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»MdtBsilase der RE.-Presse
19Z4
Die fKtvSbWe Bauernstube /
Bei aller Vielfalt deS schwäbischen Bauernhauses. das durch Landschaft und Klima, Baustoffe und Wirtschaft, in Konstruktion und Anlage und Form und Ausstattung bedingt und bestimmt wird, ergibt sich als gemeinsam die klare Trennung der Räume für Menschen, Haustiere und Vorräte und die räumliche Teilung von Herdstelle und Wohnstube, während im niedersächsischen Bauernhause unter dem mächtigen Dache, ohne Abschließung, Menschen und Tiere beisammen wohnen und das Herdfeuer gewissermaßen den Mittelpunkt des Wohn- raumes bildet. Noch in Mitteldeutschland hat man vielfach die Wohnküche, der schwäbische Bauer aber ißt nicht in der Küche, sondern in der davon durch Wand und Tür getrennten Stube.
Je nach der Art des Hauses liegt die Bauernstube im Unterstock, meist einige Stufen über der Erde, durch den Ern von Stall oder Wirtschaftsräumen getrennt, oder im Obergeschoß, wohin man auf einer geraden oder gebrochenen Treppe oder Stiege kommt. In der Regel ist die Bauernstube der günstigst gelegene, größte und beste Raum des Hauses.
Sie Stetigkeit im Bauerntehen
Allgemein ist der Glaube verbreitet, daß der Bauer mit besonderer Zähigkeit am Hergebrachten sesthalte. Die Tatsache ist nicht zu bestreiten. Man muß aber fragen, ob dies geschieht, weil der Bauer in seinem Wesen und Denken besonders starr oder zu träge sei, sich anzupassen und das Neue in sein Leben hereinzunehmen, oder ob es geschieht aus einer inneren Notwendigkeit heraus.
Menschen, die in der sich immer erneuernden Natur leben und mit ihr arbeiten, wissen es nicht anders, als daß auf dieser Erde Werden und Vergehen natürliches Gesetz sei. Es ist darum der Bauernstand mehr als die anderen Stände zum Erlauschen, Erhorchen und Nützen aller Wandlungen im Jahreslauf, zur Anpassung an Boden und Markt gezwungen. Und an sich wäre es nicht verwunderlich, wenn er, gerade darum, den ruhenden Pol suchte in der Erscheinungen Flucht. Es ist aber so:
Sein Festhalten äü der Ueberlieferung kommt vor allem aus dem Zwang der Verhältnisse und der verstandesmäßigen Erkenntnis. Wie das nachwachsende Geschlecht überhaupt, so hat auch die bäuerliche Jugend die Neigung, es anders zu machen als Eltern und Voreltern. Sie probiert auch das Neue, und sie läßt sich gerne beglücken und bezaubern von Fremden, vor allem von dem Glanz der Stadt. Aber schon nach kurzer Zeit kehrt sie zu der Väter Art zurück, da eben das Andere sich nicht zu ihrer Arbeit und nicht zu ihrem Leben schicken will.
Wo in einem Lande der Zustand nicht durch Zuwanderung, durch den Wechsel der Arbeit oder die aus irgend einem Grunde erfolgte Umwertung der Lebenswerte geändert wird, haben wir immer und überall eine durch Geschlechter hindurch dauernde Lebensführung. Die Ueberlieferunq bleibt einmal deswegen, weil das von fugend an Gewohnte im reiferen Alter gerne geübt wird, aber auch aus dem andern Grunde, weil ja die Lebensbedürfnisse im wesentlichen doch immer aus der Umwelt, deren Möglichkeiten und Geschenke gleich bleiben, befriedigt werden müssen.
Und wie im Handwerk die praktische Hand- werksübuug eine Ursache der Beharrung ist, so zwingt auch bei Hausbau und Einrichtung der aus der Umwelt genommene Werkstoff, zwingen Klima und Natur dazu, die Ueber- lieserung zu bewahren. So ist in wesentlichen Dingen die Befriedigung der Bedürfnisse an das Gesetz der Heimat und damit an die Neberlieferung gebunden. Bodenständigkeit ist nichts anderes als Bodengebundenheit; Freizügigkeit schließt die Ueberueserung aus.
Nicht daß die Kraft des Zeitgeschmacks beim Bauern unwirksam wäre; aber jede Umstellung kostet Geld, Geld aber ist beim Bauern immer rar und wird nicht ohne Zwang ausgegeben.
Solange darum das Dorf den Lebens- bedars im wesentlichen aus dem eigenen Kaum zu decken vermag und deckt, solange es unabhängig ist vom Handel, vom Angebot des Fremden, ist die Ueberlieferung gesichert und die praktische Lebensführung und auch die geistige Haltung beharrend —
Den August Lömmle
Die Bauernstube hat wie Bauernhaus und Bauernhof ihr Gesetz in sich, ebensogut wie Pflug und Wagen und Gerät.
