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82. Jahrgang
Amts- un- AnMgeblatt für -en Se;rrk Calw.
LrschcinungStage: Dienstag, Donnerstag, SamS- raa, Sonntag. JnsertionspreiS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
Die Fischerei in der Nagold wird von Einzelnen in der Art ausgeübt, daß von den bestehenden Wehranlagen die Leerlauf- bezw. Floßgassenfallen gezogen und so die Staubecken entleert werden, um dann fortschreitend vom Oberlauf nach unten die Fallen zu schließen und das Flußbett trocken zu legen (sogenanntes Stellen machen)
Diese ebenso einer rationellen Fischzucht wider- streitende wie die berechtigten Interessen der Wasserwerksbesitzer verletzende Handhabung der Fischerei ist durch die Vorschrift in Z 5 Abs, 1 Ziff, 7 der Ministerialverfügung betr. die Ausübung der Fischerei vom 1. Juni 1894 (Reg. Bl. S. 135) ausdrücklich verboten.
Die Fischereiberechtigten und Fischwasser- pächter des Bezirks, sowie die Wafserwerksbesitzer werden ausdrücklich auf die Unzulässigkeit eines solchen Fischfangs mit dem Anfügen hingewiesen, daß erwaigen Zuwiderhandlungen mit Nachdruck entgegengetreten wird,
Calw, 12. April 1907.
K. Oberamt.
I. V.: Amtm. Rippmann.
Tages«euigkei1eu.
Calw. Wie der Annoncenteil des heutigen Blattes zeigt, will der hiesige Stenographenverein einen Unterrichtskurs für Mädchen errichten Dieses Vorhaben darf von der hiesigen Einwohnerschaft gewiß begrüßt werden. Ist doch damit hiesigen Fräulein Gelegenheit geboten, gegen ein Honorar, das im Verhältnis zu demjenigen anderer Städte sehr gering ist, eine Schrift zu erlernen, die gut bezahlte Korrespondenzstellen in Aussicht stellt. Der hiesige Stenographenverein ist ev, bereit, für tüchtige Schülerinnen bei der Zentralstelle in Stuttgart um Vermittelung an
Sonntag, de« 14. April 1907.
gemessen bezahlter Stellen nachzusuchen. Zufolge Aeußerungen -des Hrn. Reallehrers Möllen in Stuttgart erhielten seine abgehenden, tüchtigeren Stenographieschülerinnen in der Regel Anfangsstellen zu 80—100 ^ monatlich,
(Amtliches aus dem StaatSanzeiger.f Se. Königl. Majestät Haben am 8. Aoril ds. Js. allergnädigst geruht, die erledigte Stelle des technischen Kollegialrats bei der Regierung des Schwarz- waldkceises dem Straßenbauinspektor Burger in Calw unter Verleihung des Titels eines Baurats zu übertragen.
Freudenstadt 12. April. Der erste Auerhahn in diesem Jahr wurde von Priv. Kienzle sen.-Stutlgart in Rsinerzau erlegt. Als Besonderheit sei erwähnt, daß ein Auerhahn in den letzen Tagen in Klosterreichenbach auf der Wiese neben dem Gasthof zur Sonne eingefangen wurde.
Stuttgart 11. April. Der verstorbene Obermedizinalrat vr. v, Burckhardt hat mehrere Stiftungen gemacht und zwar zur Erbauung eines ärztlichen Klubhauses 40 000 der ärztlichen Unterftützungskasse 20 000 ^ und dem Armen-Kranken-Ludwigs-Spital 10 000
Stuttgart 12. April. Die Finanzkommission der zweiten Kammer setzte heute die Beratungen des Kultusetats fort und erledigte Kap. 73 bis 88 Tit. 2. Zunächst wurden be- zügl. der Mittelschulen noch weitere allgemeine Fragen angeschnitten, welche die Durcharbeit, den Schulbeginn, die Ferienzeit, die Versetzungs- Prüfungen, die Besoldungsverhältnisse der Lehrer, die Errichtung eines weiteren Realgymnasiums in Stuttgart u. A. betrafen. Der Errichtung einer weiteren Hauptzlehrerstelle an den oberen Gymnasien in Rottweil und Ehingen, sowie an der unteren Abteilung des letzteren Gymnasiums wurde zugestimmt. Bei Kap. 76 Tit. 3 wurde
ÄbonnementSpr. in l». Stadt pr.Mertelj. Mk.1.10incl.rrSg«r>. BierteljLhrl. BostbcjUgSpreiS ohne Beftellg. s. d. OrtS- u. Nachbar. ortSoerkehr IM., f. b. sonst. Berkehr Ml. 1.1°, Bestellgeld 20 Pfg,
die Eingabe der Zeichenlehrer betreffend gesetzliche Regelung ihrer Gehalts- und anderen Rechtsverhältnisse behandelt. Auf Antrag des Berichterstatters v Gauß wurde bezüglich der einzelnen darin geäußerten Wünsche zum Teil Uebergang zur Tagesordnung, zum Teil Mitteilung an die Regierung zur Kenntnisnahme beschlossen. Bei den Kapiteln betr das Volks'chulwesen wurde eine nähere Erörterung allgemeiner Fragen mit Rücksicht auf die in Aussicht stehende Volksschulnovelle unterlassen, dagegen die Fragen eines Schulmuseums, der Anstellung von Schulärzten, des Verhältnisses der Gemeinden zu den Aufsichtsbehörden und Lehrern kurz berührt. Bemerkenswerte, vom Etat abweichende Beschlüsse wurden nicht gefaßt, die neuen Exigenzen für Diäten und Reisekosten'der Schulkämmerer genehmigt und die Erwartung ausgesprochen, daß die zwecks Vermehrung der Präparandenkurse in Aussicht stehende Nachexigenz tunlichst bald eingebracht werde.
