man im Wirtshaus mit der llhr in der Hand lebte. Er setzte gemächlich den linken Fuß vor und nahm eine breite, behagliche Stellung ein. Hm bei ihm konnte man alles haben. Braten aller Art. als da sind: Schweinebraten, Kalbsbraten. Rostbraten. Schnitzel. Kotelett, denn der Nachbar war ein Metzger und konnte es mit dem Rößleswirt. Außerdem gab es Schinken. Büfssteck, Knöchle. Züngle, Nieren und Leber, samt Pfannkuchen und Spiegeleiern. — Herz, was willst du?
Ter Gast entschloß sich kurz für Schweine, braten.
^.Vielleicht Spätzle dazu?" fragte der Rößleswirt mit einer lässig freundlichen Bewegung des Kopses, als hätte er noch viele Trümpfe auszuspielen.
.Ach freilich, das ist ja die Volksspeise bei Ihnen", sagte-der Fremde und blickte gnädig nach dem Wirt hinüber. .Also gut", fügte er kurz bet.
.Und vielleicht möcht' der Herr noch ein Salätle?" fragte nun die Nößleswirtin. die inzwischen auch herbeigekommen war. um ihre Aufwartung zu machen.