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Der Gmtiiler

Ik. 147

Mittwoch den 28. Juni 1933

91. Jahrgang

Der Tag der Jugend in Stuttgart

Stuttgart. 25. Juni. Das Fest der Jugend am Samstag stand im Zeichen der Einigkeit der ganzen deutschen Jugend, ohne Unterschied der Schulen, Berufe, Verbände, Konfessionen und gestaltete sich so zu einem gewaltigen Bekenntnis zu Volk und Vaterland. Einig und geschlossen die Jugend von Groß- Stuttgart, voran die Hitler-Jugend, dann die Schüler und Schülerinnen aller Klassen, der Volksschulen wie der höheren Schulen, die Angehörigen der verschiedenen Jugendorganisa­tionen, die Jugend in den Turn- und Sportverbänden, zu­sammen, um gemeinsam das erste Fest der deutschen Jugend, das ihr der neue Staat geschenkt hatte, zu begehen.

Nachdem am Vormittag auf den verschiedenen Sport­plätzen der Stadt trotz der Ungunst der Witterung Sportwett­kämpfe der Schulen durchgeführt worden waren, versammelten sich am Nachmittag die Jungens und Mädels unter Führung ihrer Lehrer und Verbandsführer auf mehreren Platzen zu einem Sternmarsch ans den Cannstatter Wasen. Rund 50 MO Schüler und und sonstige Jugendliche marschierten mit ihren Fahnen und Wimpeln, in ihren Uniformen und Kluften, unter Mitführung zahlreicher Musikgruppen auf die große, für das Deutsche Turnfest neu hergerichtete Festwiese, wo wiederum Wettkämpfe und Spiele aller Art ausgetragen wurden. Der ab und zu einsetzende Regen konnte die Freude und den Eifer der Jungen nicht stören. Störend waren nur die Gasgerüche. Ten vielen Tausenden von Zuschauern, die von der großen Tribüne dem bunten Treiben der Jugend zusahen, bot sich ein prächtiges Bild. Unter den Zuschauern befanden sich Minister­präsident und Kultminister Mergenthaler, Oberbürgermeister Dr. Strölin, Präsident Bracher von der Ministerialabteilung für die Höheren Schulen, Präsident Reinöl vom Evangelischen Oberschulrat, Präsident Spitznagel vom Kath. Oberschulrat, Stadtkommandant Oberstleutnant Most und Polizeigenera! Schmidt mit zahlreichen Offizieren der Reichswehr und Poli­zeiwehr, der Stuttgarter Kreisleiter der NSDAP-, Dipl.-Jng. Maier, viele Lehrer und vor allem die Eltern der Kinder. Die Sieger in den Sportkämpfen erhielten Ehrenurkunden des Reichspräsidenten.

Den Schluß und Höhepunkt der Feier bildete mit Ein­bruch der Dunkelheit eine Sonnwendfeier, die in ihrer präch­tigen Ausgestaltung bei jung und alts lebhafte Eindrücke hinterließ. Nachdem die verschiedenen Verbände mit ihren Fahnen sich in einem großen Kreis rings um den in der Mitte der Festwiese errichteten Holzstoß aufgestellt hatten, marschier­ten Fackelträger der Hitlerjugend und nach ihnen in einem nicht endenwollenden Zug die Hitlerjugend selbst, der Bund deutscher Mädchen und einige Jugendgrnppen des VDA. unter den Klängen der Musikkapelle der Hitlerjugend in den Ring ein und bildeten zwei weitere Ringe um den Scheiterhaufen. Es folgten Gesang, Sprechchöre und Volkstänze, worauf die Fackelträger der Hitlerjugend den Holzstoß anzündeten. Gleich­zeitig sah man auch auf den umliegenden Höhen Leuchtfeuer aufflammen. Wahrend die Flammen hell auflvderten, erklang das LiedFlamme empor". Robert Köhler von der Turner­jugend sprach zu seinen jungen Kameraden über die Bedeutung der Sonnwendfeier für unsere Vorfahren wie für die Gegen­wart. Wie unsere Vorfahren sich unter dem Runenzeichen des Hakenkreuzes zur Sonnwendfeier versammelten, um die bösen Mächte zu beschwören, so sind wir wieder unter dem Haken­kreuz zusammengekommen, um im Zeichen des Feuers alles Schlechte in und um uns ausznrotten. Der Gebietsführer der württembergischen Hitlerjugend, Wacha, gedachte angesichts des lodernden Feuers der deutschen Brüder, die außerhalb der Reichsgrenzen an der Feier der deutschen Jugend nicht teil- nchmen können, der Deutschen in Elsaß-Lothringen, in Eupen- Malmedh, in Nordschleswig, im deutschen Osten, in Danzig, im Memelland, im polnischen Korridor, der deutsch ist, in Ostober- schlesien. im Sudetenland, in Südtirol und in Oesterreich und sandte ihnen die Grüße aus der Heimat, aus dem neuen Deutschland der Ehre, das Adolf Hitler führt. Diese Grüße, versiegelt in Urkunden, trugen zwei Stafetten weiter, die im Auftrag von Gebietsführer Wacha sofort die Festwiese verlie­ßen, um sie zur Grenze an den Bodensee und hinüber nach

