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«Das Hab' ich nicht deswegen gesagt. Du willst mich mißverstehen. Schau. Lisa, alles, was in meinem arbeits­reichen Leben schön und lieb und beglückend war, warst du. Verlaß mich doch nicht! Jetzt, wo ich voll Sorgen bin, wo ich um neue Möglichkeiten ringe, wo ich mich ganz umstellen muß. Ich brauche meine gesammelte Kraft. Du warst immer ... kühl zu mir. Ich dachte, es sei so deine Wesensart. Aber ... daß du kein Herz hättest, das glaubte ich nicht. Was willst du denn anfangen ohne Geld? Du bist doch verwöhnt durch mich. Selbst wenn du daran denkst, einen andern zu heiraten ... vielleicht den Doktor mit seinem Bettelgehalt... ich werde es nie zugeben, schon um deiner selbst willen nicht. Du hast ja gar keinen Dunst davon, was... entbehren heißt."

Egon!" Sie ist am Weinen.Warum machst du es mir so schwer? Es ist mein unwiderruflicher Wille. Du wirst mich vergessen."

So ... glaubst du? Du denkst wohl, weil ich kein ... Deutscher bin nach deinem Sinn, weil ich ... weil ich ... was du ja einmal hast durchblicken lassen, einer andern ... Rasse angehöre, hätte ich kein Gefühl im Leib'? Weil ich ein Geschäftsmann bin ... machte ich aus allem ein Geschäft, auch aus der Ehe ... aus der ... Liebe? Nein, Lisa, ich habe dich wirklich ehrlich geliebt, und es tut mir bitter weh, daß du nur an so etwas denken, geschweige davon reden magst. Lisa!"

Er geht näher zu ihr hin.Lisa! Du mußt bei mir bleiben! Ich will dich noch mehr auf Händen tragen. Ich will dir jeden Wunsch..

Da legt sie ihr Gesicht in ihre weißen Hände und fängt zu weinen an.

Es klopft an der Türe.

Er geht hin und öffnet.

Bitte, es ist angerichtet", sagt Netti.

Schön, wir kommen schon."

Er nimmt ein Fläschchen und schüttet auf sein weißes Taschentuch Kölnisch Wasser.

Reden wir nicht mehr davon, Lisa. Da hast du! Be­tupfe dir die Augen. Du mußt mit hinübrrkommen. Es würde komisch aussshen vor den Dienstboten."

Da gehorchte sie.

Er legt ihr die besten Bissen vor.

Sie ißt kaum.

Er schenkt ihr ein Glas Südwein ein.

Trink das! Es wird dir gut tun."

Dann geht er zum Telephon und sagt seine Sitzung ab.

Sie sitzen wieder im kleinen Salon.

Er redet noch anderthalb Stunden von tausend und eins, fragt nach Swinemünde und zwingt sie, zu antworten.

Sie kann es nicht mehr ertragen und steht auf.Gute Nacht..."

Da macht er einen Schritt zu ihr hm. Auf seiner Stirn steht eine böse Falte.

Du mußt wissen, bei mir gibt es nur biegen oder brechen. Ich werde dich zwingen, bei mir zu bleiben!"

Sie antwortet nicht.

Sie kann nicht.

Ihre Kehle ist wie zugeschnürt. ,

Sie liegt mit wachen Augen, die ganze endlose Nacht...

Es ist Morgen.

Bei Hermann läutet das Telephon.

Es ist ganz klar, daß du fort mußt ... noch heute!" spricht er, den Hörer in der Hand.Ich werde etwas finden. Ich sage dir nachmittags Bescheid."

Dann saust der kleine OH in schnellster Fahrt auf der Straße gegen Tulln ... hält in Zeiselmauer vor einem kleinen Haus, das in einem Obstgarten steht.

Die Frau Förster sagt schüchtern:'s sind zwei Zimmer, aber sie sin halt klein. Mein sel'ger Mann und ich ... wir Ham uns des Haus ... es war eben, wir Ham ... net mehr Platz braucht."

Ja, ja, kann ich sehen?"

Die Lage ist recht g'sund, und die Aussicht..."

Was verlangen Sie?"

