94. Jahrgang Nr. 28
Mittwoch de» 29. Januar 1936
Der EnztAer
.^tLicäe 7?a^ccHtett
Der Herr Reichsstatthalter hat im Name» des L-iM die Stationskommandanten Bechtolb in Miingc» und Nuss >» Ludmigsburg in den
^Ter^Herr Iimenminister hat im Namen des Reichs den Overpfleger Paul K u rz bei der Heilanstalt Zwiefalten auf feinen Antrag in den
^^m^Bereich^ der Reichspostdirektion Stuttgart ist der Postmeister Bänder in Mergelstetten aus Ansuchen nach Niedlingen versetzt worden.
Gesetzliche Maßnahmen bevorstehend
Die Geschichte der Schädlingsbekämpfung kennt nicht wenige Fälle, in denen ein an Wildpflanzen lebendes harmloses Insekt durch Uebcrgang auf Kulturpflanzen zu einem gefürchteten Schädling geworden ist. So hat sich auch die Rüben blatt- zvanze zu einem gefährlichen Zuckerrüben» fchädling entwickelt. Vor einigen Jahrzehnten noch vollkommen unbekannt, kennen sie die Nübenanbauer Mittel- und Ostdeutschlands heute nur zu gut. Wenn trotz Vergrößerung der Zuckerrübenanbaufläche im Jahre l935 keine nennenswerte Steigerung der Zucker, rübenernte zu verzeichnen war, so ist dieser Ausfall zum wesentlichen Teil aus das Insekt zurückzuführen. Besonders stark hat sich die Rübenblattwanze in Niederfchlesien bemerkbar gemacht, wo der Ernteaussall auf elf Prozent angestiegen ist. Bei starkem Befall der Felder kann er bis zu 70 und 80 Prozent betragen oder sich auch bis zur vollkommenen Ertragslosigkeit steigern. Für das Jahr 1936 ist nach Auffassung der Landesbauernschaften eine wesentliche Einbuße des Zuckerrübenertrages und damit der Zuckererzeugung zu befürchten, wenn die Wanze nicht im Frühjahr systematisch be» kämpft wird. Wie Ministerialrat Schuster vom Reichs» und preußischen Ernährungs» Ministerium in der „NS.-Landpost" mitteilt, ist deshalb geplant, die Bekämpfung des Schädlings für das gesamte Befallsgebiet einschließlich einer angemessenen Schutzzone sür das Jahr 1936 durch gesetzliche Anordnung obligatorisch zu machen.
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Steuerbetrug
wird tu Zukunft strenger bsftmft!
Bei einer Betrachtung der Steuereinnah. men des Reiches in den ersten neun Monaten des Rechnungsjahres 1935, also vom 1. April bis 31. Dezember 1935. weist der Staatssekretär des Neichsfinanzministeriums. Fritz Reinhardt, in der „Deutschen Steuer» zeitung" darauf hin. daß in den meisten Fällen das Einkommen 1934 wesentlich größer gewesen sei, als 1933. Zum erstenmal habe sich das hohe Veranlagungssoll sür das Jahr 1934 im Dezember 1935 ausgewirkt. Das Mehr des Auskommens an veranlagter Einkommensteuer habe im Dezember 1935 gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres 75.5 Millionen Reichsmark betragen. Das Aufkommen an Steuern insgesamt habe für die ersten neun Monate des Rechnungsjahres 1935 7190,4 Millionen Reichsmark ergeben gegenüber 6081.5 Millionen Reichsmark in der gleichen Zeit 1934 und 5147.8 Millionen Reichsmark in der gleichen Zeit 1933. Die Verbesserung im gesamten Rechnungsjahr 1935 (das noch bis zum 31. März 1936 läuft) gegenüber 1934 werde wahrscheinlrch 1300 Millionen Reichsmark erreichen, das Mehr aeaenüber dem Rechnungsjahr 1933
werde rynd 2400 Millionen Reichsmark be» tragen.
Die Anteile der Länder und Gemeinden an den» Auskommen an Reichssteuern müßten begrenzt werden zugunsten der größeren Aufgaben des Reiches. Die Länder und Ge» meinden müßten sich im wesentlichen auf das Mehrauskommen an eigenen Steuern der Länder und Gemeinden beschränken. Im Rechnungsjahr 1936 müsse und werde das Aufkommen noch wesentlich größer sein als dasjenige von 1935. Auch die wesentliche Verbesserung im Jahre 1936 sei dringend erforderlich zur Erfüllung der genannten beiden Aufgaben. Es müsse und werde gelingen, trotz großer finanzieller Anforderungen, die sich aus den verschiedenen Vorbelastungen und durch den Aufbau der deutschen Wehrmacht ergeben, das Gleichgewicht im öffentlichen Haushalt zu erhalten. Es müsse Ehren- fache eines jeden Volksgenossen sein, durch gewissenhafte Abgabe aller feiner Steuererklärungen und durch Pünktliche Erfüllung aller sonstigen steuerlichen Verpflichtungen tatkräftig mitzuwirken. Steuerverkürzungen durch falsche Eintragungen in Bücher und falsche Angaben bei der Abgabe von Steuer- erklärungen würden in Zukunft strenger bestraft werden als bisher.
