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Mmtsblatt für
clas Oberamt Meuenbürg
Rr. 20S
Dienstag den S. September 1VS8
V3. Jahrgang
RalienS Einspruch arge« de« Selvertrag
Das Geheimnis «m Mister Rickett — 3m Salle eines Fliegerangriffs...
Addis Abeba, 2. September.
Die Politische Lage wird auch am Montag noch voll und ganz durch den Konzessionsvertrag Abessiniens mit einer dmerikanischen Gesellschaft beherrscht. Besonders schwierig wird der Ueberblick über die Politische Situation dadurch, daß immer noch keine verbürgten Nachrichten über Einzelheiten dieses Vertrages vorliegen. Es herrscht immer noch ein undurchdrmgbares Dunkel. Vor allem bleibt der „Fall Rickett" ganz undurchsichtig. Man spricht in diesem Zusammenhang von der größten Bombe, die von dritter Seite in den abes- sinisch-italienischen Konflikt hineingeworfen worden ist. Man kann sich nicht erklären, daß der britische Gesandte in Addis Abeba nichts davon gemerkt haben soll, wie Mister Rickett im Flugzeug eintras und mehrtägige offizielle Verhandlungen mit dem Negus führte. Ebensowenig begreift man, wie sich der Kaiser von Abessinien in Verhandlungen mit einem fremden Staatsangehörigen einlassen konnte, ohne den betreffenden diplomatischen Vertreter des Landes in Kenntnis zu setzen.
InRom reitet man natürlich eine scharfe Attacke gegen den Konzessionsvertrag. Es wird erklärt, daß er unter allen U m - ständen rückgängig gemacht werden müsse. Italien werde es unter keinen Umständen dulden, daß durch die Manöver einer sog. Wirtschastsgesellschast, deren Hintermänner vorläufig noch nicht ganz erkennbar seien, ihm die Gebiete, um deret- willen das ganze Vorgehen gegen Abessinien eingeleitet worden sei, im letzten Augenblick unerreichbar gemacht werden sollen.
Unter diesen Umständen erhebt Italien formell Einspruch gegen den Vertrag, durch den alte italienische Rechte verletzt würden. Auf abessinischer Seite ist man dagegen der Ansicht, daß dieser Einspruch aus Grund der Verträge nicht gerechtfertigt sei.
In Addis Abeba herrscht natürlich Politischer Hochbetrieb. Man hört, daß der Konzessionsvertrag sowohl im amerikanischen, wie im abessinischen Handelsregister eingetragen werden wird und daß das Gesellschaftskapital als rein amerikanisch ausgegeben wird. Der Unterzeichner des Vertrags. Mister Rickett, wird an der Genfer Völkerbundsratssitznng teilnehmen.
Italien verdächtigt England
In Rom herrscht allgemein die Auffassung. als ob E n gl a n d im Fall Rickett die Finger im Spiele habe. Man mißt daher der Tatsache, daß der britische Gesandte m Addis Abeba aus London die Anweisung erhalten habe, den Kaiser zu veranlassen, den Vertrag aufzuheben, wenig Bedeutung bei. Auch dem offiziellen englischen Dementi traut man nicht. Zum mindesten hält man in zuständigen italienischen Kreisen die eng- lische Negierung für indirekt an der ganzen Angelegenheit beteiligt. Diese Auffassung bringt das „Giornale d'Jtalia" in einem Leitartikel in unmißzuverstehender Weise zum Ausdruck.
Diesen Verdächtigungen gegenüber bringt die englische Presse ihre Befriedigung zum Ausdruck, oaß sich die englische Negierung absolut einwandfrei benommen habe. Es wird mit Genugtuung sestgestellt, daß die britische Negierung eine strenge Untersuchung angeordnet habe, um festzustellen, ob bcr der ganzen Aktion mittelbar oder unmittel, bar englisches Kapital beteiligt sei.
Im Falle eines Bombenangriffs . ..
Der Kolonialsekretär der italienischen Gesandtschaft, Bazzani, erklärte dem Vertreter des Deutschen Nachrichtenbüros, daß demnächst auch der letzte italienische Angestellte, sowie das gesamte Gesandtschafts- Personal Abessinien verlassen würden, ferner teilte er mit. daß. bevor ein Luftangriff aus Addis Abeba erfolge. 48 Stunden vorher eine Warnung an dieVevöl. kerung sowie die Ausländer ergehen werde, Hierzu wird von abessinischer Seite erklärt, daß ein Bombenabwurf ani Addis Abeba gegen das Völkerrecht verstoßen würde da es sich u m eine okfenpStadt lion^e.
