Rr. 12 Eonderbeilase der NS.-Nrette Württemberg 1M4

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Bon Karl Mayrhofer

Aus rotmohndurchglühten Kornbreiten, aus oldgrünen, tauigen Wiesen, aus harzigen Wal­ern dämmerst du! Du hast deinen eigenen reifen Erdruch, deine eigene herbe Himmels, luft, dein eigen Sagenweben und Feuerge­würm. Du bezauberst w tief wie keine Nacht mit dem inbrünstigen Urfühlen:

Altheilige Heimaterde, du lebst und webst in mir! Deine gesegneten Brotgründe, deine Wälder und Ströme haben mich schon tausend- jährig im Schoße gewiegt, haben schon im Vor­leben der Väter mein Leben entzündet sie haben mich geformt und gebildet in Mark und Gemüt. Gar köstlich, gesund und trostreich ist es darum, dein Brot zu essen, deine Luft zu atmen, dein Wasser zu trinken und dereinst wieder so ganz in Heimaterde in dich zu ver­sinken.

' Solche Männergedanken und Urempfinden zur Muttererde gaben vor mehrtausend Jahren schon die Mittsommernacht mit starkem Geist ourchfeuert. Der germanische Naturglaube erkor sie zur wichtigsten Heilignacht der Son­nenverehrung und feierte mit der Sonne auch die von ihr befruchtete Sommererde. In den Zeiten des Hag- und Heimfriedens durch­flammten darum Feuerpsalme mit Menschen­kind Roßopfern, mit Liebemählern, Kräuter­wundern und Fackeltänzen die Juninacht. Da aber den Landsassen die obsiegende Sonne auch Urbild der Freiheit und Gnade war, wurden in Kriegs-, Elends- und Wolfszeiten die kulti­schen Mrttsommerfeuer zu Wehr- und Not­feuern, die alle Sippen und Markgenossen zu Rat und Tat für die Heimat in den Männer­ring riefen.

Johannisnacht, darum glühst du so stark und' herrlich aus Korn, Wiesen und Wäldern, darum duftest du so markig und herb, weil du wie keine Heilnacht Ahnenblut und Väterlebeu getrunken, heilige Saat in die Scholle empfan­gen hast! Der Glut- und Feuerzauber dieser hochwichtigen Nacht, in deren Dämmerung die guten Heimatgeister ziehen, hat sich namentlich in den deutschen Berggebieten durch Jahrhun­derte hindurch jung und frisch erhalten, und gerade unser geknechtet Geschlecht kann das Auffunken der Sonnwendfeuer als Wacht- und Notfeuer wieder erleben, welche die gedrückte deutsche Geistessehnsucht nach den edelsten Gütern, dem ewigen Freiheitssymbol, der Sommersonne, aufzündet.

> Ueberwältigend ist

die deutsche Bergwacht an den Landmarken des Ostens

wo das Waldgebirge mit seinen ungeheuren Forsten den Grenzwall zieht, wo schlichte, ein­fältige Bauern wohnen, armes Siedlervolk, bei aller Armut zäh verwachsen mit dem ärmlichen Schwend- und Reutboden und gerade ob seiner Armut und Herzenseinfalt zählebig in Sitte und Art. Demütig und doch mutvoll"wird hier von einem natürlichen Volk aus Rodern, Holzern und Hirten das Deutschtum getragen, und stolz und freudig leuchtet sein Bekenntnis die Grenze entlang. Jeder Einödhof auf lüfti- ger Leite, jedes in Tann und Dobel versunkene Walddörflein funkt sich ein Sonnwendfeuer auf, um daran alten Heimatzauber und Brauch zu üben. Riesige Reisighaufen und ganze Schei­terstöße werden von der hierzu gar eifrigen Ju­gend gesammelt und an der Feuerstatt aufge­schichtet. L'-der ' wßhof wie jedes Tagwerk­häusl mu>z zum Helligen Johannisbrand bei­steuern, wollen sie auch teilhaben an dem Sommersegen, der goldenen Himmelsluft und Erdfrucht, wollen sie teilhabeu an der lebendi­gen Urkraft, die aus dem Schoße dieser alten Heilnacht quillt. So rufen die Buben schon am frühen Nachmittag unter Vortragung eines '-schmückten Bäumleins die Dorfmarkung ab:

Heiliger Florian, zünd uns s Feuer an,

Heiliger Veit, gib uns a Scheit,

Heiliges Mirl, stift uns a Birl,

Heiliger Jakob, weih uns a-n Hackstock,

Heiliger Gang, lang uns a Stang:

Große Steua, kloanö Steua

Kommts fei all zum Sonnwendfeuer!"

