Innenpolitil an -ec Wende
Münsterwechsel sind an sich heute nicht mehr allzu sensationelle Ereignisse. Das Nachkriegsdeutschland hat bis zum 86. Januar 1930 einen außerordentlich starken Verschleiß an Ministern gehabt. Diesmal aber kommt dem Rücktritt des Krisenministers besondere Bedeutung bei, denn er wird noch dadurch unterstrichen, daß zur gleichen Zeit die Partei, deren Führer er war, sich ansgelöst hat und nunmehr in die NSDAP, übergeht.
Es handelt sich nicht mehr um Namen oder Begrisse der alten Form und der überkommenen Tradition. Die Bedeutung des Politischen Ereignisses vom 27. Juni liegt darin, daß jetzt vor aller Welt dokumentiert worden ist, daß die Zeit, in der das Bürgertum als herrschende Schicht parteibildende Kraft hatte, nunmehr zu Ende ist. Auch die einzige noch bestehende, die Deutschnationalen überlebende Partei, das Zentrum, wird nicht die Rolle des ruhenden Pols in der Erscheinungen Flucht zu spielen vermögen. Auch diese Partei wird den Weg gehen müssen, den die anderen vor ihr gewandelt sind: sie alle sind aufgegangen in die höhere Einheit des Nationalsozialismus.
Die Betonung liegt auf dem Worte „Einheit". Der Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus ist, seit dem 1. Mai etwa, von Woche zu Woche, von Tag zu Tag, gestiegen. Er fand beredte Wortführer und Vorkämpfer überall in deutschen Landen, vornehmlich den Reichsminister Dr. Goebbels, der hierfür eine Reihe besonders prägnanter Formulierungen prägte. Wer gewohnt war. die Tagesereignisse nicht nur als solche zu werten, sondern sic im Zusammenhang als Zeichen der Zeit zu betrachten und daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen, mußte schon zu Beginn dieses Monats sich darüber im Klaren sein, daß der bisherige Zustand des Nebeneinander nur noch kurze Zeit fortdauern könne. Mit unerbittlicher Folgerichtigkeit ging der Nationalsozialismus seinen, man kann nicht anders sagen, geschichtlich vorgeschriebenen Weg: Von der Oppositionspartei über die Millionenbewegung zur Verkörperung des ganzen deutschen Volkes. Die Ideologie, daß der Staat parteilos sein müsse, hat nie mit der Wirklichkeit im Einklang gestanden, am allerwenigsten im Zeichen des demokratisch-parlamentarischen Regimes. Die völlige Umkehrung fast aller Politischen Begriffe bringt es von selbst mit sich, 'daß der neue Staat nur noch Partei sein kann, allerdings mit der Einschränkung, daß in diesem Augenblick, wo es nur noch eine Partei gibt, keine Partei mehr besteht, sondern die Zusammenfassung aller Deutschen zu einer Einheit überhaupt nicht mehr parteimäßig zu erfassen ist.
Um dahin zu gelangen, war es allerdings notwendig, daß das Bündnis vom 80. Januar die Anfechtungen erleiden mußte, denen es mit Naturnotwendigkeit gemäß der Entwicklung der Revolution airsgesetzt war. Es kann nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, daß im besonderen Dr. Hilgenberg, dessen Name allein schon ein Wirtschaftsprogramm bedeutet, in jeder Hinsicht davon überzeugt war, daß gerade das Bündnis zwischen der Wirtschaftsidee, wie er sie vertritt, und der politischen Idee, die den Namen Adolf Hitlers trägt, die beste Lösung für die Gemeinschaftsarbeit der aufbanwilligen Kräfte in Deutschland wäre. Daraus ergab sich ganz voll selbst, daß er im Kabinett am allerwenigsten deiitsckmationaler Parteiführer, sondern immer wieder und fast -ausschließlich Wirtschaftsminister war und in dieser Sach- und Facharbeit ausging. Es ist hier nicht der Ort, eine große Untersuchung anzustellen, ob seine Tätigkeit in den verflossenen fünf Monaten richtig oder irrtümlich war. Er hat, wie die Jnaugnrierung und Durchführung des Fettplanes beweist, dort zngeqrisfen, wo es am notwendigsten war, bei der Landwirtschaft! Zweifellos war auch die von ihm immer vertretene These, in wirtschaftlichen Notzeiten alle mit den Dingen der Wirtschaft zusammenhängende Ressorts in einer Hand zu einem Krisenministerium zu vereinigen, richtig. Eine andere Frage ist freilich, ob diese Riesenansgabe nicht über seine Krart ging, nicht zuletzt auch deshalb, weil gerade auf dem überaus empfindlichen Gebiete der Wirtschaft zwei Anschanngen auseinanderstießen und stoßen, die sich noch weniger miteinander vereinigen ließen als auf dem Gebiet der Politik.
