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schastlichen Bezirksverein Ulm und des Vereins ehemaliger Ulmer Winterschüler.

Ulm 12. April. In Ehrenstein ist in vergangener Nacht das von zwei Familien be­wohnte Armenenhans niedergebrannt. Die Be­wohner konnten sich retten. In Donaurieden brannte das Haus des Maurers Pflug ab. Das Feuer griff so rasch um sich, daß ein vierjähriges Kind nicht mehr gerettet werden konnte und des- halb verbrannte, während den übrigen Bewohnern nur die Rettung des nackten Lebens gelang. Ein einjähriges Kind konnte nur nocki im letzten Augen­blick aus dem brennenden Hause geholt werden.

Freiburg 11. April. Rechtsanwalt Hau, der beschuldigt ist, im November v. Js. in Baden seine Schwiegermutter, Frau Medizinal­rat Molitor, erschossen zu haben, wurde heute aus der hiesigen Universitätsklinik, in die er vier Wochen zur Beobachtung seines Geistes­zustandes verwiesen worden war, entlassen und wieder in Untersuchungshaft nach Karlsruhe verbracht.

Heidelberg 9. April. Der verstorbene Universitätsprofessor Geheimer Hofrat vr. Buhl hat lautHeidelberger Zeitung" sein hiesiges Besitztum im Werte von annähernd 300000 ^ der Universität Heidelberg mit der Bestimmung vermacht, daß nach dem Tode seiner Frau das Besitztum zu einem Genesungsheim hergerichtet werden soll. Zur Instandhaltung und zirr Führung des Genesungsheims wurden der Universität testamentarische 200000 ^ überwiesen. Ferner erhielten die Stadt Heidelberg und dis Stadt Deidesheim in der Pfalz 20 000 Eine Reihe weiterer Legate sind an eine Anzahl Kunstvereine testamentarisch vermacht.

Aus Franken 12. April. Die 75jährige Witwe Vogel in Gochsheim zündete mit Petro­leum das Feuer an. Augenblicklich stand die Bedauernswerte in Hellen Flammen. Die Frau erlitt einen qualvollen Flammentod.

Leipzig 8 April. Haftung der Auto mobilfahrer Fuhrwerken ge- gen üb er. Die ZeitschriftDer Holzmarkt" bringt aus derDeutschen Jurlsten-Zeitung" die nachstehende, wie es scheint, noch sehr wenig be­kannte Entscheidung des Reichsgerichts: B. fuhr eines Tages mit seiner Ehefrau in einem von ihm selbst gelenkten Einspänner die Chaussee entlang, als ihnen das Automobil des Beklagten, von diesem selbst geleitet, entgegenkam. Kläger wurde es auf ungefähr 300 Schritt gewahr, stieg, da sein Pferd an Automobile nicht gewöhnt war, auch früher schon einmal vor einem solchen gescheut hatte, ab, faßte das Pferd am Kopf und führte es an den Straßenrand, wo er es festzuhalten suchte. Gleichzeitig suchte er mit erhobenem linkem Arme dem Automobil ein

Zeichen zu geben, das Beklagter allerdings nicht bemerkt haben will, so daß er seine Fahrt in demselben Tempo, nämlich mit der polizeilich zu­gelassenen Geschwindigkeit fortsstzte, obwohl das Pferd unruhig wurde, den Kopf hob und mit den Vorderbeinen trippelte. Als das Automobil nahe heran war, machte das Pferd einen Seiten, sprung, wobei die Deichsel brach und ging durch. Die Ehefrau des Klägers wurde aus dem Wagen geschleudert und erlitt einen Schädelbruch, an dessen Folgen sie starb. Kläger klagte auf Schaden­ersatz für sich und seine Kinder. Das Reichs­gericht hob das Urteil der Vorinstanz, durch das die Klage abgewiesen war, auf. Auch in diesem Urteil war schon ausgeführt, daß der Automobilführer nicht bloß die Polizeivorschriften zu beachten, sondern je nach Lage der Sache Schaden zu verhüten bestrebt sein müsse, nahm aber an, daß vorliegend dazu keine Veranlassung Vorgelegen habe. Das Reichsgericht stellt fest, daß, der Gefährdung entsprechend, von den Automobilfahrern ein besonders hoher Grad von Vorsicht zu fordern ist, gemäß dem Grundsatz, daß mit dem Grad, der mit einem Unternehmen oder Betriebe für Dritte hervorgerufenen Gefahr sich auch die Anforderung an die anzuwendende Sorgfalt steigert. Danach habe Beklagter sich nicht darauf verlassen dürfen, daß es dem Kläger gar wohl gelingen werde, das Pferd zu beruhigen. Er mußte halten, wenn auch nur eine (nicht bloß entfernte) Möglich­keit einer Gefahr für die Insassen des Wagens vorhanden war. Vorstehende, in erheblichem Um­fange prinzipielle Entscheidung des höchsten Gerichtshofes ist sowohl für Automobil­führer wie für die ein Fuhrwerk Benutzenden von weittragender Bedeutung. Jeder Lenker eines Fuhrwerks, dessen Pferde durch ein ent­gegenkommendes Automobil erheblich unruhig werden, ist nunmehr berechtigt, den Automobil­führer durch W'd ken so lange zum Halten zu veranlassen, bis er selbst an dem haltenden Auto vorübergekommen ist. Die Nichtbeachtung dieser Aufforderung seitens des Automobilführers legt letzterem die weitgehendste Haftung auf.

