Dienstag de» 24. Februar 1936

Der Enztäler

94. Jahrgang Nr. 46

Der Führer und Reichskanzler hat den Ober- studiendirektor Dr. Knapp an dem Realaym- naflum in Ulm und den Studiendirektor Bock au der Realschule mit Lateinabteilung in Wald, see aus ihren Antrag in den Ruhestand versetzt und die Studienassessoren Dr. Eugen Heck an der Realschule in Leonberg, Dr. Otto Rieth an dem Gymnasium und der Realschule in Ellwan- gen. Albert Wahl an der Mädchenrealschule in Korntal, Dr. Fritz Walter an der Realschule in Etuttgart-Untertürkheim und Nlsons Weber an dem Hindenburg-Realgymnasium mit Oberral- schule in Schw. Gmünd zu Studienräten^ckm württ. Landcsdienst ernannt.

Der Herr Innenminister hat im Namen des Reichs die Oberwachtmeister der Schutzpolizei Johannes Baur und Hermann Weidle beim Polizeipräsidium Stuttgart in den Ruhestand ver­seht.

Ter Herr RelchSminister der Justiz hat den Oberjekretär Zeyher in Schorndorf zum Be- zirksuotar in Baiersbronn ernannt.

Im Bereich der Neichspvstdirektion Stuttgart tritt der Oberpostrat Ambacher bei der Reichs- postdirckti'on mit Ablaus des Monats Februar 1986 kraft Gesetzes in den dauernden Ruhestand.

Im Bereich der Reichsbahndirektion Stuttgart sind der technische ReichSbahnoberinspektor Wagenhals in Heilbrvnn (Reichsbahn-Neu­bauamts nach Stuttgart-Bad Cannstatt (Neichs- bahn-Neubauamt), der Oberlandmesser N ö h m in Heilbronn (Neichsbahn-Neubauamt) nach Stutt. gart (Neichsbahndirektion), die technischen Neichs- bahninspektoren Boos in Heilbronn (Reichs- bahn-Neubauamt) nach Stuttgart-Bad Cannstatt (Neichsbahn-Neubanamt) und Dunz in Crails- heim (Bahnmeisterei I) nach Oberndorf als Vor- steher der Bahnmeisterei, der Bermesfungsober- sckretnr Schiecker in Heilbronn (Reichsbahn- Neubauamt) nach Stuttgart (Reichsbahndirektion) und der techn. Neichsbahnobersekretär Deuble in Heilbrvnn (Reichsbahu-Nenbanamt) nach Eß­lingen lReichsbahn-Betriebsamt) versetzt morden.

Der Herr Landesbifchof hat die Pfarrei Engels­brand, Dek. Neuenbürg, dem Pfarrvermeser Wal­ter Digel daselbst übertragen.

Von dem Bischof von Rottenburg ist dem kath. Pfarrer M ü n st in Karsee der Eintritt in den Ruhestand auf Ansuchen verwilligt worden.

Diensterledigungen

Die Bewerber um je eine Lehrstelle an Volks­schulen in folgenden Gemeinden haben sich bis znm 7. März bei der Ministerialabteilung für die Volksschulen zu meldein

anderevang. Volksschule Elt in gen. Kreis Leonberg, Dienstwohnung; Großbottwar, Kreis Marbach, Dienstwoh­nung, Gelegenheit zur Beteiligung am Organisten- dienst; O b e r k o l l w a n g e n, Kreis Calw, Dienstwohnung, Gelegenheit zur Ilebernahme des Organistendienstes; Ri et heim. Kreis Urach. Gelegenheit zur Ilebernahme des Organistendien­stes; Stammheim. Kreis Ludwigsburg; Spielbach, Kreis Gerabrvnn, Dienstwohnung Gelegenheit zur Uebernahme des Organistendien­stes; Unterjettingen, Kreis Herrenberg Dienstwohnung;

Die Bewerber um die Nevierfvrsterstelte Hirr - Weiler beim Forstamt Lichtenstein und Weil, heim beim Forstamt Balingen haben sich bin­nen )0 Tagen auf dem Dienstwege bei der Forst- direktion zu melden.