Die Aera der deutschen Politik, die mit dem Namen Hngenbergs verknüpft ist. dürste nun zu Ende sein. Fortan verkörpert der Nationalsozialismus den totalen Staat. An dieser Feststellung und Tatsache ändert auch nichts die ebenso selbstverständliche Einschränkung, daß es heute noch viele gibt, die sich nicht mit diesem Gedanken werden befreunden können. Aber gerade hier setzt nun, nachdem die äußere Revolution beendet worden ist. die Aufgabe der nationalsozialistischen Führer ein, die innere Evolution der deutschen Menschen zu vollenden. Nun kann vie Politik der Versöhnung und des ungehemmten Aufbans sich frei entfalten. Dnß der 14. Jahrestag des Gedenkens von Versailles ein neues, nunmehr geeintes Volk findet, ist uns das schönste Symbol für die deutsche Zukunft. R. K.
Iugoslavisch-bulgaristher Zwischenfall
WB. Sofia, 29. Juni. Montag nachmittag gingen drei jugoflavische Militärflugzeuge bei dem bulgarischen Donau- Städtchen Nikopol nieder. Die Apparate wurden von den bulgarischen Grenzbehörden beschlagnahmt und die Besatzungen in Gewahrsam genommen. Die Flieger erklärten, sich infolge des bewölkten Wetters verirrt zu haben und wegen Benzinmangel notgelandet zu sein.
Dieser Zwischenfall, der zunächst unbedeutend erschien, droht zu einer beträchtlichen Spannung zu führen. Am Dienstag unternahm der jugoflavische Gesandte Protestschritte bei der bulgarischen Regierung gegen die Maßnahmen der Grenzbehörden und forderte die unverzügliche Rückgabe der Flugzeuge und Freilassung der Flieger. Der jugoflavische Militärattache, der angeblich mit Zustimmung der bulgarischen Regierung in Verbindung mit den Fliegern zu treten versuchte, wurde von den bulgarischen Grenzöehörden abgewiesen mit der Begründung, daß zum Betreten der Grenzzone eine besondere Genehmigung erforderlich sei. Am Dienstag abend legte der südslavische Gesandte neuerlich Protest beim bulgarischen Außenminister gegen die Abweisung des Militärattaches und gegen die angeblich nicht entsprechende Behandlung der zurückgehaltenen Flieger ein.
Im Fernen Osten
Die Zwischenfälle an der Küste von Kamtschatka
Berlin, 29. Juni. (Conti.) Seit einigen Tagen beschäftigt sich die russische Presse und der Nachrichtenapparat der Sowjetregierung ausführlich mit den russisch-japanischen Zwischenfällen, die sich im nordöstlichsten Sibirien, also in einem Gebiet ereignet haben, das bisher nicht den Politiker, sondern nur den Geographen und Naturforscher interessiert hat. Aus den russischen und japanischen Veröffentlichungen ergibt sich mit Sicherheit nur, daß bei den Zwischenfällen an der Küste von Kamtschatka die alle Frage der japanischen Fischerei in russischen Gewässern, die jahrelang einen wichtigen Streitpunkt zwischen der Sowjetunion und dem ostasiatischen Jnselreich gebildet hat, wieder eine Rolle spielt. Im Herbst vergangenen Jahres war nach vielen fruchtlosen Versuchen endlich ein Abkommen zur Regelung dieser Fmge getroffen worden, die für Japan eine lebenswichtige Angelegenheit ist, weil das übervölkerte Land einen großen Teil seiner Nahrung aus dem Meere holen muß und besonders im Norden in der Fischerei den wichtigsten Wirtschaftszweig besitzt. Schon seit alter Zeit müssen die japanischen Fischer weit über die Gewässer ihrer Heimat hinaus Vordringen, so daß es nicht überraschen kann, wenn Japan heute auch die Halbinsel Kamtschatka als eine Art wirtschaftliches Interessengebiet betrachtet und zum Schutze dieser Interessen Kriegsschiffe an der Küste stationiert. Die jetzigen Zwischenfälle sind an sich zu unbedeutend, um irgendwelche Verwicklungen erwarten zu lassen. Sie zeigen aber, daß von der mandschurischen Grenze bis in den hohen Norden hinauf erhebliche Reibungsflächen zwischen den Leiden alten Rivalen bestehen.
