Sonderbeilage der RE. Presse Württemberg
WL
September - Herbftmonat
Der Wind fährt über^ Stoppelfeld, sein Brausen will mich mahnen, daß auch für mich ein End' bestellt.
Ein meerestiefes Ahnen
zieht schauervoll durch mein Gemüt:
Der Mensch verwelkt, der Mensch verblüht. Es rauscht im dürren Laube:
Staub kehrt zum Staube.
Maria Lutz-Weitmann.
Die Aepfel lösen sicq vom Baum Und kollern zu des Gartens Saum.
Die vollen Trauben reifen schwer;
Der Herbstwind streicht im Stoppelmeer.
Noch einmal glüh->n Rosen auf;
Goldränder trägt des Waldes Trauf.
Fritz Butz.
*
'Die verehelichen Jung.., welche Heuer Meine Aepfel und Birnen zu stehlen gedenken, Ersuch ich höflichst, bei diesem Vergnügen Womöglich insoweit sich zu beschränken,
Daß sie daneben auf den Beeten
Mir die Wurzeln n»d Erbsen nicht zertreten.
Theodor Storm.
Die Monatsschau
Der September leert die letzten Getreidefelder. Das letzte Getreide, etwa noch der Hafer, wird eingeführt. Das Oehmdgras wird gemäht und Oehmdgeruch erfüllt die Luft. Der Schäfer darf nun mit seiner Herde die Stoppelfelder weiden, ehemals wurden die Viehherden darüber getrieben. Vielfach läßt man das Vieh auf die abgemähten Wiesen, namentlich in den Berggegenden, um das noch wachsende dritte Gras abweiden zu laßen. Der Himmel ist oft leicht überlaufen, Schleier ziehen an ihm hin. Der Sommcr- bogen des Jahres neigt sich endgültig dem Herbst entgegen.
Um St. Gillis geht Kaiser Karl nach dem Winterquartier, um Christi Himmelfahrt kommt er
wieder heraus. ^ s
Oder:
Mariä Geburt
jagt alle Schwalben furt.
An den Feldrainen und im Garten blühe» Die Herbstblumen mit ihren satten Farben. Die Obstgärten stehen in voller Reife oder gehen ihr vollends entgegen, die späten Pflaumen werden gepflückt, die Aepfel, die Birnen, soweit es nicht späte oder ganz frühe Sorten sind. Ueberall an den Bäumen sieht man angelegte Leitern. Ihre heruntergebogenen Neste werden geschüttelt, zu Boden Prasselnde Früchte, Helles Kindergelächter, zufriedene Gesichter, gute Laune, leuchtende Freude, stille Zufriedenheit — das sind die Töne und Farben dieser herbstlichen Obsterntetage.
An den Berghängen der Weingegenden der deutschen Lande reift vollends die Traube. Viel liegt daran, daß gerade der September noch warme oder besser noch heiße Tage bringt, um dem Wein das letzte Feuer zu geben.
Wenn Matthäus (21.) weint statt lacht.
Er aus Wein oft Essig macht.
Oder:
Matthäus mit viel Wasser Ist guten Weines Hasser.
Oder:
St. Michelswein (29.) wird Herrenwein, >
St. Galluswein ist Bauernwein. ;
Mit dem Pflug fährt der Bauer in das ' Feld, die Stoppelfelder werden herum- j gerissen. Die Herbstsaat wird der Erde an-1 vertraut. So reihe» r-ch in diesem Monat Ernte und neue Saat aneinander und greifen ineinander. Das Auf und Ab im Jahrlauf prägt sich dem Menschern,emüte in starker Weise ein, der Wechsel im Iah Lauf und in den Jahrläufen überhaup., wo reiche und mogere, gute und böse einander ablösen. Doch der Acker bleibt, und Friedrich Griese sagt in seinem Roman „Das letzte Gesicht" treffend: „Gute Jahre wechselten mit weniger guten ab, aber schlecht ging es den Leuten eigentlich niemals. Der Acker war ewig, und ewig war die Wolke hoch über ihm, der Wind, der sie Herantrieb und das Wasser, das den Fruchtboden schuf. Jahr um Jahr kam der Segen herab, und niemand brauchte ihn zu halten, weil er sich aus sich selber immer wieder erneuerte. Ein Mensch wurde geboren, ein Mensch starb. An das Leben schloß sich der Tod, und selbst der war oft noch ein
Segen, weil er auslöscht?, was zuletzt nur noch ein Stumpf gewesen war, seine eigene Fußspur gleichsam ein St -*chen Rinde. Niemand hielt die Zeit, sie ging hin.
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Schon beginne»' auch die herbstlichen Märkte und Feste, belebt und getragen von der Freude an dem Eingebrachten, die Kirchweih- oder Kirmesfeste. Schon Ende August, an Bartholomäi. sind die Schäferzunftseste gewesen, Wettläufe und Spiele der >
Mit Sommertagen mild und klar Neigt sich dem Herbste zu das Jahr. Den Süden sucht der Vogelflug,
Und wieder geht durchs Feld der Pflug.
Schäfer. Nun. im September, klingen die Kirmesgeigen drein.
Matthäus (21.) und Michael (29.) sind die bedeutenden Lostage des September, die das Wetter machen:
Hat Matthäus, der Evangelist, schöne Wetter im Haus,
So hält er's noch vier Wochen aus.
Oder:
Wenn Nord- und Ostwinde um Michaelis wehen.
Werden wir einem kalten Winter entgegengehen.