Ich Hab' eben immer ... i weiß net ... es wird wohl net zu viel sein ... mit der Verpflegung ... ISO Schilling im Monat. Natürlich ... Bedienung is dabei."

Schön. Und kann die Dame gleich heute noch ... ja?"

Heut' noch? Oja ... natürlich. Ich werd' gleich alles richten. Darf ich fragen, auf wie lang?"

Das weiß ich noch nicht. Das hängt von Umständen ab. Hier haben Sie bis zum 15. August..."

Danke schön. I werd's bestät'gen."

*

Hermann und Lisa sitzen um fünf Uhr nachmittags auf der Terrasse des Kurparkhotels.

Schau, Lisa, solche Dinge müssen radikal gemacht wer­den oder gar nicht. Es hat gar keinen Sinn, mit ihm zu reden. Wir waren ja eben beim Rechtsanwalt. Erinnere dich, daß er dir gesagt hat, er führe die Scheidung. Das muß man jetzt ihm überlassen. Er wird die Sache schon machen. Ich fahre dich jetzt bis an den Ring. Du packst nur das Aller­nötigste. Alles andere wird dir durch einen Beauftragten zugestellt ... auch die Geldsache wird geregelt. Das Haus in Zeiselmauer ist recht nett. Ich komme jeden Tag hinaus."

... Er tut mir leid ..."

Ja, Lisa ... glaub' ich dir! Aber schau, einem mußt du weh tun. Mein Leben wäre vernichtet."

Sie faßt rasch nach seiner Hand.

Ja ... gut. Gehen wir!"

Eine halbe Stunde später geht sie die Treppen ihres Hauses hinunter, diese breiten, teppichbelegten Treppen, die den Laut ihrer Schritte einsaugen.

.Befehlen gnädige Frau den Wagen?" fragt Paul, der aus der Garage kommt.

Sie muß schlucken, um sprechen zu können.

Nein, Paul. Ich mache nur eine Besorgung."

Er reißt das Tor auf, und sein Blick bleibt auf dem kleinen Handkoffer haften.

Dann geht er kopfschüttelnd in die Küche.

*

Acht Tage sind vergangen.

Wieder brennt die kleine grüne Lampe im Pavillon.

Hermann hat ihn bezogen.

Die Wohnung in der Mietskaserne hat er aufgegeben.

Es war ein Akt der Pietät gegen den toten Kameraden, daß sie alle gesagt hatten:Wo er gelebt und gewohnt hat, das darf in keine fremde Hand!"

Der Eigentümer sympathisiert mit der Partei. Es ist ihm recht.

Hermann hat seit der Beerdigung seines Freundes sich offiziell zur Partei erklärt und sich mit allen Kräften für die Enthaftung Rudolf Lutz' eingesetzt.

Er hat sich dadurch alle die zu Freunden gemacht, die Rudolfs Freunde sind.

Es ist Abend.

Hermann hat Bücher vor sich und studiert.

Statt der zersprungenen Glocke ist ein Klopfer am Tor. Jetzt fällt er dreimal nieder.

Poldi Lindner ist atemlos.Kommst du mit? Vor dem Amdesgericht sind wir alle beisammen. Es heißt, sie sollten ... enthaftet werden. Sicher ist es nicht."

Hermann schlügt seine Bücher zu.Ich komme." Er schlüpft in seinen Mantel und schnallt den Gürtel fest.

Wir wollen ihnen eine Ovation bringen", sagt Poldi, bei Georg Fiedler ist nachher Essen. Wenn sie nur alle frei werden! Der Magerer, der Ulrich, Schmidt und Schwandler sitzen seit damals, seit die Keilerei an der Universität war."

Hermann löscht die Lampe.

Gehen wir!"

Sie schlagen das schwarze Parktor zu.

, Die Argentiner Straße ist schwach belebt.

Poldi sagt leise:Also hat wirklich die Staatsanwalt­schaft Linz gegen Pratsch das Verfahren wegen Hoch­verrat eingeleitet."

Unglaublich!" Hermann schüttelt den Kopf.