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Neu deck, den 19. Juni 1933 Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Für die Ehrung, die mir der Gemeinderat der Stadt Neuenbürg durch die Verleihung des Ehrenbürgerrechts erwiesen hat, und für die Ueberscndung der Ehrenbürgerurkunde spreche ich meinen aufrichtigen Dank aus. Ich nehme die Ehrung gern an und sende Ihnen und meinen neuen Mitbürgern meine herzlichen Grüße und meine besten Wünsche für die Zukunft Ihrer Stadt.
(gez.) von Hindenburg."
Neuenbürg, 29. Juni. (Ergebnis der Volks-, Berufs- mit, Betriebszählung vom 16. Juni 1933.) Zahl der ausgefüllten Haushaltnngsliften : 811, Land- und Forstwirtschaftskarten 28 Gewerbekarten: 118, ortsanwesende Bevölkerung: männlicki 1387, weiblich 1527, zusammen 2914.
Neuenbürg, 29. Juni. (Realschule.) Wie wir hören, wurden in der vergangenen Woche an allen Klassen der Realschule, im Zusammenhang mit dem Geschichtskurs über den Aufbruch der deutschen Nation, Bilder des Herrn Reichspräsidenten bzw. Reichskanzlers eingeweiht. Jede Klaffe besitzt jetzt ihr Adolf-Hitler-Bild.
(Wetterbericht.) Dem Hochdruck im Westen steht immer noch die Depression im Nordosten gegenüber. Für Samstag u. Sonntag ist ziemlich unbeständiges Wetter zu erwarten.
Birkenfeld, 29. Juni. Der ans 75 Mann bestehende freiwillige Arbeitsdienst, der ab 1. Mai vom halboffenen in ein geschlossenes Lager überführt wurde, verließ gestern Birkenfeld, was allgemein bedauert wird, umso mehr, als eine Unmenge von Arbeit vorliegt. Bachransch, Kirchweg, Marktstraße liegen in halbfertigem Zustande da. Letztere Straße, mit deren Bau schon im letzten Jahr begonnen und welche in „Hermann- Göring-Straße" nmbenannt wurde, gleicht einem wüsten Weg, der kaum begangen werden kann. Die Arbcitsdienstfreiwilligen wurden mit ihrem Führer vom Arbeitsdienstlager Mühlacker ausgenommen.
Conweiler, 29. Juni. Die Volks-, Berufs- und Betriebszählung in hiesiger Gemeinde ergab: 341 Haushaltungen, 138 Land- und Forstwirtschaftskarten, 20 Gewerbekarten, 602 männliche und 578 weibliche Personen, zusammen 1180 Ortsanwesende. Gegenüber der letzten Zählung ist eine Abnahme von 13 Personen zu verzeichnen. Der Zeitpunkt der Zählung wirkte sich auch in hiesiger Gemeinde auf das Ergebnis der Zählung insofern ungünstig aus. als am Zähltag nicht weniger als 30 Personen vorübergehend abwesend waren.
Dennach, 28. Juni. Das Fest der Jugend wurde auch hier wie im ganzen Land in würdiger Weise gefeiert. Der Vormittag vereinigte die Schulen Dennach und Rotenbach unter Leitung ihrer Lehrer zur Austragung der Wettkämpfe, nach deren Beendigung ein jeder Schüler mit Festwccken und Wurst bedacht wurde. Die Preisverteilung brachte manche Ueberraschung, es zeigte sich, daß die Mädchen in sportlicher Leistung (nach der Punktzahl) den Knaben überlegen waren. Die Sieger erhielten einen Natureichenkranz. Abends 149 Uhr sammelte sich Schuljugend, SA., Stahlhelm, die Vereine und die Einwohnerschaft beim Schulhaus. Nach eingebrochencr Dunkelheit marschierte der stattliche Zug nach Entzündung der Fackeln und Lampions unter klingendem Spiel der Musikkapelle zur Feuerstätte in der Nähe des Ausstchtsturms. Eröffnet wurde die Sonnwendfeier durch das von den Schülern vorgetragene Lied „Kein schöner Land" und einer Ansprache von Bürgermeister Mohrlok. Es folgte das Anzünden des Feuers, Sprechchor und Gesang der Schüler, Ansprache von Hauptlehrer Kuder über Sinn und Bedeutung des Sonnwendfestes, Musikchor „Wir treten zum Beten", Ehrung der Toten durch Hauptlehrer Kuder und gemeinsamer Gesang des Liedes „Ich hatt' einen Kameraden". Mit dem Deutschland- und .Horst-Wessel-Lied schloß die offizielle Veranstaltung. Der Zug stellte sich wieder auf und marschierte unter Gesang und Musik ins Dorf zurück, wo er sich mit einem Sieg-Heil auf unser deutsches Vaterland und seine Führer auflöstc.
