Allerhand Zeuersprüche beim Wannisfeuer
Uralt ist das Johannisfeuer. Es war Schon lange vorhanden. Auch rein geschicht- iiche Urkunden und Notizen gehen weit zurück. ohne natürlich Anfang und Entstehung pr erreichen. Brunner berichtet in seinem trefflichen Buch .Von deutscher Sitt und Art": .Eine uralte Münchener Urkunde aus dem Jahre 1401 berichtet von der .Sunbent- nacht. da Herzog Stephan <der Kneyffl) und sein Gemahel lElisabeth von Cleve) und das frawel auf dem margkt lwohl dem heutigen Marienplatz) tanzten mit den purgerinnen bei dem Sunbentfewr.' Von König Friedrich III. ist bekannt, daß er gelegentlich des Reichstags zu Regensburg 1473 sich mit schönen Frauen um das Feuer auf dem Marktplatze im fröhlichen Reigen schwang. Zu Augsburg auf dem Fronhof wurde 1497 in Anwesenheit des Kaisers Maximilian I. der Tanz um das Sonnwendfeuer aufge- führr. Da tanzte Erzherzog Philipp mit der schönen Jungfrau Susanne Neithart. welche den Holzstoß angezündet hatte."
Aus dem Jahr 1566 und 1593 treffen uns Nachrichten, daß das Himmelfeuer am Johannistag verboten worden sei. Das waren Ausnahmen. Wie die vorausgegangenen Beispiele gezeigt haben, wurde das Johannisfeuer sogar auf dem Marktplatz angezündet. Das ist uns auch von Köln berichtet.
Unzählig sind die Feuersprüche, die wir -aus den verschiedenen Zeiten und Gegenden haben.
Im Spessart:
„G'hannesfeuer.
der Haber ist teuer. -i
Wer kein Holz zum Feuer gi't, erreicht das ewige Leben nit."
Beim Sprung durchs Feuer in der Oberpfalz:
„Unterm Kopf und überm Kopf tu i mein Hüt'l schwingen;
Mädel, wenn du mich gern hast, durchs Feuer mußt mit mir springen."
Im Schwäbischen:
Sankt Johanns Segen Laß mir mein Werg Drei Ellen lang werden Bollen wie Baumnuß.
In den letzten Jahrzehnten wurden die vielfach vergessenen Sonnwendfeuer durch die Jugendbewegung wieder entfacht, und sie begann wieder Gemeingut des Volkes zu werden, ganz besonders in diesem Jahr, wo der Johannistag zum Tag der deutschen Jugend eingesetzt wurde. An diesem Tag soll sich die Jugend erproben in Wettkämpfen, Wettläufen. Spielen, Neigen und Volkstänzen. und wie . abends die Flammenzungen zum Himmel lodern, so sollen auch die Herzen der Jugend für das Große und Reine erglühen, für die deutsche Heimat, für das deutsche Vaterland. An der Feuerstätte soll das Lied erschallen:
Flamme empor: Flamme empor! ^
Steige mit lodernden Strahlen
Von den Gebirgen und Talen
Glühend empor, glühend empor!
trunk oder an den S t. I o h a n n i s - fegen, wie der Trunk auch genannt wurde. Der St. Johannissegen bewahrt vor den Schäden des Weines, „Massen das verfluchte Hexengeschmeiß oftmals selbst in den gerichtlichen Aussagen bekennet, daß sie mit ihren Teufelskünsten in die Keller kommen und manchen Panzen oder Faß Wein ausgetrun
ken haben. Wo man aber St. Johannissegen in ein Faß schüttet, da haben sie demselben Wein nicht zukommen mögen". Es ist rührend. wie unsere Vorfahren gerade an den St. Johannissegen geglaubt und ihn gebraucht haben. Es war auch eine sehr angenehme Sache. Wein zu trinken, um sich gegen alle möglichen Unbillen zu schützen. Birlinger erzählt vom Gebrauch des in der Kirche geweihten Johannissegens also: „Kommt man von der Kirche heim, so werden Mutter. Kinder, Knechte und Mägde bis
zum einfachsten Hirtenbuben herab zusammengerufen. und alles setzt sich um den Tisch herum. Der Hausvater trinkt zuerst aus dem Becher, und sodann macht er die Runde am ganzen Tische; sogar das Kind in der Wiege muß St. Johanniswein trinken. Den ganzen Tag feierte man und wurde wenig gearbeitet.' Desgleichen ist St. Johannissegen im Wirtshause zu treffen. Der Wirt läßt ziemlich viel Wein zur Kirche tragen, und davon bekamen Nachbarn, Stammgäste und solche
ärmere Leute, die keinen Wein aufzuibringen vermochten, zu trinken."
Daß der Gebrauch des Johannissegens eine durchaus ernsthafte Sache war, zeigt uns auch eine Stelle in der Lebensbeschreibung der schwäbischen Betha-Bona von den letzten Augenblicken: „richtete sie sich etwas auf und sich andächtig erinnernd, wie Jesus am Kreuz vor seinem Tod noch mit Gall und Essig getränket worden, verlangte sie St. Johannes Segen".