Noch kein italienischer Einmarsch in Abessinien
Rom, S. Seht. Von zuständiger italienischer Seite wirb das in einer Reutermeldung verzeichnete Gerücht entschieden in Abrede gestellt, wonach stärkere italienische Truppenkontingente nach einem kurzen Zwischenfall, bei dem ein kleiner italienischer Wachtposten von Abessiniern überfallen worden war, in abessinisches Gebiet eingedrungen seien. Im gegenwärtigen Augenblick seien keinerlei derartigen Vorfälle in irgendwelchen Gebieten zwischen den italienischen Kolonien in Abessinien zu verzeichnen.
Das Slvoetommen in Abessinien
London, 2. Sept. Das abessinische Oel- geschäft nimmt nach wie vor das ungeschmälerte Interesse der englischen Oeffentlichkeit in Anspruch. Der Bevollmächtigte der amerikanischen Gesellschaft, der Engländer Rickett, ist in Dschibuti eingetroffen. Er äußerte sich einem Vertreter des Reuterbüros gegenüber
Englische Kn
Schutz gegen Angriffe aus
London, 2. Sept. In Haifa, der Endstation der Oelleitung aus dem Irak, sind am Montag die drei englischen leichten Kreuzer „Arethusa", „Delhi" und „Durban" eingetroffen. Außerdem wird die Ankunft von acht Zerstörern erwartet.
Der „Star" berichtet in diesem Zusammenhang, daß zum Schutze dieses wichtigen Hafens besondere Vorsichtsmaßnahmen gegen überraschende Angriffe ans der Luft oder von der See her getroffen worden sind.
Mosley über be« iiaüeaisch- abessiaischen Konflikt
London, 2. Sept. Der Führer der britischen Schwarzhemden, Sir Oswald Mosley, sprach am Sonntag auf einer Massenkundgebung in der Freihandelshalle in Manchester über den italienisch-abessinischen Konflikt. Die britische Nation, so führte er u. a. aus, verlange hartnäckig eine Politik des Friedens. Trotzdem habe die Politik der Regierung eine Lage geschaffen, die den Krieg herbeizuführen drohe, und zwar ohne ausreichende Verteidigungs- Möglichkeiten Englands. Obwohl England in rüstungspolitischer Hinsicht die fünfte oder sechste Stelle unter den Nationen einnehme, habe es die Regierung für richtig gehalten, die am stärksten bewaffnete Macht der Welt herauszufordern. Einen Krieg zu suchen, sei ein Verbrechen, einen Krieg ohne ausreichende Waffen zu führen, sei aber ein Wahnsinn.
Sir Oswald Mosley kritisierte darauf die Haltung der Arbeiterpartei, deren Vertreter im Unterhaus vor einiger Zeit erstmalig die Forderung nach Sühnemaßnahmen aufgestellt hätten. Eine solche Politik, so erklärte er hierzu, sei für Großbritannien gleichbedeutend mit einem verheerenden Krieg, mit einem Krieg, der die große Gefahr einer sofortigen Unterbrechurrg der Verbindung Englands mit Indien und dem Osten in sich schließe.
Niemals wieder dürfe ein Tropfen britischen Blutes vergossen werden, es sei denn, daß es sich um die Verteidigung des britischen Reiches handle. Das sei die Auffassung aller britischen Faschisten. Mosley kam dann auf die von Abessinien einer amerikanischen Gesellschaft gewährte Oelkonzession zu sprechen und erklärte sich bereit, das Dementi der britischen Regierung, das eine britische Beteiligung in Abrede stellt, vorbehaltlich zu glauben. Hinter dem in England gegen Italien und Deutschland geführten Feldzug, hinter einigen der Presseangriffe und hinter der von den Rednerpulten der Parteien geführten Eainpagnen stünden die niedrigsten Inter
höchst optimistisch über das Oelvorkommen in Abessinien. Er sei überzeugt, daß im Bezirk von Kirkur das Oel ebenso gut und reich sei wie im Irak. Es liege in einer Tiefe von ettva MO Metern. Eine Röhrenleitung soll es nach dem Süden leiten. Bemerkenswert ist, daß die der abessinischen Regierung in Aussicht gestellte Kaufsumme geheim gehalten wird. Einer Meldung aus Addis Abeba zufolge soll die Gesellschaft die Absicht haben, die Kaufsnnnne mit etwa 200 000 Pfund zu bevorschussen.
