Wettere Einzelheiten zu dem schrecklichen Etofturzunglück

Winterbach, 7. Mai.

Noch ist das schreckliche Geschehen, das die Gemeinde Winterbach am Samstag vormit­tag heimgesucht hat, in aller Mund. Nur schwer ist es, insbesondere sür die vom Un­glück betroffenen Familien, sich wieder in den Alltag einzuleben, die ungeheure Wucht der Ereignisse steht noch zu deutlich im Vordergrund. Ter gestrige Sonntag brachte viel Verkehr in unseren Ort. Non allen Seiten her strömten Fremde, um die Un­glücksstätte zu besehen und sich von der Größe des Ereignisses einen Begriff machen zu können.

ES hat sich im Laufe der Bergung heraus­gestellt, daß die Zahl der Schwerver­letzten bedeutend höher ist, al- ursprünglich angenommen wurde. Man. zählt heute rund 10 Schwerverletzte, unter denen sich ein besonders ernster Fall be­findet. Leichter verletzt sind ungefähr 30 Kin­der, dabei sind alle die Fälle nicht mit­gezählt, die lediglich in Schürfungen usw. bestehen. Im allgemeinen ist der Zustand der Verletzten ordentlich und man hofft, daß kein weiterer Todesfall mehr zu verzeichnen ist. Besonders schwer betroffen wurde die Klasse von Oberlehrer Kohnle, die direkt an der ersten Einüruchstelle lag.

Allgemein wird in der ganzen Gemeind, und weit darüber hinaus das tragische Ge­schick des Oberlehrers Kohnle bedauert. Die, Kinder, die zu ihm in die Klasse gegangen sind, weinten herzzerbrechend, als sie von dem Tode ihres geliebten Lehrers erfuhren. Auch bei der Elternschaft war Kohnle ob sei­nes gütigen und gerechten Wesens überaus believt; er hat es wirklich verstanden, eine wertvolle Arbeitsgemeinschaft zwi­schen Elternhaus. Kindern und Schule herzustellen. Bon seinen Vorgesetz­ten Behörden wird ihm ebenfalls unein­geschränktes Lob zuteil. Seltsam ist es, wie Oberlehrer Kohnle zwei Tage vor dem Un­glück von einem deutlichen Todes­ahnen befallen wurde. Er äußerte sich seiner Klasse gegenüber:Buben, die Schule wird noch unser Grab."

Interessant ist in diesem Zusammenhang daß der zuständige Schulrat des Bezirks be­reits in einer der letzten Sitzungen Kollegen gegenüber anläßlich einer Debatte über den Schulhausneubau geäußert hat:Wenn nur nicht einmal die Oeffentlichkeit von einer Schreckensbotschaft aus Winterbach über­rascht wird."

Nochmals r Sie EchuiLftage

Lebhaft wird hier selbstverständlich die Sch uldsrage ventiliert. Man hört aller­lei Gerüchte, Vermutungen und Gutachten.: Endgültig kann natürlich jetzt zu all diesen Ansichten noch nicht Stellung genommen wer­den, und heute scheint es schon sicher zu sein, daß die ganze Schuld nicht auf den Schul­tern eines einzelnen abgeladen werden kann. Es wird nun entscheidend darauf ankommen, in welchem Zustand das Gebäude von den verschiedenen Baukommissionen, die alljähr­lich einen Nundgang vorzunehmen haben, be­

funden worden ist. Die Protokolle über diese Gutachten sind selbstverständlich vorhanden und werden den nötigen Einblick gewähren. Die Tatsache, daß das Schulgebäude 150 Jahre alt ist, reicht natürlich allein nichi aus, um ein Werturteil über die Baufällig­keit zu sprechen. Bekanntlich gibt es noch viele öffentliche Gebäude, die auf dieses Alter zu­rückschauen können, ohne direkt baufällig zu sein. Inwieweit der entlang dem Gebäude gezogene Graben ursächlich mit dem Un­glück in Zusammenhang steht, kann ebenfalls vor Abschluß der Amräumungsarbeiten nicht genau gesagt werden. Von einigen Bausach­

verständigen wird diese Mög­lichkeit überhaupt bestritten.

Sei dem wie ihm wolle: auf alle Fälle kann und muß fest­gestellt werden, daß das Un­glück nach dem heutigen Stand der Technik unter allen Umständen hätte ver­mieden werden können. 28er hier Schuld auf sich ge­laden hat, wird die von höch­ster Stelle betriebene Unter­suchung sicherlich zutage för­dern.

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Wagemutige Feuerwehrleute decken unter Lebensgefahr das Dach ab

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Die Rückseite des Schulgebäudes Feuerwehr­leute räumen das restliche Inventar aus

Besondere Anerkennung verdienen die Rettungsmannschaften, die Sanitätskolonne Schorndorf, der Schorndorser Löschzug. die Feuerwehrmänner von Winterbach, sowie die 'SA. und SS. von Winterbach und Schorn­dorf. Die Nettungsarbeitcn, die besonders kurz nach dem Zusammensturz ganz beson­ders gefährlich waren, wurden mit einer sel­tenen Zähigkeit und Ausdauer durchgeführt. Unermüdlich waren die Helfer, die Verletz­ten in Sicherheit zu bringen und die Toten zu bergen.

Besonders erschwert wurden die Nettungs- und Ausräumungsarbeiten durch die un­geheure Staubentwicklung. Zum Glück wurde niemand von der Rettungsmannschaft ver­letzt.

Die Schulen Nassen da'chWM

Die Beerdigung der Toten wird am Dienstag, den 8. Mai, nachmittags 2.30 Uhr, stattfinden. Ministerpräsident und Kultmini- ster Prof- Mergenthal er hat in einem Erlaß angeordnet, daß an diesem Tage alle Schulen auf Halbmast flaggen und daß bei der Flaggenhissung der Opfer deS Un- . glücks gedacht wird. In dem erwähnten Er­laß heißt es weiter, daß das ganze württem- bergische Volk an der Trauer der Bevölke­rung Winterbachs herzlichen Anteil nimmt und daß insbesondere Schüler und Amtsge- uossen um ihre Kameraden und ihren Rmts- genossen trauern.

Der Herr Neichsminister sür Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Rust hat dem Herrn Ministerpräsidenten und Kultminister Mergenthaler zu dem Unglück in Win- tsrbach folgendes Beileidstelegramm zugehcn lassen:

Tief erschüttert von dem furchtbaren Un­glück in Winterbach spreche ich Ihnen mein herzlichstes Beileid aus und bitte, dies den Eltern zu übermitteln."

Der Herr Ministerpräsident hat dem Herrn Reichsminister Rust für seine Anteilnahme zugleich im Namen der schwerbetrofscnen Eltern herzlich gedankt.

Das Winterbacher Schulhaus unmittelbar nach dem Einsturzunglück

Unter diesen Trümern fanden sieben Kinder, ) Sofort nach Abschluß der ersten Bergungsarbeit wurde der ganze rechte Flügel, sowie" und ein Lehrer den Tod das Mittelstück zusammengerissen, um weitere Einsturzgefahr zu beseitigen.

Der rechte Flügel des Schulgebäudes