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Amtsblatt für das Oberamt Fleuenbürg
Nr. 80
Samstag den 29. Februar 1938
94. Jahrgang
Für Aenderung -er Male von ISIS
Englischer VöllerrechtSlehree vor der Akademie sür Deutsches Recht
Berlin, 28. Februar.
Die Vollsitzungen der Akademie für Deutsches Recht sind seit geraumer Zeit zu einer Angelegenheit von hoher politischer Bedeutung geworden, da auf ihr ausländische Nechtsgelchrte und Wissenschaftler von Weltruf über alle Rechtsfragen zu Worte kommen. Einen Höhepunkt er! ngic die Veranstaltung in der zehnten Vollsitzung, in der einer der maßgeblichsten Juristen Englands. Professor Tohnbee, VölkerrechtZ- lehrcr an der Universität London, Gründer und Leiter des Königlichen Instituts sür zwischenstaatliche Angelegenheiten, das der Erforschung und Pflege der internationalen Beziehungen gewidmet ist, die friedliche Revision der internationalen Verträge und Gerechtigkeit für Deutschland forderte.
Von Vertretern der auswärtigen Mächte wohnten Sitzung bei: der italienische Botschafter Attolico. ein Vertreter des japanischen Botschafters, sowie die Gesandten von Ungarn, der Tschechoslowakei. AegPPten, Bo-, livicn und der Union von Südafrika. Ferner sah man die Neichsminister v. Nenrat h. Gärtner. N u st und von S ch w c rn n - Krosigk, die Staatssekretäre L a m m e r 8. Pfnndtner. Meißner, Trauert, Königs, 'Schlegelberger und Landsried. Botschafter von Nibben trotz, NeichSleiter Bouhler. die Gauleiter I o r- dan, Koch und Sprenger. SS.-GuiP- penlührer Heydrich. den Führer der NSKOV. Oberllndober, Dr. T o d t, die NeichsfranenschaftSleiterin Frau Scholtz- Klink n. a.
Ini Mittelpunkt der Sitzung stand ein Vortrag des Direktors des Königlichen Instituts für zwischenstaatliche Angelegenheiten, Professor T o y n b e e-London, über „Fried- ! iche Revisiy n". Der Neichsjnrlstenfüh- rer, Reichsminister Dr. Frank. hielt vorher eine Begrüßungsansprache. Eine besondere Mission hat die Akademie für Deutsches Recht, so betonte der Minister, vor allem ans dem Gebiete der internationalen Nechtsbeziehun- gen. Ter Nationalsozialismus hat durch die friedliche Wiedererstarkung Deutschlands, durch die Anknüpfung freundlicher Beziehungen mit Polen und anderen Völkern znm europäischen Frieden und damit
ZUM Weltfrieden
einen unendlich großen Beitrag geleistet.
Ts ist der ernste Wille der nationalsozialistischen Neichsregierung, in diesem Friedens- werk alles zu tun. was in ihren Kräften lleht; denn die Erwartung, daß auf die Tauer niemand in der Welt das einwandfreie Lebensrecht unseres Volkes, seinen Anspruch auf Gleichberechtigung und seinen Anspruch uns einen friedlichen Anteil an den Gütern der Erde bestreiten werde, ist gerechtfertigt. ^
Professor Toynbce hob in seinen Aus- sührungen einleitend die große Bedeutung der von ihm zu behandelnden Frage für die Zukunft Deutschlands und Englands und der ganzen Welt hervor. Die Frage käme: Sollen die internationalen Beziehungen zwischen den Völkern verschiedener Staaten
in Zukunft vom Recht
oder von Macht und Gewalt beherrscht
werden, wie dies in der Vergangenheit fa ausschließlich der Fall aewesen ist? Professe Loyndee stellte die beiden Seiten des Rech gegenüber, die repressive Seite, d eine unter Verletzung des bestehenden Recht Zustandes vor sich gehende gewaltsame Aend rung des Status quo verhindert, oder jede falls zum Stillstand bringt und die koi struktive Seite, die eine friedlic Aenderung des bestehenden Zustandes dur ein verfassungsmäßig begründetes rechtlich m vorsieht. Die repressive Seite d
Rechts nehme bei der Anwendung auf inte nationale Beziehungen die Form der „kc iektiven Sicherheit", die konstruktive Seite d Form der „friedlichen Aenderung" an. Di Gingen, die begütert und mit ihrer gege wärtrgen Stellung zufrieden seien, kümme repressive Seite des Rechts, d. „iÜr."^Eektive Sicherheit", diejenigen, d nicht begütert und unzufrieden seien, mel ore konstruktive Seite des Rechts, d. k>. d
„friedliche Aenderung". In der Völkergemeinschaft der Gegenwart sei Großbritannien der Vertreter der ersten Art, Deutschland der der zweiten. Daraus folge, die gemeinsame Ausgabe sicherzustellen, daß auf dem Gebiete der internationalen Beziehungen ebenso wie innerhalb der Grenzen beider Länder auf beiden Seiten des Rechts gleiches Gewicht gelegt werde. Dies bedeute, daß ein jedes der beiden genannten Länder Zugeständnisse machen, vielleicht sogar Opfer bringen müsse.