HcOttlMisLAe (AtzorrU

Durch einen Schlagansall wurde in Aulen­dorf Brigadearzt Dr. Fr ick von dieser Wett abberusen. Der Verstorbene war einer der ersten, die in Nulendo-' Moabereiter des Dritten Reiches waren.

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Der letzte Veteran des Veteranenvereins C h r i sta zh o f e n, ON. Wangen, der die Feld­züge von 1886, 1870/71 mitgemacht hat, wurde

unter großer Beteiligung von nah und sern in Beuren zu Grabe getragen. ES ist Johann Bapt. Prinz von Gumpeltshofen, der nahezu 92 Jahre alt geworden ist.

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In einer der letzten Nächte wurden in Wald- s e e einem bedürftigen Volksgenossen, der vom Winterhilfswerk Kohlen bekam, 3 Zent- ner Briketts gestohlen.

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Der Handelsschüler Kurt Friedmann in K or n w e sth e i m hat am 28. Dezember 1935 ein Mädchen vom Tode des Ertrinkens gerettet. Er wurde für diese Nettungstat öffent­lich belobt.

Heidenheim, 23. Februar. (Kultur- geschichtliche Funde.) Wertvolle vor­geschichtliche Funde wurden in der Bockstem- höhle im Louetal gemacht, wie in einem Vor­trag im Heimat- und Altertumsverem Her- denhcim jetzt berichtet wurde. Es wurden zahlreiche Faustkeile aus der Faustkeil- kultur gefunden, die noch sehr gut erhalten find. Weitere Gralm gen sind im Lause deS kommenden Sommers vorgesehen, und zwar an der Hohlesteinhöhle und an der Bären­höhle.

MAitkeln! der MF

Eßlingen, 23. Febr. Genau an der gleichen Stelle, an der sich das vor einigen Jahren von den Kommunisten angezündete frühere Nrbciterheim befand, ist nun das neue Freizeitheim der DAF. entstanden. Das Heim, das Ende April seiner Bestim­mung übergeben wird, ist für die Veranstal­tungen der Arbeitsfront, von KdF. gedacht und scheint ideal für das Abhalten von Be- triebsseiern. Der Ban wurde unter der Lei.

llO. Stuttgart, 23. Februar.

Gewaltige Anstrengungen hatte man ge­macht, um den diesjährigen Stuttgarter Fast­nachtsumzug zu dem größten Ereignis der karnevalistischen Saison zu machen. Der Vsr- kehrsverein Stuttgart und unter den Stutt­garter Karnevalsgesellschaften besonders der Möbelwagen" hatten keine Mühe und anch keine Aufwendungen gescheut. In der Tat, gegenüber dem letzten Jahre konnte schon ein merklicher Fortschritt verzeichnet werden. So­wohl der Umzug war in seiner gesamten künstlerischen Aufmachung geschlossener als der erste und seine Majestät das Publi­kum geruhte in diesem Jahre aus seiner angeborenen Reserviertheit heraus,zngehen undmitzumachen".

Net bloß nastanda ond gloha!

Der Reichssender Stuttgart hatte drei An­sager aufgeboten, die in Lautsprecherwagen vor dem Zug herfuhren, um die in erwar­tungsvoller Ruhe harrende Menge anzu- seuern. Nicht lange brauchte man zu war­ten und der tolle Reigen begann. Mit viel Geschrei trieb allerlei junges Volk die aus­gelassensten Späße. Ein gutes Dutzend Kapellen und Spielmannszüge wetteiferten mLiebchen ade_" Als gar aus dem eher­

neu Leib des konfettispeienden und qualm­pustenden UngeheuersDer fliegende Stutt­garter" dieAnnemarie" ertönte, da sing das Publikum an zu schunkeln und zu

tung von Architekt W. EbersPücher er- I stellt.

