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Amtsblatt für cias Oberami Aleuenbürg
Nr. 4«
Dienstag den 28. Februar 1V3S
«4. Jahrgang
Eden über Aufrüstung uud Selsperre
3.7 Milliarden Marl für Gestzbriianniens Aufrüstung — Aussprache im englischen Oberhaus
es. London, 24. Febr.
Am Montag vormittag setzte das britische Kabinett die Reihe seiner Sondersitzungen zur Beratung des Aufrüstungsplanes fort. Die Re» gierungspläne werden zu Beginn nächster Woche zugleich mit einem Weißbuch zur Begründung der Aufrüstung dem Parlament vorgelegt werden. Es bestätigt sich daß die Auf- rüstnngsausgaben mit 3VÜ Millionen Pfund Sterling, also mit der u n g e h e u r e n Summe von 3,7 Milliarden Mark, vorgesehen sind.
Wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung des Weißbuches wird auch die große außenpolitische Aussprache haben, die am Montagnachmittag im Unterhause begann. In ganz England und auch außerhalb hat man dieser Aussprache mit großer Spannung entgegcngesehen, da die Erklärungen des Außenministers Eden seit der Dezember-Aussprache nach dem Rücktritt Sir Samuel Haares die ersten regierungsamtlichen Aeußerungen zur internationalen Lage sind. Die Absichten der Opposition waren schon am. Morgen durch Aeußerungen des „Daily He- rald" und der „News Chronicle" bekannt, die die sofortige Inkraftsetzung der Oelsperre gegen Italien forderten. Diese Forderung wurde aber von den „Times" bereits dahingehend beantwortet, daß sie erklärten, die Oelsperre werde weitgehend unterschätzt. In diesem Zusammenhang bemerkenswert ist eine Mitteilung des „Daily Expreß", daß die Regierung den englischen Gewerkschaften einen dreijährigen industriellen „Waffenstillstand" Vorschlägen werde, um eine einheitliche und beschleunigte Erzeugung neuer Kriegsschiffe, Tanks, Geschütze und Kriegsflugzeuge zu ermöglichen.
Die Unkerhausaussprache
Vor überfüllten Bänken begann am Man- tag die große Aussprache des Unterhauses über Aufrüstung und Oelsperre: den Anlaß dazu gab die Einbringung des militärischen Nachtragshaiishalts von mehr als sieben Mil- lionen Pfund Sterling. Die Sitzung begann mit der üblichen Fragezeit, die diesmal mehr als eine Stunde dauerte.
Neber die Entwendung des vom „Giornale d'Jtalia" veröffentlichten Schriftstücks sagte Außenminister Eden, daß es durch eine Indiskretion und einen absichtlichen Vertrauensbruch in die Hände der italienischen Zeitung gefallen sei. Eden bestritt jedoch, daß die Urkunde an sich und insbesondere zu diesem Zeitpunkt einen besonders geheimen Charakter habe, deren Enthüllung die Regierung in Verlegenheit setze oder eine Gefahr für die Interessen des Landes bedeute. Dann machte Eden Mitteilungen über das Zustandekommen des Schriftstücks.
Im weiteren Verlauf der Fragezeit wurde Ministerpräsident Baldwin gefragt,- was die Regierung getan habe, um ein Profitmachen in der Rüstungsindustrie zu verhindern. Valdwin wiederholte hierauf die Erklärung der Regierung vom letzten Donnerstag und sagte, die Regierung habe nicht die Absicht, Gewinne der Rüstungsindustrie zu verhindern. Sie sei nicht in der Lage, Spekulationsgewinne an den Börsen zu verhindern.
Hierauf begann die eigentliche Aussprache über Aufrüstung und Oelsperre.
