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8. lUisetsunA
Als das Grenadierregiment in den letzten Tagen des Septembers sich mühevoll in den Argonncn zurechtzufinden suchte, ahnte niemand, daß sich ihm hier ein Kampfgelände erschloß, mit dem es zu verwachsen berufen war, wie mit keinem zweiten während der ganzen Tauer des Krieges. Ein Zufall hatte es gefügt, daß der Vormarsch die Division in eine Ecke Frankreichs geworfen hatte, von der selbst der Landeseinwohner mit einem stillen Grauen spricht. Nur in einigen Dutzend kleinen Ansiedlungen, die sich in die Täler des 40 Kilometer langen und bis zu 15 Kilometer breiten Forstes einfügten, führen wenige tausend Menschen ein weltvergessenes Dasein und die Waldwege und Schneusen, die bei Regenwetter im Schlamm versinken, sahen höchstens mal ün paar Holzfäller oder einen Jäger, den das Wildschwein lockte. Sonst aber mochten weite Strecken im Innern des Waldes gewesen sein, die kaum eines Menschen Fuß * je betrat. Doch jetzt wurde es auf den stark zerklüfteten Waldhochflächen lebendig und die Schluchten und Steilabfälle hallten wider von dem scharfen Knall moderner Jnfan- teriegewehre und den dumpfen Schlägen der Kanonen von Krupp und Creuzot. Ein völlig, in sich geschlossenes, an den Waldrändern scharf abschneidendes Ringen entwickelte sich, das eine eigenartige Mischung von Waldkamps, Stellrings- und Belagerungskrieg darstellte und andere Bedingungen auswies, als der Krieg im freien Gelände. Diese lagen begründet in der mangelnden Sicht, völlig ungenügenden oder gar unbenützbaren Verkehrswegen und fehlender Unterkunft. Der Wald, wie man ihn antraf, war eine Wildnis, nicht zu vergleichen mit einem wohlgepflegten deutschen Buchen- oder Tannenwald. Wohl fehlten auch hochstämmige Bäume nicht rind man stieß ab rind zu auf einen Distrikt, der mit Birken, Buchen und auch Eichen bestanden war. Aber nirgends fehlte das unentwirrbare Gestrüpp und Buschwerk, das wissenschaftlich zu zerlegen auch dem Botaniker nicht leicht geworden ist. Mst am augenfälligsten waren die immer grünende Stechpalme, Efeu, Haselsträucber und Farne.
Irr ersten Eselskanonen
Daß die Franzosen aus einem solchen Kampsboden für ihre Verteidigung das Menschenmöglichste zu machen verstanden, war bei ihrer Kenntnis und der anerkannten Gewandtheit in der Geländebenützung selbstverständlich. Hinter Astverhauen, in Erdlöchern und Blockhütten lagen ihre Horchposten, hinter denen, durch Drahtverhau geschützt, die Masse ihrer Infanterie lagerte. Jede Bewegung im Laub mußte dem Gegner offenbar werden und schon beim geringsten Rascheln fuhr ein blindlings abgegebenes Salvenfeuer hindurch. Baumschützen saßen aus hohen Bäumen und versuchten nach rückwärts Einblick zu gewinnen. Auch kleine Gebirgsgeschütze, Schweinchen oder Eselskanonen genannt, sowie mehrere Batterien Feldartillerie tauchten sehr bald im Walde auf. Dem gegenüber sah der Angreifer nichts von seinem Gegner und verspürte nur sein Feuer. Lage und Art der Stellung, wie die Stärke blieben in völliges Dunkel gehüllt und es war klar, daß unter solchen Umständen jedem weiteren Vorgehen eine eingehende Erkun-' düng vorausgehen mußte, wenn man nicht die schmerzlichen Verluste wagemutiger Patrouillen unnötigerweise vervielfältigen wollte. Wer daher Erfolge erzielen wollte, der mußte zunächst in zeitraubendem Kriechen sich an den Feind heranpirschen; nicht einmal gebückt, geschweige denn in aufrechter Haltung war eine Beobachtung möglich.
