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Amtsblatt für üas Oberamt Aleuenbürg
Rr.48
Donnerstag den 27. Februar 1S3S
»4. Jahrgang
Neue japanische Regierung
Me Opfer der Attentate tn Tokio — Erste amtliche Mitteilung
Tokio, 26. Februar
Der Kaiser hat die Bildung eines neuen Kabinetts angeordnet. Der japanische Reichstag ist für den 26. April einberufen worden. Innenminister Goto hat die Geschäfte des Ministerpräsidenten an Stelle Okadas übernommen. (Ueber das Schicksal Gotos herrscht bekanntlich zunächst Ungewißheit.)
Der erste amtliche Berichk
Das japanische Kriegsministerium veröffentlichte folgenden amtlichen Bericht über die Vorgänge am Mittwoch:
„Um 5 Uhr haben Gruppen junger Ofsi- ziere angegriffen: 1. Die Residenz des Ministerpräsidenten. Ministerpräsident Okada wurde getötet. 2. Die Wohnung des Siegelbewahrers Admiral Salto. Auch er wurde sofort getötet. 3. Die Wohnung des Leiters des Militär ° Erziehungs- Wesens, General Watanabe. Er wurde ebenfalls sofort getötet. 4. Der frühere Siegelbewahrer Makino wird vermißt. 5. Bei einem Angriff auf die Amtswohnung des Hofmarschalls Suzuki wurde letzterer schwer verletzt. 6. Finanzminister Takahaschi wurde in seiner Wohnung verletzt. Tie Zeitung „Asahi" wurde stillgelegt. Die jungen 'Offiziere wollten den Fürsten Saionj'. das letzte überlebende Mitglied des Rates der Alten, die alten Minister, die Kapitalisten, die Bürokraten und die Parteien befestigen, da sie in innen, und außenpolitisch schwerer Zeit unsere Staatsform zerstören wollten, D ie jungen O f f i z i e r e wollen durch ihr Vorgehen die Gerechtigkeit im Staate wieder h e r stellen, um den Bestand der kaiserlichen Staatsform zu sichern."
Alarmzustand in Tokio
Um 15 Uhr japanischer Zeit ist über Tokio der Alarmzustand verhängt worden. Amt- licherseits wird dies als Vorsichtsmaßnahme bezeichnet, die es ermögliche, die Ruhe und Ordnung, sowie die lebenswichtigen Betriebe unter militärischen Schutz zu stellen, obwohl — wie man betont — in der Hauptstadt voll und ganz Ruhe und Ordnung herrschen.
Das erste und das zweite Geschwader, die vom Marineministerium nach Tokio und Osaka beordert wurden, dürften erst am Donnerstag an ihren Bestimmungsorten eintreffen. Tie K ü st e nw a ch t s l o t t e ist aus Yokohama nach Tokio beordert worden. Sie befindet sich gegenwärtig in Schi- banra zwischen Dokohania und Tokio.
Spätere Nachrichten ans Japan wollen wissen, daß die Regierung die Lage völlig beherrscht. Die Börsen und Banken' in Tokio hätten wieder ihren Betrieb ausgenommen. Ebenso sei die Börse von Osaka wieder geöffnet. Tokio selbst sei unter kriegsmäßige Poti- zeikontrolle gestellt worden. Gerüchte, wonach ein hoher Beamter der Mitsn-Bishi- Bank in Tokio ermordet worden sei. haben sich nicht bestätigt. Hosmarschall Suzuki, der Führer der Seihukai-Partei, wurde mißhandelt und dabei schwer verletzt. Der srühere Siegelbewahrer Makino, der ebenfalls angegriffen wurde, wurde im Gesicht leicht verletzt. Er konnte entkommen. Seine Leibwache erschoß den Anführer der Meuterer, mit denen es zu einem Gefecht kam. Die Meuterer eroberten das Landhaus Makinos und setzten es rn Brand. Eine Abteilung Marine ist nach Tokio gebracht worden, wo ie die Ministerien bewacht. Tie Meuterer cheinen noch immer das Hauptquartier der städtischen Polizei besetzt zu halten. Der Polizeipräsident von Tokio, der verletzt wurde, bereitet einen Angriff auf das Gebäude vor. um es zurück,zunehmen.
