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75. Amts-
und Änzeigeblatt für den Sezirk Calw. 82. Jahrgang
Lrscheinungstage i Dienstag, Donnerst ag. Samstag. Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk IL Pfg.
Sonntag, den 12. Mai 1907
Sbonnementspr.inb. Stabtpr. Biertelj. MI. I.loincl.rrügerl, üiertsljührl. Posttezugsprei« ohne Bestellg. f. b. Orts- u. Nachbar. ,rtsoeä«hr I Ml,, f. d. sonst. Verkehr Mi. 1.10. Bestellgeld 20 Pfg-
Tagesueuigkeiteu.
6. Calw. Das diesmalige Ziel der Turnfahrt am Himmelfahrtsfest war die Teufelsmühle. Trotzdem die Tour als sehr weit und beschwerlich verschrieen ist, sammelten sich 55 Teilnehmer mit gutbepackten Rucksäcken am Bahnhof, um mit dem Zug 5.30 nach Rotenbach zu fahren, das gegen 7 Uhr erreicht wurde. Sofort gings den sog. Knieschinder hinauf gegen Dennach — die Höhe war in 20 Mriuten erstiegen — und weiter auf herrlicher Straße nach Dobel, das um */s9 Uhr durchwandert wurde. Beim Reservoir hatte man eine schöne und reine Aussicht ins Albtal. Nach Herrenalb wurde auf einem Umweg über den Grafenstein abgestiegen. Herrlich lag diese Perle des württ. Schwarzwaldes im schönsten Blütenschmuck zu unfern Füßen. Kurz vor 10 Uhr rückte man im Ochsengarten ein. Nach ^/«stündiger Rast mußte aufgebrochen werden, um nicht in die größte Hitze zu kommen, da der schlimmste Teil jetzt vor uns lag. Es wurden rasch die Anlagen mit dem Konversationshaus und die Reste des Klosters angesehen und um 11 Uhr abmarschiert. Der Weg führte */« Stunde durchs Albtal; bei der Loffenauer Sägmühle wird das Tal überschritten, dann gehts immer im Wald stetig bergan auf guten und auch ausgewaschenen Pfaden, bis auf einmal der Wald lichter wird und die Höhe erreicht ist. Um b/ii Uhr waren wir oben, alles atmete erleichtert auf. Der Berg, d. h. es ist ein Berg- «Mcken, hat eine Höhe von 894 m, Herrenalb liegt 365 m, so daß bei 7^/s km Entfernung 530 m Höhe erklommen werden müssen. Auf dem großen freien Platz herrschte lebhaftes Treiben, Partieen kamen von allen Seiten; dm lagernden Gruppen merkte man an der Wichtigkeit, mit der die den Rucksäcken entnommenen Vorräte verzehrt wurden, daß der weite Weg appetit
anregend wirkte. Geradezu herrlich war die Aussicht, die man genoß, klar und rein die Luft wie selten. Das Murgtal lag ausgebreitet zu unfern Füßen, man sah über Rastatt hinaus die silberne Linie des Rheins schimmern und im Hintergrund die Pfälzer Berge, sogar Karlsruhe und Durlach konnte mit bloßem Auge gesehen werden. Im Rücken gegen Südwesten schaute die teilweise noch mit Schnee bedeckte Badener Höhe heraus. Nur zu rasch verging die vorgesehene Ruhepause; um V--2 Uhr mußte Abschied genommen werden. Der weitere Weg führte ca. 3 km gegen den Hohloh, um dann in scharfer Biegung ins Eyachtal abzuzweigen. Ueber das bad. Forsthaus Dürreich gelangte man 3.20 zu der Lehmanshofruine, hier wurde V- Stunde gerastet, um neue Kräfte zu dem letzten Aufstieg zu sammeln und die Höhe zwischen Eyach- und Enztal zu überschreiten. Ueber den Soldatenbrunnen erreichte die Turnerschar 5.20 das Endziel Wildbad. Die Verspätung von 20 Minuten verschuldeten einige Fußkranke, auf die gewartet werden mußte Ein gutes und reiche« Mittag- und Abendessen im Gasthof zur Eisenbahn brachte rasch wieder Leben in die Gesellschaft. 7.12 erfolgte die Abfahrt und um 9 Uhr die glückliche Rückkehr. Mit hoher Befriedigung können alle Teilnehmer auf diese sehr gelungene Tour zurückblicken, die eine der schönsten war, die bis jetzt ausgeführt wurde. Die Marschleistung mit 8 Stunden war kleiner als im Programm angegeben. Jedermann kann empfohlen werden, die Teufelsmühle zu besteigen. Weniger Rüstige wandern von Dobel auf dem Höhenweg direkt in 3 Stunden zur Teufelsmühle und steigen nach Gernsbach ab, von wo aus günstige Züge für die Heimfahrt sorgen.
Neuenbürg 10. Mai. In Höfen wurde heute früh ein älterer Mann am Fuße der Treppe
tot aufgefunden. Das Gericht hat sich der Sache be- mächtigt, da Gerüchte von einer vorangegangenen Familienszene umgehen.