Ausräuümir und Scheinangriff
Ein Geplänkel kleiner Strerfpatrouillen, ja einzelner Leute war so der Anfang des Stellungskriegs in den Argonnen, an den sich zu gewöhnen, der Truppe und der Führung nicht leicht siel. Das Stilliegen an der gleichen Stelle sagte niemand zu und in den Tagen des 1.—l. Oktober wurde mehrmals versucht, dem Feind energischer auf den Leib zu rücken. Auch deutscherseits wurden Geschütze und Nevolverkanonen bis in die Jnfanterie- linie vorgezogen, Pioniere machten mit und der Pioniergeneral Kämpffer übernahm selbst die Leitung. Tie linken Nachbarn, die 5. Jäger, sollten den Bagatelle Pavillon nehmen und das Regiment in genau südlicher Richtung den Angriff mitmachen. Es wurden aber nur schwäche Fortschritte erzielt, da den durchs Gestrüpp sich vorarbeitenden Schützen vorn gegenüberliegenden Hang jedesmal ein vernichtendes Feuer entgegenschlug. Man versuchte es auch mit allerhand Listen, die aber auf den Gegner keinen großen Eindruck machten: man
wollte ihn sogar durch Anzünder: des Unterholzes mit Zelluloidfpänen ausräuchern und auf diese Weise vertreiben. Des weiteren wurde am 2. nachmitags 6.30 Uhr mit Hurrarufen, Blasen und Trommeln ein großer Scheinangriff dargestellt und erst um ^ Uhr abends der tatsächliche Angriff begonnen. Kaum aber waren die Truppen im Vorgehen, so gebot ihnen der durch den Lärm schon vorher aufmerksam gemachte Gegner mit seinem Salvenseuer ein entschiedenes Halt. Hauptmann Groß, der tapfere Führer der 10. Kompanie, der mit den Worten: „Mit Gott für König und Vaterland" angetreten war, lag durch den Kopf geschossen tot inmitten seiner Kompanie; 4 Grenadiere teilten sein Los, 23 wurden verwundet und 3 blieben vermißt.
Noch schwerere Verluste hatte ein Angriff am 4. Oktober. Sorgfältig vorbereitet erwartete man diesmal bestimmt größeren Erfolg, trotzdem die vorhergegangenen Erkundungen noch immer kein klares Bild von der Lage des Gegners ergeben hatten. Erst lange später zeigte sich, daß er sich ausgezeichnet eingebaut hatte. Meist waren seine Graben mit Laubdach eingedeckt; nur knietief, d. h. so lange der schwarze Humusboden reichte, ausgehoben, waren sie selbst aus geringer Entfernung nicht zu erkennen. Bäume waren gefüllt, Drähte gespannt, Neste geknickt und vielfach verschlungen — und dies alles sollte im feindlichen Feuer überwunden werden, welches aus niederen Unterständen herausschlug. Wohl schossen vor dem Angriff unsere Artillerie und Minenwerfer, aber beim Mangel jeder Beobachtung konnte von einer nennenswerten Wirkung keine Rede sein. So gingen denn diemitDraht- scheren ausgerüsteten Pioniere und Infanteristen, hinter welchen ziemlich dicht die Sturmkolonnen folgten, ins Ungewisse hinein, und dem ungeschwächten Gegner war es nicht allzu schwer, sich seiner Haut zu wehren. Ohne selbst kaum einen Mann zu verlieren, schoß er den bis an seine Drahthindernisse vorgedrungenen Gegner in aller Ruhe ab, dem nichts anderes übrig blieb, als sich schleunigst einzugraben oder in die Ausgangsstellung zurückzuflüchten. 11 Tote (darunter Oberleutnant Abele und Leutnant Stahl), sowie 47 Verwundete kostete auch dieses Unternehmen, wodurch die Lust zu weiteren Angriffen über freies Gelände eine Zeitlang vergangen war.