Gräfenhausen, 29. Juni. (Aus dem Gemeinderat.) Die von der Gemeinde zu beschäftigenden Personen werden bestimmt, sowie deren Beschäftigungsdaner, — Für die Stelle des anzustellenden Feldhüters sind sechs Bewerbungen eingelanfen. Gewählt wurde Wilh. Heintel, Goldarbeiter in Obernhausen, — Das Tor der Kraftwagenhalle ist neu zu streichen. Es soll von dem Malermeister Becht ein Angebot über ein- und zweimaligen Anstrich eingeholt werden. — Auf das Gesuch »m Abgabe von Laubstren aus dem Gemeindewald, das durch den Vorsitzenden unter entsprechender Begründung der Notlage der hiesigen Bauern an das zuständige Forstamt eingereicht wurde, ging die Antwort des Forstamts ein. Hienach kann Laubstreu nur in ausgesprochenen Notiahren abgegeben werden und nur
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lio. Fortsetzung.)
„Ich meine, wir sollten aus dem Getreidegut ein Gemüsegut machen, eine große Gärtnerei. Bedenken Sie: Wir haben Berlin in der Nähe und können unsere Gemüseprodukte zu guten Preisen loswerden, ebenso unsere Obstprodukte. Ich denke auch noch an eine Erdbeerplantage. Ich habe die Preisbildung von Obst und Gemüse in den letzten Jahren in Berlin aufmerksam verfolgt, habe festgeftellt, welche Erträge der Morgen zweiter und dritter Klasse, wie wir sie haben, bringen kann, und ich habe ausgerechnet, daß wir das Doppelte und Mehrfache Herauswirtschaften können, wenn wir uns umstellen. Natürlich werden wir nicht mit einem Schlage unsere zwanzig Morgen mit Gemüse bepflanzen können, und eine mehrere Morgen große Erdbeerplan- .»ge ist nicht im Nu aus dem Boden gestampft, aber nach und nach können wir das ganze Gut zu einem Gärtnergut machen,"
Des Alten Augen glänzten.
„Ja, das ist wohl alles möglich, aber wie wird es denn mit dem Transport? Wir müßten einen anderen Wagen Laben, wir müßten immer erst eine halbe Stunde zur Bahn fahren, dann brauchten wir eine Masse Körbe, und dann auch die Fracht."
„Da muh natürlich ein Auto her," sagte Helga ruhig.
Die Wirkung dieser Worte war unbeschreiblich. Nicht nur der Alte starrte Helga mit offenem Munde an. sondern auch Anita und Else
„Ein Auto!" stöhnte der Alte. „Das kostet ja so ungeheuer viel Geld!"
„Es ist nicht so schlimm, Vater Christian," belehrte ihn Helga ruhig. „Wenn wir bar bezahlen, dann bekommen wir einen Zweitonner schon für dreitausend Mark,"
„Dreitausend Mark!" entgegnete Vater Christian. „So 'n Ding ist nicht teurer?"
„Nein, Das Geld ist da, Mutter Colditz hat uns ja auch ein Kapital von eintausendneunhundert 'Mark vermacht Dazu kommen noch vierhundert Mark Außenstände beim
Getreidehändler, der Mutter Colditz das Geld nicht gezahlt hat, weil sie es nicht wollte. Das sind zweitausenddreihundert Mark. Ich selber habe zusammen mit Else und Anita ein kleines Kapital von dreitausendvierhundertfünfzig Mark. Von diesem Kapital nehmen wir den Rest. Da bleiben uns immer noch über zweitausend Mark, In der Scheune steckt noch für etwa achthundert Mark Getreide, und in dem Vieh ist ein gutes Kapital verankert, so daß wir also trotz der Ausgabe keine Sorge zu haben brauchen."
„Aber wer fährt das Auto?"
„Dazu müssen wir einen Mann nehmen, der tagsüber gärtnerische Arbeiten erledigt und früh immer nach Berlin fährt und die Produkte dort verkauft."
