zweites
Blatt.
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Der Gnrtälcr
Mittwoch den 15. März 1933
zweites
Blatt.
SI. galiraana
Der kranke Waw
Von unserem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter
Der Wald ist nicht nur ein Objekt für Poeten und Maler, sondern zugleich eine wichtige volkswirtschaftliche Rohstoffquelle, Sie versiegt, wenn der Wald nicht pfleglich behandelt, oder wenn der Holzmarkt nicht genügend gegen die Einfuhr billigerer, häufig durch Raubbau gewonnener Hölzer geschützt wird. Ist die Wirtschaft eines Landes nicht mehr von dem Grundsatz beherrscht, daß jeder Arbeiter seines Lohnes wert ist, so erkrankt auch der Wald und mit ihm leiden nicht etwa nur die privaten und öffentlichen Waldbesitzer, sondern auch viele Tausende von Arbeitern in den abgelegenen Waldgebieten, die nur durch die Waldarbeit ihr kärgliches Brot verdienen können. In besseren Zeiten, die wir mit Recht noch immer für die normalen halten, brachte der deutsche Wald eine dauernde Rente, die auf etwa 800 Millionen Mark jährlich geschätzt wurde. Sie floß keineswegs nur in die Taschen des großen Grundbesitzes und des Staates, der hierdurch einen nicht unerheblichen Teil seines Steuerbedarfs decken konnte, sondern sie verteilte sich auch auf Hunderttausende von Kleinbauern, denen sie ihre Existenz, namentlich in schlechten Erntejahren, erleichterte. Heute ist der gesamte deutsche Waldbesitz unrentabel geworden. Wer seine Wälder pflegen und schonen will, der muß große Zuschüsse aufwenden können. Wer aber gezwungen ist, ihn zu verkaufen, muß ihn verschleudern. Für Neuaufforstungen und Kulturarbeiten fehlt überall das Geld, das früher die Waldwirtschaft selbst aufbrachte.
Wie kann man den kranken deutschen Wald wieder gesund machen? Deutschland bedarf einer Einfuhr von gewissen Qualitätshölzern ans dem Anslande, kann im übrigen jedoch fast den gesamten Bedarf seiner Holz- und Papierindustrie selbst decken. Zollmaßnahmen zum Schutze der deutschen Holzwirtschaft sind aber bereits von den letzten Reichsregicrungen ergriffen worden. Noch ist zwar die Zollmauer nicht lückenlos, aber es sind keineswegs die Zölle allein, die der deutschen Waldwirtschaft ihre Rentabilität zurückgebep können. Bisher haben Produktion und Konsum die Holzpreise ausschließlich nach ihren eigenen, einseitigen Wünschen und Bedürfnissen bestimmen wollen. Jetzt muß endlich ein mittlerer Preis gefunden werden, bei dem alle Teile ihr Auskommen finden. Der Konsum wird also nicht länger Holzpreise fordern dürfen, zu denen der deutsche Wald sein Holz nicht zu liefern vermag. Und die deutsche Waldwirtschaft wird ihre Produktionskosten so weit senken müssen, daß die holzverarbeitenden Industrien konkurrenzfähig bleiben.
Zn der notwendigen Senkung der waldwirtschaftlichen Selbstkosten kann der Staat sehr viel beitragen. Gegenwärtig überlastet er den leistungsfähigen Waldbesitz erst mit Steuern und Abgaben und muß ihm dann, wenn er wirtschaftlich zusammenbricht, die Steuern erlassen und Mittel zu seiner Umschuldung zur Verfügung stellen. Das ist natürlich eine völlig verkehrte Finanzpolitik. Steuern kann nur ein rentabler Produktionszweig tragen, ein unrentabel gewordener wird sie früher oder später von sich abwälzen. Ganz ähnlich steht es mit der Gestaltung der Frachtkosten. Wenn die Holzpreise heute 40 Prozent unter dem Friedensstand liegen, die Frachten aber um 50 und mehr Prozent darüber, so darf man sich nicht wundern, daß das deutsche Holz keinen genügenden Absatz findet. Eine Senkung der Frachten würde einen Mehrverbrauch und damit auch eine Zunahme der transportierten Holzmengen herbeiführen. Eine Politik der Frachtverbilligung würde also der Reichsbahn zwar zunächst erhebliche Ein- nahmeansfälle, später aber durch bessere Ausnützung ihrer Transportmittel znm mindesten teilweise einen Ausgleich bringen. Eine gesunde einheimische Wald- und Holzwirtschaft wäre für die Reichsbahn ein weit besserer Kunde als der Im
port und die Durchfuhr ausländischer Hölzer. Hiervon ab- > gesehen aber darf die Reichsbahn sich bei ihrer Tarifpolitik nicht ausschließlich von Gewinn- und Rentabilitätsrücksichten leiten lassen, sondern muß als nationales Wirtschaftsinstrument an der Gesundung der kranken Wirtschaftsteile aktiv mithelfen. Nur so schafft sie sich die leistungsfähigen Auftraggeber, die sie braucht, um selbst künftig wieder rentabel arbeiten zu können.