Das ist noch eher begreiflich", sagt Poldi,aber dis Aberkennung der Mandate für die nationalsozialistischen Landtagsabgeordneten, das ist eine ... vKsassungswidrige Handlung. Und noch nicht genug. Der Anschlag auf die Trisaner Brücke ... das sollen natürlich auch wieder wir gewesen sein."

Hermann bleibt stehen.Das muß sich ja erhärten, daß das nicht wahr ist."

Lieber Hermann, was heute erhärtet wird, ist das, was erhärtet werden soll ... was die Regierung erhärtet haben will. Als die Schuldigen vor aller Welt gelten natürlich . . . wir."

Auf dem Platz und in den Straßen vor dem Landes­gericht ist eine tausendköpfige Menge.

Wir stehen drüben", sagt Poldi,gleich bei der Treppe."

Sie drängen durch.

Es ist das leise Murmeln von hundertfältigen Stimmen über dem Platz, wie das ferne Grollen des Donners oder der murrende Laut der Bestie, bevor sie zum Sprung ansetzt.

Die Luft ist erfüllt mit Elektrizität, mit Energien, die nach der Entladung drängen.

gengen's! Aber... so was. Des soll do net sein! Wie kommt eaner denn da dazu, als a Mensch, der sei Sach' zahlt ... wie sich's g'hört ... daß auf amal der Radio kei Vorträg' mehr von Deitschland bringe därf? Mir san do eh' Deitsche!" sagt die gemütliche Frau Tascherl, die ein Milch­geschäft in der Florianigasse hat.Mir is der Radio des Liebste auf der Welt. I Hab allweil so gern zug'hört, wann's von München oder von Berlin was g'red' Ham."

No ja ..." sagt einer, der in der Nähe steht,wir Ham dafür a paar Konzert von die jüd'schen Kapellmeister ... und wer si' untersteht, a reichsdeutsche Sendung zu verbreit'», der zahlt 2000 Schilling oder kann sechs Monat' im Loch sitz'n."

«Jessas! Jessas! Was des jetzt für Zeiten san!"

Ja, ja", mischt sich der Greisler Johann Busch ein. Weg'n dem Anschlag auf die Badner Elektrische ... i bin a a Badner ... da ham's alle Tag sechs andre verhaft'. Jetzt wer'n scho bald kan. Platz mehr Ham."

Der Besitzer des Volkscafes an der Ecke schiebt sich näher herzu.No ja, no ja ... wer'n mer halt neue G'fangenhäuser bau'n. D' Juden wer'n scho's Geld hergeb'n dafür."

Ein Herr fragt einen Polizisten:Sie .. - sagen Sie einmal, wie lange wird denn das noch dauern?"

Das weiß ich nicht!" sagt der Polizist schroff.

Es ist schon 8 Uhr.abends'.

Die Menge wird unruhig.

Dreschen wir ihne 's Tor ein!"

Was ham's denn da so lang' zu dischkutier'n?"

Auslassen sollen'- s'es! Mehr woll'n mir net!"

Still!" mahnt eine Stimme.

Aus einer Nebengasse hört man Hufschlag.

Aber gengans, mir san do kei Narr'n net! 's h«k g'heiß'n, sie wer'n frei. Ham ja eh nix tan!"

Mir soll die ganze Regierung mitsamt dem Doll ..

Der Sprecher bekommt einen Puff in die Seite.Retz'» S' nix! Sonst können S' glei eine komm'n in'n Kodsöt"

Geschlossen kommen deutsche Studenten.

Man macht ihnen Platz.

Sie nehmen vor der Treppe Aufstellung. Es st«- Couleurstudenten.

Die Chargierten setzen den Fuß auf die unterste StiHe.

Das Murren wird stärker. Es schwillt an ... wird M» Sturm.

Einzelne Stimmen sind tief und laut. Es ist immer wt» ein neuer Windstoß, der Nahrung gibt.

So schaut die österreichische Freiheit aus!"

Da kann mer si was anschau'n!"

Aber wir werden noch mehr erleben!"

