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clas Oberamt Aleuenbürg

Nr. ISO

Freitag den 12.3«li 1935

93. Jahrgang

Englands Außenpolitik

Autzerimurislee Sir Soare spricht im Unterhaus

London, 11. Juli.

Der englische Außenminister Sir Hoare er- öffnete am Donnerstagnachmittag die große außenpolitische Aussprache im Unterhaus. Die Regierungsanhänger und die Opposition waren in voller Stärke erschienen. Auf der Diploma­tenloge sah man die Botschafter Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Sowjetrußlands und die diplomatischen Ver­treter anderer Staaten. Auch der britische Bot­schafter in Berlin, Sir Eric Phipps, war anwesend.

Um 15.42 Uhr erhob sich Sir Hoare zu seiner ersten Unterhausrede seit seiner Er­nennung zum englischen Außenminister.

Er behandelte zunächst

das Flottensbkommen.

Er betonte, daß das Flottenabkommen kei­neswegs selbstsüchtig sei und daß England kein solches Abkommen unterzeich­net hätte, das nicht auch zum Vorteil der anderen Seemächte gewesen sei. Jedes Ab­kommen, das England mit Deutschland hätte schließen können, hätte derart sein müssen, daß es die Aussichten eines allgemeinen Flottenvertrages nicht ungünstig beeinflusse. Es habe überragende Gründe gegeben, warum England im In- teresse des Friedens die sich ihm bietende Gelegenheit hätte er­greifen müssen. Zu viele Gelegenheiten zur Herbeiführung einer Abrüstung seien in den letzten Jahren entgangen. Hier habe je- doch ein Fall Vorgelegen, in dem die Ma- rinesachverständigeii auf Grund marine­technischer Gründe der Ansicht waren.. daß ein Abkommen geschlossen werden mußte. Hier habe sich eine vielleicht nie wieder- kehrende Gelegenheit geboten, um eine der Hauptursachen für die Verschlech­terung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern vor dem Krieg zu beseitigen, näm- lich einen Nüstungswettbewrb zur See. Wetter habe das Abkommen zur Beseitigung des unbeschränkten U-Boot-Krieges geführt. Kurz, es sei hier eine Gelegenheit gewesen, ein Ab­kommen abzuschließen, das auch zum Vorteil der anderen Seemächte nit Einschluß Frankreichs sei.

Hoare behandelte dann den

Luftpakt

und wies darauf hin, daß die Regierung naci wie vor einen Lustpakt anstrebc, der von einer Begrenzung der Lustrüstungen beglei­tet sein müsse. Die Schwierigkeit bestehe je- doch hier darin, die verschiedenen Ansichten auf einen Nenner zu bringen, w i e man die Verhandlungen darüber führen solle. Wenn man das wolle, müsse man die Zweifel und Schwierigkeiten der Nachbarn, d. h. der fünf Locarno-Mächte, verstehen. Es sei bekannt, daß diese den Luftpakt nicht von anderen Bedingungen trennen wollen. Es sei befürch­tet worden, daß England das tun wolle. Demgegenüber betone er, daß der Friede eine Einheit sei. Das führe ihn direkt zur

Frage des Ostpaktes

Wenn auch England keine weiteren Ver­pflichtungen übernehmen wolle, so schließe das nicht ein Interesse an der Regelung der Ostfragen aus. Wenn er auch nicht der Ansicht Edens ist, daß der Ab­schluß eines gesonderten West- l u f t P a k t e s d i e G e f a h r e n i m O st e n vermehren würde, so meine er doch, daß ein Krieg in Mittel- oder Osteuropa zu einem allgemeinen Konflikt führen könne. Das sei der Grund, warum die britische Ne­gierung den Abschluß eines östlichen und Donaupaktes so bald wie möglich wünsche. Hoare betonte weiter, daß der deutsche Reichskanzler einen bestimmten Vorschlag zur Ost paktfrage ge- macht habe, und zitierte diesen im Wortlaut. Hierbei hob er hervor, daß die Franzosen diesen Vor­schlag als Verhandlungsgrumd- läge angenommen hätten, und daß auch der Donaupakt nach mesem Muster b«. handelt werden könne.