Beherrschend ist der große 19 Meier lange Saal mit einer Theaterbühne. Ferner ist auf dem Erdgeschoß noch ein Tagesraum, der schön mit Holz getäfert wird, ein Speiseaus­gaberaum. ein Lesezimmer, Küche und Neben- räume. In der ganzen Länge von 42 Metern zieht sich eine Terrasse an der Südseite des Hauses dahin, die bald zu den schönsten Plätzen in Eßlingen zählen wird. Im Keller­geschoß befinden sich in der Hauptsache der Garderobenraum, der hier sehr sinnvoll uutergebracht ist, und eine ganz moderne Kegelbahn. In den oberen Stockwerken sind u. a. Räume mit je zwei Betten für Er­holungsuchende, Bad usw. vorhanden. Das ganze Gebäude macht einen großzügigen, ge­räumigen Eindruck, durch den dokumentiert wird, daß sür die arbeitenden Volksgenossen o;e beste Erholungsstätte gerade gut genug ist. Der größte Andrang wird leicht bewäl­tigt werden können. Eine neue breite Straße wird angelegt, um für das Heim, auf das die Eßlinger stolz sind, einen guten Zugang zu schaffen.

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Ebenfalls im Entstehen begriffen ist die Nmgestaltuug des Eßlinger Bahn­hofs. In einigen Monaten wird der Bahn­hof, dessen Mittelstück zurzeit mit Brettern verschalt ist, ein völlig anderes Gesicht haben. Der offene Bogengang wird ganz in Wegfall kommen und dafür eine große Fahrkarten­halle geschaffen werden. Diese Halle, die sich an Stelle des früheren Durchgangs zur Schienenfperre und der alten Fahrkarten­schalter befindet, ist etwa elf Meter lang und zehn Meter breit.

singen. Nun hatte es einenRücker" ge- ran, die Zurückhaltung war gelöst.

Aha. Aha!.

Mit lautem Jubet wurden die bunten Grüppchen, die Großfiguren und Narrenwagen empfangen. Wahre Konfetti- und Wurf­schlangenschlachten wurden zwischen dem zahl­losen Publikum und den Festzugsteilnehmern unter vernehmlichem Aha-Schlachtgeschrei ge­führt. Selbst der politische Witz fehlte nicht. So sah man den sattsam bekannten Litwinow wie er wirklich ist und die abessinische Leib­kapelle des Ras Hinundher. Die Kurstadt Bad Cannstatt zeigte originelle Ideen moderner Werbung. Ganz besondere Beachtung fand die Gruppe der GesellschaftMöbelwagen", in deren Mitte der Prunkwagen Seiner Tollitität Richard II. Der Prinz Karneval nahm süß lächelnd die stürmischen Huldigungen des närrischen Volkes entgegen. Der gewaltige Hofstaat des Prinzen zeigte sich in seinem blen­denden Prunk. Aus dem Wagen des Elferrats regnete es Süßigkeiten. Ganze Tafeln von Schokolade waren bestimmt der Mühe des Erhaschens wert.

Auch die Rottweiler Narren und die Meenzer" hatten Abordnungen geschickt. Die Stuttgarter Vereine beteiligten sich mit einem Massenaufgebot von tollsten Narren. Außerdem traten noch die Wehrmacht, die Polizei, die SA., die Hitlerjugend, die Reichsbahn, die Technischen Werke, mit aus­

gezeichneten Nummern hervor. Insgesamt 105 einzelne Nummern umfaßte der Stutt­garter Fastnachtsumzug, der sich zu einem richtigen Volksfest entwickelte. AuS allen Teilen des Landes waren die Zuschauer gekommen, die das bunte Spiel der närri­schen Parade bestaunten. Es ist schwer, zu schätzen, wie viele bei der Stuttgarter Fasnet waren. Es dürsten insgesamt mehr als 250 000 gewesen sein. Trotzdem hat sich der Verkehr dank der umfassenden Vorbereitun­gen reibungslos abgewickelt.

Eröffnung des Stuttgarter

Das Künstlersest,

ein Höhepunkt des Stuttgart«, Faschings Stuttgart. 23. Februar Der Künstlerbund hatte Heuer in überaus humorvoller Weise ein großes Ereignis der kommenden Jahre vorweggenommen, die Eröffnung des Stuttgarter Zoo. der bekanntlich im Gelände am Killesberg erstehen soll. Es war ein glücklicher Einsall, gerade dieses Thema für das Künstlersest dieses Jahres zu wählen, denn es ermög­lichte eine Ausschmückung von größerer Ge­schlossenheit und Einheitlichkeit, als die The­men der verganenen Jahre. Fast möchte man bedauern, daß soviel Witz und Kunst, so viel glänzende Einfälle einer üppigen Phantasie nur an einen Abend hingewendet wurden.