Für die Opposition sprach der Arbeiterabgeordnete Lees Smith. Er wies darauf hin, daß es sich um die letzte Gelegenheit handele, me Oelsperre zu erörtern, bevor der Völker- sie behandele. Der Redner kritisierte Seit Bericht des Sachverständigenansschusses ne ^^frage, erklärte dann aber, daß
ßoritannien klug handeln werde, wenn es , .^sibrung übernehme und eine Oelsperre Vorschläge, sobald der Oelausschuß zusammen- -r, die Vereinigten Staaten
chre Mitarbeit verweigerten, würde das klug jei-i. Die militärische Beurteilung der Lage ^ offenbar dahin, daß Italien keinerlei Aussichten habe, den Krieg in Abessinien in einem Feldzug zu gewinnen. Die Oelsperre
die einzige Sühnemaßnahme, die eine unmittelbare Wirkung auf die militärischen Ope- "e" ansübe. Wenn England nicht Mvanke, sei die Haltung in den Vereinigten Staaten günstig. Die letzten Nachrichten besagten, daß die Oelgosellschaften dem Wunsche
der amerikanischen Regierung, kein Oel aus- zuführen, entsprechen würden. Durch seine Drohung gegen Großbritannien in der Oel- frage sei es Mussolini gelungen, die Oelsperre vier Monate lang aufzuhalten und inzwischen ungeheure Oelvorräte anzusammeln. Der Redner wandte sich hierauf dagegen, Laß die Regierung in Gens erst abwarten wolle, was die anderen Mächte Vorschlägen. Der Redner wandte sich hierauf der Lage in Europa zu und stellte die Frage, welche Lage entstehe, wenn der deutsche militärische Apparat fertiggestellt sei. Man müsse den Völkerbund und ebenso die Methoden der kollektiven Sicherheit stärken. Diese Ansicht werde auch vom Ministerpräsidenten geteilt. Mussolini sei keineswegs der einzige Diktator, der zurzeit beob-
Eden üdee die bei
Außenminister Eden begann hierauf seine Rede mit einem höflichen Dank an seinen Vorredner für Len erteilten Rat. Er frage sich aber, ob dieser Rat nicht der schnellen Entscheidung jemandes entstamme, der nur die halbe Wahrheit sehe. Lees-Smith werfe der britischen Regierung und dem Völkerbund vor, daß sie den Streit zu zögernd behandelt hätten. Von Januar bis April habe die Regierung zil vermitteln versucht. Sobald der Krieg erklärt war, sei innerhalb von zehn Tagen Italien zum Angreifer erklärt worden. Das scheine ihm eher von bemerkenswerter Schnelligkeit zu zeugen. Die wirtschaftlichen Sanktionen übten in Italien bereits ihre Wirkung aus, wie das aus den Goldsammlungen hervorgehe. Die Sühnemaßnahmen würden zuletzt einen bedeutsamen Einfluß ans die Erreichung der Hauptziele des Völkerbundes, die Einstellung der Feindseligkeiten, haben. Der Völkerbund erwäge nunmehr einen Schritt, der ein Gebranchsgut treffe, das sich zum größten Teil in den Händen von Nichtmitgliederstaaten befinde.
Der Anteil der Vereinigten Staaten an der Oelausfuhr nach Italien sei von September 1835 mit 6,3 Prozent im Oktober und Dezember aus 17,8 Prozent gestiegen. Das Oel habe in seinen, Edens, Augen keinerlei symbolische Bedeutung. Es müsse daher, wie alle anderen Sühnematznahmen unter dem Gesichtspunkt behandelt werden, ob eine Oel- sperre dazu beitragen werde, dem Krieg Einhalt zu gebieten. In diesem Geiste werde die Regierung die Frage prüfen, um zu einer Entscheidung zu kommen.
Je eher eine Aussprache über die Oelsperre in Genf stattfinde und je eher man zu einer Entscheidung komme, um so besser sei es. Die Regierung habe alles getan, um den Zusammentritt des Achtzehner-Ausschusscs zu beschleunigen. Inzwischen sei die britische Regierung von dm- ursprünglichen Entscheidung in der Oelfrag? nicht abgewichen, noch habe sie etwa beschlossen, nicht ihren vollen Anteil an einer Kollektivhandlnng zu nehmen, die der Völkerbund in dieser Frage beschließen möge.
Er könne dem Hause versichern, öatz es die Politik der britischen Regierung geblieben sei, stetigen «nd kollektiven Widerstand gegen jeden Angreifer zu leisten. Bei ihrer Entscheidung werde sich die Regierung durch die Entscheidung des Völkerbundes selbst leiten lasse». Es gebe keine Schwäche und kein Schwanke« in diesem Kurs, bis der Friede unterzeichnet sei.