Einedringende Bitte"

Es steht jetzt in der Macht des deutschen Kanzlers, einen wirklichen Beitrag zur Sache des Friedens zu leisten und zwar leicht zu leisten einen Beitrag, der bei manchen Ne­gierungen nicht nur in Mittel- und Ost­europa, sondern auch in Westeuropa eins Ur- fache der Besorgnis beseitigen würde. Hoare erklärte wörtlich: Ich möchte mir er­lauben,ihn dringend zu bitten, diesen Beitrmg zu leisten. Ich glaube in der Tat, daß er seiner eigenen Sache dienen wird, wenn er ihn leistet. Er selbst sprach sehr offen in seiner Rede vom 21. Mai. und ich weiß, daß er es nicht un­freundlich aufnehmen wird, wenn ich eben­falls offen spreche. Wir in England und in der Tat die ganze Welt sind nicht nur durch das deutsche Wiederaufrüstungspro­gramm, sondern auch durch gewisse andere Er- scheinungen im heutigen Deutschland beun­ruhigt worden. Nichtsdestoweniger haben wir den Kanzler bei seinem Wort genommen, und erst in den letzten Wochen haben wir einen praktischen Beweis dafür geliefert, in­dem wir mit ihm das Flottenabkommcn ab geschlossen haben.

Der Außenminister ging dann zur Frage des Völkerbundes und der kollektiven Sicherheit

über. Man könne keine Sicherheit ohne Pro- Portionelle Beitrüge haben. Unter großem Bei­fall erklärte er:Man kann einen Grundsatz nicht verteidigen, geschweige denn einen Nachbarn, wenn man nicht bereit ist, sich selbst zu verteidigen. Laßt uns um Gottes willen Frieden und Wiederaufbau haben, aber nicht durch die Kraft von Worten, die nicht durch angemessene Maßnahmen für unsere Verteidigung und für die Ausfüh­rung unserer Verpflichtungen begleitet sind/ Der Schlüssel der kollektiven Sicherheit sei der Völkerbund und die englische Stellung­nahme zu ihm. Solange ein wirksamer Völ­kerbund und ein wirksames System der kol­lektiven Sicherheit besteht, sei England be­reit und willens, Anteil an der kollektiven Verantwortung zu übernehmen. (Beifall.)

Aus diesen Gründen, so fuhr Hoare fort, nehme England einen so ernsten Anteil an dem

italienifch-abessinischen Streik.

die Gefahr einer Kritik hin, bereit gewesen. Aus diesem Grunde sei es auch, selbst auf einen konstruktiven Vorschlag zu machen, um einen Krieg zu verhüten, der, wie er auch enden möge, eine ernste Rückwir-

Rom, 11. Juli.

DieAgenzia Stefani" meldet, daß am Morgen des 6. Juli der italienische Konsul von Harar, der sich im Auto nach Diredaua begab, unterwegs einer Gruppe von abessinischen Soldaten unter dem Befehl eines Offiziers begegnete, die mit Beschimpfungen und drohender Haltung ver­suchten, ihn aufzuhalten. Am Nachmittag des­selben Tages ereignete sich in Harar ein neuer Zwischenfall. Ein Askari des königlichen Kon­sulats, der sich zur Post begab, wurde von einer Gruppe von ungefähr 20 Leuten um­zingelt und mit Steinwürfen und Stock- schlägcn überfallen. Unter den Leuten be­fanden sich Polizisten und Soldaten in Uniform.

Der italienische Gesandte in Addis-Abeba überreichte wegen dieser beiden Zwischenfälle der abessinischen Regierung einen formellen Protest.