Schon bald nach Oesfnung des Kunst­gebäudes bewegte sich eine froh gestimmte, bunt gewandcte Menge Kostümierter in den Räumen, von denen einer den anderen in der Ausstattung überbot. Den großen Kuppel­saal beherrschte eine bis an die Decke rei­chende mächtige Fächerpalme in der Raum­mitte, in deren Gezweig sich grausliche Riesen­assen über den Köpfen der Tanzenden schwangen. Wie Adam und Eva wandelte man durch die Säle wie durch ein exotisches Tierparadies.

Da tappten Elefanten und Giraffen, da waren Löwen im Sprung und buntgefiederte Papageien, da schwamm man mit Tiefseennge- heuern in riesigen Aquarien, graulte sich in dem düsteren Uhlenhorst, der nur durch die Lichter von Rieseneulen gespenstisch erhellt war, Da befand man sich Plötzlich in einem Käfig mit wilden Hunden und schrak zurück vor einem phantastischen Ungeheuer, das sprung­bereit über einer Tür lauerte. Beim Anblick der phantastischen Ungeheuer, die hier an die Wände gebannt waren, konnte man auch mit Christian Morgenstern singen:Sie stehen nicht im Meyer und auch im Brockhaus nicht."

Kein Wunder, daß von Anbeginn eine fröhliche Faschingslaune die Besucher er­füllte uud Stürme von Begeisterung dem Künstlervolk dankten, das in humorvollen Vorführungen die Eröffnung des Zoo Paro- dierte. Da sah man gravitätisch tanzendes Großgeflügel, watschelnde Pinguine, Löwen, die sich als Parterreakrobaten gebärdeten, ballfpielende Walrosse und tanzende Pudel. Kaum hatte sich der Vorhang geschlossen, da begann, befeuert von den verschiedenen Kapellen, ein Tanzen und Schleifen und Drehen, das währte bis die letzten Straßen­bahnen morgens um drei Uhr die Tanzmüden aufnahmen und draußen in den Dörfern die Hähne den Morgen ankrähten. So sein war es noch nie! Das war die ein­stimmige Meinung all der Hunderte, die das Stuttgarter Künstlersest des Jahres 1936, das künstlerisch zweifellos wieder den Höhe­punkt der Stuttgarter Fafchingsveranstal- , jungen dargestellt hatte, miterleben dursten.

Sie Parade -er Narren

Der Stuttgarter Fastnachtsumzug

von vkkrick von

^Urheberschutz durch C> Ackermann, Romanzsntrale Stuttgart)

»Au, Ernst, ich glaube, hier ist auch kein Gas."

^ öu meines Vaters Zeiten noch nic

Beide blieben eine Weile stumm, dann sagte Ern!

Nu schimpf' man, ich Habs ja verdient."

Sie weinte auf und legte die Hand auf sei, Schulter.

Ne, Ernst. Du hast's nicht verdient. Du hast es nie gewollt. Der Wilhelm ist daran schuld und ich. I habe ja nicht geahnt-"

Er blickte scheu auf.

Du schimpfst nicht?"

Ne, Ernst. Schimpf du lieber"

Er seufzte.

Ja, Alte, da sitzen wir also wieder hier; und wei mit dem Gas, das ist Unsinn."

Er sprang auf.

Weißt du, was unsere Kinder getan haben?" chen hat^"^E ^ß Irma so gut zu mir gespr

Jetzt wollte ihr die Irmintrud nicht mehr über d Lippen, der Alte wurde lebhaft, cr haben wir Kinder weißt du, wo d

Irma ist? Die hat sogar den Herren vom Gericht den Ko zurechtgesetzl. Sie hat gemacht, daß sie mich nicht gehe yaven. Sie hat es fertig gebracht, daß morgen die Lölp ""d jetzt sitzt sie oben in meinem b- sorgen, daß unser Name ehrlich bleibt. U,

rr Alfred! Herrgott,, wqs Kot der Junge mir heute nac

du.

gesagt! Und weißt du"

Jetzt kollerten ihm wieder die dicken Tränen über die Backen.