ArgoiMnhüMn und „AbeiMgen"
Die schweren Verluste dieser erfolglosen Tage zwangen die Truppe in den Boden; ein Grabensystem entstand. Die Linie, in der das Regiment sich erstmals eingeschanzt hatte, wurde die Stellung I genannt und von dieser schoben sich im Lauf der Tage Annäherungswege, Sappen und weitere mit -er ersten Stellung gleichlaufende Gräben dem Feind entgegen. Ursprünglich lag das ganze Regiment in einer Front in eben genannter Stellung; doch schon nach wenigen Tagen war bereits über Stellung II hinaus bis zu 300 Meter südlich vorgedrungen und mit Stellung III auf die dort verlaufende Mulde, das Moreau-Tal, Hand gelegt worden. Damit war auch eine gewisse Gliederung des Regiments möglich; Unterstützungen und Reserven wurden ausgeschieden und in den rückwärtigen Stellungen untergebracht. Durch Verbindungswege wurden sie miteinander verbunden und diese feindliche Einsichtnahme mit Aesten und Zweigen verdeckt. In den Anfangsstadien waren es keine Gräben im landläufigen Sinne, vielmehr eine Reihe nebeneinander liegender, niederer Laubhütten, die vorne für das Gewehr und seine Auslage offen waren und nach hinten in ein Erdloch zum Sitzen und Liegen des Schützen ausgingen. Das waren die ersten Unterschlupfs von Offizier und Mann, in die jeder Windstoß hineinblies und jeder Regenschauer seinen Weg fand.
Diese Erfahrungen führten bald zu allerhand Verfeinerungen des Unterstandsbaus, zu dem der Wald seine Stämme in reichster Fülle lieferte. Gleichzeitig mit dem Ausbau der Grüben, die schon in den ersten Oktobertagen das Bild eines Maschennetzes annah- men, entstanden damit auch die Argon- nenhütten, von denen die des Regimentsstabs und der Bataillonskommandeure an der bereits erwähnten Westostschneuse die ersten waren. Emsig wurde an die Arbeit gegangen und auch bei Tag gestattete der dichte Wald die Arbeit auf freiem Boden. Nur der vom jenseitigen Hang herüberkommende Kugelregen nötigte zeitweilig zur Unterbrechung. Hauptsächlich zur Abendzeit gebärdeten sich die Franzosen in ununterbrochenen Salven wie wild und bald hatte sich dieses sinnlose, aber immer wiederholte Schießen den Namen „Abendsegen" eingetragen. Sobald er einsetzte, warf sich alles Platt auf den Boden und - ließ die Kugeln über sich hinwegpfeifen, deren Sur- ken. Zischen und Sstrgen in der Luft und
Schlachten
im Blätterwerk im Verein mit dem Hellen Schlag der Baumquerschläger eine merkwürdige Musik abgaben. Dabei schoß der Franzose viel zu hoch, und es kam nicht allzu selten vor, daß verirrte Kugeln über den Wald hinweg bis Binarville flogen, wo sie an einer Haustüre oder eiuem Scheunentor mit einem letzten Seufzer ihre Laufbahn beendeten. Aber es gab doch auch manche» Zufallstreffer dabei, rind kaum ein Tag verging, wo man nicht Kameraden zum Waldfriedhof hinauftrug. Etwas nördlich vom Regimentsgefechtsstand, an der im Nachtmarsch des 29. Septembers erreichten Waldlichtung, lag er an einem freundlichen Plätzchen, rings von hohen Bäumen umgeben; hinterm Höheurand gegen Feuer einigermaßen geschützt, hätte man keine bessere Stätte finden können. Am 3. Oktober fand dort für die ersten Opfer des Wald- kampses eine schlichte und eindrucksvolle Trauerfeier statt; die Sonne warf ihre blitzenden Strahlen durchs goldgelbe Laub, die Artillerien schossen den Trauersalut, ein Flieger zog einsam seine Bahn über die sich schließenden Gräber.