Diese Zugeständnisse freilich mutzten verschiedener Art sein. Großbritannien und die anderen zusriedengestekten Länder, wie z. V. Frankreich, die Vereinigten Staaten von Nordamerika, Kanada, Rußland müßten bestrebt sein, den von Deutschland und den anderen nicht znfriedengestellten Ländern, z. V. von Italien, Japan, Ungarn, Bulgarien vorgebrachten Forderungen nach „friedlicher Aenderung" gerecht zu werden. Wenn das Recht nicht eine ordnungsgemäße friedliche Art der Aenderung vorsehe, dann werde das Recht früher oder später durch Aenderungen gewaltsamen, revolutionären Charakters beseitigt werden. ^
Im weiteren Verlauf seiner Rede ging Professor Toynbce zur Erörterung der konkreten Fragen, welche Aenderungen des bestehenden Zustandes die nicht zufriedenge- *stellten Nationen forderten und der Fragen, welche Zugeständnisse zu machen die zusrie- dengestellten Nationen bereit sind, über. Professor Toynbce erklärte, daß, wenn es gelänge, alle materiellen Forderungen zu erfüllen, die Deutschland erhebe, ohne daß nebenbei den psychologischen oder geistigen Forderungen Deutschlands entsprochen würde, alle Anstrengungen fast nutzlos wären.
Die drei unzufriedenen Großmächte
seien Deutschland, Italien und Japan. Gelänge es. die Forderungen dieser drei Großmächte auf friedlichem Wege zu erfüllen, wäre es nicht so schwer, auch den Forderungen der kleineren, nicht zufriedengestellten Länder Ungarn und Bulgarien ans dem gleichen Wege Genüge zu tun. Könnte eine friedliche Aenderung nicht erzielt werden, so die dann entstehende Gefahr die Gefahr eines Krieges unter Großmächten, der die Zivilisation zerstören würde. Unter die drei Hauptpunkte sielen die m a t e r i e l l e n Forderungen der drei genannten Großmächte: I. die Forderung politischer Befreiung gewisser Gebiete; 2. die Forderung einer Abflußmöglichkeit sür den Bevölkerungsübersluß; 3. die Forderung des Zutritts zu fremden Nah- rungs- und Rohstoffquellen und zu fremden Märkten.