Der deutsche Wald ist ein Nationalgut, das nur zu Preisen abgesetzt werden darf, die seinem inneren Wert entsprechen. Solange das nicht möglich ist, wird dieses Gut nicht bewirtschaftet, sondern verschleudert. Dann aber bringt der Wald selbstverständlich nicht die Mittel ein, die zur Erhaltung guter Kulturen notwendig sind. Ein unrentabler Wald wird auf die Dauer auch forstwirtschaftlich nicht gesund erhalten werden können. Ausgedehnte Oedländer harren der Auferstehung, weil sie nur hierdurch für spätere Geschlechter nutzbringend gemacht werden können. Auch diese Kulturarbeit setzt eine Wiederherstellung der Rentabilität unserer Waldwirtschaft voraus. Der deutsche Boden kann viel zusätzliche Arbeit geben, wenn seine Erzeugnisse ausreichend geschützt werden gegen die fremder, billigerer Arbeit. Eine Regierung, der es gelingt, die Nöte der deutschen Waldwirtschaft zu heilen, schafft eine neue Lebensgrundlage für viele Tausende von Arbeitslosen. Dr. N.
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Von Sven Hedin
Die Provinz Jehol oder Dschehol, die der unersättliche japanische Imperialismus China entriß, hat ihren Namen von der alten Residenz Jehol der Mandschukaiser. Sven Hedin hat diese Kaiserstadt vor kurzem bereist, um sie in Wort und Bild für die Nachwelt in seinem Werke: „Jehol, die Kaiserstadt" (Verlag F. A. Brockhans, Leipzig) festzuhalten. Wie es scheint, war es wirklich höchste Zeit, daß der Forscher diese Expedition durchgeführt hat. Vielleicht würde er bald nur noch wüste Trümmer von den einstmals so prächtigen und glanzvollen Palästen und Klöstern vorfinden. Wir entnehmen dem Buche mit Erlaubnis des Verlags einen Abschnitt, der den Leser in die großen Zeiten Jehüls zurückversetzt. Kaiser Ch'ien-lung schreibt an Georg III. von England. Dieser Briefwechsel ist von tragischem, historischen Interesse. Der krasse Unterschied zwischen der einstigen Machtfülle Chinas und seiner jetzigen Ohnmacht wird daraus ersichtlich.
Im 58. Regiernngsjahr, im achten Monat am Tag Chi- mou, erließ Eh'ien-Inng eine „Anweisung" an den König von England. Die Urkunde ist bei Backhouse und Bland vollständig wiedergegeben. Hier folgt nur ein Auszug aus der von Professor F. Lessing besorgten Uebertragung des Originals.
„1. Das Gesuch der Engländer um die Eröffnung allgemeiner Handelsbeziehungen wird mit dem Hinweis abgelehnt, daß China selbst alles erzeugt, was es braucht. Der Handel mit Porzellan, Seide und Tee wird auch für die Zukunft wie bisher gestattet. Eine Aenderung der Handelsbeziehungen mit Fremden wird abgelehnt.
2. Das Ersuchen um die Errichtung neuer Handelsplätze in Ning-Po, auf den Chn-shan-Jnseln, in Tientsin und Kanton wird abgewiesen, weil hisher alle Fremden ihren Handel in Makao betrieben haben, ein Zustand, mit dem sich die handeltreibenden Fremdlinge ans Deinem Lande bisher zufrieden gegeben haben." In den genannten Orten hat es bisher weder handeltreibende Fremde noch Dolmetscher noch! Absatzmöglichkeiten gegeben.