Zürich 11. April. Vor Jahresfrist kam während des Bahntransportes St. Gallen-Bern eine für die Bundesbahnen bestimmte Geldsen­dung von 100000 Fr. abhanden. Wochenlang suchte man vergebens nach dem Täter, der unter den Bahn- und Postangestellten vermutet wurde. Man entdeckte ihn in dem Postangestellten Wydler aus Winterthur, als dieser aus einem Urlaube nicht zurückkehrte und das Weite gesucht hatte. Polizeilichen Nachforschungen gelang es endlich, Wydler in Brasilien ausfindig zu machen, von wo aus nach langen und kostspieligen Verhand- lungen seine Auslieferung erfolgte. Von dem gestohlenen Gelds wurden 81000 Fr. wieder bei­gebracht. Da die Auslieferungskosten aber

befindliche Plakatsäule samt Laternenaufsatz wurde heute Vormittag durch ein Artilleriefuhrwerk, dessen Pferde scheuten und durchgingen, vollständig in Trümmer gelegt.

Heilbronn 12. April. Der ledige 26 Jahre alte Taglöhner Wilhelm Harrich von Großgartach OA. Heilbronn zog einige Zeit am unteren Neckar mit Betteln und Schwindeleien umher, wobei er es besonders auf Geistliche ab­gesehen hatte, denen er vorlog, daß er in der Augenklinik Heidelberg operiert worden sei und kein Geld zur Weiterreise habe. In einigen Fällen gelang es ihm, hiemit kleinere Darlehen zu erschwindeln, für welche er Quittungen mit falschem Namen gab. Die Strafkammer ver­urteilte ihn zu fünf Monaten Gefängnis.

Von der Staig 12. April. In den letzten Tagen brachte die Bahn größere Trupps polnischer Arbeiter, welche für die Landwirt­schaft auf das Sommer Halbjahr engagiert sind. Ein Teil fuhr auch ins Oberland. Männer wie Weiber waren unsauber gekleidet, doch guter Dinge. Sie hoffen in der Gegend ein gutes Auskommen über den Sommer zu haben und rechnen auf Ersparnisse für die Heimreise im nächsten Herbst.

Tübingen 11. April. (Strafkammer.) Der Kutscher I. Gauß in Herrenberg machte am Sonntag, 27 Jan., mit seinem leeren Ein­spännerschlitten auf der Rückfahrt von Decken- pfronn nach Herrenberg vor der Kronenwirtschaft in Affstätt halt und übergab sein Pferd einem 7jährigen Knaben zur Beaufsichtigung, während er sich in die Wirtschaft begab, ließ aber das Pferd in fahrbereitem Zustand. Das Tier wurde bald unruhig und rannte schließlich im Galopp davon. Schlittenfahrende Kinder konnten dem heranrasenden Pferd nicht genug ausweichen, der Schlitten stieß mit dem der Kinder so zusammen, daß die 13jährige R. Dingler an den erlittenen Verletzungen starb, während die 9 Jahre alte R. Böß einen Oberschenkelknochenbruch erlitt und heute noch leidend ist. Gauß wurde wegen fahrlässiger Tötung zusammentreffend mit fahr­lässiger Körperverletzung zu der Gefängnisstrafe von 10 Tagen und den Kosten verurteilt.