Weißt du, was nun wird? Nun mache ich hier wie­der eine Tischlerei auf. Eine richtige ehrliche Tischlerei, und zwar nicht allein. Der Alfred bleibt bei mir. Er hat sein Studium an den Nagel gehängt. Ernst Weigel und Sohn! Mutter, wenn man so 'ne Kinder hat, dann darf mau nicht schlapp werden. Und ich weiß nicht, seit ich wie­der hier unten in der alten Bude stehe und wenn ich mir denke, wir wohnen da oben wo wir als ganz junge Leute schon einmal gewohnt haben, und fangen ganz klein wieder an ob's doch noch mal geht?"

Natürlich geht's. Tag, alte Dame."

Irma war eingetreten und hatte sich wieder voll­kommen in der Gewalt.

Fein geht's, paßt mal aus.

Frau Weigel bekam einen Schreck.

Es wird schon dunkel. Müssen wir wirklich nach Frohnau? Und sehen wie die Dienstboten seixen?"

Jetzt war Alfred zurückgekommen.

Nein, Mutter, das sollt ihr nicht. Ich habe hinaus- telephoniert, daß wir heute nacht in der Stadt bleiben und habe uns da drüben im Stargarder Hof drei Zim­mer bestellt. Eins für euch, eins für Irma und eins für mich. Morgen fahre ich hinaus und lohne die Mädchen ab. Irma hat ja noch Geld. Dann lasse ich auch gleich die Möbel, die wir behalten dürfen und die hierherpassen, bringen. Es ist so am besten. Und jetzt gehen wir alle zu­sammen zu Aschinger."

Cs war ein kleines, dumpfes Zimmer in dem beschei­denen Gasthof in der Beteranenstraße, in dem ein paar Stunden später die beiden alten Weigel standen.

Frau Weigel war ganz weich und sanft.

Nun soll ich dir wohl wieder die Taille aufknöpfen, wie früher? Weine man nich. Ich weiß nicht, mir ist so.

als ob es nun doch nochmal anders werden könnte. Siehste, nun sind wir wieder da, wo wir hingehören. Uebrigens. ich muß dir noch was sagen: sie haben ihn schon."

Wilhelm?" ' ,,

Er nickte.

Bester, als wenn sie dich Ernst, das hätte ich nicht überlebt."

Nun weinte sie sich an ihres Mannes Brust so recht aus; er streichelte ihren grauen Kopf und es war ihm, als wären sie seit langen Jahren einander nicht so nahe

gewesen wie heute.

Im Nebenzimmer stand Irma. Heute dachte sie aller­dings nicht daran, die Kerze zu machen, aber sie legte ihren Sportdreß, in dem sie den ganzen Tag herumge- laufen, sorgfältig zusammen und streichelte über das glatte Leder, als wolle sie Abschied nehmen. Dann kroch sie unter die Bettdecke. Jetzt war sie ja ganz allein, jetzt konnte sie sich ausweinen.

Wieder ein Zimmer weiter saß Alfred. Er weinte nicht, aber er saß ganz still und starrte auf ein kleines Briefchen, das ihm der Portier der Fabrik gegeben. Es war mit der Abendpost gekommen. Als er die Handschrift erkannte, hatte er es eilig in die Nocktasche gesteckt. Jetzt- erst öffnete cr es. Eine gedruckte Karte, die freigebliebenen Stellen mit Handschrift nusgefüllt:

Professor Alexander Prätorius gibt sich die Ehre, Herrn Alfred Weigel für Samstag, den 12. August, zu einem einfachen Butterbrot einzuladen."

Der Tag, an dem der Professor zur Feier von Hellas Geburtstag alljährlich lud! Auch jetzt noch? Der gute, liebe alte Herr! Er wollte ihm zeigen, daß er ihn verstand! Und Hella hatte die Karte geschrieben. Hellai

Er drückte impulsiv seine Lippen auf die Adresse ihrer Hand, dann aber wurde sein Gesicht starr und mir rascher Bewegung riß er Karte und Umschlag in kleine Fetzen. Ihm war, als vernichtete er eine» köstlichen vcha-.

(Forts, soigr.x