Ungeklärte Lage—Rücktritt Gotos?
London, 26. Feür. Angesichts der scharfen Zensur, die in Tokio verhängt worden ist, lauten die Nachrichten über die Ereignisse in Japan zmn Teil außerordentlich widerspruchsvoll. Nach den übereinstimmeirden Meldungen der Londoner Abendpresse haben
sich insgesamt 3000 Mann an dem Staatsstreich beteiligt, doch scheint es, als ob die Behörden wenigstens im Augenblick Herr der Lage sind. Eine Bestätigung der Meldung, daß insgesamt 80 maßgebende Persönlichkeiten getötet worden seien, lag auch am Mittwoch abend noch nicht vor.
In London geht die vorherrschende Ansicht dahin, das; der Aufstand unter Umständen ein schärferes Vorgehen der Japaner in China zur Folge haben werde. Diese Auffassung vertritt auch der frühere politische Berater der chinesischen Naiionalrcgierung, Sir Frcdcrick Whyte, der außerdem Maßnahmen iw-v'n Somieirußlaud für möglich hält
Die lapauijche Botschaft iu London erhielt am Mittwoch abend vom Innenministerium in Tokio ein Telegramm, in dem es heißt, daß cs außerhalb der japanischen Hauptstadt zu keinerlei Zwischenfällen gekommen sei. In Tokio selbst seien Heer und Polizei gemeinsam bemüht, Ruhe und Ordnung zu halten. Die Lage sei ruhig. Der geschäftsfüheende Ministerpräsident Goto sowie die übrigen Mitglieder des Kabinetts hätten ihren Rücktritt eingereicht. In dem Telegramm soll schließlich erwähnt worden sein, daß da? Krieasrockt erklärt worden i>'
Me Hmtergra-w
des japanischen MMärpulsches
Die aktivistischen Kreise innerhalb von Heer und Marine, die schon seit langer Zeit Forderungen erhoben, die auf Beseitigung des jetzigen Kabinetts und die auf die Einsetzung einer von Einflüssen jeder Art freien Negierung und die A n s- schaltung der Parteien Hinzielen, haben einen Umsturzversuch gemacht. Gewisse japanische M i l i t ä r k r e i s e. die über einen großen Anhang im Lande verfügen, fordern die Führung der Außenpolitik und wollen durchgreifende Reformen im Innern in Angriff nehmen. Hierzu gehören staatliche Kontrolle der Wirtschaft.
London, 2«. Febr. Die Kabinettssitzuttg am Mittwoch dauerte zwei Stunden. Behandelt wurde die Frage der Oelsprrre. Was das Kabinett beschlossen hat, ist nicht Lekannt- gegebcn worden. Es wurde lediglich mitgeteilt, daß Eden am Sonntag London verlassen werde, um sich nach Genf zu begeben.
AvtzenpolttMe Unterhaus- Anfragen
London, 26. Febr. Im Unterhaus wurden am Mittwoch wieder eine Reihe von außenpolitischen Anfragen gestellt. Der Abgeordnete Mander forderte die Regierung auf, die Herstellung guter Beziehungen zwischen Jugoslawien und Bulgarien zu ermutigen. Eden erwiderte, es sei Wohl bekannt, daß dies bereits geschehe. Er erinnerte daran, daß die britische Regierung in dem letzten Hochverratsprozeß in Sofia den Ratschlag erteilt habe, Gnade walten zu lassen. Atauder fragte dann weiter, ob Besprechungen zwischen den Vertretern der Wehrministerien Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands sowie der anderen Vertragsnnterzeichner stattgefunden hätten oder beabsichtigt seien im Zusammenhang mit Dritten, die man möglicherweise zur Erfüllung des Vertrages von Looarno tun müsse, und ob im Mittelmeer ähnliche Besprechungen beabsichtigt seien. Eden erwiderte, daß er ans beide Teile der Frage „nein" antworten könne.
Der Abgeordnete Bellenger wollte wissen, ob die deutsche Regierung irgendwelche Vorstellungen wegen des französisch-sowjetrussischen Paktes erhoben habe und ob die Haltung Deutschlands gegenüber dem Locarno-
VoWSndig ungeklärte Lage
Beseitigung des Einfluss esdeS Kapitals, gerechte Verteilung der Lasten und durchgreifende Hilfe für die arbeitende Bevölkerung. Das Ziel des Umsturzes ist. eine starke autoritäre Negierung an die Spitze eines geschlossenen und einheitlichen Volkes.zu stellen.
