Die Hlrrdeemsede von Neuruppin
er« Aufruf der Staatsanwaltschaft - E .bltterter Kamps «m da» Geftikndul»
Der Wandergefelle. der längere Zeit mit dem Uhrmacher Seefeld aus Reisen War und der am 4. Februar d. I. von Kiel aus eine Karte an die Staatsanwaltschaft Schwerin richtete, wird ersucht, umgehend seine Anschrift, eventuell durch die nächste Polizeibehörde der Staatsanwaltschaft Schwerin mitzuteilen oder sich persönlich bei dieser zu melden. Vertrauliche Behandlung wird zugesichert.
Schwerin. 9. Februar.
Zn der SamstagsveryanöluNg im Mord- prozest Leeield wurde die Ermordung des vier,atulgen Arthur Till und des 6 Jahre dllen Edgar T, I t r i ch, genannt ..Eipel'. ans Neuruppin autgeroUt. Tie beiden Kinder hakten am 16. Oktober 1934 gegen 13.3» Uhr die elterliche Wohnung verlassen um aus der Straße zu spielen. Gegen 17 Uhr wurde der kleine Eipel in der Steinstraße von einer Frau gesehen. Als die Frau den Jungen fragte wohin er wolle gab er zur Antwort: ..Weg!...' Arthur Till befand sich zu dieser Zeit nicht bei ihm. Später sah ein anderer Zeuge die beiden Kinder wieder zusammen im Schloßgarken beim Spiel. Von diesem Zeitpunkt an fehlte leder wettere Anhalts- Pnikt kür den Verbleib der beiden Jungen.
«Mutti! Mutti!"
Zwei Frauen, die im Walde Holz gesammelt hatten und sich aus dem Rückweg nach Neuruppin befanden, hatten noch ein Erlebnis. das in gewissem Zusammenhang mit dein schauerlichen Fall stehen könnte. Gegen 17.3» Uhr hörten sie plötzlich den Schrei eines Kindes aus dem Walde. Als sie ausmerksam horchten, vernahmen sie klag- liehe Ruse: ..M u t t i. Mutti!" Tann blieb alles still; die Frauen gingen weiter. Aus die Bermißtmeldung der Eltern wurde am nach, sten Tage eine große Suchaktion durchgeführt. die auch bald zum Erfolg führte. Am 17. Oktober wurden beide Knaben. eng umschlungen m der typischen Schlasstellung m einer dichten .Kiefernschonung ausgefunden. Tie Fundstelle lag etwa 20 Meter südwestlich eines Verbindungsweges zwischen den Chausseen Neuruppin-Altrnppin und Neu- ruppin-Wittstock in der Nähe des Lokals Schimmelpsennig. Tre kleinen Leichen boten den Anblick friedlich schlafender Kinder. Der rechte Arm des kleinen Eipel lag über dem Hals seines Freundes Dill; Eipel küßte noch im Tode seinen Spielkameraden. Die Obduktion der beiden Leichen e>gab keine Todesursache: äußere Ge- walteinwrrkung oder ein Sittlichkeitsver- brechen konnten nicht sestgestellt werden. Es wurde damals Pilzvergiftung angenommen.
Eine bezeichnende Feststellung
Nach dem Ermittlungsergebms steht einwandfrei fest, daß der Angeklagte am N>-«»^ttttag des 16. Februar 1934 in Neuruppin gesehen worden sei. Er war Ende September erst aus dem Gefängnis entlassen worden, und es ist bezeichnend, daß wäh- rend der Tauer seiner Straf- hast keine Morde an Kindern erfolgt sind. Unmittelbar vor seiner Einlieferung ins Gefängnis ereignete sich der Mord- fall Korn «Lübeck). Es ist weiter erwiefen. daß Seefeld am l6. Oktober in Neuruppin einen Knaben angesprochen hat und in die gleiche Gegend zu locken versuchte, in der am nächsten Tage die toten Kinder gesunden wurden. Tiefen Jungen hatte der Angeklagte gebeten, ihn zu photographie
ren. Er wolle ihn dann auch .knipsen'. Der Angeklagte sagte dabei, es wäre doch schöner, wenn aus dem Bild auch einHäs- chrn zu sehen sein würde; deshalb wäre es richtiger, in den Wald zu gehen. Der Junge bekam aber Furcht und lief dem Angeklagten davon, der sich mit ihm für den nächsten Tag verabredet hatte. Am anderen Tage hatten sich Polizeibeamte in der Nähe des vereinbarten Treffpunktes aufgestellt, um den Angeklagten zu verhaften. Seefeld kam aber nicht zu der Verabredung.