Allmählich nimmt nun ab der Tag, - Die Buben suchen in dem Hag Nach all den Beeren und der Nuß,
Den Apfel reift der Sonne Kuß.
Hans Reyhtng
Sir hrrWichen Schöserläuir
Von Hans Reyhiug Die Felder sind nun abgeerntet. Die schwere Fracht der Weizen-, Dinkel und Gerstengarben ist in die Scheunen eingeführt worden. Schon klingt da und dort der Dreschertakt aus den Tennen oder faucht die Dampfdreschmaschine im Hof. Leer und armselm stehen die Äecker rnit ihren kurzen, borstigen Stoppeln. Es wird allmählich Herbst, und so kann der Bartholomäustag (24. Aua.) schon in gewissem Sinn als Herbstanfang bezeichnet werden. Bartholomäus wie Michael sind wichtige Wetter- und Kalenderheilige. Im Schwäbischen heißt ein alter Spruch:
An Barthlemai (Barthoromäus) mit der Nuß ins Heu,
An Michele aus der Höhle.
D. h., den Kindern, die mit lüsternen Augen die großen HaselnußbiUche umschwärmen und es nicht erwarten können, bis man sie einheimsen kann, wurde darin geraten, die Nüsse an Bartholomäi ins Heu zu legen, damit sie bis Michaeli vollends r.-if werden und aus ihrer Hülse gehen.
Wenn nun Bartholomäus als Fahnenjunker dem Herbst vorausgeht, so beginnen mit diesem Tag auch bäuerliche Herbstfeste, an Bartholo- mai, dem Tag des Schäferheiligen, die Schäferwettläufe und Schäferspiele.
An manchen Orten wird an Bartholomäi auch das Erntefest gefeiert, die Sichelhenke, auch andere Volksfeste, wie der Fischertag in Memmingen oder das Forstfest in Kamenz in der Lausitz. Bald taucht auch da und dort das eigentliche Herbstfest auf, die Kirmes.
Doch nun zum Schäserlauf.
Geruhsam steht der Schäfer den ganzen Sommer über an seiner Schippe und Hüter seine Herde, gibt auch acht, daß keines seiner Schutzbefohlenen in eine Wiese oder in einen fetten Kleeacker hineintritt und dadurch den Bauern schädigt und erzürnt. Weil ledoch der Schäfer auch gern an den blauen Himmel hinaufguckt und beobachtet, wo die Vögel hinfliegen, weil er ein gutes Herz Hai und seinen Tieren auch etwas Rechtes gönnt, drückt er manchmal ein Auge zu und läß» sie dann und wann einen Mundvoll vom verbotenen Grund nehmen, weshalb der Bauer das Wort geprägt hat: „Neunundneunzig Schäfer geben hundert Spitzbuben.' „Ja", antwortet in überraschender Schlagfertigkeit der geruhsame Schäfer, „ja. wenn noch ein Bauer dabei ist.'
Also dieser Schäfer, der an seiner Schippe gewissermaßen dasteht wie der Verwalter der ewigen Ruhe, soll nun zeigen, daß ihm das Herumstehen den ganzen Sommer über nichts geschadet hat, soll zeigen, daß er seine Beine nicht in den Leib hineingestanden hat. Er soll im Wettlauf um eine goldene Krone und um einen fetten Hammel ringen. Kehren ! wir deshalb ein beim
Schäferlauf in Markgröningen
Der Markgröninger Schäferlauf, der schon Ende August stattfindet, ist ein treffliches Beispiel dieser Schäferläufe. Mitten im reichen,
! schwäbischen Korngäu liegt das Städtchen. Fah- ! nen flattern aus den Häusern der .»»gen Gassen,
I flatternde Wimpel schlagen fröhliche Brücken ; von Häuserreihe zu Häuserreihe. Was gibt es ^ Schöneres als festlich geschmückte Straßen und - Gassen einer alten Stadt! Im Herzen Mark- ! gröningens steht das berühmte Rathaus, ein ! Wunder alter Zimmermannskunst. Don mächtigen Eichbäumen ist es getragen, seine ; Stockwerke ruhen gewissermaßen auf ihren Aesten, Hunderte und aber Hunderte, Schäfer und Schäferinnen und die unzähligen her- beigeströmten Besucher, finden heute gastliche Aufnahme und Bewirtung iin Rathaus. Von hier aus geht der Festzug auf das > Stoppelfeld hinaus, auf dem sich die Läufe ^ und Spiele vollziehen, und hier sammelt sich ! das Volk abends zu Trunk und Tanz, i Unter den Klängen des Schäfermarsches.
! einer alten, wundersamen Weise, so langsam und getragen, daß auch der nervöseste Mensch seine Ruhe wieder gewinnen könnte, geht der Zug zunächst in die Kirche, wo ein festlicher Gottesdienst veranstaltet wird, der mit Psalmen und Lobgesängen aus die Früchte, die dem Jahr geschenkt worden sind, dem ganzen Festtag einen guten Unterton geben. Dann aber geht es hinaus auf den Kampfplatz, ein Stoppelfeld.
In einer' Reihe stellen sich die Schäfer aus, die sich zum Wettlaus gemeldet haben. Unter den dumpfen, aber immer stärker wirbelnden Klängen einer Trommel jagen sie bar-
Hertzft Rudolf Steck
<Ans dem Kalender „Kursit und Leben').
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Milde Tage führen vom Sommer in den Herbst hinein
Sevtembertag H a n s v. B o I k m a n n
.(Aus dem Kalender „Kunst und Leben")
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Sommer — Herbst