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Weil der Rheinländer sich jedem Fort­schritt und jeder Aenderung leicht und schnell anzupafsen, sich in alle Verhältnisse ohne größere Mühe einzuleben versteht, ist er auch leicht zu allem zu gebrauchen. Nicht nur wegen ihrer bäuerlichen Geschicklichkeit, sondern auch wegen ihres leichten und em­sigen Anpassungsvermögens haben sich z. B. die verschiedenen rheinischen Volksteile sehr lebhaft an Neusiedlungen beteiligen können. Niederrheinische Franken haben zur Zeit Albrechts des Bären im Verein mit anderen Niederdeutschen an der Besiedlung und der Bebauung der mittleren Elbgegenden, auch des fernen Ostens lebhaften Anteil genom­men. In der Zeit vom l2. bis ins l6. Jahr­hundert halsen Rheinländer, an der Spitze Kölner Bürgerssöhne, slawische Gebiete auf- fchließen und einer höheren Lebensart ent­gegenführen. Siedler moselsränkischen Ur­sprungs sind trotz ihres Namens der Sieben­bürger Sachsen die geistig und wirtschaft­lich tüchtigsten Bewohner des ehedem südöst­lichen Ungarns.

Mit der in allen Lebenslagen und in den verschiedensten Erdstrichen sich bewährenden Geschicklichkeit und Schmiegsamkeit verbindet der Rheinländer eine besonders Praktische Befähigung im Handel und Gewerbe. Er­staunlich ist. was die ripuarischen Franken, allen voran Kölner und Aachener Kauf­leute und Kaufmannsfamilien, bereits im mittelalterlichen Wirtschaftsleben geleistet haben, bewundernswert, mit welcher Kraft und Umsicht, mit welchem Unternehmungs­geist Kölner etwa seit der Zeit der Ottoneu mit England, bald auch mit Flandern-Bra­bant, Nordfrankreich und der Champagne Handel trieben. Kölner Handelshäuser und andere rheinische, namentlich im 14.. 15. und 16. Jahrhundert Handelsbeziehungen sowohl mit dem europäischen Süden wie mit dem Norden und Osten bis Nowgorod knüpften und pflegten. Und noch bis zum Weltkriege ist es vornehmlich der rheinische Kaufmann gewesen, der Kaufmann aus Solingen und Barmen, aus Remscheid, Düsseldorf, Köln. Aachen, Krefeld, der bis in die letzten Winkel der entferntesten Kolonien hinauszog und Abnehmer gewann oder Kunden besuchte, jener Kaufmann, um den uns andere be­neideten, durch den unsere wirtschaftliche Entwicklung so hochgebracht wurde. Daß sich mit dem klugen und kundigen Geschäfts­gebaren rheinischer Kaufleute eine nicht ge­ringe Gerissenheit oder Geriebenheit verband, ist wohl aus einer gewissen natürlichen und jeweils persönlichen Veranlagung zu er­klären, aber auch aus vielhundertjähriger geschäftlicher Uebung und Ueberlieferung. um nicht zu sagen erblicher Belastung. Die schon früher bemerkte Gerissenheit der Kölner Kaufleute wird besonders gut be­leuchtet durch die alte Mahnung:Was dir ein Colner (Kölner) heischt (abfordert), das saltu halb oder weniger bieten, so wirstu nit betrogen." Und die Redensart:Ich wil eyn kölnisch gebot thun und wil die halb­scheit (Hälfte) bieten", oder in neuerer mund­artlicher und kürzerer Fassung:e kölsch Jebott dünn", das heißt, weit unter dem Werte bieten, ist ebenfalls ein beredtes Zeugnis.

