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stand ist jedoch nicht bedenklich. — Gestern abend kam ein 2spänniges Fuhrwerk die Waiblingerstraße in Cannstatt ohne Führer gegen den verschlossenen Eisenbahnübergang, die Pferde durchbrachen die Barriere und kamen auf dem Schienengleis zu Fall. Ein anfahrender Bahnzug konnte durch die Signale des Bahnwärters zum Stehen gebracht und so ein Unglück verhütet werden. Die Pferde nahmen keinen Schaden; der Fuhrmann soll das Fuhrwerk aufsichtslos vor einer Wirtschaft stehen gehabt haben.
Stuttgart 15. Jan. Nachdem die bürgerlichen Kollegien im Mai v. I. zur Anstellung eines Versuchs mit der Abgabe eines warmen Frühstücks an bedürftige Kinder einen Betrag von 4000 ^ zur Verfügung gestellt hatten, wurde vom Gemeinderat beschlossen, diesen Versuch an der Slöckachschule vorzunehmen. Mit der Frühstücksabgabe wurde anfangs November v. I. begonnen. Nach einem Bericht der städtischen Schulflege gestaltete sich nun die Beteiligung an der neuen Einrichtung folgendermaßen: Unentgeltlich erhielten das Frühstück in der 1. Woche 575 Schüler, in der 2. Woche 681, in der 3. Woche 738, in der 4. Woche 773, in der 5. Woche 764, in der 6. Woche 772 und in der 7. Woche 769 Schüler. Nach dem bis jetzt bei dem Versuch gewonnenen Maßstab würde sich der jährliche Aufwand für die Einführung eines warmen Frühstücks an sämtlichen Volksschulen mit etwa 16 500 Schülern auf 190 000 ^ berechnen.
Freudenstadt 14. Jan. Der Ausschuß der Deutschen Partei erläßt einen Aufruf an die Mitglieder und Freunde der Partei im Bezirk Freudenstadt, worin er diese zur Wahl des volksparteilichen Kandidaten H. Wagner auffordert. In dem betr. Flugblatt werden u. a. auch die nationalen Zusicherungen aufgeführt, die der Kandidat schriftlich und mündlich gegeben hat. Sie lauten dahin: „Im Falle meiner Wahl würde ich für die Erhaltung einer kräftigen Armee und Marine eintreten, unter Vermeidung aller unnötigen Luxusausgaben. In der Kolonialpolitik stehe ich auf dem Standtpunkt des Antrags Ablaß, insbesondere bin ich für die Erhaltung unseres gegenwärtigen Kolonialbesitzes, für den Deutschland so viel Opfer an Gut und Blut gebracht hat, für Bahnbauten in den Kolonien, soweit deren Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit nachgewiesen wird. Bezüglich des Verkehrswesens, speziell Eisenbahnen, bin ich für Betriebsmittelgemeinschaft, aber gegen Besteurung des Verkehrs in Gestalt von Fahrkartensteuer und Schiffahrtsabgaben."
Schömberg OA. Freudenstadt, 12. Jan. In Oberehlenbogen wurde von Müller I. Weidenbach ein 17 Pfund schwerer Fischotter gefangen. Ein solcher Fang ist in der Kinzig schon lange nicht mehr vorgekommen.
Heilbronn 15. Jan. Drei schulpflichtige Knaben der Volksschule schlugen dieser Tage an einem Automaten die Fensterscheibe ein und ent
wendeten daraus ein ziemliches Quantum Chokolade, welches sie teils selbst verzehrten, teils an Kameraden verteilten.
Heilbronn. Am Neujahrstag erhielten verschiedene in der Luisenstraße wohnende Personen anzügliche Karten zugesandt. Der Verdacht der Täterschaft wurde von denselben auf den 14 Jahre alten Sohn eines ebendaselbst wohnenden Handwerksmanns gelenkt und dieser letztere von den Empfängern davon verständigt. Der Vater stellte am 11. d. Mts. seinen Sohn zur Rede und züchtigte ihn, als er die Täterschaft in Abrede zog, schwer, ohne sich vorher Beweis dafür zu verschaffen, daß sein Sohn die Unwahrheit gesagt habe. Der Knabe ging von Hause weg und erhängte sich an einem Baum am Steinweg, wo er am selben Abend tot aufgefunden wurde. Der Vater hat inzwischen erfahren, daß sein Sohn die Karlen nicht abgeschickt hat.