Wart' mer's ab!" schreit ein Friseurgehilfe.Jetzt machen's ja a rechte Propaganda z'weg'n ... dem Frem­denverkehr. Jetzt wer'n mer in Wien bald überhaupt nimmer deutsch red'n dürf'n. Jetzt red'n mer nachher fr«m» zösisch! 's Geld Ham mer eh scho ... von de Franzos'«."

No, und weil's uns no z'gut geht, soll'n d' Zigarette« wieder teurer wer'n und der Rauchtabak ..."

Ja, ja", sagt wieder ein anderer,'s wird all's teurer. Mir wern bald nix mehr zum Fress'n und zum Rasch'« Ham. Mir wer'n von die Reden satt, die s' jetzt hast'». D« braucht mer eh nix mehr zum Essen ... da is ei'm eh sch» schlecht."

Pst ... sch ... sch ... sch ..." mahnen die Besonne«««. Still sein!"

Der Gürtel der Polizisten wird stärker.

Gendarmerie steht plötzlich oben am Tor des Gersthls- gebäudes, dis Karabiner schußbereit.

Da wird es still.

Scheinwerfer tauchen alles in blaues Licht, daß dis Ge­sichter fahl sind und die auf ein Ziel gerichteten Augen eine« einzigen und unheimlichen Blick bekommen.

Man kann nichts mehr erkennen, als eine weiße Ge­sichterwand, hinter der eine mühsam gebändigte Erwartung und eine sprungbereite Kraft ist.

In dieser Stille steigen die drei Chargierten die Treppen zum Landesgericht hinauf.

Alle Blicke folgen ihnen.

Das Murren verstummt, das Atemanhalten ist st .bar.

Ein Polizeioffizier tritt aus dem Tor und ihnen ent­gegen.Hier darf niemand hinein."

Wir wollen wissen", sagt der Chargierte mit starker, laut tönender Stimme,was mit unseren Kameraden ist. Wir erwarten ihre versprochene Enthaftung."

Der Offizier legt die Rechte an den Säbel und sagt weithin vernehmbar:

Von einer Enthaftung ist keine Rede." Und an di« Menge gewendet:Ich warte fünf Minuten, dann gebe ich den Befehl zur Säuberung des Platzes!"

Es ist einen Augenblick totenstill. So still, daß man einen Vogel piepen hört, den der Lärm oder das L. stt aus dem Schlaf geweckt hat.

Dann reißt eine Stimme diese Stille durch:

Das ist ein verfassungswidriger Terrors"

Als hätte es nur dieses Stichwortes bedurft, die ge­bundene Kraft zu lösen, ist im Augenblick ein regelloses Durcheinander.

Die Chargierten haben die Degen gezogen.

Hinter ihnen halten die Studenten, die im Nu die Treppen gestürmt haben.

Ein Kommando schwingt hoch und schrill in der Lust und reiht eins Salve aus anfchlagfertigen Gewehren.

Ein Gebrüll ist die Antwort.

Pferdegalopp.

Schreie.

Flüche.

Stöße.

Gegenstöße.

Polizisten, die wahllos verhaften.

Nieder mit der Regierung!" schreit einer und schießt aus einem Revolver.

Wir lassen uns nicht wehrlos massakrieren!"

Die Hilfsexekutive ist sofort da.

Sie greift ein. Verhaftet, wen sie erfaßt.

Nach zehn Minuten ist der Platz leer.

Galopp berittener Gendarmerie verjagt Flüchtende

Der Platz ist wie nach einer Schlacht.

Verwundete liegen auf den Stufen.

Rettungswagen kommen.

Poldi Lindner ist einer der Letzten.

Er stützt sich schwer auf Georg Fiedlers Arm.

Er hat eine Fußverletzung und kann kaum gehen.

Er schaut über den leeren Platz.

Em paar Polizisten stehen noch umher.

Verwundete werden in die Wagen geschafft.

Wo ist ... Hermann?"

Sie bleiben stehen.

Wo ist Hermann?"

Da erhebt Georg Fiedler seine Stimme.

Sie tönt über den ausgestorbenen Platz und' wirft sich gegen die Front der Häuser, die den Platz säumen.

Doktor... Fries!"

In der Ferne antwortet ein Ruf, der etwas ganz anderen: g:!l. (Fortsetzung folgte