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Amtsblatt für llas Oberamt Fleuenbürg
Nr. 89
Freitag den 17. April 1936
94. Jahrgang
Noch keine Entscheidung in Gens
Italien fordert unmittelbare Besprechungen mit Abessinien — Der VreizehnerauSschuk will
Verhandlungen ..im Nahmen des Völkerbundes"
Genf» 16. April.
Zwilchen Aloisi und dem Vorsitzenden des Dreizehnerausschusses, de Madariaga, hat am Dvnnerstagvormittag in Anwesenheit des Generalsekretärs des Völkerbundes eine neue Unterredung stattgefunden. die 20 Minuten dauerte. Ter italienische Vertreter legte den Standpunkt seiner Negierung dar, worüber Madariaga dem Treizehnerausschuß Bericht erstatten wird. Wie sofort verlautete, haben sich dabei Verhandluugsaussichten im ita- lienisch-abessinischen Streitfall nicht ergeben, da Aloisi die Bedingungen Italiens über die Ausnahme von Wassenstillstands- und Frie- densvcrhandlungen folgendermaßen zujam- mengesaßt hat:
1. Tie Zriedensverhandlungen müssen außerhalbvonGenf stattsinden (man spricht von Luchtz bei Lausanne); 2. die Verhandlungen finden n u r z w i s ch e n den beiden Beteiligten statt. Ter Völkerbund wird jedoch über deren Verlaus unterrichtet; 3. die Herbeiführung eines Waffenstillstandes ist eine militärische Frage und daher zwischen dem italienischen Oberbefehlshaber und dem Negus direkt zu regeln.
Aloisi soll erklärt haben, daß Italien über dieses Programm nicht weiter verhan- geln wolle, sondern es dem Treizehneraus- schuß überlasse, die Vorschläge entweder ab- zulehnen oder anznuehmeii.
TieHaltungItaliens hat hier große Verlegenheit hervorge- rufen. Tie Sitzung des Treizehnerausschusses, die um 16 Uhr beginnen sollte, ist ans 18 Uhr verschoben worden, damit die einzelnen Vertreter sich telephonisch mit ihren Regie- rungen in Verbindung setzen könnten.
Tas Bestreben der französischen Politik scheint im Augenblick dahin zu gehen, sich jeder Teilnahme an Maßnahmen im afrikanischen Streitfall zu enthalten, die zu einer Verschärfung der Lage in Europa führen könnten. Zugleich möchte man aber die Verantwortung für ein Ausbrechen aus der Linie der Völkerbimdsverpflichtungen London zuschieben, dem man die Absicht unterstellt. die Verantwortung sür eine etwaige Niederlage des Völkerbundes auf Frankreich abzuwälzen. Verschiedene Blätter glauben, daß diese Besorgnisse Gegenstand der gestrigen Beratung zwischen Sarraut. Flandin und Paul-Boncour gewesen seien.
Ter Dreizehner-Ansschnß hat sich nach zweistündigen Beratungen auf Freitag nachmittag 16 Nhr vertagt. Beschlüsse sind am Donnerstag nicht gefaßt worden.
In der amtlichen Mitteilung über die Donnerstagsitzuug des 13er-AnSschusses wird erklärt, der Ausschuß habe den Bericht seines Vorsitzenden über die Besprechungen mit der italienischen und der abessinischen Abordnung entgegengenommen. Der 13er-Ausschnß habe eS für zweckmäßig gehalten, daß der Vorsitzende und der Generalsekretär die abessinische Delegation über das Ergebnis der neuen Besprechungen, die sie am Donnerstag nachmittag mit der italienischen Delegation hatten, unterrichteten.
Diese Besprechung bezog sich aus die bereits von Panl-Boncour angeregte Abänderung einzelner Punkte des italienischen Programms. Der abessinische Vertreter beim Völkerbund hatte dieses Programm in einer am frühen Nachmittag überreichten Note mit aller Entschiedenheit abgelehnt, da es nach seiner Auffassung mit den Grundsätzen des Mlkerüiindspakt-es unvereinbar sei. Der Drei- zohner-Ausschuß glaubt mit der Möglichkeit rechnen zu können, daß die italienischen Bedingungen hinsichtlich der Beteiligung und der Unterrichtung der Völkerbundsorgane so abgeändert -werden, daß von Verhandlungen im „Rahmen des Völkerbundes" gesprochen werden könnte.