Man kann darum die Bauernstube nicht an dem städtischen Geschmack messen, so wenig man die städtische Wohnung aus dem bäuerlichen Bedürfnis heraus beurteilen kann. Dorffremde Menschen empfinden Bauernhaus, Bauernkleid und Bauernlsben oft als dürftig oder gar als roh. Und mancher Bauer und manche Bäuerin wundern sich, wenn sie in eine gut ausgestattete städtische Wohnung kommen, über die Vrelialt und den Luxus der Einrichtung, sie sehen die große Mühe, welche die Pflege dieser Wohnung erfordert, und sie verstehen den Sinn einer solchen Lebensart nicht. Es vermögen eben Menschen, die sich täglich an dem Reichtum und der bunten Fülle der Natur sättigen und erquicken können, welche die ganze Herrlichkeit von Wald und Wiese und blauem Himmel unmittelbar zu eigen haben, Wohl viel von dem zu entbehren, was wir „Kultur" heißen. Wem die Natur entzogen ist, sucht Ersatz in der Lebenshaltung.
Auch heute noch nimmt der Bauer häufig, was zum Hausbau und zur Einrichtung an Werkstoffen nötig ist, aus dem Eigenen, oder er begnügt sich mit dem, was in der Nähe und um billiges Geld zu haben ist. So hat man im Waldland das Holzhaus, Stuben mit vertäferten Wänden und Decken, bei uns das Fachwerkhaus mit gekalkten Wänden und tannenen Bretterböden. Die Pflege eines solchen Hauses ist billig. Das Anstreichen und Weißnen kann man selbst besorgen oder im Taglohn besorgen lassen. So bleibt der Bauer Selbstversorger, und kaum ein anderer Stand vermag so wie der bäuerliche in Zeiten der Not seine Lebenshaltung ohne bedeutende Einbuße durchzuhalten.
Man soll an dieser Autarkie nichts ändern; es wäre eine Sünde, den Bauern aus seiner Selbstgenügsamkeit herauszunehmen. Die Einfachheit ist und bleibt für die Menschen und besonders für die Erziehung der Jugend ein großer Segen. Wir wissen es auch, wie
falsch, oft wie überheblich eS war, als man eine Zeitlang vor und nach dem Kriege von der Stadt auS sich bemühte, die Bauern zu den Bedürfnissen einer in anspruchsvolleren Formen lebenden Schicht heraufzuheben. Durch die Verquickung dörflicher und städtischer Art entstand die Verwirrung, Lche wir hyate haben; die alten bäuerlichen EAirich- tckngen wurden nicht mehr erneuert, das bäuerliche Handwerk ging zugrunde und die Bauernstuben wurden meist mit geringwertigem modischem Zeug vollgestellt und vollgehängt. Es kam vor, daß der schwäbische Bauer, damit die städtische Stube geschont
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Ofen in der Bauernstube mit Gestänge zum Aushängen von Kleidern und Wäsche. F. N.
bleibe, in der Küche essen mußte, und daß unter dieser Verirrung die Behaglichkeit des bäuerlichen Familienlebens not litt. Freilich, in vielen bürgerlichen Häusern, auch in unseren kleinen Städten, hat man mit diesem Unsinn begonnen und ist heute noch nicht davon frei.
Das SausMuhl /
So» August Lömmke
„Möbel" sagt man heute allgemein dafür, und man versteht darunter — mobilia bedeutet ja auch soviel wie das deutsche Wort beweglich — jene transportablen Einrichtungsgegenstände. die man beim Wohnungswechsel rm Möbelwagen fortführen und in anderen Stuben wieder aufstellen kann. Aber der Bauer braucht keine „Möbel", denn er zieht ja nicht aus. und er ändert die Einrich
tung seiner Stuben nicht nach dem Zeitgeschmack. Und jedes Stück der Einrichtung, Schrank und Stubenkasten und Bank und Tisch und Truhe, hat wie der Ofen ein für allemal seinen festen Platz. Und es war auch bei uns früher so, daß der Zimmermann, der das Haus baute, die Bänke und der Schreiner die Schränke und Kästen fest in die Wand einfügten. Und das Schreinwerk
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In einer schwäbischen Bauernstube
Soll d' Baurestub e A'seah hao, no mueß e Kachelof dren staoh, ond glei drneabet ser de Baure e Leaderstuehl mit Aerm ond Aohrr. Ond oms Eck rom an de Feaster mueß e Bank gao, uf em Semse müeßt em Sommer
(Aus „Schwobespiegel" von A. Lämmle.)
Alfred Vollmar
Bloamestöck staoh.
Ond vor em Bank es Daure Stolz
r Tisch vo bnreböme Holz,
ond en dr Lade neabrem Messer
e Loib schwarz Brot — 's wachst nerge besser:
E oiges Brot, nex gsönders geits;
schneid ra ond iß. de Baure sreutsl
paßte nach Größe und Form, nach Holz und Farbe genau zum „Zimmer", dem vom Zimmermann gemachten Raum. Und heute?