Länger dienende Freiwillige beim »eichsarbeilsdienft
U»ver»Ag«che Derverbung erforderlich
Bekanntlich ergänzt der Neichsarbeits- dienst seinen Führernachwuchs aus den Reihen seiner länger die- nendenFreiwilligen. Auskunft über die Führerlaufbahn, erteilen die Reichsarbeitsdienstgruppen. Die Dienstzeit der länger dienenden Freiwilligen dauert ein Jahr, für diejenigen, welche bereits im Arbeitsdienst waren oder bei der Wehrmacht gedient haben, nur ein halbes Jahr.
^.Voraussetzung sür die Meldung zum Eintritt als länger dienenderFreiwilligerist, daß der Bewerber
1. mindestens 17 und höchstens 25 Jahre alt ist;
2. die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt;
8. deutschen oder artverwandten Blutes
ist!
4. gerichtlich nicht vorbestraft ist;
5. unverheiratet ist;
6. falls er minderjährig ist. die schriftliche und amtlich beglaubigte Einverständniserklärung seines gesetzlichen Vertreters vorlegt;
7. falls er ein in Berufsausbildung befindlicher Lehrling ist und seine Lehrzeit bis zur Einstellung noch nicht beendigt hat, die Einwilligung seines Lehrherrn zur Lehrzeitverkürzung beibringt;
8. nicht mehr berufsschulpflichtig ist.
9. Mindestgröße 1,60 Meter.
10. Für Ausländsdeutsche und Ausländer gelten Sonderbestimmungen.
6. Bei der Bewerbung um Einstellung sind folgende Unterlagen vorzulegen:
1. Der Freiwilligenfchein (bei der örtlichen Polizeibehörde zu erhalten) oder der Musterungsausweis bzw. Wehrpaß;
2. ein händschriftlich selbstgeschriebener Lebenslauf;
8. zwei Paßbilder in der ungefähren Größe: 55 Millimeter hoch und 45 Millimeter breit.
Diese Paßbilder müssen im unteren Drittel von dem Bewerber eigenhän- big mit Tinte unterschrieben sein (Vor- und Zuname).
4. Personalpapiere, z. B. Schulzeugnisse, Papiere über Zugehörigkeit zur HI., SA., SS. usw., Sportabzeichen usw.
5. Gegebenenfalls eine Bescheinigung des Lehrherrn (siehe L Nr. 7).
6. Gegebenenfalls Abgangszeugnis der Berufsschule (stehe X Nr. 8).
0. Bereits im Arbeitsdienst gediente Bewerber können bei Bedarf und Eignung mit dem Dienstgrad, den sie bei der Entlastung innegehabt haben (Vormänner — Obervormänner) wieder eingestellt werden.
Fahrtkosten werden nur erstattet bei Aufforderung zur Untersuchung.
Bewerber für länger dienende Freiwillige im Arbeitsgaubereich Württemberg- Hohenzollern müssen sich unverzüglich hei der ihrem Wohnort nächsten R e i ch s arbeits dien st gr upp e unter Beachtung obengenanter Bedingungen mündlich oder schriftlich melden. Die Anschriften dieser ReichSarbeits- dienstgruppen sind bei den nächsten Dienststellen der Polizei bzw. des Reichsarbeitsdienstes zu erfahren.
Da die Annahme nur noch kurze Zeit möglich ist, muß die Bewerbung unverzüglich erfolgen. .
Vvr kukdstt sm Lonnlss
Die Pokalspiele gewinnen nun allmählich in Deutschland mehr und mehr Bedeutung, wie sie denselben in England schon seit Jahren entgegengebracht wird.
Auch in unserer Enztalecke haben sich Heuer an den Pokalspielen mehr Vereine beteiligt als im vorigen Jahre, wo es deren nur zwei (Calmbach und Feldrennach) waren.
Seit Beginn der Pokalspiele sind nun schon einige bekannte Vereine, wie Engelsbrand, Wildbad usw. aus dem Rennen geworfen und heute schon fragt man sich überall unter den Fußballern:
„«er wirS MWeser?"