Kirfchenernte - KLrfchenfesen
Aus dem sommerlichen Leben eines Mses
Hans Schrödter Im Mrichbanm
tAus dem Kalender „Kunst und Leben").
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Siehe, wir steh'n, siehe, wir stelsin Treu im geweihten Kreise Dich, zu des Vaterlands Preise,
Flamm? zu sehn. Flamme zu sehn!
Heilige Glut, heilige Glut! .
Rufe die Jugend zusammen.
Daß bei den lodernden Flammen >
Wachse der Mut. wachse der Mut. ^
Auf allen Hölsin. auf allen Höh'n Leuchte du, flammendes Zeichen,
Daß alle Feinde erbleichen.
Wenn sie dich sehn, wenn sie dich sehn!
Leuchtender Schein; leuchtender Sehein! Siehe, wir singenden Paare Schwören am Flammenaltare Deutsche zu sein. Deutsche zu sein!
Höre das Wort, höre das Wort!
Vater, auf Leben und Sterben Hilf uns die Freiheit erwerben!
Sei unser Hort, sei unser Hort! ,
Es ist zu hoffen, daß dieser Tag, aus der Zeit des nationalen Aufbruchs erwachsen, von jugendlichen Herzen stark erlebt, wirklich wieder ein mit dem Volksleben und -empfinden verwachsener und sie beeinflussender Tag bleiben möchte.
Ser MannMrunk und St. Fvhanmssegen
Nichl nur das Johannisfeuer, das Johanniskraut und andere Pflanzen üben in der Johannisnachl eine heilende und segnende Wirkung aus. wobei z. B. auch das Vieh über die vom Johannisseuer übrig bleibenden Kohlen getrieben wurde, nicht nur konnten krank? Menschen aus gewisse Berge steigen und sich dorr ihrer Kleider entledigen, um gesund zu werden. Es gab noch andere Möglichkeiten, sich von den geheimnisvollen Kräften dieser Nacht segnen zu lassen. Gegen Krankheit sollte z. B. der Johannistau schützen. Vor allem aber hatte man früher einen - — n» den Johannis-
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Da war im Pfarrdorf Hausen bei Dillingen vor Jahrzehnten ein weitsichtiger Bürgermeister. Der ließ an einer Straße Weichselbäume pflanzen, die hier einen besonders zuträglichen Boden finden. Die Straße heißt heute längst schon Weichselstraße und sie ist zum Segen geworden fürs ganze Dorf.
Da wird eines Sonntags nach dem Gottesdienst auf dem Kirchenplatz vergemeindet, daß am nächsten Aftermontag nachmittags um 4 Uhr die Weichsel» versteigert werden.
Am Steigerungstag regnet es gerade herunter. Trotzdem ist alles auf dem Platz; denn den Weichselbaum kann man nicht hin- auslasfen! Es gäbe ja das ganze Jahr keine
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Stiegeie
Weichselnudeln. Und so bewegt sich ein dunkler Haufen durch den Dreck von Baum zu Baum: die Männer in hohen Stieseln und alten Schlapphüten mit Dachrinnen, aus denen sie von Zeit zu Zeit das Negenwasscr schlenzen; die Weiber mit Regendächlein und die Röcke hochgenommen; die Buben den Haufen umkreisend wie die Lämmer die Herde. „Zwölf Mark fünfzig zum ersten — siebzig - grad aus — dreizehn fünfzig — vierzehn Mark zum ersten, zweiten und — drittenmal; wer hat ihn?" Der Gemeindediener ruft dem Bürgermeister den Namen zu, der ihn in sein verregnetes Notizbuch schreibt, mit Tintenblei; praktisch der Regen; da braucht er nimmer hinspeien, damit der Bleistift angeht!
Je weiter es ans Dorf geht, desto teurer werden die Bäume. Hat sich schon wieder manch einer verspekuliert. „Wirst sehen," sagten sie am Anfang zueinander, „bis wir einwärts kommen, bleiben die Bäum' übrig und sind spottbillig!" Nun aber müssen sie in den sauren Apfel beißen und steigern, sonst erwischen sie überhaupt keinen mehr.