Man rühmt mit Recht die niedersächsifche Bauernstube und die Stuben im Wald- und Berglande mit ihrem alten überkommenen Hausgestühl. Da ist heute noch alles, Boden und Wände Und Decken, Türen und Fenster, Kasten und Tische und Stühle. Ofen und Gerät von einer beglückenden Uebereinstim- mung. Auch in Uebereinstimmung mit den Menschen, die in diesen Stuben leben und sterben. Da ist nichts zu viel und nichts zu wenig, es stört nichts, und es ist nichts zu entbehren, alles erfüllt Zweck und Bedürfnis. Und wo ein Gegenstand erneuert werden muß, geschieht es mit geringer Abweichung nach dem alten Borbilde. So haben auch sonstwo in Deutschland einzelne Landschaften Typen von Schränken, Truhen, Siedeln, Oefen herausgebildet, die ebenso bodenständig wie bewundernswert praktisch und schön sind. Man verzeichnet dort auch heute noch, sich irgendwie durch Mode und Handel bestimmen zu lasten, ja, dieses Hausgestühl vermochte von sich aus den Geschmack unserer Zeit wesentlich zu bestimmen und zu bereichern. Und es ist darum dort auch das bodenständige Handwerk in seiner Tüchtigkeit und Ehrlichkeit erhalten geblieben.
Ich bemerke dazu: wo das Handwerk zugrunde ging, geschah es aus dem Grunde, weil man eine modische Umstellung von chm verlangte, der es doch nicht gewachsen sein konnte, und weil man ihm durch fremde Handelsware das Geschäft verdarb.
Es wäre noch zu Helion
Es wäre aber auch bei uns und heute noch wieder möglich, die Bauernstube in einer zum schwäbischen Bauern passenden und würdigen Art einzurichten. Vermeidet man das Ueberlebte und Unpraktische und auch das Ungesunde unserer alten Bauernhäuser, so bleibt daran für uns heute doch noch eine Fülle des Guten und Schönen, das wir übernehmen können. Gerade unsere besten Architekten haben das auch erkannt und anerkannt, und wie im Bürgerhaus, auch im Bauernhaus sich an das Vorbild gehalten. Die Häuser der Kochenhofsiedlung in Stuttgart. vor allem die Häuser von Paul Schmitt- henner, sind Beispiele für die Stadt. Da das Bauernhaus immer Zweckbau war, ist die Fortsetzung der Ueberlieferung noch leichter als beim Stadtbau.
Und so richte man auch wieder die Bauernstuben ein mit einem kraftvollen Hausgestühl, das zu der schweren Arbeit des Bauern paßt und einem innigen Familienleben, auch der Behaglichkeit der Winterruhe, zu dienen vermag. Wo es nicht anders sein kann um deS Geldes willen, dürfen die Einrichtungsstücke aus Tannenholz sein, das roh oder gestrichen wohl zu genügen vermag. Ich bemerke zu dem Anstrich, daß dunkle Stuben Schreinwerk mit leuchtenden bunten Farben brauchen: nur darf man ein solches Stück nicht an einem Hellen Platze ausstellen, weil es dort grell und aufdringlich wirkt.
Wo es der Geldbeutel erlaubt, soll das Hausgestühl aus dem edlen Holz, das bei uns wächst, gemacht werden, das Birn- und Apfelbäume. Nuß- und Kirschbüume liefern. Ist ein solches Stück auch teurer, so kann es doch durch Geschlechter hindurch vererbt werden und wird immer ein Schmuck der Bauernstube sein und begehn von den Kindern.
Könnte es bei uns nicht wieder so werden, daß der Bauer Tisch und Schrank aus eigenem Holz beim Dorsschreiner machen läßt? Ich erinnere mich noch ans meiner Knabenzeit, was für ein beglückendes Gefühl es für uns alle war. als wir an Stelle des alten verbrauchten Eßtisches den neuen bekamen, den der Nachbar Schreiner aus dem Holze eines Apfelbaumes gefertigt hatte, von dem wir Kinder uns ein Jahr vorher noch die Früchte hatten schmecken lasten. Ter Tisch war uns geradezu zärtlich lieb, er war etwas vom eigenen Leben.
Kaum irgendwo so wie in EüdderüWank
sind die Voraussetzungen für ein edles Hausgestühl im Bauernhaus gegeben; denn wir haben ja eine Ueberfülle von wertvollsten Hölzern. Und auch an bodenständigen und vortrefflichen Vorbildern dazu fehlt es nicht. Man muß nur dafür sorgen, daß den Handwerkern diese Vorbilder oder wenigstens die Zeichnungen dazu zugänglich sind. Heute ist es schon recht schwer, in manchen Dörfern auch nur eine richtige Bank für die Bauernstube gemacht zu bekommen. Wir haben in