Am Freitag oder vielleicht auch in einer späteren Sitzung des Dreizehncr-Auoschusses soll bann, wie von englischer Seite erklärt wird, endgültig darüber Klarheit geschaffen werden, ob die Schlichtung als gescheitert zu betrachten sei. Außerdem soll in der Freitag-
Sitzung wiederum die Verwendung von Giftgasen durch italienische Truppen erörtert werden. Welche weiteren Folgerungen der 13er- Ausschnß aus der gegenwärtigen Lage ziehen wird, ist noch völlig ungewiß.
Englische Anleihe sür Abessinien?
London, 16. Llpril. Wie in Londoner Cith-Kreisen verlautet, soll die Regierung von Abessinien beabsichtigen, in den nächsten Tage» eine öffentliche Anleihe in Höhe von einer halben Million Pfund Sterling aufzunehmen. Wie es heißt, werden die Anleihestücke in England mit einem Bcgebungskurs von 65 zu einem Zinssatz von 6 Prozent an- geboten werden. Die Bank von Aethiopien werde die Anleihe in die Wege leiten. Der Zinsendienst soll durch eine Ehrenvcrpflich- tung des Kaisers von Abessinien garantiert werden.
Neue scharfe Angriffe des „Giornale d'Iialia" gegen England
Das halbamtliche „Giornale d'Italia" polemisiert am Donnerstag auf Grund des gestrigen ..TimeS"-Artikrls über die Verminderung ves italienischen Einflusses in Europa erneut lehr scharf gegen England. Es unterstellt England, daß dieses nicht die Wieder- anfrichtung des Friedens, sondern die Er- Weiterung des Krieges anstrebe. Ohne das unterstützende englische Eingreifen zugunsten des Negus wäre der abessinische Krieg vielleicht nicht autzgebrochen. gewiß wäre er aber honte schon beendet.
Das Blatt wirkt dann England vor. sich des italienischen Einflusses in Europa aus billige Weise entledigen zu wollen, um alleiniger Schiedsrichter zwischen Deutschland und Frankreich und damit Herr über den Kontinent zu bleiben. Daher habe Eden in
Lemberg, 16. April. In Lemberg ist es am Donnerstag zu außerordentlich schweren Zusammenstößen zwischen der Polizei und Mitgliedern der Arbeitergcwerkschaften gekommen. Die Unruhen entstanden bei der Beerdigung eines am Dienstag bei einer Ar- beitslosen-Kundgebung durch einen Polizeibeamten erschossenen Demonstranten.
Die Gewerkschaften versuchten, entgegen der Vereinbarung mit der Polizei, einen Demonstrationszug durch die Straße» zu veranstalten, die von der Behörde für den Aufmarsch nicht freigegeven worden waren. Die Polizei wurde daher eingesetzt, «m die Demonstranten zu zerstreuen. Dabei wurde sie von der Menge tätlich angegriffen und mußte schließlich von der Schußwaffe Gebrauch machen. Bisher sind 1« Tote und 6» Verwundete gemeldet. Eine amtliche Verlautbarung über die Zusammenstöße in Lemberg liegt noch nicht vor. Die Ruhe in Lemberg ist in den Abendstunde» wieder hkrgestellt worden.
lieber die schweren Zusammenstöße in Lemberg veröffentlicht die Polnische Telegra- phenagentnr eine amtliche Darstellung, in der es n. a. heißt:
„Am Donnerstag kam in Lemberg während der Beisetzung eines gewissen Wladislaw Kozak zu Zusammenstößen mit kommunistischen und anderen Elementen. Der aus Vertretern der Gewerkschaften bestehende Begräbnis-Ausschuß hatte im Einvernehmen mit den Behörden die Einzelheiten des Begräbnisses festgesetzt und gleichzeitig eine Zusicherung für die Anfrechterhaltung von Ruhe und Ordnung durch einen eigenen Sicherheitsdienst abgegeben. Leider wurden die Zusicherungen nicht eingehakten. Die Mehrzahl der Teilnehmer ließ sich Ausschreitungen zuschulden kommen, indem sie Schaufenster einschlng und in Läden eindrang. An einigen Stellen der
Rom. Paris und Genf immer wieder Lösungsvorschläge für den abessinischen Streitfall vorgebracht, die nur dazu geeignet gewesen seien, die Sorgen und Verpflichtungen in Ostafrika zu vergrößern.