Ferner konnte ermittelt werden, daß See- feld gegen 14.50 Uhr mit zwei etwa sechsjährigen Knaben gespielt bzw. sich unterhal- ten hatte, und schließlich wurde noch fesige- stellt. daß ein Mann, dessen Beschreibung auf Seefeld paßt, zwischen 16 und 16.30 Uhr aus dem Wege, der zur Fundstelle der Leichen von Dill und Eipel führte, mit zwei kleinen Knaben Kastaniengesammelt hatte.
Als erster Zeuge wurde am Samstag der Amtsarzt aus Neuruppin vernommen, der die Leichen obduziert hatte. Mit gespannter Aufmerksamkeit hörte der Angeklagte diesen Bericht mit an. Darauf wurde die Mutter des kleinen Arthur Dill als Zeugin aufgerufen. Sie kann nur sagen, daß der Junge mittags spielen gegangen ist und seitdem ver. schwunden war.
Oberstaatsanwalt: ..Ich habe den Angeklagten während der Vernehmung der Mutter eines der toten Kinder, dessen Ermordung ihm zur Last gelegt wird, beobachtet und keinerlei Gemütsbewegung bei ihm feststellen können. Ich muß auf die maßlose Gefühlsroheit dieses Angeklagten Hinweisen, der sich durch nichts erschüttern läßt.' Ter Angeklagte erklärt dazu in seiner üblichen stumpfsinnigen und verstockten Art. daß „seine Person auch für diese Taten nicht in Frage käme'.
Seefeld legt sich fest
Im weiteren Verlauf der Zeugenvernehmung legte sich Seefeld fest. Als der Angeklagte dem kleinen Jungen gegenübergestellt wird, den e am 16. Oktober augesprochen hat, erklärt er plötzlich: „Ja, es stimmt, ich habe mit dem Jungen gesprochen." In der Voruntersuchung
Hatte Teefeld zunächst erklärt, daß er "am 16. Oktober überhaupt nicht in Neuruppin gewesen sei; dann räumte er schließlich doch diese Möglichkeit ein, als ihm schlüssige Beweise vorgelegt wurden. Die Begegnung mit dem Jun- gen schilderte er aber wesentlichanders als dieser. Hier zeigte sich wiederum die raffinierte Derteidiaungstaktik des Angeklagten, der
sich keinesfalls festlegen will. Seefeld behauptet noch heute, daß er den Jungen auf einer Wiese photographieren wollte und nicht im Walde; auch von einem Hasen will er nicht gesprochen haben. — Der Junge bleibt aber bei seiner Bekundung, die um so mehr an Wahrscheinlichkeit gewinnt, als festgestellt werden kann, daß sich an der von Seefeld bezeichnten Stelle überhaupt keine Wiese befindet.
Vorsitzender: „Seefeld, was wollten Sie eigentlich mit dem Jungen?'
Angeklagter: „Ich hätte ihn photographiert und ihm sein Bild geschenkt, und er hätte mich dann auch photographieren müssen."
Vorsitzender: „So, und das auf einer Wiese, die gar nicht vorhanden i st!'
Angeklagter: „Darüber mache ich kerne Aussage.'
Staatsanwalt: „Er kann vielleicht gar nicht photographieren, deshalb will er sich nicht festlegen."
Vorsitzender: „Was wollten Sie denn überhaupt in Neu-Nuppin? Wollten Sie sich einen Jungen suchen?"
Angeklagter: „Nein, das kommt nicht in Fra He. Ich gehe überallhin, wohin, das ist mir gleich. Ich arbeite rund herum, wo es ist. Ich gehe manchmal zwei- bis dreimal durch denselben Ort.'
Vorsitzender: „Ja. um Jungen für Ihre Schmutzereien zu finden!'