Stuttgart 10. Mai. (Kammer der Abgeordneten.) Nach Genehmigung des Kapitels 31, Kosten des Veterinärwesens wurde in die Beratung des Etats der Zentralstelle für die Landwirtschaft (Kap. 34) eingelreten, in der zunächst einige mehr allgemeine Fragen behandelt wurden. Der Berichterstatter Haug betonte, daß die sei: Bestehen der Handelsverträge erfolgte Verbesserung der Löhne der Landwirtschaft ausgeglichen werde durch die Verteuerung der landwinschaftlichen Bedarfsartikel. Die Schweinezucht gehe wegen ungenügender Preise zurück. Hoffentlich werden Landwirtschaft und Industrie sich immer mehr verstehen. Ein Land sei nur glücklich, wenn alle Berufszweige blühen. Abg. Keilbach (Ztr.) begründete einen Antrag des Zentrums auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs betr.' die Maul- und Klauenseuche in dem 1. eine Entschädigung für Tiere, welche innerhalb einer bestimmten Frist an einer Nachkrankheit verenden oder als wirtschaftlich wertlos notgeschlachtet oder verscharrt werden müssen, gewährt, 2. die Entschädigung für das an Maulund Klauenseuche gefallene Jungvieh ausreichend bemessen und richtig abgestuft werden soll. 3. Die Kosten der Zuziehung der Tierärzte zur Bekämpfung der Viehseuchen auf öffentliche Fonds übernommen werden sollen; ferner soll dafür gesorgt werden, daß bei Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche vor der Anordnung einschneidender polizeilicher Absperrungsmaßregeln Landwirte gutachtlich einvernommen werden. Der Abg. Sommer (Ztr.) begründete einen Antrag auf Uebernahme der Fleischbeschaugebühren auf die Bundesstaaten. Minister v. Pischek sagte bei einstimmigem Wunsche nähere Prüfung der Frage der Entschädigung bei Nachkrankheiten zu, doch sollte darüber vorher die neu zu schaffende Landwirtschaftskammer gehört werden. Das Einholen von Gmachten vor der Ergreifung von Absperrungsmaßregeln würde bet der großen Dringlichkeit dieser Sache ein Schwabenstreich sein.
Var KscherinSöchen von der Bretagne.
Von B W. Howard.
(Fortsetzung.)
Hamor sah an diesem Morgen älter aus als gewöhnlich. Er arbeitete emsig und mit gerunzelter Stirn. Am Morgen war er überhaupt selten so heiter wie am Abend; die Außenwelt mußte schon starke Ansprüche an ihn erheben, wenn er vor zehn Uhr aus seinem ungeselligen, wortkargen Wesen heraustreten sollte. Das sonnige Lächeln war bis auf weiterer verschwunden, und wie er so dasaß und mit dem Pinsel hantierte, lag ein harter Zug um seinen entschlossenen Mund. Weder sein gutartiges kleines Modell noch der blasse Knabe, dessen Gegenwart er vollständig vergessen zu haben schien, störten ihn im mindesten.
Der kleine, bucklige Philosoph hatte hier reichlichen Stoff zum Nachdenken gefunden. Was konnte nur Monsieur Hamor veranlassen, ein Bild von Jeanne Ronan zu malen, noch dazu in ihren Alltagskleidern? — Warum blickte er so grimmig drein und so ernsthaft, wie nie zuvor? — Auch sonst gab es im Atelier allerhand was Nannics Neugier reizte; er hütete sich aber wohl, irgend eine Frage laut werden zu lassen und hoffte, daß ihm fein Mutterwitz nach und nach alles klar machen würde. Schon um seinen behaglichen Beobachterposten behalten zu dürfen, wollte er sich still verhalten.
Nach einer Stunde erhob sich Hamor, dabei seinen Feldstuhl umstoßend, zündete sich eine Cigarrette an und maß sein Werk mit kritischen Blicken. „Die ganze Geschichte muß mit dem Kartoffelwischer bearbeitet und ausgekratzt werden," sprach er mißmutig zu sich selbst. Als er Nannics ansichtig wurde, heiterte sich jedoch seine Miene merklich auf und lächelnd fragte er: „Nun, Nannic, wie geht's, fühlst Du Dich behaglich, macht es
Dir Spaß hier zuzusehen? Es ist doch wohl langweilig so still zu fitzen; Du stehst aus, als ob Du auf den Kisten angewachsen wärst!"
„Ich denke nach," versetzte da« Kind gravitätisch.
„Nun gut, so denke nach," entgegnete Hamor freundlich aber kurz; „wenn Du etwas willst, so sag' mir's nur — Kopf in die Höhe, Jeanne,
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„Sie kommt," verkündete die Stimme des regungslosen Knaben nach einer Pause.
„Wer kommt? Guenn?" rief Hamor sich hastig umwendend.
Nannic rührte sich nicht aus seiner Stellung, sondern deutete nur mit der langen, knochigen Hand nach dem Hof hin. Hamor sah nach der angegebenen Richtung, konnte aber in dem dichten Nebelgeriesel nur die Wagen, den wohlbekannten Zaun und die umliegenden Gebäude erkennen. Kopfschüttelnd betrachtete er Nannic und nahm dann seine Arbeit wieder auf. —
Unterdessen war Guenn wirklich, wie von unsichtbaren Mächten getrieben, bis unter den großen Torbogen der Einfahrt gelangt. Der Regen fiel ohne Unterlaß auf das unregelmäßige Pflaster, auf die Fliederbüsche vor dem einsamen grauen Hause mit den grünen Fensterläden, auf kie rot und gelb angestrichene Postkutsche, die hier Rast hielt und aus das lange, niedere Dach über der Stellmacherwerkstatt. Eine Katze kam langsam die Treppe herunter. Guenn lockte fie schmeichelnd zu sich heran um sie liebkosen zu können, aber die Katze wandte sich gleichgültig ab und ging langsam, wie fie gekommen, wieder die Treppe hinauf. Wenn Guenn in den Regen hinausblickte, konnte fie gerade die drei Fenster im Speicher mit den staubigen, zerbrochenen Scheiben sehen, — jedoch nichts von ihrem Nannic, von Jeanne oder Monsieur Hamor entdecken. Sie wagte sich nicht weiter hinaus, um nicht bemerkt zu werden. In der Nähe befand sich auch Morots Packhaus; auf einem dazu gehörigen Bodenraum saßen vier Mädchen