Das Blatt verweist darauf, daß die italienischen Truppen aus dem erfolgreichen und vor seinem Abschluß stehenden afrikanischen Unternehmen mit noch kriegerischerem Geiste zurückkehren würden. Man könnte daher Italien in Europa nicht ohne ernste Gefahr aus dem Spiele lassen. Um dies zu tun, müsse man es zunächst zerstören. Hierzu müsse man jedoch das schwere Risiko eines Krieges in Europa laufen, in dem 45 Millio- nen Italiener bis zum letzten Mann ihre beleidigte und beschimpfte Nation verteidigen würden.
Die GenerMabS- beWreArmgerr
London, 16. April. Die am Mittwoch in London begonnenen Generalstabsbefprechun- gen zwischen England, Frankreich und Belgien wurden am Donnerstag abend abgeschlossen. Am Nachmittag hatte eine gemeinsame Besprechung der Vertreter der drei Waffengattungen im Gebäude der Admiralität stattge- fnnden, die etwa eine Stunde dauerte. Wie verkantet, werden die französischen und belgischen Vertreter vor ihrer Rückkehr wahrscheinlich noch einen oder zwei Tage in London bleiben.
Der diplomatische Mitarbeiter des „Evening Standard" weiß zu melden, daß es beabsichtigt sei, die Vorschläge der drei Waffengattungen zu einem Generalplan znsammen- zusassen, der alsdann den Regierungen von England, Frankreich und Belgien unterbreitet werden soll. Möglicherweise sei diese Absicht schon in der abschließenden Sitzung am Donnerstag durchgeiührt worden.
Stadt wurde die Polizei mit Revolverschüssen und Steinwürfen empfangen. Die Polizei war ihrerseits gezwungen, von der Waffe Gebrauch zu machen. Im Verlaufe der Zusammenstöße fanden drei Personen den Tod. Eine weitere Anzahl wurde verletzt. Unter den Verletzten befindeil sich auch mehrere Polizeibeamte."
Der Unterschied zwischen der amtlichen Angabe von drei Toten und der früheren Meldung, die von zehn Todesopfern sprach, dürfte dadurch zu erklären sein, daß der amtliche Bericht nichts über die Zahl der Schwerver- wnndeten auKsagl, die nach Einlieferung in das Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen sind. Genaue Angaben hierüber fehleil noch.
Wiederum zahlreiche Tote und Verletzte
Madrid, 16. April.
Bei der Beerdigung des am fünften Jahrestage der spanischen Republik von Kommunisten erschossenen Polizeibeamten kam es am Donnerstag in Madrid zu neuen schweren Zwischenfällen. Von einem Neubau aus wurde auf den Trauerzug, der sich durch die Straßen der Innenstadt bewegte, geschossen. Die den Leichenzug begleitenden Polizeibeamten erwider- ten das Feuer, worauf sich eine heftige Schießerei entspann, in deren Verlauf eine Person getötet und mehrere verletzt worden sein sollen. Die genaue Zahl der Opfer steht noch nicht fest. Nach dem Feuerübersall aus den Leichenzug im Zentrum Madrids fanden an verschiedenen Teilen der Stadt neue Schießereien zwischen Kommunisten und der Polizei statt. Insgesamt wurden bisher drei Per-
Blutige Aulammeuftöde in Lemderg
Bisher 10 Tote und SO Derw'tvdele
MD dann alles?
Frankreichs Ministerpräsident S a r r a u i hat — ", Frankreich ist der Wahlkampf im Gange — am Mittwoch das Bedürfnis gehabt, dem Volke etwas zu erzählen. Man macht das heutzutage vor dem Rundfunk- mikrophon. Da es aber langweilig ist. ganz allein zu reden, ohne daß jemand beifällig nickt, so. lud er die Vertreter der Provinzpresse zu sich, und um diese zu ergötzen, leitete er seinen Spruch mit einem Seitenhieb auf die hauptstädtischen Zeitungen ein, deren Polemiken „Frankreich ein entstelltes und haßerfülltes Gesicht geben".