Reuter behauptet in einer Meldung aus der abessinischen Hauptstadt, daß bereits Verhandlungen für die Lieferung von Gewehren und Munition bevorstehen, deren Bezahlung aus diesem Vorschuß geleistet werden soll.
Lediglich als Zeichen nervöser Spannung sei erwähnt, daß der kommunistische „Daily Worker" heute in sensationeller Aufmachung über den angeblichen Abschluß eines Oelliefe- rungsabkommens zwischen Mussolini und dem führenden Kopf der Royal Dutch Shell- Gruppe, Sir Henry Deterding, berichtet. Der Vertrag soll angeblich der genannten Oel- gesellschaft das Monopol für die Belieferung Italiens mit Oel und Oelerzengnissen sichern.
in Kalla
der Last oder vo« der See
esse««, die England jemals in den Augen der Welt entehren könnten. Ueber dem ganzen Abessinienkonflikt erhebt sich der Gestank des Oels, aber stärker als er ist der Gestank der Inden. Der „Manchester Guardian" berichtet, daß die Rede Sir Oswald Mosleys Beifall gefunden hat. Auch laute Protestrufe seien laut geworden.
Engl. GeweellÄnftSkangretz lür Sanktionen
London, 2. Sept. Auf dem Jahreskongreß der englischen Gewerkschaften in Margate richtete der Präsident des Kongresses, Perm, in seiner Eröffnungsrede heftige Angriffe gegen Italien und forderte die Anwendung wirtschaftlicher und finanzieller Sühnemaßnahmen, die ausreichen würden, um .jeden italienischen Angriff zu verhindern. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, so würde die Schließung des Suezkanals den Feldzug der Italiener in Ostafrika sofort zum Stillstand bringen. Es sei eine ernste Verantwortung, Maßnahmen zu befürworten, die unter Umständen einen Krieg verursachen könnten. Aber wenn man Italien nicht zurückhalten könne, sei der Krieg ebenfalls eine Gewißheit.
Der Sustav A-ollGerein tagt
München, 2. September.
Auf der 79. Hauptversammlung des Gustav-Adolf-Bereins in München wies Professor Dr. Hans Gerber-Leipzig in seiner Eröffnungsrede darauf hin, daß das Gustav-Adolf-Werk zum erstenmal in der Bayerischen Hauptstadt tage, die heute die Stadt der Bewegung sei, die das deutsche Schicksal gewendet habe.
Ausgehend von der Feststellung, daß die Diaspora-Pflege praktisch-kirckliche Arbeit in der Heimat und draußen unter den' evange- lischen Ausländsdeutschen sei, gab der Redner dann eine ausführliche Darstellung der Arbeit und der Schwierigkeiten der Diaspora- Pflege und hob hervor, daß die Diaspora- Hilfe dort am wirksamsten sei, wo sie sich der doppelten Diaspora: der des Glaubens und der des Volkstums zuwandte. Wenn der Gustav-Adolf-Verein sein Hilfswerk dem deutschen Volk in seiner Weltweite zugewandt habe, so habe er zugleich volkerhaltend und volkbildend wirken müssen, weil er zu deutschen Menschen nur in deutscher Art vom christlichen Glauben sprechen konnte. So komme es. daß gerade dnrch den Gustav- Adolf-Verein der Zusammenhang unter dem deutschen Gesamtvolk zu einer Zeit herze-
stellt und gepflegt werden konnte, in der die große Politik weder Verständnis dafür, noch Verlangen darnach hatte.
Der Vortragende sprach zum Schluß die Hoffnung aus, daß der Gustav-Adolf-Verein mit seiner Arbeit einen guten Beitrag auch zur Erneuerung der Heimat geben könne. Gute Christen und gute Deutsche zu sein, solle auch in Zukunft unser Stolz bleiben, Deutsche, denen ihr Volkstum letztes, höchstes Geschenk Gottes auf Erden ist und ein heiliges Gefäß, in dem sie das Ewige empfangen und zu bewahren haben. So wollen wir uns ge- vade hier in München, dem Ausgangspunkt der deutschen Freiheitsbewegung Adolf Hitlers, aus vollem Herzen zu dieser und dem neuen Deutschland bekennen, indem wir uns erneut zu der Aufgabe einer wahrhaft evangelischen Diaspora-Pflege verpflichten.