Marbach 14. Jan. (2 Wahlkreis.) In unserem Bezirk hat der Kandidat für den 2. Wahlkreis, Professor Dr. Hieber, nun auch mit den Wahlreisen begonnen. Am Sonntag fanden nacheinander 3 außerordentlich stark besuchte Versammlungen in Beilstein, Großbottwar und Marbach statt; in allen 3 Versammlungen waren Mitglieder aller bürgerlichen Parteien anwesend. Als in Beilstein und Großbottwar die Vertrauensmänner und Bezirksführer des Bundes der Landwirte und in Großbottwar der Vertrauensmann der Volkspartei erklärten, daß sie im Auftrag und auf einstimmigen Beschluß ihrer Parteileitung für die Kandidatur Hieber mit ebenso viel Eifer und Energie wie für einen eigenen Parteikandidaten eintreten würden, da war der Beifall und Jubel groß und groß die Freude darüber, daß es endlich einmal gelungen war, die drei bürgerlichen Parteien zu einem Kampf gegen dieSozialdemokratie (im Bezirk Marbach fällt das Zentrum vollständig aus). In Marbach hatte sich eine Anzahl Sozialdemokraten, die in den beiden ersten Versammlungen ganz fehlten, eingefunden. Aus den Reden ihres Führers, die Hieber gründlich und schlagfertig widerlegte, ersah man den Aerger, den sie über die Vereinigung der drei Parteien empfinden. Hoffen wir, und an Marbach wird es gewiß nicht fehlen, daß auch diesmal wieder unser Bezirk mit seinen beinahe 5000 bürgerlichen Wählern den Ausschlag für Hieber geben wird wie dies bei der letzten Reichstagswahl der Fall war.
Tübingen 11. Jan. Strafkammer. Als der Schlossergeselle Matthias Rath aus Pfalzgrafenweiler am 22. Oktober v. I. nachts zwischen 10 und 11 Uhr mit seinem Motorrad von Bösingen her der Heimat zufuhr und chsn die von Pfalzgrafenweiler nach Nagold führende Staatsstraße im Walde passierte, fuhr er auf einen am Wege stehenden Holzwagen auf, erlitt einen Schädelbruch und starb am andern Morgen. Der Bäckermeister Karl Auwärter von Pfalz, grafenweiler, der einen kleinen Holzhandel betreibt, hatte jenen Wagen auf der Straße unbeleuchtet
stehen gelassen. Auwärter war deshalb einer Vergehens der fahrlässigen Tötung angeklagt. Er bestritt jede Schuld. Urteil 5 Tage Gefängnis und Kostentragung.
Tuttlingen 13. Jan. Die FrauWaizen- egger von Stetten, welche am 3. d. M. auf dem Weg von Stetten nach der Uhrenfabrik Mühlheim a. D. durch einen Zimmerflintenschuß, der aus der Wirtschaft „zum Schützen" kam, im Unterleib so schwer verletzt wurde, daß sie sich einer Darmoperation unterziehen mußte, hat die Gefahr überstanden und sieht ihrer Genesung entgegen, was ihr und der unvorsichtigen Schützin zu gönnen ist. Von einem Strafantrag gegen letztere hat die Verletzte Abstand genommen.
Aus Straßburg meldet der Lokalanzeiger; Die Leichen der verunglückten Opfer der Brand- katastrophe von Geispolsheim wurden am 14. Januar unter zahlreicher Beteiligung der Bevölkerung beigesetzt. Eine einzige große Kiste hatte genügt, um dis Ueberreste der 22 Leichen auszunehmen.
Berlin 15. Jan. Neuerdings ist begründete Hoffnung vorhanden, daß in den Landungs-Verhältnissen Swakop- munds eine radikale Aendexung eintritt. Aus sicherer Quelle erfährt die „Morgenpost", daß gegenwärtig zwischen der Regierung und interessierten Handels- und Jndustriekreisen ein Riesenprojekt zur Erörterung steht, das die Schaffung moderner Hafenanlagen in S wakopmund bezweckt und dessen Ausführung wahrscheinlich ein für alle Mal die Hinweise auf die in der englischen Walfisch-Bai vorherrschenden günstigen Hafen-Verhältnisse zum Schweigen bringen dürfte. Die für dis Bau-Ausführung der Ottawi-Bahn verantwortliche Firma Arthur Koppel beabsichtigt nämlich ohne finanzielle Inanspruchnahme des Reiches in Swakopmund eine Hafenanlage zu schaffen, deren Herstellungskosten auf 40 bis 50 Millionen geschätzt werden. Unter Anderem wird sich die Deutsche Bank an dem Unternehmen beteiligen und man geht nicht fehl, wenn man der Initiative des Kolonial-Direktors Dernburg einen entscheidenden Einfluß bei der bereits oben genannten Firma einräumt. Es handelt sich vor allen Dingen um den Bau einer 1 Icm langen massiven Mole durch die erst ein, auch den größten Schiffen (Kohlenstation für Kriegsschiffe) jederzeit zugänglicher moderner Hafen geschaffen werden soll. Die zwischen der Regierung und der Firma Arthur Koppel schwebenden Ver- Handlungen drehen sich in der Hauptsache um die Konzessionsdauer der nach englischem Muster einer Privatgesellschaft einzuräumenden Hafen- gebühren-Erhebungsrechte, die Amortisierung des Kapitals und dergleichen. Es darf heute bereits behauptet werden, daß die Ausführung des Projektes gesichert scheint und die Regierung in der Lage sein wird, dem neuen Reichstage endgültige Vorschläge zu unterbreiten.