Nach Aissicht der britischen Regierung stellte der Bericht des Fünferausschusses noch immer die Grundlage dar, auf die alle weiteren Versuche einer Lösung gestellt werden sollten. Er hoffe daher, daß dieser Bericht weder vergessen noch beiseite gelegt werde. Wenn die britische Regierung auch ihren vollen Anteil an der Durchführung der Sühnemaßnahmen nehme, so sei es doch in erster Linie der Wunsch, daß ein gerechter Friede zwischen Italien und Abessinien geschlossen werde. Wenn beide Staaten die guten Wünsche des Völkerbundes, dessen Mitglieder sie seien, in Anspruch nähmen, würde niemand zögern.
achte, was England tue. Es sei einfach logisch, daß man, wenn man in Zukunft den deutschen führenden Männern Einhalt gebieten wolle, zunächst einmal Mussolini Einhalt gebieten müsse. Was nütze aber die kollektive Sicherheit, wenn der Völkerbund den Kriegsapparat des Angrciferstaates mit Oel versorge? Man müsse nicht nur erwägen, welche Wirkung die zu fällende Entscheidung auf Italien haben würde, sondern auch, wie sie sich auf das wiederbewaffnete Deutschland und die es umgebenden Nationen auswirken würde. Die Oelsperre sei ein Symbol und ein Prüfstein für die Aufrichtigkeit des Völkerbundes geworden. Man müsse den Völkerbund bis zum Letzten in dieser Frage durchprobieren.
Me AutzenpolM
festzustellen, daß die Maschinerie des Fünferausschusses noch zur Verfügung stehe.
Eden wiederholte dann, die englische Regierung sei der Ansicht, daß der Augenblick gegenwärtig für irgend eine Aenderung der Völkerbundssatzung nicht günstig sei. Die britische Regierung habe daher nicht die Absicht, irgendwelche Vorschläge zn diesem Zweck zu machen. In der
Frage der kolonialen Rohmaterialien
stellte er hierauf fest, daß die Regierung keineswegs von dem Vorschlag Hoares in dieser Frage abgerückt sei. Sie sei durchaus bereit, jederzeit eine Prüfung dieser Frage vorzu- nohmen. Eine solche Prüfung finde zweck- mäßigerweise in Genf statt. Der richtige Augenblick für eine solche Prüfung hänge jedoch von vielen Umständen ab, wie zum Beispiel der Haltung anderer Mächte zu diesem Vorschlag.
So nützlich eine Prüfung sein würbe, so befinde sich das Haus jedoch im Irrtum, wenn cs glaube, Satz ihre Veranstaltung zur Entdeckung irgendeines Heilmittels für alle Uebel führen würde. Die internationale Lage sei diel zu vielgestaltig, als datz diese Frage mehr als einen Teil der Schwierigkeiten darstelle. Er wiederhole jedoch, datz die Negierung bereit sei, in eine Prüfung der Frage einzn- treten.
Eden behandelte dann die ägyptische Frage und sagte, er hoffe, datz die Besprechungen am 2. März ein erfolgreiches Vorspiel für die eigentlichen Verhandlungen sein würden. Eden wandte sich hierauf
der internationalen Lage
zn. Der Kurs, den England in den nächsten zwei Jahren steuere, werde in der internattonalen Lage von entscheidender Bedeutung fein. Es sei kein großer Beitrag zu der kollektiven Weisheit der Welt, wenn er feststelle, daß man 18 Jahre nach Kriegsschlutz den gleichen Fragen gegenüberstehe wie 1914.
Die Kriegsgeneration habe es sich zur Aufgabe gemacht, eine Wiederholung der Leiden, die sie ausgehalten habe, zu verhindern. Das sei ohne volle und aktive Mitarbeit Großbritanniens nicht zu erreichen.
Eine Zusammenarbeit könne am Vesten und wahrscheinlich auch am wirksamsten durch die Maschinerie des Völkerbundes ausgeübt werden. Großbritannien glaube, daß diese Politik am ehesten
die Aufrechterhaltung des Friedens
sichere. Zwei Bedingungen seien aber unentbehrlich:
1. daß das Syst ein wahrhaft kollektiv sei und so mächtig, um jeden möglichen Angreifer. innerhalb oder außerhalb abzuschrecken;
2. daß Großbritannien entschlossen und stark genug sein müsse, um seine Rolle in ihm spielen zn können.