Dann kam das Friedensproblem, von dem Sarraut bereits „fühlt, daß die Lösungen sür^den Schutz Frankreichs nur in der Weis- heit*aller geboren werden können". Er meintl damit, wie er im weiteren ausführte, natür- lich jene kollektive Sicherheit, die das A und Z der französischen Außenpolitik seit 17 Iah. ren ist. Ja, Sarraut verflieg sich sogar soweit, mit dem Zeigefinger zu drohen: „Soll es dazu kommen, daß äußerste Enttäuschungen, die unseren festen Glauben in das hohe Ideal einer kollektiven Friedensorganisation brechen, uns eines Tages von Genf hinwegführen? Sollen wiL angesichts des Egoismus der einen, der Ausflüchte und des Versagens der anderen aus die Hoffnung auf ein inter» nationales Regime der Solidarität und deS Beistandes verzichten, um fortan nur noch an die Garantien unserer eigenen Sicherheit zu denken?"
So ändern sich die Zeiten. Vorgestern noch war der Völkerbund das Allerheiligste vom Heiligsten für die französische Regierung; jetzt aber, weil er nicht mehr hundertprozentig als Machtmittel gegen Vas Deutsche Reich allein zu gebrauchen ist, besteht er aus Egoisten und Versagern?
Und dann kam der Höhepunkt. Bekanntlich tagen in London Generalstäbe, um Frankreich vor einem „Ueberfall" zu schützen, der von derz bösen Deutschen droht. Und genau an deiH Tage, an dem diese Gencralstabsbesprechunaeii beginnen, erzählt Sarraut, daß er mit den Lee lern der französischen Landesverteidigung ernst den Bestand der Streitkräfte und die neuen er< gänzenden Maßnahmen geprüft hat.
„Ich habe im Verlaufe dieser Arbeit eine tiefe Genugtuung empfunden, ein tröstliches Gefühl des Vertrauens und der Erleichterung, in Anbetracht der Ueberlegenheit der materiellen Mittel Frankreichs!" Frankreich kann also nichts pas- sieren. Wozu macht es sich dann die Unkosten sür Generalstabsbesprechungen in London? Wir können uns vorstellen, daß die Spesenrechnungen der Herren Generäle und Admiräle nicht gering sind. London hat schließ- lich auch ein Nachtleben und nicht bloß Gene- ralftäbler. Und Frankreichs Finanzen vertragen Ersparnisse.
Wo man doch das „tröstliche Gefühl der Ueberlegenheit" hat! - ll. Kl.
so n'en getötet und etwa 50 zum Teil so schwer verletzt, daß sich die Zahl der Todesopfer noch erhöhen dürste. Allein bei dem Ueberfall auf den Trauerzug sollen nach Aussagen von einigen Augenzeugen, zu denen auch ein früherer Minister gehört, annähernd 800 Schüsse gewechselt worden sein.
InSevilla wurde der Gerichtspräsident Eizaguirre von Linksradikalen überfallen und durch drei Schüsse lebensgefährlich verletzt. Der den Gerichtspräsidenten ständig begleitende Polizei- beamte nahm die Angreifer sofort izntcr Feuer und verwundete zwei von ihnen erheblich, wurde aber selbst von mehreren Kugeln so schwer getroffen, daß an seinem Auskommen gezweiselt wird. Eizaguirre ist der Vater des internationalen Fußballspielers gleichen Namens, der im vergangenen Jahr bei dem Länderspiel gegen Deutschland in Köln das spanische Tor hütete. Der junge Eizaguirre wie auch sein Vater stehen der spanischen Faschistischen Partei nahe.
kelclisIsZung des I>'8.1.k6rkrdu„ile,
Die Neichstagung des NS.-Lehrerbnndet findet gleichzeitig mit der Einweihung deS Hauses der deutschen Erziehung vom 11. bis 13. Juli in Bahreuth statt.