Mitgefühl ganz unnötig verschwendet — Ihr Nervenzufall war weiter nichts als Verstellung!"
„Eine Komödie sondergleichen," sagte Holmes. „Dergleichen Kunstgriffe find oft sehr nützlich," fuhr er fort. „Sobald ich mich erholt hatte, strengte ich meine Erfindungsgabe an, um den alten Cunningham zu veranlassen, das Wort „zwölf" zu schreiben, weil ich es mit dem Wort zwölf auf dem abgerissenen Zettel zu vergleichen wünschte."
„O, was für ein Dummkopf war ich doch!"
„Ich merkte wohl, Watson, wie du dich über meine Schwäche betrübtest," rief Holmes lachend, „und es tat mir leid, daß ich dir diesen Schmerz bereiten mußte. Wir gingen nun zusammen die Treppe hinauf und betraten das Zimmer, ich sah den Schlafrock hinter der Tür hängen, suchte die allgemeine Anfmerksamkeit einen Augenblick abzulenken, indem rch den Tisch umwarf, gleichzeitig lief ich zurück und untersuchte die Taschen. Kaum hatte ich jedoch den Zettel in einer derselben gefunden, wie ich vorausgesehen, als die Cunninghams sich wütend auf mich stürzten. Ohne euren raschen, hilfreichen Beistand hätten sie mich sicherlich umgebracht. Noch immer fühle ich, wie mir der Sohn die Kehle zuschnürte und der Alte drehte mir fast das Handgelenk um, als er mir das Papier entreißen wollte. — Sie erkannten, daß ich die ganze Sache durchschaut hatte, und der plötzliche Umschwung voll- kommenster Sicherheit zu völliger Verzweiflung machte sie förmlich rasend. Ich habe den alten Cunningham soeben ein wenig über die Beweggründe des Verbrechens ausgefragt. Er war ziemlich gefügig, während sein Sohn sich wie ein Teufel gebärdete und am liebsten sich selbst oder sonst jemand eine Kugel durch den Kopf gejagt hätte, nur fehlte ihm der Revolver. Als der Alte sah, daß seine Sache verloren war, sank ihm der Mut und
er legte ein offenes Geständnis ab. In der Nacht, als die Cunninghams den Einbruch bei Acton verübten, war Wilhelm seinen Herren heimlich gefolgt; er bekam sie dadurch in seine Gewalt und machte Erpressungsversuche, unter Androhung einer gerichtlichen Anzeige. Herr Alec ist aber ein gefährlicher Mensch, der nicht mit sich spaßen läßt. Er hatte den wahrhaft geistreichen Einfall, die Angst vor den Einbrechern, welche die ganze Gegend in Aufruhr brachte, zu benützen, um sich auf glaubwürdige Art von dem Menschen zu befreien, den er fürchtete. Wilhelm ging in das ihm gestellte Netz und wurde erschossen. Hätten die Cunninghams den ganzen Zettel gehabt und auf einige Nebenumstände noch größere Aufmerksamkeit verwendet, so wäre vermumch nie ein Verdacht gegen sie entstanden."
„Und der Zettel selbst?"
Holmes legte uns das Blatt Papier vor, dessen Inhalt lautete: „Kommen Sie um dreiviertel auf zwölf an das östliche Tor, wo Sie etwas erfahren sollen was Sie überraschen und vielleicht für Sie und Anna Morrison von größtem Nutzen sein wird. Sie müssen aber gegen jedermann davon schweigen."
„Es steht fast genau so aus, wie ich mir gedacht habe." sagte er. „Natürlich wissen wir noch nicht, welcher Zusammenhang zwischen Alec Cunningham, Anna Morrison und Wilhelm Kiewan bestand. Der Erfolg aber zeigt, daß der Köder, mit dem er in die Falle gelockt wurde, geschickt gewählt war."
„Dein ruhiger Landaufenthalt hat sich trefflich bewährt, Watson I Morgen werde ich mit neu gestärken Kräften nach der Bakerstraße zurück- kehren können."
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