Nun aber rücken die Buben mit den Vogelscheuchen an. an denen der Vater den ganzen Nachmittag gebastelt hat. Wie eine Fahnenprozession gehts hinaus in die Weichfelstraße. An hohen Stangen tragen sie unterschiedliche Gestalten, eine überraschender und gelungener als die andere, und befestigen sie an den Bäumen, ein Warnungszeichen für alle Staren, die nach den Weichsel» lüstern sein sollten. Nichts unterhaltsameres für den Freund volkstümlichen Humors, als ein Gang durch diese Freilichtgalerie der ländlichen bildenden Künste. Hier eine mit Stroh ausgeschoppts Bluse, „üppige Formen", wie es in der Heiratsanzeige heißt, offenbar das Werk eines sehnsüchtigen Jünglings; dort ein dürres Gerippe mit viel zu weiten Kleidern, die jeder Windhauch um die hungrige Gestalt Pflüdern macht; am nächsten Baum ein aufgespannter geblümter
Sonnenschirm, Modejahr nicht mehr zu Mitteln, dann eine ganze RegimentsmiM an einer Ouerstange: Triangel, HarM, Cinellen . . ., hergestellt aus alten Heringsbüchsen und blechernen Wichsschachteldeckekn, die beim leisesten Wind zusammenschlagon und ihr Freikonzert geben; weiterhin ein Galgen mit toten Spatzen — das „statuierte Exempel"; ferner ein alter Gevattermannskittel mit wehenden Nockschößen und erbärmlich ausgestreckten Aermeln; und so geht es fort. Gott gnade dem fremden Wandersmann, der — unkundig des Brauchs und der Sitte — hier nächtlicherweile, etwa bei schwachem Mondschein, des Weges muß! Wie wird ihm zumute werden, wenn diese Gehenkten geisterhaft zu ächzen und zu klappern beginnen und schrecklich dräuend ihre Arme bewegen?
Doch nicht zu glauben — die Staren gewöhnen sich bald an ihre neuen Bekannten, fliegen ein Paarmal um sie herum, probieren wieder das Naschen und setzen sich zuletzt vertrauensvoll der Dame mit den üppigen Formen auf die Schulter und dem gehenkten Gevattermann auf den Zylinder.' Darum müssen an diesem Starenkrieg bald die letzten Reserven eingesetzt werden — die Buben. Die rücken nun täglich zum „Weichselhüten" aus. Mit Schlittenglocken, mit Kuhglocken, mit Gießkannen und Wellenprügelu zum Trommeln, mit Trillerpfeifen und Pfropfpistolen, mit Kieselsteinen in alten Blechhäfen, so treten sie an. Dazu noch das Kriegsgeschrei aus ihren Kehlen — fürwahr, ein Höllenlärm ists, den sie aufschlagen. wenn die schlaue Starenschar in die Nähe kommt
So geht es eine Woche und zwei. Dann beginnt das Brocken. Auf den Pflugkarren kommen Leitern verschiedener Länge und werden zum Baum gefahren; jeder Knirps kann sie aus diese Weise befördern. Und nun heißt es fleißig sein. Weichsel» pflücken ist eine langwierige Arbeit. „Wenn man sie nur schütteln könnt'!" jammern die Leute auf ihren Leitern. Dazu ist das Weichselholz sehr brüchig, und die Leitern müssen, besonders an hohen Bäumen, mit Vorsicht angestellt werden. Das ganze Dorfleben ist nun für einige Zeit auf die Weichselstraße verlegt. Die Kinder tummeln sich unter den -Bäumen und die Brocker unterhalten sich von Leiter zu Leiter, von Baum zu Baum. Die Handwerksburschen, die des Weges kommen, halten um Weichseln an. Alle Mühe wird gelohnt durch die überreiche Ernte, die abends in Körben heimgetragen wird; wer mehrere Bäume oder auch eine eigene Anlage hat, holt den Tagesertrag meist mit dem Wagen heim.
Und nun schwelgt alles in Weichseln. Es gibt täglich Weichselnudeln und Weichselplätz.
Sommer, ob Sommer . .
WM
»MH
Die Kinder bringen ihre rotverschmierten Gesichter gar nimmer sauber. Die Schulhefte werden mit Weichselflecken verziert. In jedem.Haus des Dorfes wird täglich „ein- gewcckt" und die Keller füllen sich mit Gläsern. Die Hausfrau sieht mit Wohlgefallen auf den schönen Vorrat; denn ein großer Teil des Küchenzettels fürs ganze Jahr ist auf den Weichseln ausgebaut; besonders die beliebten Weichselnudeln sind auf ein weiteres Jahr gesichert. Der Ueberfluß wird vermostet zu Weichselwein oder verkauft oder an Verwandte und Bekannte weitergegeben.
Nach wochenlanger Arbeit geht die Ernte ihrem Ende zu. Das Ergebnis überblickend, gesteht sich jeder ein: „Sie waren doch recht billig, die Bäum'!" Und auch die Staren sind zufrieden, denn trotz des Jndianerkriegcs kamen sie auf ihre Rechnung.
Und die schöne, gute Weichselstraße liegt zum Schluß vereinsamt und still in der Sonne, träumend von dem lustigen Volksleben. dessen Mittelpunkt sie eine kurze Zeit hindurch gewesen.
Zuni
Groß ist das Sprießen im Gefild,
Versteckt im Laub der Apfel schwillt;
Schon fallen Wiesen im ersten Schnitt,
Alles reift und vollendet sich — und wir mit.
Otto Linck.
Der Bauer in den Wiesen steht.
Das Gras ist bald schon abgemäht.
Die Kirschen glitzern aus dem Laub,
Die Wanderschuh sein voller Staub.
Fritz Butz.
Herausgegeben im Auftrag der NS.-Presse Württemberg von Hans Reyhing (Ulm a. D.).