Nicht minder tüchtig, schöpferisch und er­finderisch waren und sind die Rheinländer im gewerblichen Leben. Großen Nuses er­freuten sich an verschiedenen Plätzen Spin­ner. Weber. Färber, Lederbereiter und Gür­telmacher. In den altbergischen Hämmern und Schleifkotten, Schmiedereien und ande­ren Werkstätten blühte und blüht noch die Haiidkunst an Gegenständen aus Eisen und Stahl. In der Neuzeit liefern die vielen bodenständig gewordenen Fabrikantensanch lien im Kölner Bereich, in und um Aacheri^Ml Krefeld, besonders auch im BergischenWm Wuppertal und im Düsseldorfer Bezirk einen starken Beweis für die außerordentliche Ver­anlagung der Rheinländer zu gewerblichem Schassen. Nicht wenige von ihnen befruchteten und belebten das übrige deutsche und aus­ländische Gewerbe ganz außerordentlich. Mit steigender Wertschätzung darf man daher z. B. auch das Aufblühen der Stolberger Kupfermeister, der Reitmeister, d. i. Eisen­bereiter des Schleidener Tales, der Mon- schauer Tücher und Dürener Papierfabri­kanten verfolgen. Das Wuppertaler Schaf­fen und Arbeiten ist von Rudolf Herzog in dem RomanDie Wiskottens" dichterisch verklärt worden. Stark beteiligt an den geschäftlichen Erfolgen dieser und aller rhei­nischen Unternehmer und Fabrikanten ist der fleißige und wegen seines geübten Blickes und geschickten Griffes geschützte Stamm von Angestellten lind Arbeitern in den kaufmän­nischen Betrieben und industriellen Werken.

Nicht wenige der rheinischen Kaufleute und Fabrikherren ragen durch eine besondere Befähigung, das Tatsächliche in den Dingen und Erscheinungen scharf zu überblicken und zu erfassen, das Wesentliche derselben schnell zu berechnen und die Vorteile der Gesamt­heit bei dem eigenen zu berücksichtigen, über den schon tüchtigen Durchschnitt noch hinaus, sind darin geradezu Meister und daher auch zur Behandlung großer wirtschaftlicher und namentlich finanzieller, auch innerpolitischer

Fragen sehr geeignet. Die belgischen Kauf- leute z. B. verbinden mit der anerkannten geschäftlichen Tüchtigkeit den weiten Blick er- fahrener und umsichtiger Geldleute und haben infolgedessen das Bank­wesen im Rheinland sehr för­dern können.

Wenn nun auch die ge­werbliche Geschicklichkeit und überhaupt die wirtschaftlichen Fähigkeiten das rein geistige und künstlerische Denk- und Schaffensvermögen des Rhein­länders überwiegen, so ist die­ses doch sehr beachtenswert.

Künstlerischer Geist im enge­ren Sinne verrät das bildne­rische Können und Leisten rheinischer Meister bei den mittelalterlichen Domen, den Kirchen- und Rathausbaateu.

Einen besonders hohen Rang im Kuustgewerbe nahmen ur d nehmen die Goldschmiede ein.

Jahrhunderte hindurch emp­fing ihre Tätigkeit stets neue Anregungen aus dem Bestre­ben der kirchlichen Kreise, die Schatzkammern der Gottes­häuser mit kostbaren Schrei­nen und Prunkvollem heiligen Gerät zu füllen. Noch heute bewahren Kirchen in Städten wie Aachen, Köln und Sieg­burg wertvolle Prunkstücke.

Aber auch aus den erwerbs­tätigen und anderen bürger­lichen Kreisen gingen den Künstlern Aufträge zu. Wie sehr die Bürger es verstan­den, Haus und Heim mit künstlerischem Schmuck in Gold und Silber anszustat- ten, bezeugen ihre Testamente und die Ver­zeichnisse ihrer Nachlässe. Auch das Ausland gab Aufträge. Und während auswärtige Goldschmiedegesellen in großer Zahl sich Köln zuwandten, um hier Amt und Bruderschaft zu gewinnen, hören wir, wie umgekehrt Köl­ner Goldarbeiter z. B. in Frankreich, selbst auf Sardinien ihre Kunst ausübten.

Wie schwer es auch ist, das Volkstum des vielgestaltigen Nheiulandes unter einen Nen­

ner z« brkrrgen, hervorstechend find vor allem die durch daS uralte Handelsleben und Verkehrswesen tm Rheinlands schon sehr früh ausgeübten und geschärften prak- tischen Betätigungen des Geistes. Die aus solchen Betätigungen, nicht minder aber aus glücklichen Blutmischungen und westlichen und östlichen Beeinflussungen sich ergebende allmähliche Hebung der geistigen Fähigkeiten im allgemeinen, macht auch die hohe Durch­schnittsbegabung und entsprechende Ver­

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standesbildung erklärlich, die heute unstreitig zu den ersten Kennzeichen rheinischen Wesens gehört lind sich in vielen Einzelzügen offen­bart. Ferner eignet den Rheinländern eine gute, vielfach schnelle Auffassungs-, Ver- gleichungs- und Verknüpfungsgabe, die stets genährt wird von einer lebhaften, farben­reichen Einbildungskraft.