Das Urteil gegen die Nedemptoriften-Vatees
Berlin, 2. September.
Nach dreitägiger Verhandlung verkündete der Vorsitzende des Berliner Sondergerichts am Montag das Urteil gegen die 9 Geistlichen des Redemptoristen-Ordens, die sich unter der Anklage des Devisenverbrechens und anderer Straftaten zu verantworten hatten.
Der 49jährige Wilhelm Brinkmann aus Bochum erhielt wegen fortgesetzten Devisenver- brechens in Tateinheit mit teils einfacher, teils schwerer Urkundenfälschung und Devisenvergehens KJahrelMonatZuchthaus, 8 Jahre Ehrverlust, 100 300 Mark Geldstrafe und 184 000 Mark Wertersatz, der 55jährige Wilhelm Platte aus Bochum wegen fortgesetzten Devisenverbrechens 2 Jahre, 6 Monate Zuchthaus, 3 Jahre Ehrverlust, 30 000 Mark Geldstrafe, und als Gesamtschuldner mit Wilhelm Brinkmann 16 241 Mark Wertersatz, der 66jährige Anton Wal ^ aus Aachen wegen fortgesetzten Devisenverbrechens 3JahreZuchthaus,3 Jahre Ehr- Verlust, 60 000 Mark Geldstrafe und 107 000 Mark Wertersatz, der 53jährige Wilh. Bi a n - del aus Bonn wegen fortgesetzten Devisenvcr- brechens und Vergehens 2 Jahre 6 Monate Zuchthaus, 3 Jahre Ehrverlust, 10 000 Mark Geldstrafe und 37 000 Mark Wertersatz, davon in Höhe von 5000 Mark als Gesamtschuldner mit Walz, der 60jährige Johannes Kugel aus Heiligenstadt wegen fortgesetzten Devisenverbrechens in Tateinheit mit Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung 3 Jahre Zuchthaus, 3 Jahre Ehrverlust, 10 000 Mark Geldstrafe und 21000 Mark Wertersatz, der 51jährige Johann Peter Kox aus Heiligenstadt wegen Devisenverbrechens 1 Jahr 3 Monate Zuchthaus, 2 Jahre Ehrverlust, 10000 Mark Geldstrafe und 16 000 Mark Wertersatz als Gesamtschuldner mit Kugel. Der 40jährige Karl Feld- mann aus Trier erhielt wegen Begünstigung 4 Monate Gefängnis, die als durch die Untersuchungshaft verbüßt gelten. Der wegen Begünstigung angeklagte 51jährige Nikolaus Zoller aus Bonn wurde freigesprochen. Gegen den 55jährigen Bernhard Brinkmann aus Vaala (Holland) wurde das Verfahren abgetrennt, da sich noch eine nähere Untersuchung der Umstände auf dem Postscheck-, Sparkassen- und Bankkonto des Klosters aus der Zeit von Ende Mai 1933 bis Ende 1934 erforderlich macht.
Den Verurteilten wird die Schutz- und Untersuchungshaft in voller Höhe angercchnet. Für die Geldstrafen, dem Wertersatz und die Kosten des Strafverfahrens und der Strafvollstreckung wurde die Mithaftung der Redemv- toristenklöster Bochum, Trier und Heiligenstadt sowie des Provinzialrats des Ordens ausgesprochen.
Roosmlt
unterzeichnet die Reutrnlltötövorlage
Washington, 1. September.
Präsident Roosevelt hat am Samstag die Neutralitätsvorlage unterzeichnet. Damit hat die am 20. August vom Auswärtigen Ausschuß des Senates beschlossene Vorlage über die Neutralität der Vereinigten Staaten im Falle kriegerischer Entwicklung unter anderen Nationen, die ein Waffen- und Munitionsausfuhrverbot nach allen kriegführenden Staaten vorsieht. Gesetzeskraft erhalten, und zwar in der von Präsident Noosevelt geforderten Kompromißfassung, die daS Waffenaussllhrverbot zunächst auf sechs Monate, bis zum 29. Februar 1936. begrenzt