3. Der Wunsch nach Errichtung einer Handelsniederlage in Peking wird abgewiesen, weil seine Erfüllung mit dent
chinesischen Verhältnissen unvereinbar wäre. Der Hinweis auf die Russen trifft nicht zu. Peking ist viel weiter von England entfernt als Kanton, für die Russen liegt es aber näher.
1. Das Ersuchen um Errichtung einer Reede in der Nähe der Ehu-shan-Jnseln wird ans dem gleichen Grunde abgewiesen wie das Ansinnen Nr. 2, ferner auch deshalb, weil jedes kleinste Stück chinesischen Gebiets unter fester Verwaltung steht und der Kaiser nicht in der Lage ist, einen Präzedenzfall zuzulassen.
5. Die Bitte um Errichtung eines Niederlageplatzes in Kanton für die handeltreibenden Fremdlinge aus England wird abgewiesen, weil Makao für alle Fremdlinge genügt.
Dort vermitteln die Hong-Kaufleute zwischen den Fremden und den Chinesen, dadurch werden Reibereien vermieden. Auch hierin muß der Kaiser sich hüten, einen Vorgang zu schaffen. Ans dem gleichen Grunde kann auch die Bewegungsfreiheit für Fremde nicht zugestauden werden.
6. Das Ersuchen um Abschaffung oder Senkung des Jn- landzolles für die englischen Schiffe, die zwischen Makao und Kanton auf dem Perlfluß verkehren, wird ahgelehnt, weil die Anzahl der Schiffe sehr groß ist und gleiches Recht für alle gelten muß.
7. Den Wunsch, daß die Abgaben in allen chinesischen Häfen gleichmäßig bemessen werden, müssen Wir mit der Begründung abschlagen, daß ja doch nur der Hafen von Kantor» in Frage kommt.
8. Das Ersuchen um Freiheit der Glaubensverbreitung wird unter Hinweis auf die uralte chinesische Glaubenslehre abgelehnt, auf der das chinesische Staatswesen beruht.
Der Kaiser versteht sehr Wohl, daß diese Forderungen aus der mangelhaften Einsicht des englischen Königs in die Verhältnisse des chinesischen Kaiserreichs entspringen, vielleicht auch sind die Untergebenen des Königs eigenmächtig vorgegangen. Wegen des großen Abstandes zwischen England und China hat der Kaiser die Belohnung für den König größer als üblich bemessen. Der Kaiser erwartet Verständnis und ehr- erhietigen Gehorsam.
Die Schlußformel wird von Backhouse und Bland mit folgenden Worten übersetzt. Sie lautet u. a.:
Wenn Du nach Empfang dieses Erlasses Dein Ohr leichtfertig den Einflüsterungen Deiner Untergebenen leihst und Deinen handeltreibenden Fremdlingen gestattest, nach Tsche- kiang oder Tientsin vorzudringen, um dort zu landen und Handel zu treiben, dann werden sich die Gesetze Meines chinesischen Reiches als äußerst streng erweisen, und die örtlichen Behörden, bürgerliche und militärische, sind verpflichtet, die Gesetze des Landes in Ehrfurcht zu erfüllen. Sollten Deine Schiffe Unsere Küste anlaufen, so wird es wahrlich Deinen Kaufleuten niemals erlaubt werden, hier zu landen oder gar sich niederznlassen, sondern sie werden sofort verjagt. In diesem Falle hätten Deine handeltreibenden Fremdlinge nur eine lange Reise vergebens gemacht. Sag dann nicht, Du seist nicht rechtzeitig im guten gewarnt worden! Gehorche zitternd und laß Dich nicht zur Säumigkeit Hinreißen! Dies ist Mein ausdrücklicher Befehl!"
Diese hochfahrende und verächtliche Antwort an den König von England bedarf keiner weiteren Erklärung. Auffallend ist nur, daß Ch'ien-lung die Gesandtschaft des Königs mit ebenioviel Staat und Prunk empfing wie dreizehn Jahre vorder den Taschi Lama und sein Gefolge. Denn der König von England galt ihm. nur als Vasall, der Taschi Lama aber war Herr aller lamaistrschen Länder des Reichs der Mitte. Tibet bedeutete für den Kaiser von China unendlich viel mehr als England.
England hat sich für die Verunglimpfung, die es mit diestr Antwort erfuhr, im nächsten Jahrhundert königlich gerächt. In den Jahren 1812, 1858, 1860/61, 1898 und 1900 folgte die Rache Schlag auf Schlag.