Während es in der Gegenwart innerhalb der Grenzen des Reiches kaum nichtdeutsche Bevölkerungsteile gäbe, lebten außerhalb des Reiches zahlreiche Volksgruppen, die nicht
nur der Sprache, sondernauchderpo- litischen Gesinnung nach deutsch find. Wenn Deutschland die Forderung nach der Befreiung dieser Gebiete erhebe, so sei damit keineswegs gesagt, daß Deutschland jedes Gebiet, das von einer deutsch- sprechenden Bevölkerung bewohnt wird, be- auspruche. So habe z. B. Adolf Hitler ausdrücklich erklärt, daß Deutschland keinen Anspruch auf Rückgabe des früheren deutschen Neichslandes Elsaß-Lothringen erhebe. Unter Berücksichtigung dieser Erklärung und der Tatsache, daß die deutschsprechenden Schweizer ebenfalls nicht unter diesen Begriff sielen, verbleibe aber ein beträchtliches deutsches Gebiet, wie z. B. Oesterreich, das Sudetenland, von kleineren Gebieten, wie Südtirol, Memelland und Eupen-Malmedy, ganz abgesehen. Eine Art gründlicher Aenderung auf diesem' augenscheinlich wichtigsten und schwierigsten Gebiet müsse versucht werden. In seinen weiteren Ausführungen kam Professor Toynbee auf
die Rohstoffrage
zu sprechen, wobei er auch das Kolonialproblem berührte. Es ist augenscheinlich, so erklärte er, daß die Mächte, die Kolonien besitzen, wesentliche Vorteile vor den anderen Ländern voraus haben. An dem Beispiel des britischen Imperiums schilderte Professor Toynbee dann die Schwierig. , ketten einer Abslußmöglichkeit sür den Bevölkerungsüberschuß. Das gleichliegende deutsche und englische Bedürfnis einer Ad- slüßmöglichkeit für die Ueberschußbevölke- rung könne nicht gewaltsam in Afrika be- friedigt werden, da dieser Erdteil, wie die Geschichte beweise, nur verschwindend geringe Möglichkeiten für eine europäische Siedlung böte. Weil die deutschen Bedürfnisse in bezug auf Rohstoffe aus den Tropengebieten die Produktronsfähigkeit der früheren deutschen Kolonien weit überstiegen, wäre das deutsche Problem, selbst wenn alle früheren deutschen Kolonien Deutschland zurückgegeben würden, nicht gelöst. Mit dieser Feststellung sei aber die Kolonialsrage keineswegs erledigt. Deutschland würde sich nach wie vor verletzt fühlen, weil ihm eine Form des Besitzes vorenthalten wäre, über die andere europäischen Großmächte, wie Großbritannien und Frankreich, verfügten.
„Unter diesen Umständen kann ich es leicht verstehen", so erklärte Professor Toynbee, „daß sie es als Ehrenpunkt betrachten, daß wenigstens einige ihrer Kolonien ihnen zurückgigeben werden. Wenn sie mir sagen, daß dies
der deuksche Skandpunkt
ist, tzaß ihn die meisten Engländer verstehen und ihm in hohem Grade Sympathie entgegenbringen. Diese Frage der Rückgabe deutscher Kolonien wirft indes auch eine Ehrenfrage für uns in England auf. Der britische Ehrenstand ist folgender: Wir betrachten uns
VeMöefrmg -er Lage in Tokio
Die Aufständischen hatte« das Negierungsviertel weiter besetzt
Schanghai, 28. Fevr. (Ostasiendienst öes DNB.) Die direkte Verbindung mit Tokio ist anscheinend infolge einer neuen Sperre über Preffenachrichten wieder unterbrochen. Die letzten noch eingctroffencn Meldungen deuten darauf hin, daß die Weigerung der Auiständischen, die besetzten Teile der Stadt freizugeben und in die Kasernen zurückzukehren, zu ernsten Weiterungen und zu einer Verschärfung der politischen Lage geführt hat. Man befürchtet den Ausbruch von neuen Kämpfen.
In einem Bericht über die Lage in Tokio um 23.00 Uhr (15 Uhr MEZ.) wird die japanische Hauptstadt mit einem Pulverfaß verglichen, von dem die Behörden den zündenden Funken noch ferrchalten. Seit den Mittag- stunden, in denen das Ultimatum an die Aufständischen abgelaufen ist, ist das Geschäftsviertel vollständig verödet. Viele Geschäfte haben geschloffen.
Während des ganzen Tages wurden ununterbrochen Verhandle: gen zwischen dem Heer, der Marine und den Zivilbehörden geführt. Der Ernst der Lage wird durch das Eintreffen des schwer kranken Feldmarschalls Prinz Kamin beleuchtet. Der Kaiser empfing den Krregsminister und den Stadtkommandanten zur Berichterstattung. Die Lösung der Kabinettsfrage wurde bis zur Klärung der Lage zurückgestellt.
Die Drohung der Behörde», imch dem Ablauf des Ultimatums gewaltsam gegen die Aufständischen vorzugehen, wurde bisher nicht ausgeführt. Um 23 Uhr hielten die Aufstän- bischen das Regierungsviertel noch besetzt. Der Widerruf des Versprechens, das Negierungsviertel zu räume« und das offensichtliche vorsichtige Vorgehen der Behörden wird als ein Zeichen für die Shntpathien gebeutet, die die Aufständischen in weiten Kreisen des Militärs genieße».