Carmnimgrifs
mit den Men Handgranaten
Mit der zunehmenden Vertiefung der Gräben sank die Verlustziffer. Das tollkühne Anstürmen im Wald wich einem vorsichtigen Abtaften der Linie des Gegners, von der man sich nach und nach ein einigermaßen zutreffendes Bild machen konnte. Er saß in zwei unzusammenhängenden Linien am jenseitigen Hang und wartete in aller Ruhe das weitere Verhalten der Deutschen ab. Diese änderten ihr bisheriges Verhalten und gingen zum Sappenangriff über. Wohl war diese Art des Angriffs langsamer, als der freie Sturm, aber die zuerst angewandte Angriffsweise mußte aufgegeben werden, wenn die Regimenter nicht allzu schnell zusammenschmelzen sollten. Daß man auf diese Weise die Franzosen nicht aus dem Argon- nerwald vertreiben konnte, war klar; kam man doch mehr als 4 Meter durchschnittlich im Tage in der Sappe, unter der man sich einen im Zickzackzuge senkrecht auf die gegnerische Linie zulausenden Graben zu denken hat, nicht vom Fleck. Aber den Gedanken an einen frisch-fröhlichen Bewegungskrieg war man noch nicht los geworden und hielt die Schauseltätigkeit nur für eine vorübergehende Erscheinung. Von dem Plan größerer Angriffe wurde es jedoch bald stiller.. General Kämpffer schied am 13. Oktober aus seiner Stellung als Angriffsführer und den Bataillonen bzw. Regimentern blieb es zunächst überlassen, sich durch den aus Lehm, Wurzeln uni) Geröll bestehenden Waldboden hindurchzubuddeln, wo und wie es der Gegner zuließ. Von Sappe zu Sappe spielte sich der Kamps ab und die Truppe aus sich heraus mußte empfinden, wann der Augenblick günstig war, dem Gegner Abbruch zu tun. Ihr wurde sterbet die Handgranate zur willkommensten Waffe und, ehe diese mit allen technischen Feinheiten ausgestattet in der Kriegsindustrie zur Herstellung kam, wurde sie in den Argonnen von der Truppe selbst aus Blechbüchsen und Konservendosen behelfsmäßig angefertigt. Ganz besonders wirksam waren die von den Pionieren angefertigten sogenannten geballten Ladungen. Neben ihnen spielte der Minenwerfer eine Rolle, welcher findige Köpfe ebenfalls zur behelfsmäßigen Anfertigung von Wurf
maschinen aller Art verlocktes Als Hilfswasfr gewannen ferner die Maschinen- gewehre erhöhte Bedeutung, von denen einige in überhöhender Stellung rückwärts wr Bestreichung der Schneusen aufgestelli wurden und manchen vorwitzigen Franzosen zur Strecke brachten.
Die Grenadiere werden Pioniere
Die vordersten am Feinde in den Sappen- köpfen waren die Pioniere, zugleich die Lehrmeister, zu deren Tätigsten Oberleutnant der Reserve Römer und 'Vizefeldwebel der Reserve Bodenhöser zählten. Aber ihre Zahl war klein und der Infanterist merkte bald, daß auch er, ohne es zu wollen, zum Pionier geworden war. Wie man eine Sandsackstellung baute, einen Sappenkopf einrichtet Stahlschilde einsetzte, einen genommener Graben „umdrehte" u. a. in., das hatte er bald gelernt. Die Lehrschule, die den Pionieren zu danken war, hat so reiche Früchte getragen und das kameradschaftliche Zusammensein mit den Pionieren war gerade in den Argonnen vorbildlich. Mit ihnen um die Wette schanzten die Grenadiere und keine Minute stockte die Arbeit. Die Unterstände verschwanden mehr und mehr im Boden, die Gräben wurden tiefer, erhielten Verschalunzen, Ausweichstellen, Schülterwehren und Latrinen, die Sappen wurden länger. In gewisser Entfernung machten sie links und rechts uln und eine neue Stellung war entstanden. Der Gegner empfand ein solches Nüherkommen äußerst unangenehm, begann sich energischer zu wehren und fühlte Nacht für Nacht mit seinen Patrouillen an die Sappenköpfe heran, die sehr bald mit besonders ausgewählten, zuverlässigen Leuten gesichert werden mußten. Uber sich ein Draht- oder Laubgeflecht zum Schutze gegen Handgranaten, vor sich die Stahlblend>>, links und rechts das Dickicht des Waldes, hing Aug' und Ohr an jeder Bewegung, an jedem Rascheln im Buschwerk. So oft die Sinne täuschten, so oft schlug das Herz rascher, die Pulse hämmerten, die Nerven fieberten. Stier suchte das Auge die nächsten Meter zu ergründen, bis eine Kugel dein allem ein Ende machte oder nach zweistündiger Wacht ein anderer die Stelle einnahm. Dann trat der Mann zurück und nahm für die nächsten Stunden den Spaten in die Hand.
Fortsetzung folgt.
Ein Denkmal für den japanischen Genera! Nanaoka, wegen seines Schnurrbartes noci berühmter als wegen seiner militärischen Leistungen.
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Streckenkarte des Europa-Fluges, der vom 7.—15. September ausgetragen"wirdst Seit dem 28. August findet in Warschau die technische Vorprüfung statt.