Baden zu bringen. Auch Ministerpräsident Mergenthaler ergriff das Wort und führte der Jugend in eindringlichen Worten vor, daß der Kampf der letzten vierzehn Jahre nur ihr, der Jugend, gegolten habe. Die Jugend soll vollenden, was die nationalsozialistische Revolution begonnen hat. Sie soll Deutsch­land schirmen, wenn Stürme daherbrausen. Die Jugend soll der Garant für die Zukunft der deutschen Nation sein. Die Jugend soll aber einig sein und nur eines kennen, nämlich Deutschland ganz allein. Der Redner hielt der Jugend Schla- geter, Horst Wessel und den unbekannten Kriegsfreiwilligen als Vorbilder vor und wandte sich dann an die Väter und Mütter, ihre Kinder in vaterländischem Geiste zu erziehen. Ministerpräsident Mergenthaler schloß mit einem Sieg-Heil auf Volk und Vaterland, auf Hindenburg und Hitler. Mit dem gemeinsamen Gesang des Deutschland- und Horst-Wessel- Liedes ging dieser erste, überaus harmonisch und eindrucksvoll verlaufene Festtag der deutschen Jugend zu Ende.

Aus Well unü 1.eben

Staatliche Lehrstellen für Bienenzucht. Alle Betriebszweige der Landwirtschaft müssen heute aus ihre volle Rentabilität gebracht werden. Dazu gehört auch die Bienenzucht. Zwar können die fleißigen Bienenvölker allein einem belasteten Bauernhof keine Gesundung bringen, Wohl aber ist die Im­kerei in der Lage, beachtenswerte Nebeneinnahmen hereinzu­holen. Vorbedingung hiezu ist, daß die Bienenzucht sachkundig betrieben wird. Die alten Kniffe und Arbeitsweisen aus Großvaters Zeiten her tun es allein nicht, sie müssen gepaart werden mit den Errungenschaften der neuzeitlichen Bienen- forschung. Zur Erreichung dieses Zieles sind im ganzen Reich viele staatlich anerkannte Versuchs- und Lehranstalten für Bienenzucht geschaffen worden. Hierbei ging man von der Erkenntnis aus, daß es nicht darauf ankommt, die Imker mit Staatsgeldern zu unterstützen, sondern dem Jmkernachwuchs in diesen Instituten die Möglichkeit zu geben, sich die nötigen theoretischen und praktischen Kenntnisse anzueignen. Es ist selbstverständlich, daß die Imker nicht zu Wissenschaftlern ge­macht werden sollen, sondern daß der Hauptnachdruck aus die Aneignung praktischer Fertigkeiten gelegt wird. In kürzeren und längeren Lehrgängen, die laufend in den Anstalten statt­finden, haben die weiblichen und männlichen Jmkerlehrlinge Gelegenheit, das notwendige. Rüstzeug zu sammeln. Da­neben bemühen sich die Anstalten, den zahlreichen praktischen Fragen der gesamten Imkerei beizukommen. Sie prüfen in vergleichenden Versuchen die verschiedenen Pflanzen und Ge­wächse auf ihre Trachtsicherheit und fördern mit allen Mitteln durch Heranbildung von leistungsfähigen Königinnen die aus­gesprochene Leistungszucht. Auch führen sie in großem Um­fange Honiguntersuchungen durch. Denn auf den Honig kommts bekanntlich an, wenn Bienenzucht betrieben wird. Hochwertigen deutschen Honig auf den Markt zu bringen, ist das Endziel der ganzen Forschnngs- und Lehrarbeit.