Keine Vorschläge Gran-ls

Ein gestern in Umlauf gekommenes Ge­rücht, wonach der italienische Botschafter Gr an di Vorschläge zur Schlichtung des italienisch - abessinischen Streites gemacht habe, wurde abends vom Foreign Office und der italienischen Botschaft nachdrücklich in

kukta aus das ganze Völker- bundSsystem haben würde. (Bei- fall.) Er brauche nicht im einzelnen die völ­lige Widerlegung zu wiederholen, die die englische Regierung den wilden Erklärungen über die Motive und Handlungen Englands in gewissen Teilen der italienischen Presse zuteil werden ließ. (Beifall.)Wir haben keine Hintergedanken, sondern nur den Gedanken einer fried­lich e n N e g e l u n g. Die Erklärungen, daß wir an unsere eigenen Kolonialinteressen denken und daß wir in den benachbarten britischen Kolonien Truppen anhäufen, ent­behren jeglicher Grundlage. Ich hoffe, daß meine Widerlegung in allen italienischen Zeitungen, die für diese unbegründeten Be­schuldigungen verantwortlich sein mögen, vollste Veröffentlichung finden wird/ Nach einem Hinweis auf die Besprechungen zwischen Eden und Mussolini, die beide sehr offen miteinander gesprochen hätten, er­klärte der Außenminister:Ich möchte es klar machen, daß wir den italienischen Wunsch nach Uebersee-Expansionen stets ver­standen haben und verstehen werden/

Anschließend ging der Außenminister dazu über, Englands Verhältnis zu anderen Mächten zu erörtern und behandelte hier zu­nächst Frankreich.

Frankreich und England", so führte er aus,sind diejenigen Mächte Westeuropas j die in erster Linie verantwortlich für die Regelung von 1919 sind. Wir sind daher zu- sammen besonders an den Aenderungen an dieser Regelung interessiert, die jetzt auf die gebieterische Forderung der Zeit hin gemacht werden. Wir haben dicht zusammengestan­den, wir haben viele Jahre zusammengarbei- tet, und wir werden fortsahren, zusammen- zugehen und in der Zukunft zusammen- zuarbeiten. .

Es ist nicht britische Art, alte Freundschaften zu opfern, um neuer willen. Wenn wir neue Freundschaften suchen, wer­den wir das in einer Weise tun, daßwirunserealtenFreundschaf- ten n i ch tg e fäh r d e n."

Hoare stellte dann fest, daß England mit Italien eine alte und wertvolle Freund­schaft verbinde, und daß er keinen wärmeren und aufrichtigeren Wunsch habe, als daß sie sich fortsetze. Was Sowjetrußland anbetreffe, so seien die wirtschaftlichen und politischen Be­ziehungen zu diesem Lande bester als sie jemals waren.

Hinsichtlich DeukschlandS

erklärte Hoare:lieber unsere Beziehungen zu Deutschland habe ich mich nn einzelnen bereits vorher geäußert. Ich brauche hier nur den Grundton des ganzen zu wiederholen: daß unsere Haltung ein praktischer und verstehender Realismus ist."

Hoare ging dann noch auf die Beziehungen Englands zu Japan und China ein.

Abrede gestellt.T i m e 8" erklären, es werde nicht erwartet, daß eine sofor­tige Einberufung des Völker, bundsrates erfolgen werde.

Aus Anlaß der gestrigen Unterredung des Ministerpräsidenten und Außenministers Laval mit dem englischen Botschafter Sir George Clerk behandelt die französische Presse auch heute den italienisch-abessinischen Streitfall. Sie sucht dabei zunächst Englands Bemühungen um die Wiederherstellung der englisch-französischen Zusammenarbeit in den Vordergrund zu stellen, fügt aber ziemlich einheitlich hinzu, daß Frankreich gerade in der abessinischen Frage auf die sich der englische Vorschlag der Zusammenarbeit ins­besondere bezieht eine Passive Haltung beibehalten wolle,

Italienische Entrüstung

Rom, 11. Juli. Die neuen Zwischenfälle in Harrar haben in der gesamten italienischen Oeffentlichkeit einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Mit einiger Genugtuung sieht man in diesen Ereignissen einen neuen Be­weis für die Richtigkeit der italienischen Auf­fassung über das Verhalten Abessiniens. Die dauernde Wiederholung derartiger Zwischen­

fälle ist nach demGiornale d'Jtalia" die di­rekte Bestätigung der angrisfslustigen Geistes­verfassung, die sich in Abessinien gegen Ita­lien herausgebildet habe. Es sei hiermit bewiesen, daß die abessinische Streitlust immer herausfordernder werde. Italien könne jedoch ertragen und abwarten. Niemand ans der Welt dürfe aber glauben, daß seine Duldsam­keit in Raum und Zeit unbegrenzt sei. Aehnliche Gedankengänge entwickelt derPic­colo".