Washingtoner diplomatische Kreise erhielten aus Tokio die Nachricht, daß die Führer der militärischen Erhebung allen Zeitungen Tokios eine Erklärung zuleiteten, in der die Erhebung damit begründet wird, daß das bisherige japanische Kabinett sich mehr und mehr vom wahren japanischen Geist entfernt und in die Vorrechte des Mikado widerrechtlich ein gegriffen habe. Die Erklärung, die von Hauptmann Nonoka und Hauptmann Ando vom 3. Tokioter Infanterie-Regiment unterschrieben ist, führt als Beweis für obige Behauptung den Londoner Flottenvcrtrag von 1930 an. 'In der Erklärung heißt eS weiter: „Falls diese Lage weiterhin bestehen bleibt, wird das Verhältnis Japans zu China, Rußland. England und den Vereinigten Staaten einen Erplosionspnnkt erreichen." Was damit ge- meint ist, sagt die Erklärung nicht. Die Führer der Erhebung gaben weiter bekannt, daß gegen 21 Uhr Berliner Zeit (14 Uhr japanischer Zeit) eine neue Erklärung verkündet werden würde.
Eine Mitteilung
der Berliner japanischen Botschaft
Die japanische Botschaft in Berlin teilt mit: In Tokio ist nicht der Kriegszustand erklärt worden und demgemäß ist die Verwaltung nicht auf das Militär übergegangen. Es sind lediglich militärische Posten znm Schutze besonders wichtiger
'-teilen ausgestellt worden. Die Börse ui
Tokio war nur kurze Zeit geschlossen und ist jetzt wieder geöffnet. In Finanzkreisen
herrscht keine Unruhe. Die Banken sind
tätig wie sonst. Ebenso verhält es sich auch in Osaka. Am Mittwoch abend ist der Innenminister Goto znm vorläufigen Ministerpräsidenten ernannt worden.
Pakt in irgendeiner Weise durch -ie Bestimmungen des französisch-sowjeirilssischen Paktes geändert worden sei. Eden antwortete, daß die deutsche Negierung die Unterzeichnerinächte des Loearno-Vertrages am 26. 5. 1935 über ihre Ansichten bezüglich der Auswirkung des französisch-soivjetrussischen Paktes auf den Locarno-Vertrag unterrichtet habe. Diese Haltung werde erneut auseinandergesetzt und erweitert dargestellt in -er Mitteilung vom 21. 2. (die bekannte Stellungnahme zur irrtümlichen Auffassung Herriots, DNB-Schrift- leitnng), die in der Londoner Presse am folgenden Tage veröffentlicht worden sei.
Der Abgeordnete Maclah fragte, ob die Regierung beabsichtige, Deutschland aufzufordern, seine Gcbietsforderungen und seine Ansichten über die Rohstoff-Frage beim Völkerbund vorzubringen. Eden antwortete, die Antwort auf de« ersten Teil der Frage laute Nein; bezüglich der zweiten Frage machte er den Abgeordneten darauf aufmerksam, daß die Regierung die Rohstoff-Frage z. Zt. erwäge.
EowjeWtziere
als rste Mfchwsrer in Wien
Warschau, 26. Februar
Bei den Nachforschungen nach den Persönlichkeiten einer vor längerer Zeit aufgelösten kommunistischen Gruppe von 26 Personen hat die Warschauer Staatsanwaltschaft festgestellt, daß der nach Sowjetrußland geflüchtete Leiter der Gruppe Kowlaski in Wirklichkeit Iodlowski heißt und heute Komman- deur einer Tankbrigade in Leningrad ist. Auch ein zweiter Leiter der kommunistischen Gruppe, Bortnowski, der nach der Tschechoslowakei geflüchtet ist, war Generalstabsoberst der Noten Armee.
Srutschr, studiert tn Danzig!