Dos Hausiergewerbe wird auch täglich schwerer, denn die gebefreudigen und kauflustigen Gesichter hinter den Glastür- senstern werden immer seltener; auch ist die Zunft der Hau­sierer und damit die Konkurrenz stark angewachsen. Heute hausiert mancher, der früher nur mit Seitenblicken auf dieses Gewerbe herunterblickte. Die Not drängt viele zu dieser an sich schon überfüllten Beschäftigung hin. Den meisten fällt es schwer, sich entsprechend ein- und nmzustellen und ihrem neuen Gewerbe den kleinen Schuß von Lebendigkeit und Leicht­füßigkeit zu geben, der den eigentlichen Charakter dieses Han­delszweiges äusmacht. Man muß aber auch Humor haben, wenn es auch nur noch Galgenhumor ist. Dieser Tage lieferte ein jugendlicher Hausierer eine an Eindringlichkeit' kaum zu überbietende Illustration zu dem beliebten und oft mißbrauch­ten Schlagwort:Nach mir die Sintflut". Er handelte näm­lich mit kleinen Blech- und Emailschildern mit der Aufschrift: Betteln und Hausieren verboten".

Schwarzes Liebesduell im Kamin. Eine tragisch-komische Eifersuchtsgeschichte hat sich in Abo (Finnland) ereignet.

Zwei Schornsteinfegergesellen, die das gleiche Mädchen lieb­ten, gerieten in einem Kamin, den sie gleichzeitig reinigten, in einen heftigen Streit, in dessen Verlauf der eine dem an­dern einen derartigen Schlag mit dem Reinigungsbesen über den Kopf versetzte, daß der Getroffene starb. Die Leiche mußte von der Feuerwehr aus dem Schornstein geholt wer­den; der Täter wurde nach einer aufregenden Flucht über die Dächer festgenommen.

Der hypnotisierte Fisch. Ein für Angler interessantes Angelgerät ist zum Patent angemeldet worden. Es ist ein Angelhaken, der die Fische hypnotisiert. An dem Haken ist ein Apparat angebracht, der einen Konvexspiegel enthält und verkleinerte Bilder zeigt. Naht unter dem Wasser, vom Wurm angelockt, ein Fisch dem Apparat, so sieht er in dem Spiegel einen anderen Fisch, sein Konterfei verkleinert. Die Konkur­renz soll den Fisch reizen, er stößt auf seinen Gegner zu und ist gefangen. Der Fisch wird hypnotisiert, und das Angeln demnach für jeden erfolgreich. Das Patent stammt bereits vom Jahre 1916, hat sich aber bisher noch nicht eingeführt. Vielleicht aus dem einfachen Grunde, weil der Angelsport seinen Reiz verliert, wenn man dabei auch Fische fängt.

Die Zahl der weiblichen Landstreicher und Bettler in Ame­rika nimmt von Monat zu Monat erschreckend zu. Nicht weni­ger als 145 000 heimatlose Frauen und Mädchen wandern in den Staaten umher und verursachen, da ihre Zahl noch stän­dig im Steigen begriffen ist, den Behörden viel Kopfzer­brechen. Noch vor kurzer Zeit war die Heimat- und arbeits­lose Frau, die als Landstreicherin ihr Leben fristet, eine Selten­heit. Heute sind zwölf Prozent derBrüder von der Land­straße" Frauen. Am schwierigsten präsentiert sich die Frage bei den Mädchen unter 21 Jahren und den Frauen über 45 Jah­ren. Bei beiden Gruppen ist die Arbeitsbeschaffung fast un­möglich. Besonders die älteren Frauen suchen verzweifelt nach Arbeit. Sie kümmern sich weniger um ihren Unterhalt, als darum, immer noch möglichst anständig auszusehen. Sie wandern zu Fuß durchs Land oder lassen sich von mitleidigen Automobilisten mitnehmen. Viele von ihnen reisen ganz wie ihre männlichen Kollegen als blinde Passagiere eines Güterzuges von einem Staat in den anderen.