In der allgemeinen Beisteuer zum Sonn- ! '.neuer kennzeichnet sich noch deutlich seine V nng als Opferfeuer im heidnischen E- .e Alle Licht- und Wettergötter Baldur, Loki, Donar, Wotan usw., denen ehedem im germanist'. - Feuerring ein ähnlicher An­ruf gegolten Harm mag, wurden in christlicher Zeit ersetzt durch die fromme Litanei unserer Feuerheiligeu, die bei Blitzschlag und Unge­

witter, bei Brünsten und lebenverbrennenden Seuchen und Suchten zu wundertätigen Hel­fern berufen sind. Der Volksglaube an die reinigende Feuerkraft, die mit Rauch und Ruß beizt, gesund, jung und schön erhält, kommt

in den Sprüngen und Reigen ums Gonnwend?euer

zum Ausdruck. Unsere Alten jagten sich mit Fackeln gegenseitig durch die Opferlohe, und wer einem Freunde oder lieben Weibe Treue bis in den Tod bezeugen wollte, der ging mit ihnen im Paarsprung durchs heilige Feuer.

Mädel, schau mir rns Gesicht,

Brennen dir die Augen oder nicht?"

Und wenn sie im feuchten Aufschlag wie Sternlein brennen und leuchten, dann ist die Liebe reif geworden, und manchmal so schön braust das heimlich wachsende Leben im Korn und lockt und lockt wieder warmes Leben mit Glühwurmzauber und honigsüßen Wohlge­rüchen der Sonnwendnacht. Am Ziehen und Ringeln des Rauches, am Funkenfpeien der Lohe und insbesondere an den Sonnwend­feuern, die nah und fern aus Wald und Bergen aufglosen, wird die Dauer und Stärke der Liebe und des Lebens gemessen. Wer durch sein Kopf­kränzlein aus neunerlei heiligen Sommerkräu­tern nicht mindestens achtzehn Feuer sieht, dessen Glück und Gesund ist gar zerbrechlich; der wird Wohl die nächste Sonnwendnacht schon unter brennender Heimaterde schlafen.

Sprung durchs Johannisfeuer

Noch heute gilt das Feuerspringen als Liebs­belustigung und Lebeusmirakel, zu dem sich die Dorfholden mit Laubgewinden und Blumen­kränzen aus Beifuß, Beinwell, Eisenhut und andern zauber- und heilwirkenden Sommer­kräutern schmücken, die während des Sprunges gelöst und in die Gluten geworfen werden: Unterm Kopf und übern Kopf Tua i mei Hüatl schwingen,

Mädl, wenn du mich gern hast,

Durchs Feuer mußt mit mir springen!"

Der Bauernglaube besagt im Besonderen, daß der Feuersprung vor Augenübeln und Hexenschüssen bewahre, und daß seinem Schwang der Flachs nachgerate. Das Auge, dieser wichtigste Sinn, von der Sonne geweckt und von ihr für die Wunderwelt des Lichtes entzündet, muß heute im Qualm zu Tränen gereizt werden, um scharfsichtig und hell zu bleiben und um mit seinem holden Schmelz Herzflämmchen zu entzünden. Darum nach dem Feuersprung die zage Frage:

<AusBon deutscher Sitt' u ' Art").

Einen ganz eigenartigen Reiz bietet das Verbrennen der Wetterhexe und der damit verbundene Besentanz um die hochwabernde Glut. Ein stämmiger Waldbursch, der sich köhlermäßig im Ruß gebadet, trägt auf lan­ger Stange eine Strohpuppe heran, die be­gleitet wird von einem Zug fröhlicher Besen­träger. Während die Puppe in die Lohe ge­stoßen wird und im Funkenwirbel prasselnd brennt, feuern die geschwärzten Knaben die mitgebrachten Mistbesen an und fackeln und tanzen damit in wilden Sprüngen, bis der Strohwisch zu einem Aschenhäufchen in die Asche versunken ist.

Setiwirken-e un- uriWlweheenbe Kräfte

stecken in der Sonnwendasche. Darum wird sie häufig in Säckchen gesammelt und bei Abfraß und Mißwachs auf die Felder ge­streut oder bei Fiebern zur Milderung des hitzigen Blutes Menschen und Haustieren eingegeben. Solche Heilanwendung, die in heidnischer Zeit allgemein üblich war, ist heute jedoch nur mehr ge­bräuchlich unter dem geist­lichen Schutze und Anruf der christlichen Feuerheiligen, wie überhaupt christlicher Hauch manches lebendiggebliebene Brauchgut der «sonnwend- nacht neu und fromm be­seelte. So ist es in manchen Gegenden Altbayerns üblich geworden, daß sich das Volk nach dem Abbrennen der Sonnwendfeuer um die Brandstatt kniet und gemein­sam denEngel des Herrn" betet.*)

Im Nottal bähen die Kin­der an der abschwelenden Kohlenglut Brotschnitten, und es geht die liebe Sage, daß wäbrsnd dieser Schummer­stunde die ungetanst gestorbe­nen unschuldigen Kindlein barfuß über die heiße Asche gehen und darin, wie der Vo­gel im Schnee, ihre zierliche Fußspur hinterlassen. Ueber- haupt hat die Vvlksphantasic die Johannisnacht

mit holdem und abholdem Setstertretben

erfüllt. Die Erdmanndeln sol­len heute ihre Schrunden und Höhlen unter Wurzeln und

SoharmiStasl J«ba»»iStaai

*) Auch im Walsertal.