(Ans:Nbeinikcke Volkskunde". Von Dr. A. Wiede. Verlag Quelle und Mauer, rteivzig.i

M mk den Adeln, den -srMen Rhein

Nie sah ich dich so prangend In deines Schönheit Blüte stehn.

Und doch hat heiß verlangend Mein Herz dich Tag und Nacht gesehn. Ihr Träume und ihr Lieder,

Nun flattert ferne und verwaist ...

Mein Rhein, ich seh dich wieder Und weiß erst heut, was Liebe heißt.

Ich möcht die Augen weiten.

Dich anzuschaun mit einem Mal ...

Laß, Fährmann, langsam gleiten.

Ganz langsam nur dein Schiss zu Tal.

Von goldnen Sonnennetzen Umsponnen, staun ich knabengleich ...

An Wundern und an Schätzen Mußt ich dich nie so überreich.

Rudolf Herzog.

Heimat am Mein

Wie klinget die Welle,

Wie wehet der Wind!

O selige Schwelle,

Wo wir geboren sinkst

geißeln ließen? Mit alledem hatte Erwin Urland nichts mehr zu schaffen. Er jauchzte, da er nicht Kette noch Klammer mehr spürte, er zitterte nicht vor den Nächten, da er sein eignes Feuer vom Himmel riß.

Erwin Urland erlebte die Heimat, spürte sie auf in allen verborgenen Zipfeln, wollte endlich wissen, woher er kam und wofür er blutete, wollte erfahren, was er besaß und was er erbte, um das alles würdig verwalten und ohne Fehlbetrag weitergeben zu können.

Gestern hatte er die Stube besucht, wo zwischen schiefen Dachbalken und verwitter­tem Gerümpel Ludwrg van Beethoven, der Meister der Missa Solemnis und der ewigen Sinfonien, den Schritt in die Erde gewagt hatte. Heute gab er sich dem Wunder der Weinberge an Rhein und Mosel hin. bald zog er m Frankfurt ein, der Wiege des faustischen Titanen, bald auch ins Goldene Mainz, wo man den Weg wies nach den Kaisergräbern von Speyer oder zum Engels- Pfeiler des gotischen Mirakels zu Straßburg. Dort war die Inbrunst Meister Grünewalds nicht mehr weit, von dort konnte es nur ein Sprung sein zum Lindenholzaltar zu

Rheintal bei Remagen

Treib nieder und nieder.

Du herrlicher Rhein!

Du kömmst mir ja wieder.

Läßt mich nie allein.

Clemens Brentano.

Erwin Wand erwandert den Rhein

Deutschland breitete sich aus mit allen Pforten seiner Herrlichkeit. Wer sagte, daß man arm sei? Wer jammerte, daß die Ge­schäfte kümmerten, die Börsen krachten und jeder Handel im Fieber läge? Wer schrie um Hilfe, da die Hochöfen erloschen und die Arbeiter sich von einem Streik in den andern

S. N.

Breisach und zu den roten Quadern des Freiburger Münsterturms.

Der Wanderer Urland wollte immer nur Ja sagen. Laut und das Herz ausschöpfend bis zum Grund: Ja! Die Welt ging wie­der in ihn hinein und durch ihn hindurch, nur das Miserable floß vorbei, oder es wurde von der Seele abgestoßen wie Eiter aus der Wunde. Und nachts fielen wieder Sterne, da wünschte man sich Deutschland!

Tage, Wochen. Monate, der Zugvogel wurde nicht müde, sich notwendig zu fühlen. Er war einem Märchen abhandengekommen und suchte ein neues, daß er ihm treu sei. Er hatte sich frei gemacht vom Bannspruch

böser Geister, er kaucyre lustholend aus wie ein Schwimmer aus der Tiefe. Ein ganze« Jahrhundert lebte falsch Erwin Urland war die Ausnahme. Ein ganzes Volk fuhr wie Treibholz im Strom Erwin Urland rang ihm entgegen.

(Aus Heinz Steguweit: ..Heilige Unrast").

Rleöerrheimjkhes Land

Fragt den Schiffer am Strom:

Wie heißt dieses Land?

Arbeit wird es genannt.

Fäuste um Ballen wie Zangen gekrallt. Kranengerassel. Kettengeklirr Kettengestamps und Sirenengeschwirr,

Leiber an Steuer und Segel geschnallt Arbeit. Arbeit heißt dieses Land.

Fragt berußte Gesichter in Hallen.