Bei der weiteren Befragung des kleinen Jungen ergibt sich wiederum, wie notwendig und wichtig es ist. wenn Eltern und Lehrer Kinder davor warnen, mit Fremden mitzugehen. Der kleine Zeuge gibt an. daß ihm plötzlich diese Warnungen eingefallen seien und er deshalb den Angeklagten nicht weiter begleitet hätte. Ein weiterer Zeuge erkennt Seefeld mit voller Bestimmtheit als denjenigen Mann wieder, den er am Mordtage mit zwei kleinen Kindern gesehen habe. Auf alle Vorhaltungen hinsichtlich seiner vielen Widersprüche weicht Seefeld aus und macht seine bekannten Ausflüchte, ick denen häufig seine ständige Redensart wiederkehrt: „Meine Per- son kommt nicht in Frage!' Am Montag wird die Verhandlung fortgesetzt.
Sie Zeugen im Königsmörderprozetz
Paris, 8. Fevruar
Im weiteren Verlauf der Zeugenvernehmung im K ö n igs m ö r der- Prozeß wurde der Zeuge Simono- witsch, der oberste Leiter der jugoslawischen Sicherheitspolizei, gehört, der in über einstündigen Ausführungen über verschiedene frühere Ustaschi-Anschläge berichtete, ko über den Eisenbahnanschlag im Jahre 1930 zwi- scheu Agram und Belgrad. In den Jatiren 1932 und 1933 allein seien 13 Anschläge, darunter mehrere Mordanschläge verübt worden. Bei Beginn des Jahres 1933 so fuhr der Zeuge Simonowitfch fort habe man mit den Anschlägen gegen den König von Jugoslawien, der die Einheit des serb'sch- kroatischen Reiches geschaffen habe, begonnen, man habe einen ersten Täter in Agram namens Peter Greb bestimmt. Dieser Mord- anschlag 'ei bekanntlich mißglückt da man Greb rechtzeitig verhaften konnte.
Simonowitfch ging dann aus die Vorbereitungen des Anschlags von Marseille ein. Tie
Anstifter dazu seien Pawelitsch und Percewitz. Um nicht denselben Fehler zu begehen wie in Agram, seien zu diesem Anschlag ganz besonders erfahrene, mutige und kaltblütige Terroristen ausgewählt worden. Kalemen se> ein Verbrecher, der schon mehrere Opfer in Bulgarien auf dem Gewissen habe. Er sei sozusagen der Henker der Ustaschi. Pospiichil sei ebenfalls ein Mann von großer Kaltblütigkeit, der gleichfalls mehrere Morde bs- gangen habe, darunter an zwei Polizeibeamten in Agram. Er sei es auch, der alle Bomben zu Anschlägen gegen internationale Züge hergestellt habe. Pralf sei der Helfershelfer von Pofpischil. Außerdem hätten sich die An. geklagten auch mit der Herstellung falscher Pässe beschäftigt.
Hierauf erhob sich der Angeklagte Pospischill und erklärte mit verkrampften Händen und erbittert: »Der Zeuge hat viele Dinge erzählt, die mir völlig unbekannt sind und das. was mir bekannt ist, ist unbedingt falsch dargestellt, z. B. was die Handhabung von
Waisen tn dem Lager in Janka Puszta betrifft. Wir haben uns dort nur mit landwirtschaftlichen Dingen beschäftigt.' Ironisch fuhr er fort, daß es allein die Angst sei. die die Serben verwirre und sie Schaufeln für Waffen ansehen laste.
Ter zweite Angeklagte Raitsch sagte kurz, daß die gegen ihn erhobenen Anklagen unbegründet seien, zumal auch jeglicher Beweis fehle.
Der Ustaschi-Prozeß ist nunmehr bis ,um Vortag des eigentlichen Attentats fortgeschritten. Es handelt sich jetzt darum, festzustellen. ob die drei Angeklagten PosPichil, Kralj und Raijtsch an der Verschwörung. die den Mord an König Alerander zum Ziele hatte, teilgenommen haben. Die nächste Frage ist. ob sie. wenn der Mordanschlag in Marseille mißglückt wäre, bereit gewesen wären, ihn an einem anderen Platz zu wiederholen. 38 Belastungszeugen sind noch zu vernehmen.