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Rom, 28. Februar
Die vom italienischen Propagandaministe, rium am Freitag nachmittag 16 Uhr auS- gegebene amtliche Mitteilung Nr. 139 meldet die Eroberung des Amba Aladschi. D« von Marschall Badoglio gedrahtete Heeresbericht lautet: „Die Truppen des ersten Armeekorps haben Amba Aladschi erobert. Seit heute vormittag II Uhr weht auf der Höhe dieses Berges, der den Heldentod Lösel- lis und der Seinigen sah. die italienische Flagge."
Das Gcbirgsmassiv des Amba Aladschi. dessen Eroberung der italienische Heeresbericht Nr. 139 bekanntgibt. liegt 30 bis 40 Kilometer südlich des kürzlich von den Italienern eroberten Gebirgsstocks dcS Amba Aradam. Tie nun eroberte Bergstelliiiig soll von den Abessiniern stark ausgebaut gewe'en sein. Sie galt als Schlüsselstellung ans dem Wege nach dem abessinischen Hauptquartier D e s s i e.
Die Eroberung des 3111 Meter hohen Amba Aladschi hat in Italien größte Begeisterung hervorgernfen, da damit militärisch und auch rein gefühlsmäßig ein sehr wichtiger Abschnitt im Ostafrikafeldzug erreicht wurde. Auf allen Pläycn Noms sicht man große Menschenansammlungen. Auf der Piazza Venezia jubelt eine riesige Menschenmenge immer wieder dem Duce zu. Alle Blätter erinnern an die Kämpfe, die vor 40 Jahren um den Amba Aladschi 'tobten und an die Tapferkeit- des Majors Toselli, der damals tagelang mit wenigen Mann den Berg hielt, vis die Stellung nach schwerem Ringen aufgegeben werden mußte. In den damaligen Kämpfen verloren die Italiener 10 Offiziere, an deren Spitze Major Toselli stand, 1500 Eingebore- nen-Soldaten und eine Batterie, während ans abessinischer Seite 3000 Mann fielen.
als Treuhänder für das Wohlergehen der unter unserer Herrschaft lebenden eingeborenen Bevölkerung, und wir haben darum das Gefühl, daß es von uns nicht ehrenhaft wäre, daß wir afrikanische Bevölkernngsteile ohne Rücksicht auf ihr Wohlergehen einem anderen Souverän überlasten, als ob sie nicht mensch. liehe Wesen, sondern Waren, bewegliche Sachen wären. Professor Toynbee gab der Uebcrzeugung Ausdruck, daß cs möglich ist. den deutschen und den englischen Ehrenstand- Punkt miteinander in Einklang z» bringen.
Bei der Frage der abgetrcnntcn Gebiete berührte der Redner zunächst geschichtliche Vorgänge, wie den Austausch Helgolands gegen Sansibar und die Abtretung der joni- scheu Inseln durch Großbritannien an Griechenland. Zur Lösung dieses Problems, das der englische Gelehrte als erste Ausgabe der europäischen Staatsmänner bezeichnete. schlug Professor Loyndee eine tlnterluchung vor. ob ohne Aenderung bestehender internationaler Grenzen eine Lösung in der Richtung einer echten und wirksamen Autonomie gefunden werden könne.
Zum Schluß seiner Ausführungen ging Professor Toynbees noch einmal aus das Problem der deutschen Kolo, nien ein. Er erklärte, daß das Royal Institute of International Affairs in London eine nichtamtliche internationale Kon- ferenz über diese Fragen im Sommer 1937 abhalten werde, nachdem bis dahin daS Problem eingehend, und zwar nicht nur von allen Beteiligten im eigenen Land, sondern auch in gemeinsamer Beratung aller untersucht worden wäre. Mit einer deutschen Beteiligung zu dieser wissenschaftlichen Arbeit, die für die Staatsmänner Europas von beträchtlichem Wert sein könne, werde ge- rechnet.
Die Ausführungen von Professor Toynbce. der in so offener und ehrlicher Weise das große Problem der friedlichen Aenderung behandelte. wurden von der Versammlung mit stärkstem Beifall ausgenommen.
Neichsminister Dr. Frank gab seinem Dank mit den Worten Ausdruck: „Wenn Staatsmänner und Staatsrepräsentanlen mit solcher Offenheit und mit solcher schonungslosen Klarheit über internationale Probleme reden würden, wie wir das soeben erlebt haben, so würden manche internationalen Verwicklungen mit überraschender Schnelligkeit beseitigt werden. D e r Be-