Gestein verlassen, die Elfen sollen im Nebel­dämmer der kurzen Nacht ihre Neigen ziehen, und auch Hexen und Truden sollen heute Wälder und Lüfte durchreiten und die menschlichen Heimstätten in ihrem Gehaben und Frieden zu stören suchen. Es soll aber heute auch die kostbare Springwurz gefunden werden, mit der sich vergrabene Schätze und das gewachsene Gold der Erde heben lassen. Die heimatlichen Fluren durchgeistert um Mitternacht der bockfüßige Bilwitz und das hummelhaarige Haarweibchen. Während jener mit dem berüchtigten Durchschnitt die reifenden Saaten durchbrandet und den Erntesegen des christgläubigen Landwirtes beeinträchtigt, geht die Haarfrau in Milde und Güte durch die Flachsflur und segnet ihre himmelblaue Blütenfülle, damit in den langen Winternächten Bräute und Haus­mütter Berge von Linnen spinnen und weben können zu einer stattlichen Aussteuer oder zu Hemdleinen oder Höslein für eine reißtüchtige, wimmelnde Kinderschar. Der böse Geisteszauber der Sonnwendnacht hat dem Volke den Spruch in den Mund gelegt: Heute muß eines ertrinken, eines verbren­nen und sich eines erfallen, darum gebt acht, ihr Schwimmer, Klimmer und Läufer!"

Seillame Krauler

Der sommerliche Pflanzenkult bringt zum Sonnwendtag gebackenen Holunder aus den altbayerischen Bauerntisch. Dieses würzige Blütengebäck feit dem Volksglauben nach vor Hals- und Darmlciden und hat dem. Täufer des Herrn die volkstümliche Bezeich­nungHans-Dampf" eingetragen, weil er die Bauernküche in Schmalz- und Krapfen­gerüchen dampfen läßl. Die Heilkraft der Kräuter in Wald und Wiese muß am St. Johannistag genützt werden; denn er gilt als wichtiger Wendepunkt all des Blühens zur schwerträchtigen Fruchtsülle. Die laue Juninacht treibt wunderbare Erdkräfte in die Gewächse zu allerhand Zauber- und Heil­zwecken. So flicht man im Waldgebiet aus neunerlei Wurzen und Kräutern eigene Wetterkränzchen, womit man den Haus­herrgott und die Feldkreuze krönt, damit er Wetterschlag und Hagel von Hof und Hufe abhalte und die Heimaterde in ihrem Wachs­tum segne. Die goldgelbe Sternblüte des Arnikas und die rotgeflammte Hauswurz oder der Donmrdart, wie sie die Alten nann­ten, erweisen ebenfalls Schutz- und Heildienst: vor Feuer und Blitz, gegen Schnitt-, Biß- und Brandwunden und werden in der Sonn- wendnacht gern zu Lebensorakeln benützt. Sie künden Gedeihen und Absterben der Hausinsassen an und deuten in diesem Ge­brauche auf Donar und Baldur, die hohen germanischen Lichtgötter, die Götter des Wachstums, des Todes, der Unterwelt. Bär­lapp und Beifuß hängt man in dieser Nacht: in Ställen und in Schlafkammern gegen Truden und Hexen auf. die Frauen stecken sie unter Gürtel und Mieder., um Mannes­lieb und -treue zu binden und, um gesegnet zu werden. Johanniskraut heute in den Schuh gelegt, macht nimmer müde, und der schwefelgelbe Eisenhut um Mitternacht gepflückt, feit gegen eisernen Hieb und Stich und besitzt die Kraft liebhold und zugeneigt zu machen. Er härtet uns, schämt aber auch mit seinem Gifte Stein, Staql und Eisen zu todbringendem verderben, wenn Kr'"' in Sicht ist und die liebe Heimat der :u- wehr bedarf.

Dann aber verbinden sich auch alle guten Geister und Geheimnisse, die seit Urzeiten dem Schoße dieser Heilignacht entsteigen und bewirken in unserem deutschen Wesen die sittliche Wehr, die wie die sagenhafte Wunderblume der Johannisnacht uns härtet und das Heiligste und Höchste hütet und schützt; die vom Schweiß und Blut der Väter getränkte und köstlich genährte und uns und unsere Kinder wi-Mr in Mark und Gemüt köstlich nährende Heimaterde.

(Nus Akmenerbe, von Sitte und Brauch in Altbauern, Verlag Oldenburg, München und Berlin.!

Johannistag! Johannistag!

Blumen und Bänder, so viel man mag! Das Blumenkränzlein von Seiden fein, macht' es mir balde beschieden sein!

Johannistag! Johannistag!

Da freit ein jeder, wie er mag.

Der Meister freit, der Bursche freit.

Da gibt's Geschlamb' und Gcschst'.mbscr-,

Der Alte freit

die junge Maid,

der Bursche die alte Jumbser!

Juchhei! Juchhei! Johannistag!