Die Sitte der Witwen-Berbrennungen in Indien ist durch den Einfluß Englands stark im Abnehmen, ja fast im Er­löschen begriffen. Dagegen berichtet man ans Portugiesisch- Guinea, daß dort die Sitte des Lebendig-begraben-werdens der Witwen noch nicht ausgestorben ist, und daß der kürzlich verstorbene Herrscher eines Aethiopenstammes vier schwarze Frauen mit ins Grab nahm. Die selige Majestät, König der Bajoten, hatte in seiner Jugend vierzig Weiber. Als er 70 Jahre alt war, gab er sich mit Itz zufrieden, und in seinem letzten Willen bestimmte er, daß sein Bedarf im Jenseits mit Vieren gedeckt wäre. Sein Wunsch wurde von seinen Erben geachtet, und vier der schönsten Bajotinnen wurden mit ihm lebendig begraben.

Bolkscharaktsr im Humor

Der Franzose ist höflich und zugleich sarkastisch

Herr von Berryer, Ludwigs des Sechzehnten allmächtiger Polizeileutnant, erhielt einsi von einem Polizeivogt aus der Umgebung von Paris den folgenden Brief:

Vielgeliebter Herr Amtsbruder!

Als ich gestern meinen Amtstag hielt, schalt einer mich einen Spitzbuben. Ich bitte Sie, mir aus Ihrer eigenen Er­fahrung mitzuteilen, wie Sie sich in einem solchen Falle Ver­halten. Dadurch werden Sie, vielgeliebter Herr Amtsbruder, sehr zu Dank verpflichten

Ihren gehorsamen Diener X. P."

Berühmt ist die Wette eines Engländers mit zwei Schot­ten über 20 Pfund, wer am längsten im Wasser tauchen könne. Die beiden Schotten stürzten sich ins Wasser und sind bis heute nicht wieder aufgetaucht.

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(7. Fortsetzung.)

Die Wirtsstube imGoldenen Schwan" war zum Bersten voll.

Nun war auch noch der alte Rüster, der reichste Bauer des Dorfes, mit seinem Enkel Hermann gekommen, um sich die neuen Besitzer des Drei-Eichen-Hofes anzusehen. Man hatte ihm zugetragen, daß der alte Christian um drei Große ge­wettet habe, daß er die Mädels in den Schwan bringe.

Sie hörten den Zug pfeifen.

Das Gespräch stockte einen Augenblick. Einer sagte:Jetzt ist er eingelaufen Jetzt wer'n se gleich kumme."

Nach wenigen Minuten kam der Hausknecht desGoldenen Schwans" ganz aufgeregt herein.De Schlitten kummt! Gle-i sm je da!"'

Nun kamen alle in Aufregung.

, Die Gesichter waren mit einem Male so voll Würde, daß ein Maler seine Freude gehabt hätte.

Das Geklingel kam näher.

Sie hörten, wie der Schlitten draußen hielt, dann Schritte und Schneeabklopfen, und die Türe wurde aufgerissen.

Bitte, meine Damens!" hörten sie den alten Christian artig sagen und die drei Mädels aus Berlin kamen herein.

Das iahen alle mit einem Blick: Es waren drei hübsche Kerle, drei propre Mädels.

Aah!" ging es durch den Raum.

Der Wirt grüßte:Guten Abend, meine Damens! Schön willkommen in Postelwitz!"

Der Krochenbauer, der schon einen kleinen Spitz hatte, er­hob sich und rief den Damen zu:Schön Willkomm'. Jung- Verlin. in Postelwitz!"

Die anderen Gäste nahmen den Ruf auf, und ein viel­stimmiges Willkommen umschwirrte die Mädels, die einen Augenblick verlegen standen.

Sie hatten erkannt Vater Christians Schmunzeln war Men nicht entgangen daß sie der gute Alte mit Vor­bedacht hierher gebracht hatte. Aber sie waren deshalb nicht Asse.

Sie grüßten freundlich zurück.

Anitas helle Stimme schmetterte in den Raum:

Jung-Berlin dankt und hofft auf gutes Einvernehmen mit Postelwitz!"

Dabei blitzten ihre Augen so lustig und hell, ihre Bäckchen leuchteten so frisch und ihr blonder Bubikopf flimmerte, daß die Postelwitzer erfreut und verlegen mit ihren Biergläsern wackelten.

Nur der Schoeppen-Gustav, der mit giftigen Augen dasaß, war alles andere als erfreut.

Die Mädels nahmen Platz.

Vater Christian rief wichtig dem Wirt zu:Drei verkehrte Grogs für die Damens!"