„Wer nimmt sie uns aber in Berlin ab?"
Ganz eifrig sprach der alte Christian. Man merkte ihm an, daß er bereits Feuer und Flamme war. Das Gärtnerblut wurde wieder lebendig in ihm.
Helga lächelte. Es war ein Lächeln, das sie jung und schön machte.
„O, da habe ich in Berlin schon vorgesorgt. Wir haben doch einmal den Prozeß für den Händler Ernst Molker geführt Ein Großhändler ist's, denn er hat achtzehn Geschirre in Berlin laufen. Ich habe mit ihm Rücksprache genommen. Er hat mich auf das Auto gebracht. Er will abnehmen, was wir bringen. Die Preise, die er bietet, sind so, daß wir aus- kommen und gut verdienen."
„Ja," sagte Christian, „der Gedanke ist wunderbar. Aber ein Gemüsegut bringt ungleich mehr Arbeit als ein Feldgut."
„Das wohl, aber es sind Arbeiten, die uns Mädels besser liegen als die reinen Feldarbeiten, wie Säen, Ernten, Dreschen und was drum und dran hängt. Ich meine, ein Gemüsegut ist für uns drei Mädels besser zu bewirtschaften, und wenn wir von früh bis abends schaffen, dann können wir ganz andere Summen herausholen als bei einem Feld- gut. Wir können auch bei einem Gemüsegut die Arbeitslöhne, die wir für Hilfskräfte brauchen, viel leichter zahlen als Löhne für die Arbeiter in der Feldwirtschaft,"
Sie sprachen bis tief in die Nacht hinein und wurden sich einig über ihre Pläne.
Also im Frühjahr sollte mit dem Anbau von Gemüse begonnen werden.
Sie durften die Hoffnungen für das erste Jahr jedoch nicht zu hoch schrauben. Der alte Christian freilich war etwas optimistisch.
„Wir werden einen guten Sommer kriegen. Der harte Winter hat viel Insekten getötet. Ich denke, daß uns die Raupen sehr in Ruhe lassen werden. Ich bin ein alter Gärtner. Mutter Colditz hat mich machen lassen, wie ich wollte. Ich habe vor fünfzehn Jahren schon einmal den gleichen Gedanken gehabt, aber Mutter Colditz wollte nichts davon wissen. Wie es ihr Mann geführt, so sollte es weiter geführt werden. Aber wir haben einen Nachteil: Unsere Felder liegen zerstückelt, der Besitz Gottlieb Rüsters geht in unseren und umgekehrt. Wir müßten versuchen, mit Rüster zu einer Einigung zu kommen, daß wir von seinem Besitz teilweise gegen unseren eintauschen. Der Boden ist überall gleich gut."
„Das wäre ein Gedanke," sagte Helga. „Ich will mit Rüster einmal sprechen und ihn um einen Austausch bitten "
Damit wurde die Debatte geschlossen. Sie hatten heiße Köpfe bekommen. , ,
„Bauer, eene feine Dame möcht dich sprechen," sagte die sechsundsechzigjährige unverehelichte Dienstmagd Auguste Haberstroh zu ihrem Herrn, dem Großbauern Gottlob Rüster. „Ne Dame! Wer denn?" ,
„Jott nee, ich Hab den Nam' vergessen. Vom Cichen-Hof ist sie." , ,
„Vom Eichen-Hof?" Der alte Herr war plötzlich gespannt. „Schicke sie doch mal rein."
Nach wenigen Augenblicken stand Helga vor dem alten Recken. , .
Rüster starrte sie erstaunt an und bot ihr dann mit einem dröhnenden Lachen die Hand. . ..
„Ach . . . vom Eichen-Hof! Da setzen Sie sich, mein Fraulein! Ich bin Gottlieb Rüster." , , ,
„Helga Kettler vom Drei-Eichen-Hof. Gewissermaßen Seniorin, denn ich bin die älteste von uns drei Mädels, „Aeltestel Ei, da ist die Aelteste aber noch verflixt iung. Affo, Fräulein Kettler . . . Kettler heißt der Besitzer vom be- »achbarten Rittergut auch. Sind Sie mit Oberst Kettler verwandt? Ist 'n guter Freund von mir."
„Ich glaube kaum, Herr Rüster." . ^
„Dann also, was führt Sie zu mir? Ist es nur ein sreun nachbarlicher Besuch oder haben Sie was auf dem Herze Wenn Sie meinen Rat brauchen ... ich , . "
(Forlietzung folgt.) i