Wo Hämmer auf glühende Eisen sollen.

Wo Menschen mit Erzen und Erden ringen. Wo Pressen rasen und Pendel schwingen Fragt: Wie heißt dieses Land?

Arbeit wird es aenann:.

Fragt die Loten: Wie heißi dieses Land? Alle, die wir in Reihen ruh n Hatten zu sorgen, hatten zu tun.

Saßen in Kreise und Zahlen gebückt.

Diele hat Arbeit in Arbeit erschlagen.

Viele wurden aus Schächten getragen, Zerbrochen die Brust und der Schädel zer­drückt.

Jeder, ob reichen, ob armen Gewands.

War Knecht der Erde. Knappe des Lands.

Fragt die Toten: Wie heißt dieses Land? Arbeit, Arbeit wird es genannt.

Johannes Heinrich Brauch.

Der Knabe M bsm Kahn

Prall lag die Sonne auf dem Strom. Sie tat nicht weh. sie brannte nicht, sie nahm nur alles zu sich hinauf in ihre warmen Hände, die Wiesen und Büsche längs des Rheines, die Häuser, die man versteckt sah hinter Weiden und Pappeln, die Pferde auf dem Leinpfad, die anfangs noch den schweren Kahn zogen und Ludwig van Beethoven blickte aus auch ihn. den Jungen am Heck.

Bisweilen schoß kreischend ganz nah eine Möwe vorüber, die Füßchen ganz dicht an den Leib gezogen, breit die Flügel gespannt, verharrte schräg und regungslos, hing an unsichtbaren Drähten über dem Kahn oder über dem Wasser, drehte bei und stieß aus die Wogen nieder.

Bisweilen tauchte der braun gebrannte Negerkops des Schiffers aus. der aus der Kajüte kam. wo seine junge Frau und Beet­hovens Mutter zusammen Spinat verlasen. Seine gutmütigen blauen Augen gingen zu­erst zu dem festgemachten Steuer, dann zu den Blumen im Kasten und blieben zuletzt ein wenig ungewiß an Ludwig hängen. Sein schneeweißes Hemd, auf der Brust offen, stach seltsam ab gegen die verbrannte Haut. Daß bei aller Gutmütigkeit der ganze Kerl, wenn er so halb verdeckt aus der Kajütentreppe stand, etwas Wildes. Ungebändigtes an sich hatte.

Die Wellen glucksten gegen die Schifss- wand, viele Stunden so, süß zum Einschlafen mit all der brennenden Sehnsucht im Herzen.

Ludwig hob die Hand, als ob er zeigen wollte irgendwohin, brach ab. umschlang da- für die Mutter und zog sie neben sich auf die Bank, aus der er hockte.

Warum kann es nicht immer so sein wie heute?"

Weil die Sonne auch nicht alle Tage scheint", sprach ernst Frau Magdalena van Beethoven.

Aber das meine ich gar nicht. Mutter." Ich verstehe dich schon, mein Kind."

Aber der Mann, dem dieser Kahn gehört, der jeden Tag so an don Kicidten vorüber- fährt

Auch der Schiffer möchte an vielen Tagen nicht aus seinem Kahn fahren müssen möchte anlegen können, wenn er dürste, alles stehen und liegen lasten und wandern. Aber er darf nicht."

Wer hat ihm was zu verbieten?"

Das Schicksal, mein Kind. Die Vorsehung. Gott." Heinrich Zerkau len.

lAus dem Roman: ..Musik aus dem Rhein".)

Kölsche KMcher

Ein Fremder fragt einen Dienstmann: Wo kann man sich hier rasieren lasten?" und erhält zur Antwort: ..En Eeseech (Ge­sicht)."

Ein anderer kommt zum ersten Male nach Köln, tritt aus dem Bahnhof heraus und sieht erstaunt den Dom an. Dann fragt er geringschätzig einen ihm begegnenden Dienst­mann:Sagen Sie mal. was ist das da für eine Kapelle?"Leeven Här. ich ben selvs voll", entgegnete dieser.

*

Oder: Kobes:Ich kann net mich schloss!" Pitter:Woröm dann nit?" Köbes:Ich Han neulich ens van der Arbeit gedraumb (geträumt), un do Han ich esu Angs kräge un meine immer, dat künnt mer noch ens Widder passeere."

Herausgcaeben im Auttraa der NS.-Presie Wllrt- tembera von tznnSRevbina (Ulm a D^.