Stuttgart 12. April. Gestern vormittag entstand auf dem Charlottenplatz an einem Straßenbahnwagen Kurzschluß, so daß ein Teil des Wagens in Flammen geriet. Die Störung konnte alsbald gehoben werden; der Wagen mußte außer Betrieb gesetzt werden.
Stuttgart 12. April. Die hiesigen Schneidergehilfen, die es abgelehnt haben, die Arbeit zu den vom Berliner Hauptvorstand vereinbarten Bedingungen wieder aufzunehmen, haben in einer heute vormittag stattgehabten, von 500 Gehilfen besuchten Versammlung beschlossen, folgende Forderungen an den Arbeitgeberverband zu stellen: 1. 10 Prozent Lohnerhöhung. 2. Errichtung von Betriebswerkstellen. 3. Es dürfen nur noch organisierte Arbeiter beschäftigt werden.
Ludwigsburg 12. April. Die an der Ecke der Stuttgarterstraße und des Karlsplatzes
Var KschermSdchen von der vreta-nr.
Von BW, Howard.
(Fortsetzung.)
Noch niemals hatte jemand mit solcher Betonung „Guenn" gesagt; und dazu lächelte er — o dieses Lächeln, das sie so wohl kannte!
„Guenn," widerholte er, „laß uns doch vernünftig sein. Warum wllten wir uns auch zanken? Du weißt, daß ich Dich gern zum Modell haben möchte. Willst Du nicht zu mir kommen, Guenn? ich würde Dir fünfzig Franken monatlich geben und Jeanne hat Dir doch gewiß schon gesagt, daß ich es niemand allzu schwer mache."
„Nein," rief sie heftig und wandte ihm den Rücken zu.
„Und warum denn nicht?" fragte er weiter, noch immer in derselben gütigen Weise.
„Weil ich nicht will!"
„Nun, das ist freilich ein Grund, die Sache wäre somit als erledigt anzusehen. — Aber wenn Du auch selbst durchaus nicht zu mir kommen willst, so hast Du doch vielleicht nichts dagegen, wenn mich Dein kleiner Bruder einmal besucht?"
„Was wünschen sie von Nannic?" sagte das Mädchen abweisend und sah ihn zornig an.
„O nichts Besonderes," versetzte der Maler gleichmütig, „ich dachte nur, es würde ihm vielleicht Spaß machen zu kommen. Ich habe Kinder sehr gern und im allgemeinen hängen sie auch an mir."
Guenn maß ihn erstaunt mit den großen, glänzenden Augen. Mit gleichgültigem Blick schaute er auf das vor ihnen liegende Ufer und auf die vorübergleitenden Boote, harmlos, liebenswürdig lehnte er auf seinem Sitze und schien nicht die geringste Nebenabsicht zu haben.
„Nannic ist ein sehr lieber Junge," bemerkte sie endlich halb dreist' halb schüchtern.
„Das Hab' ich mir gedacht."
„Er weiß mehr als die andern Buben, er kann sogar Dinge vorhersehen."
„Ah," murmelte Hamor mit gut gespielter Ueberraschung.
Guenn nickte ernsthaft und schien in Bewunderung für das Talent ihres Bruders versunken. „Wenn er nicht kommen will, so kommt er nicht," verkündete sie nach geraumer Weile mit wichtiger Miene.
Hamor war drauf und dran ihr zu entgegnen, daß dies wohl „ein Familienzug" sei; da er aber fürchtete, den Zorn der kleinen Spröden aufs neue zu reizen, begnügte er sich mit der Bemerkung, daß es ihm leid sein würde, wenn Nannic nicht käme. „Glaubst Du wohl, daß er sich fürchtet, zu mir zu kommen?" setzte er arglos hinzu.
Guenn lehnte sich von Staunen überwältigt auf ihr großes Ruder. „Fürchten? Nannic Rodellec sich fürchten?" Dabei warf sie den Kopf übermütig zurück und brach in ein so köstliches Lachen aus, wie Hamor noch kein« gebört hatte. „Nannic und sich fürchten! wou äisu! nwa äieu!" und abermals stimmte sie ihr ausgelassenes, melodisches, unwiderstehliches Lachen an.
Bei wenigen Menschen, Kinder natürlich ausgenommen, klingt es gut, wenn sie so recht von Herzen lachen. Hamor hatte gerade über diesen Punkt selbst bei schönen Frauen Studien gemacht, die sehr wenig zu deren Gunsten ausgefallen waren. „Wirklich ein reizendes Lachen!" dachte er bei sich und lauschte erfreut wie auf ein tadelloses hohes 6, das Lachen klang ihm wie die herrlichste Musik. Unwillkürlich stimmte er selbst in ihre Fröhlichkeit ein, freilich sehr zur Unzeit, denn ihre Mienen verfinsterten sich zusehends. „Lachst Du über mich, Guenn?" versuchte er die gute Stimmung wieder herzustellen.