Anitas Stimme klang hinterher:Aber recht stark, bitte!"

Oho! Verkehrte Grogs! Und recht stark! Donnerwetter, die Mädels waren keine Zimperliesen, die paßten in die Welt. Das imponierte den Bauern gewaltig.

Was tat der Wirt?

Er goß vier Gläser voll reinen Rum und machte den heiß.

Nach wenigen Augenblicken brachte er mit dem schein­heiligsten Gesicht der Welt den Rum, der nur so dampfte.

Anita war die erste, die daran nippte.

Sie merkte gleich den Braten und flüsterte den Freun­dinnen zu:Keine Schwachheit merken lassen. Das ist reiner Rum."

Aller Augen ruhten auf den Mädels, denn sie alle rochen, daß es blanker Rum sein mußte.

Keines der Mädel war an starke alkoholische Getränke ge­wöhnt. Aber sie nahmen sich zusammen, ließen sich nichts anmerken und tranken den Rum. der ihnen, da sie durch­froren waren, sehr gut bekam.

Sie saßen am Tische des alten Rüster, der wirklich ein imponierender alter Herr war, und dem man seine zweiund­achtzig Jahre nicht ansah. Der alte Herr sah wohlgefällig auf die drei frischen Mädchengestalten, die ihm in ihrer Na­türlichkeit außerordentlich gut gefielen.

Aber," so dachte er,für die Bewirtschaftung des Gutes kommen sie alle drei nicht in Frage." Darüber war er sich klar.

Auch an etwas anderes dachte er: An den verlorenen Ge­bietsstreifen.

Er überlegte, ob er nicht nochmals prozessieren solle Er hatte ja sein Wort gegeben, sich mit dem Urteil des Land­gerichts Berlin einverstanden zu erklären. Aber das Wort i

hatte er Frau Colditz gegeben. Er war sich nicht recht klar, ob er sich nun noch an das gegebene Wort halten müsse.

Am besten von den.dreien gefiel ihm, wie allen anderen auch, Anita, die sich unbefangen fröhlich gab und wirklich ein bildschönes Mädel war.

Die anderen beiden waren ihm zu vornehm, besonders die große schlanke Helga, die ihn an die Frauen und Töchter seiner adeligen Freunde erinnerte

Er war mit seinem Enkel Hermann, einem ernsten langen Manne, gekommen, der seine Studien auf der landwirt­schaftlichen Hochschule beendet hatte und jetzt tüchtig auf dem Gute seines Großvaters arbeitete, das dieser trotz iemer zweiundachtzig Jahre immer noch nicht aus der Hand ge­geben hatte. Daran war wohl der Umstand schuld, daß Hermanns Vater viel krank war. Er hatte sich von seinem Leber- und Nierenleiden, das ihm der Krieg gebracht hatte, immer noch nicht erholen können, und auch sein Herz war schwach. Der Enkel aber schlug nach ihm. Er war groß und stattlich, aber ruhiger und zurückhaltender als der Großvater, und man erzählte sich, daß die beiden manchmal kein gutes Garn zusammen spönnen. Der Herrengeist des Jungen wollte sich dem despotischen Alten nicht immer anterordneu.

Die Damens kommen von Berlin? Ist es da auch noch so kalt wie hier?" eröffnete der alte Rüster das Gespräch

Helga nickte, und alle horchten auf die Wohllaute Summe, ganz besonders Hermann Rüster, der Enkel Gottlieb Rüsters, als sie sagte:Ja. Zehntausend Schneeschipper sind täti», um die Unmassen Schnee, die es heruntergewirbelt hat. fort­zuschaffen."

Donnerwetter! Ich habe gedacht, in Berlin lei es wärmer."

Ja, ein paar Grad schon," sagte Anita mit spitzbübischem Lächeln.Das liegt aber nur daran, well wir Berliner so warme Herzen haben."

Die Gäste schmunzelten, und auch Gottlieb Rüster lachte.

Sie sind ein Schalk, mein Fräulein."

Das sind die Berliner Mädels alle ein bißchen, aber es läßt sich ertragen."

Die Gäste kamen immer mehr in Laune.

Ich habe gehört, daß im Zoologischen Garten alle Affen erfroren sind," grunzte ein« Stimme aus der Ecke.

lFvrljetzung folgt.)