Die Samstagsverhandlung begann mit einer Ehrenerklärung durch den Gerichtspräsidenten für den von der Verteidigung am Vorabennd so heftig angegriffenen Chef der jugoslawischen Sicherheitspolizei Simo- nowitsch. Der Präsident begab sich auch auf das Gebiet der Politik, indem er erklärte, daß die Forderung der Kroaten auf Selbständigkeit auf falschen Voraussetzungen beruhe. Man brauche nur die Erinnerung an den König Alexander wachzurufen, der sich okine Bealeituna und obne Scknitmarde inmitten «eines Volles habe geigen connen. Der Generalstaatsanwalt schließt sich der Ehrenerklärung an und gibt seiner Entrüstung über die Angriffe auf Simonowitfch Ausdruck.
Im weiteren Verlaus der Samstagsttzung im Königsmordprozeß gaben verschiedene Wafsensachverständige ihr Urteil über die Wirkung der bei dem Marseiller Anschlag verwendeten Waffen ab. Ein Kriminalkommissar gab daraus ein Bild der eingehenden Vorbereitungen für den Anschlag. Durch welchen Zufall die Verhaftung des Angeklagten Kralj .zelungen ist. zeigte die Aussage des Kommissars O u d o t. Diesem war in Melun der Angeklagte dadurch ausgefallen, daß er in einem Kaffeehaus sür eine geringe Zeche ein Trinkgeld von 2'/- Franken gab.
Am Montag wird die Verhandlung fortgesetzt.
Blutige ZwlMnWke ln Epanisn
Vier Tote, acht Verletzte
Madrid. 9. Februar
In der Nacht zum Samstag kam es in verschiedenen Orten Spaniens zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen politischen Gegnern, bei denen rns- gesamt vier Menschen ums Leben kamen, acht wurden schwer verleM. In V > co kam es zu einem Straßenkamps zwilchen links, und rechtsradikalen Gruppen, bei denen ein spanischer Faschist getötet und iüns Personen, darunter ein Polizeibeamter, lebensgefährlich verletzt wurden. In Co rat de la Frontera versuchten streikende Arbeiter, mehrere Polizeibeamte zu entwaffnen. Hierbei entspann sich ein Feuergefecht, bei dem es drei Tote und drei Schwerverletzte gab. Schließlich wurde in der Provinz Salamanca bei einer Wahlversammlung der Rechten ein Mitglied der katholischen Volksaktion von Linksradikalen nie- dergeschosten.
Linksradikale brachen in Cadiz in daS Wahlbüro des Rechtsblockes ein. zerstörten das gesamte Mobiliar, schnitten die Tele» phonleitungen durch und vernichteten umfangreiches Propagandamaterial und Dokumente. darunter die Listen mit den Namerj von über 20 000 Anhängern der Rechts^ Parteien.
lUrheberschutz durch E. Ackermann, Romanzentrale Stuttgart)
komvn von von KSNLkSM
„Vater hat es wohl nicht übers Herz gebracht, Mutter das Fest zu verderben. Heut nachmittag hat er es ja erst
erfahren." ^
„Du, jetzt weiß ich auch, warum Vater den ganzen
Abend über so ein Gesicht gemacht hat."
„Deswegen muß ich ja jetzt mit dir sprechen. Wir sind ein paar erwachsene Menschen. Wenn ich mir denke, wie Vater jetzt zumute sein muß — und Mutter — wenn er etwa mit ihr gesprochen hätte? Morgen wird er es uns sagen. Du, mach' keine Szene. Mit der Villa hier ist es Essig und mit dem andern auch. Mit mir ist das nicht so schlimm. Ich fühle mich sowieso als Student nicht recht am Platz. Ich werde schon sehen, wie ich durchkomme, aber du
„Ach Quatsch! Ich habe immer so ein Gefühl gehabt, daß das hier unnatürlich ist."
Sie sprang aus und schluchzte jetzt plötzlich. Alfred legte den Arm um ihre Schultern.
„Tapfer sein, Zähne zusammenbeißen!"
„Un^nn! Ich heule nicht etwa um mich. Schade ist's ja. Schön war es schon hier, aber — Vater und Mutter tun mir so leid. Wie bringt Vater das Mutter bei!"