Ulm 12. April. Unter außerordentlicher Anteilnahme aus dem ganzen Lande fand gestern Nachmittag die Beerdigung des an Gehirnschlag verstorbenen Oekonomierats Karl Bräuninger statt. Am Grabe legten unter anerkennenden Worten iür des Verstorbenen ersprießlickie Tätig­keit auf dem Gebiete der württembergischen Landwirtschaft Kränze nieder. Oberregierungsrat Krais namens der K. Zentralstelle für die Land- Wirtschaft, Baron von Wöllwarth namens des Beirats der Verkehrsanstalten, Landtagsabgeord­neter Haug-Langenau im Auftrag des landwirt-

Nein," lautete ihre Antwort im gewöhnlichen feindseligen Ton,ich kenne Sie ja gar nicht."

In Plouvenec muß man wohl einen Menschen erst kennen, ehe man über ihn lachen darf? Ist das bretagnischer Brauch? ich finde das eine sehr gute Sitte!" entgegnete Hamor in der besten Absicht der Welt.

Die blauen Augen verdunkelten sich und Guenns Stimme zitterte vor Erregung:Es ist ein bretagnischer Brauch, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, und sich nicht über andere Leute lustig zu machen, besonders wenn sie einem so viel als möglich aus dem Wege gehen, mit einem kräftigen Schlag brachte sie das Boot ans Ufer und er­wartete nun, daß Hamor aussteigen werde.

Er lehnte sich jedoch behaglich zurück und schaute sich nach irgend welchem Grund zu einer Verzögerung um. Weit und breit war niemand zu sehen, außer einem kleinen halbnackten Buben, der sich herzudrängte und sich für einen Sou bereit erklärte, Monsieur allerhand Taucherkunststückchen vorzumachen.

Schwimme hinüber ans andere Ufer und von dort zu dem großen Schiff," rief Hamor, von einer glücklichen Idee erfaßt.Du bekommst zehn Sous, aber ich will schönes, kunstgerechtes Schwimmen sehen, keine Zappelei. Mit einem wunderbaren Kopfsprung war der Knabe im

Wasser.

Jetzt habe ich sie," frohlockte er innerlich.Sie darf das Boot nicht verlassen und mich kann sie doch nicht gut an die Luft setzen." Er verharrte vollkommen ruhig, bis sie sich ungeduldig umwandte und ihre Blicke sich begegneten.

Vo)'on8 Guenn," sagte er ernsthaft.Es ist nun schon das zweite Mal, daß Du wiche nicht allzu liebenswürdige Bemerkungen an mich richtest. Was habe ich Dir denn eigentlich getan? Habe ich Dich jemals belästigt, Dich durch Blicke oder Worte verletzt? Habe ich jemals versucht, mit Dir

zu sprechen, außer an jenem Abend an der Bucht und heute? War es vielleicht meine Schuld, daß Dich die andern Weiber damals neckten, und was schadet es denn, wenn ich Dein schönes Haar gesehen habe? Ich bin auch gänzlich unschuldig daran, daß der Fährmann heut betrunken war. Sei doch vernünftig, Guenn, und bedenke, daß Jeanne ebenso gut an Deiner Stelle hier stehen könnte. Warum bist Du denn da? Dafür bin ich doch wohl nicht verantwortlich?"

Ja, warum ich?" wiederholte Guenn langsam.

Während seiner Rede hatte Hamor das Skizzenbuch hervorgeholt und versucht mit flüchtigen Strichen die reizende Gestalt festzuhalten:Da­für ein Geschöpf, das sprüht nur so von Anmut und Leben! So werde ich sie malen in dem alten Boot, lebensgroß, auf das lange Ruder gestützt; die Granitmauern, die ausgespannten leichten Netze an den Masten, die schlüpfrigen nassen Steinstufen, und das Mädchen, wie es dem Beschauer gerade ins Gesicht sieht.

Hamor hatte eine einschmeichelnde Stimme, die von seiner jeweiligen Gemütsverfassung ganz unabhängig war. Er besaß in ihr auffallend weiche süße Töne, deren er sich im Umgang mit Frauen zu bedienen pflegte, mochte er nun eine Würdige oder Unwürdige vor sich haben. Es kümmerte ihn freilich wenig, was für Schlüsse aus solchen Schmeicheltönen gezogen wurden, die ein anderer Mann vielleicht nur einmal im Leben und einer einzigen Frau gegenüber anschlägt.Sag' mir nur ehrlich, Guenn, was Tu gegen mich hast? Warum Du mir böse bist?" bat er mit leiser Stimme.

Ich möchte, Sie gingen ans Ende der Welt und kämen nie wieder," versetzte Guen mit halbunterdrückter von Leidenschaft erstickter Stimme.

Ich gehe ja gewiß bald wieder fort," meinte Hamor tröstend.

Aber ich wünschte, Sie ginnen jetzt."

Warum, Guenn?"

(Fortsetzung folgt.)