Der kommende Sonntag bringt zwei nette Pokalbegegnnngen. In Conweiler ist der Tabellenzweite und Meisterschastsanwär- ter Calmbach zu Gast. Es wäre interessant, das Spiel im Hinblick auf die Spielstärke der beiden Kreisklassen zu werten, doch ist das bei Pokalspielen immer etwas gewagt. Es ist jedoch nicht anzunehmen, daß Conweiler diesmal wieder in die Bitternis einer 1 ^-Niederlage versetzt wird. In Calmbach spielt Calmbach !I. gegen Neuenbürg I. und es ist soviel wie sicher, daß die Oberamtsstädter ihre Ehre dareinsetzen werden, günstig abzuschnei- Len. Auch zwei Pflichtspiele finden statt: Ottenhausen — Bärental und Wiernsheim — Wildbad. Während der Ausgang des Spiels in Ottenhausen offen ist, ist man versucht, im zweiten Spiel den Gastgebern einen Sieg zuzuschreiben. Doch braucht das nicht der Fall zu sein, wenn Wildbad sich wieder einmal zu Leistungen von ehedem anfrasft.
Kreisklasse 1
EngelsbranL
16
11
2
3
44:13
2 4:8
Calmbach
16
10
4
2
50:24
24:8
Neuenbürg
17
9
2
6
55:42
20:14
Wiernsheim
14
8
1
5
22:20
17:11
Wurmberg
17
8
1
8
45:44
17:17
Ottenhausen
17
6
5
6
27:26
17:17
Schwann
17
6
5
6
25:29
17:17
Pfinzweiler
15
5
2
8
15:30
12:16
Neu-Bärental
15
2
3 10
19:37
7:23
Wildbad
16
2
1
13
21:58
5:27
I« brr Kreisklafse 2
verstand es Conweiler nicht, dem Spiel Conweiler — Waldrennach eine günstige Wendung zu geben, sodaß der Abstand zum Meister Feldrennach größer geworden ist. Mit Ausnahme des Spiels Conweiler — Höfen sind in dieser Klaffe jetzt alle Spiele erledigt. Gesondert werden die Spiele mit Neusatz ausgetragen.
Krrisklaffe 2
Feldrennach
16
12
3
1
61:13
27 :S
Conweiler
15
10
2
3
61:16
22:8
Waldrennach
16
10
2
4
49:28
22:10
Höfen
15
9
3
3
60:18
21:9
Sprollenhaus
16
8
1
7
33:33
17:1h
Gräfenhausen
16
5
4
7
31:32
14:1g
Langenalb
16
4
2 10
14:31
10:22
Enzklösterle
16
2
1 13
11:88
5:27
Rotensol
16
1
2 13
19:80
4:28
Ein Mävsepaar mit Nachkommen ver- nlchkek jährlich etwa 18 Zentner Ge> treibe!
S3 "...... , - —
KOI^N VON O6MNN
toprriFhk br prom«theus-verl«g De. Eichacker, Grsbenzell bei München
Hell lächelte ein leises, amüsiertes Lächeln, als er Julias Eifer bemerkte. Er dachte daran, wie sie Ihn auf dem Dampfer und hier in Colombo bei seinem ersten Aufenthalt genau so angesehen hatte, lockend, fesselnd, immer neu und reizvoll. Dar gleiche Spiel . . . wie oft wird eS sich noch wiederholen? Er sah in sein Glas hinab. Es war ihm, als steige aus dem kühlenden Getränk das Bild von Jo aus, ihre dunklen Augen, ihr lieber, lächelnder Mund, ihr Weibtum, ihre Tapferkeit und Zuverlässigkeit . . .
Wie unter einem Zwang sah er auf. In ein paar bekannte dunkle Augen . . .
Jo? Was war das . . . narrte ihn ein Trugbild, eine Halluzination . .
Jo Kersting hatte geduldig alle Fragen über sich ergehen lassen. Ja, sie war mit Professor Bcrnburg durch Indien gereist und nun auf der Heimreise. In Colombo waren fHe 14 Tage zur letzten Arbeit und Sichtung ihres Materials geblieben, nachdem eine interessante und strapaziöse Fahrt durch Siam vor sich gegangen war.
Ihr Tisch im deutschen Klub in Colombo war an diesem Tag dicht belagert. Sie hatte viel Bekannte in der kurzen Zeit gewonnen, auch Bernburg fand unter den Deutschen viel Freunde.
„Aber ich bitte . . rief sie jetzt lachend, als man sie von allen Seiten bestürmte, weiter von ihrer Reife zu erzählen.. ,JH komme ja kaum zu Wort . . Plötzlich wurde ihr Blick
Ä«.