Die Deutsche Studentenschaft Danzig ruft auch in diesem Jahr die deutschen Studenten auf. durch ihr Studium an der Technischen Hochschule Danzigs die Bande zwischen dem Reich und der „Freien Stadt" zu festigen. Um jedem reichsdeutsche« Studenten die Transferierung seines Monatswechsels sicherzustellen, ist bis zum 2V. März dieses Jahres Anmeldung bei der Deutschen Studentenschaft erforderlich. Diese wird dann die Errichtung eines Devisenkontos bei der Gesellschaft von Freunden der Danziger Hochschule veranlassen. Es wird empfohlen, sich möglichst frühzeitig zu melden, da nur eine begrenzte Anzahl neuer Konten eröffnet werden kann. Fragen jeder Art beantwortet das Werbeamt der Deutschen Studentenschaft Danzig — Anschrift: Technische Hochschule.
rp. Warschau, 26. Februar.
Der russischen Zeitung „Snamja Noffii" entnehmen wir folgende Meldung aus der Sowjetunion: Im Lipowetzkij - Nahon (Gebiet Winniza) sind unter den Bauern Unruhe n ausgebrochen, weil die Kolchos- mitgliedcr gezwungen wurden, 2 4 bis 27 Stunden ohne Unterbrechung Zuckerrüben auszugraben. Für Verpflegung wurde nicht gesorgt und die Bauern dursten nicht nach Hause gehen. Das Büro einer Maschinen- und Traktorenstation wurde von den Bauern zertrümmert, ein Direktor und sein Politischer Gehilfe wurden verprügelt. In Tichwin zertrümmerten Bauern das Nayonbüro des Leningrader Milch- und Käsetrnsts, weil ihre Forderungen für gelieferte Milch aus dem Jahre 1934 in der Höhe von 46 066 Rubel und aus dem Jahre 1935 in der Höhe von 111 666 Rubel nicht bezahlt wurden. Im Nowa- majskij-Nayon des Odessa-Gebietes wurden während der „Getreidebercitstel- lung" der stellvertretende Direktor der Maschinen- und Traktorenstation Palt- schun, der stellvertretende Bezirksbevollmächtigte für Getreidcbereitstellung Solo- wjew, der Getreideagent De »nt sch ul und der Vorsitzende des Dorfsowjets Gluschtschenko von Bauern erschlagen und ein weiterer kommunistischer Funktionär schwer verletzt. Die Täkrr konnten nicht ermittelt werden.
„Kauptmamp - der neue AEA.Ekan-a!
Trenton. 26. Februar.
Einen Monat vor dem vorläufig letzten Hinrichtungstermin ist die Lage im Falle Hauptmann verworrener denn je. Immer deutlicher scheint sich zu ergeben, daß persönliche und politischeFeind- schaft zwischen dem republikanischen Gouverneur Hoffman« und dem demokratisch eingestellten Staatsanwalt Wielentz das Hin und Her dieses Verfahrens entscheidend beeinflussen. Trotz wochenlanger Untersuchungen war es bisher nicht möglich, das oft angckündigte neue Beweismaterial herbeizuschaffcn. Staatsanwalt Wielentz, der am Dienstag von seinem Urlaub zurückkehrte, weigerte sich entschieden, irgend einen Belastungszeugen nochmals zn verhören, obwohl Gouverneur Hosfmann offen die Beschuldigung erhoben hatte, daß der Zeuge Whited bestochen worden sei. Der Staatsanwalt lehnte es auch ab. den Hauptzeugen Dr. Condon aus Panama zurückrufen zu lassen, wohin sich dieser angeblich aus Urlaub begeben hatte, als der Gouverneur ans angebliche Widersprüche in seinen Aussagen hingewiescn und ein scharfes Kreuzverhör verlangt hatte. Der Slblehnung des Staatsanwalts, die Zeugen nochmals zu vernehmen, steht eine Andeutung des Gouverneurs Hoffman« gegenüber, die Hinrichtung Hauptmanns neuerlich anfzu» schieben, falls nicht sein Verdacht widerlegt werde, daß die Staatsanwaltschaft w»s» sentlich wichtige Tatsachen verheimliche.
dHIItiikpersonea rükle» aidit »I» Llovodser
Der Neichsinnenminister klärt durch Ruud- erlaß die Frage, daß Militärpersonen ütcht als „Einwohner" zu zählen sind.
SeWerre vor dem britischen Kabinett