Solange es keine allgemeine Abrüstung gebe, könne es auch für Grotzbritannieu keine einseitige Abrüstung geben, ivelchen Verlauf auch immer die Ereignisse in Zukunft neh
men würden. Wenn man eine Abrüstung wolle, so sei das nur mit einer verstärkten Macht und Autorität des Völkerbundes zu erreichen. Und diese Macht und Autorität müsse in beträchtlichem Umfange von der bewaffneten Stärke Großbritanniens ab- hängen.
Er bedauere, daß vermehrte Ausgaben für Rüstungen unvermeidlich geworden seien. Es handle sich um unproduktive Ausgaben, aber eins sei tröstlich: eine Stärkung der kollektiven Sicherheit sei die billigste Form der Wiederaufrüstung. Sie sei billiger als eine Wiederaufrüstung innerhalb des Vorkriegs- systems der Allianzen und unendlich viel billiger als eine Wiederaufrüstung innerhalb einer Isolierung.
England müsse wieder aufrüsten, weil cs an Vertrauen in den guten Willen der Nationen fehle, weil diese von Furcht besessen seien.
Hier liege die politische Aufgabe des Völkerbundes und Großbritanniens: Die Furcht vor einem nicht herausgeforderten Angriff könne nur beseitigt werden und müsse beseitigt werden durch die allmähliche Stärkung der kollektiven Sicherheit, bis jede Nation überzeugt sei, daß ein Angriff sich unter keinen Umständen bezahlt mache. Es sei daher wesentlich, daß, wenn die Politik des Festhäl- tens am Völkerbund und der kollektiven Sicherheit erneut bestätigt werde, klar unterschieden werde zwischen dieser Politik und der Einkreisung.
Die britische Regierung nehme ihren vollen Anteil an der kollektiven Sicherheit. Sie wolle keinen Anteil an einer Einkreisung nehmen. Die Entscheidung sei klar. Das letzte Ziel Englands müsse ein weltumfassendes System der kollektiven Sicherheit sein, das alle Nationen umfasse, dessen Autorität nicht in Frage zu stellen sei.
Allerdings sei man von diesem Ziel zurzeit noch weit entfernt. Europa müsse heute und innerhalb der nächsten Jahre zwischen Zusammenarbeit und Verfall wählen. „Wenn wir Erfolg haben sollen", so schloß Eden, „müssen wir andere dazu bewogen, mitzir- gohen. Wir werden nicht in der Lage sein, das zu tun, wenn andere Nationen nicht von unserer Aufrichtigkeit und unserer Stärke überzeugt sind, und wenn wir nicht ihr Vertrauen gewinnen können."
Große LohnstreNS in Oesterreich
Wien, 24. Februar.
In der letzten Zeit sind zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Oesterreich i>r verschiedenen Industriezweigen und Betrieben anläßlich der Erneuerung von Lohnverträgen schwere Gegensätze zutage getreten. Vereinzelt kam es sogar zur Arbeitsniederlegung. Ta der Gewerkschaftsbund diese Arbeitsniederlegungen vorher gebilligt hatte, stellten sie keine Verletzung des gesetzlichen Streikverbotes dar. Schärfste Formen nahmen die Streitigkeiten bei den bekannten österreichischen Automobilwerken Austro - Fiat und den österreichischen Sau rer-Werken an. Wie die christlich - soziale „Neichspost" nunmehr mitteilt, hat sich die Regierung entschlossen, eine Konferenz zwischen hervorragenden Vertretern des Gewerkschaftsbundes und des Bundes der Industriellen einzuberufen, in der die Beseitigung dieser Gegensätze angebahnt werden soll.
Auf dem Ball der österreichischen Heiin- wehr in den Wiener Konzerthaus - Sälen wurden zahlreiche Stinkbomben geworfen. Das Fest wurde dadurch empfindlich gestört.
AHball-MltimMrMst in Paris?
In Paris ist man an der Austragung der utzball-Weltmeisterschaft 1937. stark mte» isjicrt. Man will das Turnier im Rahmen :r geplanten großen internationalen zeltausstellung in Paris durch- ihren. Die Uebertragung der Veranstaltung n den französischen Verband scheint lariser Meldungen zufolge — sicher zu sem. ichwierigkeiten steht man in Paris ledig- ch noch in der Platzfrage, da die ftanzöst- he Hauptstadt kein Fußball-Feld besitzt, das l) 00Ü oder mehr Zuschauer fassen kann. Ws im nächsten Jahre soll jedoch Hierin Ab ilf« «schaffen werden.