Jetzt erschrak sie und wurde ganz weiß.
„Vorhin gab es so einen Knall. Ich dachte, es sei was runtergefauen."
tz-e zitterte an allen Gliedern, und Alfred war auch erschrocken.
.Wir muffen gleich mal rüber. Ich kann mir nicht
^'»ko„-"
„Alfred?"
Irma blickte ihn mit ratlos entsetzten, tranengefüllten Augen an.
„Ich gehe mal leise hinüber."
„Ich komme mit, ich lasse dich jetzt nicht allein."
Sie hatte vollkommen vergessen, daß sie nur den Bademantel anhatte, und faßte Alfreds Hand. Leise schlichen sie über die große Diele und traten in das dunkle Ankleidezimmer der Eltern. Ein schwacher Mondstrahl kam durch das Fenster.
„Bleib!"
Alfred spähte hinein und sah sich um.
„Komm, hier ist nichts."
Sie standen lauschend, mit angehaltenem Atem.
„Traust du dich zu Mutter hinein?"
Mit bebenden Händen öffnete Irma die Tür und schloß sie gleich wieder.
„Mutter schnarcht und schläft ganz ruhig."
„Ich will mal zu Vater —"
Er zögerte an der Tür, versuchte durch das Schlüsselloch zu blicken, preßte das Ohr an die Tür, dann flüsterte er:
„Vater hat Licht, und ich höre etwas. Ich weiß nicht, ob er seufzt oder vor sich hinspricht. Dann geh' du nur schlafen, ich will zu ihm rein. In dieser Nacht darf er nicht allein bleiben."
„Alfred, was du doch für ein guter Kerl bist. Soll ich mit?"
„Laß nur. das ist Vater vielleicht unangenehm. Aber nicht wahr, du bist mein tapferes Schwesterchen?"
„Red' keinen Unsinn. Sag' Vater —"
Wieder wollte sie aufweinen, aber Alfred führte sie zur Tür.
„Weiß schon, geh' setzt nur. Wenn ich dich brauche, hole ich dich. Du mußt morgen bei Mutter sein."
Sie nickte. Und Alfred tat, was er eigentlich nie getan, seit er nicht mehr der kleine Junge war: er drückte
sie an sich und gab ihr einen Kuß.
Irma schlich hinaus, Alfred aber öffnete die Tür zi? des Vaters Schlafzimmer.
Ernst Weigel laß in Hemd und Unterhose auf dem Bettrand, hatte den Kops in beide Hände gestützt, brütet« vor sich hin und nur bisweilen hob ein tiefer Seufzer seine Brust.
„Vater!" ,
Ernst Weigel blickte auf und sah mit verständnlslosechj leeren Augen auf den Sohn.
„Was willst du denn?"
„Dir — nur gute Nacht sagen."
„So, das ist nett. War's schön im Kintopp? Na, denuj- gute Nacht, mein Junge."
„Ich möchte gern bei dir bleiben."
„Warum denn?" .
„Weil — ich bin doch ein erwachsener Mensch und —si der Fritze Kuhlekamp hat mir alles gesagt. Er hat es vott seinem Vater gehört."
„Aha! Also der auch! Der schwatzt auch! Ist sa Unsinn, ist alles nicht wahr. Was soll denn überhaupt sein?"'
Alfred fühlte, wie der Alte litt.
„Nein, Vater! Der Kuhlekamp hat es gut gemeint^ Sieh mal, du kannst doch nichts dafür und — Irma habe! ich auch schon alles gesagt und sie denkt gerade so wie ich. Sie war eben in Mutters Zimmer, weil wir Angst hat-, ten und — weil vorhin was runtergesallen ist."
Weigel starrte den Sohn an.
„Mutter schläft ganz ruhig."
Der Vater nickte mit einem wehmütigen Lächeln.
„Sie denkt immer noch, ich wäre betrunken gewesen. Aber morgen? Morgen?"
Und nun geschah etwas, was Alfred so gewaltig erschütterte wie nie etwas in seinem ganzen Leben: der Vater schluchzte laut auf. Schluchzte, wie ein verwundetes Tier stöhnt, und dicke Tränen liefen ihm über die Wangen.
(Forts, folgt.)