Amerika stark besorgk

Eine Warnung an Italien

Washington, CI. Juli. Staatssekretär Hüll berief den italienischen Botschafter zu sich und legte ihm zum ersten Mal seit der Zuspitzung der Krise und insbesondere seit dem Appell des abessinischen Kaisers an Amerika die ame­rikanischen Bedenken gegen Italiens starre Haltung gegenüber den Bemühungen des Völkerbundes um die Schlichtung des Streites dar.

Gleichzeitig hat der Staatssekretär den Senatsausschuß gebeten, die neuen Ncutrali- tätsgesetze, die Amerikas Handelsfreiheit im Falle eines Krieges zwischen dritten Mächten erheblich einschränken würden, einstweilen zu- rückzustellcn. Von amerikanischer Seite wird ein gewisses Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, daß die kürzlich an den abessinischen Kaiser gesandte Note in Rom als Unterstütz­ung des italienischen Vorgehens und als völ­lige Uninteressiertheit Amerikas am Schicksal Abessiniens aufgefaßt worden sei. Deshalb be­tonte Hüll gegenüber dem italienischen Bot­schafter, daß Amerika wegen der Taktik Ita­liens stark besorgt sei. Die Note an Abessi­nien, erklärte er weiter, sei ein deutlicher Hinweis darauf, daß Amerika eine Verletzung des Kellogg-Paktes als Bruch des darin abge­gebenen feierlichen Versprechens betrachten würde. Solange die gegenwärtige Krise weiter bestehe, möchte das Staatsdepartement auf seine neutralen Rechte, Kriegsmaterial an Kriegführende zu senden, nicht verzichten, da ein derartiger Verzicht angesichts der starken Bewaffnung Italiens als ein weiteres Preis­geben der schutzlosen abessinischen Regierung gedeutet werden könnte.

Englisch-sranrös. Vereinbarung über abesslnische Frage

Rom, 11. Juki. Der Pariser Berichterstatter derTribuna" glaubt, eine Vereinbarung zwischen Foreign Office und Quai d'Orsay über die weitere Behandlung des abessinischen Streitfalles melden zu können. Darnach soll man Vorhaben: 1. Dem Völkerbund soweit als möglich eine öffentliche Aussprache über Abes­sinien zu ersparen; 2. ein militärisches Vor­gehen in Abessinien zu verhüten, indem man dev italienischen Regierung eine vernünftige Genugtuung gibt; 3. eine vertrauensvolle und herzliche Zusammenarbeit zwischen London, Paris und Rom wieder herzustellen, um die Frage der Organisierung des Friedens zu lö­sen, da weiterer Aufschub zu gefährlich werden könnte.

Deutscher Protest tu Kowno

Berlin, II. Juli.

Auf Grund seines Beschlusses vom 31. Mai d. I. hatte der Appellationsgerichtshof in Kowno am 14. Juni d. I. auf eine Reihe von Forderungen der Kreditgesellschaft Agraria" und desKreditverbandes Me- melländischer Grundbesitzer" Arrest gelegt und deren Schuldnern gestattet, Einzahlun­gen auf die Konten derAgraria" und des Kreditverbandes bei der Landschaftsbank in Memel zu leisten. Da durch diese Maßnahme die Interessen reichsdeutscher Gläubiger er­heblich beeinträchtigt werden, hat die deutsche Negierung bei der litauischen Negierung gegen die Anordnung des Appellations- gerichtshofes nachdrücklich Einspruch er­hoben und verlangt, daß die Rechte der reichsdeutschen Interessenten wieder her­gestellt werden.

Der memelländische Lehrer Schirr­mann, der seinerzeit im Memelländer» Prozeß zu Zuchthaus verurteilt wurde, ist, obgleich er bisher kerngesund war, am Montag im Kownoer Zuchthaus verstorben. Auf die drin- genden Anfragen seiner Ungehörigen noch der Todesursache, wurde die Auskunft ver­weigert.

Neue AwischensSlle in Abessinien