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<11. Fortsetzung.)
Er verspürte, wie das Blut in seinen Adern wieder in normalem Zeitmaße zu rinnen begann. Unter dem breitaus- ladenden Tor stand Suse und schwenkte ein Büschel Birkengrün. Obwohl sie an ihm vorüber sah, als er in vorsichtiger Wendung durch das enge Gemäuer in den Burghof bog. hätte er doch im Ueberschwung der Freude jeden Stein küssen mögen, der ihren Füßen Stütze bot.
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„Er ist wirklich ein selten taktvoller Mensch," urteilte Frau von Recklinhausen, als Malnow, nachdem die Pferde ausgeschirrt waren, die Frage an sie richtete, wann die Herrschaften zurückzufahren wünschen. Er wolle sich dann inzwischen die Umgebung etwas ansehen.
„Wollen Sie sich nicht zu uns setzen?" lud sie freundlich ein. „Sie stören ganz gewiß nicht."
Er dankte mit einem hilflosen Lächeln, das sie ungemein schmerzvoll berührte. Sie würde ihn liebhaben und mit
Freude an ihr Herz nehmen, wenn Lenore ihn ihr als Schwiegersohn brachte. Aber ihr Kind trug noch schwer an dem erfahrenen Leid und würde sobald keinem anderen Manne mehr vertrauen können
Ihr Blick fiel auf Suse, die sich eben über Gradnitz' Achseln kehnle, um irgend etwas, das er erzählte, besser zu hören Wenn sie sich ihn, als Vater ihrer Töchter vorstellte, begann ihr Herz in dumpfer Beklemmung zu pochen. Ob Suse darüber hinwegkommen würde? Lenore hatte wohl nur einen
ergeben stummen Blick des Vorwurfes für sie, und Margret würde es als eine verrückte Schrulle bezeichnen, daß sie, die Dreiundvierzigjährige, eins zweite Ehe eingehen wollte
Sie hatte gar nicht darauf geachtet, daß Malnow sich verfugte und dem Tore zuschritt. Nur Suses Augen folgten ihm unter halbverdeckten Lidern. Sie sah, wie er links einbog und die Anhöhe hinaufging. Das war chm ähnlich, daß er sich nicht einmal einen Trunk Vier gönnte und nüchtern, wie er gekommen war, wieder nach Hause fuhr.
Für sechs Uhr hatte Frau von Recklinhausen den Wagen zur Wegfahrt gewünscht Pünktlich eine Viertelstunde früher, trat Dieter durch die Tür der Stallung Er hatte die zwei Stunden, die er oben am Waldrande gelegen hatte, zu nichts
anderm benützt, als immer und immer wieder sein Gehirn anzustrengen; was tue ich, daß sie es aufgibt, wieder nach Hause zu reiten. Gewiß, sie war auf dem Rücken der Pferde kein Neuling. Im Sattel nahm sie es mit jedem von dem Gute auf. Aber der Hengst war em Ludervieh! Ein ganz verschlagenes, heimtückisches Biest, das den Sprung über den Graben totsicher auch nur aus irgendeiner Laune heraus getan hatte. Ein zweites Mal tal er ihn todsicher nicht mehr. Lieber brach er sich und der Reiterin den Hals.
Plötzlich griff er sich an die Stirne Wie dumm, daß ihm das nicht eher eingefallen war. Wenn er den Hengst an den Wagen nahm, mußte sie die Stute reiten.
Er begann dieser ungesäumt den Sattel aufzulegen und den Hengst anzuschirren, als ein Schatten durch die etwas niedere Tür fiel. Suses verärgerte Stimme klang neben ihm. „Was glauben Sie denn eigentlich? — Sie Hallen mich wohl für blind! Sie können mir zehn Stuten zur Verfügung stellen, reiten tu ich doch keine, und wenn ich zu Fuß nach Hause gehen müßte."
„Dann gehen Sie eben zu Fuß!" iagle er kaltblütig.
Sie stand eine Minute sprachlos. Dann flog ein gereizter Blick zu ihm hinüber. „In wessen Dienst man steht, dessen Wünsche hat man zu erfüllen "
Er verspürte sein Blut in den Ohren singen und hatte Mühe sich zu beherrschen. Sie schlug ihn mit seinen eigenen Worten. Aber er gab es irotzdem nicht auf, sie umzustimmen. „Die Stute ist lammfromm!" stellte er ihr vor.