WHven quer durch den großen GesellschaftSraum getrennt, WSYSisr Menschen. Ein alter Herr mit spärlichem, grauem vcoArenz und gutmütigem, rotbraun»», Gesicht. Eine Dame
in kostbarer goldgelber Abendtoilette und schwarzer Samtjacke, eine auffallend schöne Frau, deren rotgoldenes Haar lohte, deren klare grüne Augen mit zärtlichem Spott auf den einen Gast blickten, während ein brauner Inder ihre Bewegungen mit eiserfüchtigen Blicken verfolgte. Und dieser andere . . . Sie sah nur sein Profil. Eine scharf geschnittene Nase, einen dicken Schopf blonder Haare, dis braunverbrannte Tönung des festen Gesichtes.
Jetzt wandte sich die schöne Frau zu ihrem zweiten Nachbar und lächelte ihn an. Es war Jo, als stände ihr das Herz still. Sie kannte das schöne lockende Gesicht. Im Bilde hatte sie es gesehen, und es war unvergeßlich in sie eingeprägt . . . Hell's Reisegenossin. . . und das andere mutzte Hell sein.
Hell . . . Sie rief ihn, ohne die Lippen zu rühren. Ein Bekannter aus Bernburgs Kreis wandte sich zu ihr.
„Aha, Sie beobachten auch unsere schöne Julia Terborg?"
Jo atmete schwer . . . „Wer ist sie denn?" fragte sie leise.
„Ach, Sie kennen sie nicht? Die schönste und extravaganteste Frau Colombos . . . ich, was sage ich . . . der Welt! Heute hier und morgen da, Forscherin, Abenteuerin, die große Gefahr für alle Männerhcrzen ... ja, ja . .
Er lachte auf.
„Der blonde Herr dabei ist ihr neuester Paladin, ein Arzt, sie nimmt ihn mit auf eine Expedition . , . kann es sich ja leisten die Frau, ist klotzig reich."
Jo war bis in die Lippen erblaßt.
„Stimmt nicht, stimmt nicht, Wilkins ... ver Maharadscha ist ihr neuester Verehrer . . ." korrigierte den Redner ein anderer aus dem kleinen Kreise.
„Na, die gefährliche Frau muß ich mir doch mal ansch-n", sagte Vernbv.rg und lachte, richtete den Blick auf sie und nickte beifällig mit dem Kopf.
Jo faßte sich mühsam. „Ich bitte einen Augenblick um Entschuldigung", murmelte sie heiser und stand auf.
Hellmut sah noch immer wie gebannt hinüber. Nein, das war ja kein Trugbild, das war ja Jo, wirklich Jo, wie sie war und wie sie lebte , . . schlicht schmiegte sich das braungoldene Haar an den feinen Kopf, das liebliche Oval war gesenkt, dke dunklen Augen, die schlanke Gestalt in dem schlichten, aber gefälligen Kleid. Sein Herz schlug stürmisch.
Er stand auf. „Entschuldigung", sagte er. Julia Terborg schüttelte lachend den Kops und war bald wieder mit dem Maharadscha in ein kokettes Frage- und Antwort-Spiel verfangen.
Terborg nickte... da ging er schnellen Schrittes durch den großen Saal, hier — hier war doch Jo eben gegangen?
Er raste aus den Flur... ihr weißes Kleid leuchtete durch die leise Dämmerung der großen Säulenhalle . . . nichts mehr — aber — draußen im Garten? —
Er stürzte hinaus.
»Jo . . . Jo . . Jetzt war er ihr ganz na«^.
Sie wandte sich um und kam langsam zurück. Blieb stehen.
„Hell!" sagte sie leise und wie erstickt. „Hell... du bist es wirklich? . . ." Ihr Gesicht war blaß, deutlich /-ch Hell, daß ihre Augen feucht schimmerten . - -
Sein Herz schlug in stockenden Stößen.
„Jo . . Er zog sie näher zu sich. „Was ist denn . . . wie kommst du hierher . , . warum sprichst d» nicht? Freust du dich nicht. . .?"
Jo ließ die Hände sinken. Ihr Kopf neigte sich tiefer.
„Ich beende hier mit Bernburg meine Reise", sagte sie nur. „Wir fahren morgen mit der „Margarethe" Wetter..."
„Mit der „Margarethe" . . . mit meinem Schiff? Ja, wie herrlich . . ."
„Eine richtige Hexe", sagte er anerkennend. „So ... wie ich mir immer die gefährliche Undine vorgcstellt habe, Meerungeheuer, schön und ohne Herz . . ." Da fiel sein Blick aus Jo.
„Kind, was ist Ihnen den«, Sie sind blaß."
„Dein Schiss, Hxll ... Du fährst zurück?" „Ja, gewiß Kind, was dachtest du?"
„Ich hörte du gingest mit einer Expedition l nach ihren Händen.
Er griff lSchluß kolot.l