„Eben deswegen!" trumpfte sie und stampfte mit dem Fuße auf. „Gerade dieses Lammfromm-duckmäusige kann ich nicht leiden. Lieber brech ich mir mit einem Draufgänger Hals und Bein, als daß ich —"
Sie kam nicht weiter! Er hatte nur zwei Schritte gebraucht, um zu ihr zu kommen. Seine Finger umspannten ihre beiden Handgelenke, daß sie vor Schmerz die Zähne aufeinander- beißen mußte. „Sie werden die Stute reiten! — Die Slute!" keuchte er „Haben Sie mich verstanden? — Und wenn ich den Hengst niederknallen müßte, auf seinem Rücken kommen Sie mir nicht nach Hause."
Sie rang nach Wort und Atem und sog die Luft mit halbgeöffneten Lippen ein „Das ist un—er—hört!"
„Unerhört oder nicht! Das ist mir gleich! Wollen Sie oder wollen Sie nicht!"
„Nein!" In Trotz und Zorn schrie sie es heraus. Nun erst recht nicht, weil er es wollte. Sie mochte und mochte ihm nicht den Willen tun
Seine Finger schraubten sich jetzt um ihre Gelenke, daß es ihr vor den Augen flimmerte Ihr Kopf glitt hilflos gegen die kahle Wand „Ich — werde schreien!" würgte sie hervor.
„Das wirst du nicht!" ein Mund verschloß den ihren, daß ihr Weinen in einem leisen Wimmern erstarb. Dann lag er in schneeiger Blässe mit wundem Zucken frei. Malnows flackernde Augen brannten in ihr Gesicht. „Suse! — Verzeihen Sie mir, Suse!" Seine Hände tupsien ihr mit dem weißen Seidentüchlein die Tränen von den Wangen. „Es war stärker als alles, Lüe können die Lammfrommen nicht leiden! Da wurde ich zum Draufgänger — Suse, sagen Sie mir nur ein Wort ob —"
Draußen kamen Schritte über das Hofpflaster. Malnom fuhr zurück und machte sich bei den Pferden zu schaffen. Mir zitternden Fingern strich die Recklinhauserin über die Augen und würgte das heisere Schluchzen hinab, das ihr die Kehle sprengen wollte
„Suse, wo bleibst du denn?" erklang Margrets spröde Stimme. Sie streckte den Kopf zur Türe herein und war befriedigt, als sie Malnow so weit von der Schwester entferni bemerkte Schließlich war ein Stall doch auch nicht der geeignete Ort, eine Liebeserklärung zu machen oder ein zärtliches Tete-a-Tete zu pflegen. Die Mama wünscht, daß du mit uns im Wagen nach Hause fährst. Es gewittert bereits," fügte sie bei. „Haben Sie vielleicht eine Decke mit, Herr Malnow, daß meine Schwester zu Ihnen auf den Bock kommen kann?"
„Gewiß, gnädiges Fräulein!"
„Wenn ich reite, bin ich zweimal so rasch zu Hause," warf Suse ein, aber es klang in scheuem Zögern.
„Du weißt, daß die Mama sich ängstigt," kam es gereizt „Man muß nicht immer auf seinem Willen bestehen, sondern ihn auch einmal einem anderen unterordnen können Also, es bleibt dabei! Der Hengst wird nicht gesattelt. Herr Malnow!"
„Ich bin Ihnen lehr verbunden für dielen Befehl, gnädiges
Fräulein" . . . .
Margr< . die bereits im Gehen begriffen war, horchte aus, sah nock cmmal zurück, konnte aber nichts Verdächtiges gewahren und schlug den Weg nach dem Tische wieder em, wo sich die anderen bereits zum Aufbruch rüsteten.
Malnow wartete noch eine Minute, dann ging er m.t schleppenden Füßen nach der Stelle hinüber, wo Suse noch immer gegen die Wand lehnte: „Ich bitte Sie noch einmal, zu verzeihen! — Wollen Sie?"
Er erhielt keine Antwort, und sog mit hörbarer Schwere die Luft in die Lungen. „Ich habe noch eine Frage, wenn Sie auch diese unbeantwortet lassen, werde ich meine Schlüsse daraus ziehen," entpreßte er seiner Kehle „Können Sie mich — lieben?"
(Fortsetzung folgt.)