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Ile. 33 ___Donnersrag den 9. Februar 1933 91. Jahrgang

SaS Erdbeben i« EübdeuMland

Das stärkste Erdbeben feit 1SL1

Karlsruhe, 8. Febr. Am Mittwoch vormittag um 8.86 Uhr wuröe in ganz Baden ein ziemlich heftiges Erdbeben ver­spürt, das nach Aufzeichnungen des Geodätischen Instituts der Technischen Hochschule Karlsruhe 2 Minuten lang andauerte. Das Erdbeben war so heftig, daß ein Apparat dieses Instituts nutzer Tätigkeit gesetzt wurde.

Nach übereinstimmenden Meldungen war die Erschütte­rung die heftigste seit dem 18. November 1811. Der Bebenherd ist noch nicht einwandfrei festgestellt, dürfte aber in den Ver­lagerungsgebieten des oberen Rheintals zu suchen sein. Es scheint sich um eine tektonische Erderschütterung zu handeln, deren Auslösung auf die plötzliche krasse Witterungsverände­rung bezw. die starke Durchfeuchtung der Erde nach monate­langer anormaler Trockenheit zurückzuführen sein dürfte.

Das Verbreitungsgebiet des Erdbebens ist nach vorläufigen Meldungen nahezu so groß wie bei dem schweren Erdbeben im Jahre 1911.

Schwere Schäden in Rastatt

Sehr stark hat das Beben Rastatt mitgenommen. Der Erdstotz war so heftig, datz in den Behausungen alles Mobiliar ins Wanken geriet, der Kalk von den Wänden fiel und etwa 28« Hauskamine einstürzten. Verschiedene Häuser weisen Risse auf. Zwei Wohnhäuser mutzten wegen Einsturzgefahr geräumt werden. Eine Anzahl weiterer Kamine droht einzustürzen. Personen kamen glücklicherweise nicht zu Schaden.

Die Auslagen der Kaufhäuser, in denen Artikel der Weitzen Woche ausgestellt waren, gerieten vollständig durcheinander. Das Industrieviertel dagegen blieb im großen und ganzen verschont. Besonders schwer aber waren die Auswirkungen des Bebens rechts der Murg. Im ersten Augenblick glaubte man, es mit einer Explosion im Gaswerk zu tun zu haben. Glasscherben und Ziegeltrümmer der eingestürzten Kamine bedeckten die Strotzen. Die Schulen haben den Unterricht ein­gestellt.

Der heftige Erdstotz verursachte in der Bevölkerung eine ungeheure Panik. Verschiedentlich wurden Menschen in den Betrieben und Wohnungen auf den Boden geworfen.

Alles sprang auf die Strotze; mehrere Leute sprangen durchs Fenster. Die Stratzen sind mit Ziegeln und Glas­scherben bedeckt.

Am schlimmsten sind die Wirkungen in dem Nenbanvorort Zah, wo die etwas leicht gebauten Häuser Schäden davontrugen und zum Teil Risse erhielten. Der Verputz fiel von den Wänden herab. Ein läjähriges Mädchen erlitt dort durch herabstürzende Ziegelsteine Kopfverletzungen und mußte sich in ärztliche Behandlung begeben. In der Bahnhofstraße wurde ein dort parkender Kraftwagen durch niederstürzende Gesteins­massen beschädigt. Der große Fabrikschornstein der Papier­fabrik Orner und der Schornstein einer Großbäckerei erlitten derartige Beschädigungen, daß sie voraussichtlich abgetragen werde müssen. Die Turmuhr der Stadtkirche in Rastatt blieb um 8 Uhr 5 Minuten stehen.

Auch in der Umgebung von Rastatt wurden heftige Schä­den angerichtet. So ist in Oetigheim das Rathaus und in Steinmauern das Schulhans beschädigt worden. In Kuppen- heim stürzte ein Kreuz von der Kirche.

Der Erdstoß wurde auch in ganz Oberbaden, so besonders in Lahr-Dinglingen, auf dem flachen Lande und in Freiburg verfpiirt. Der Erdstoß war von mindestens 20 Sekunden Dauer und löste starke Erschütterungen ans.

Nach den neuesten Meldungen wurde der Erdstoß im gan­zen Schwarzwald, insbesondere in Villingen, wahrgenommen, ebenso in der südlichen Rhcinebene. In Müllheim war deutlich eine 20 Sekunden dauernde Wellenbewegung bemerkbar.

Die Landesstermvarte Königsstuhl meldet:

V/. Heidelberg, 8. Febr. Ueber das Erdbeben, das auch hier wahrgenommen wurde, berichtet die Landessternwarte auf

SiAmg des ReiÄskadmeißs

Zusatz zur Verordnung zur Durchführung der Arbeits­beschaffung

xv. Berlin, 8. Febr. Das Reichskabinett verabschiedete in seiner heutigen Sitzung eine Verordnung zur Durchführung der Arbeitsbeschaffung. Danach erhält aufgrund des Z 6 der Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen zur Förderung der Arbeitsbeschaffung in der ländlichen Siedlung vom 15. Dezember 1932 die Verordnung zur Durchführung der Arbeitsbeschaffung vom 26. Januar 1903 folgenden Zusatz:

In Stadtgemeindcn, Landgemeinden und Aemtern be­schließt über Darlehensaufnahme bis zur amtlichen Bekannt­machung des Wahlergebnisses der nengewählten Vertretungs­körperschaft der Gemeindevorstand im Sinne des Z 26 der Gemeindefinanz-Verordnung vom 2. November 1932.

Zu der Mitteilung über die heutige Kabinettssitznng wird an zuständiger Stelle noch erklärt, daß Einzelheiten darüber, auf welche Stellen sich die Maßnahmen des Kabinetts be­ziehen, im Augenblick noch nicht gesagt werden können, weil die Ressorts die Möglichkeiten der technischen und praktischen

dem Königsstuhl: Der erste Ansatz des Bebens war 8 Uhr 7 Min. 27 Sek. Gleich der erste Stoß war so stark, daß vom Seismographen die Entfernung des Bebens nicht mehr fest­zustellen war. Es ist aber anzunehmen, daß der Herd des Bebens ganz nahe gewesen ist. Am Anfang erfolgten 3 bis 4 starke Stöße, dann gah es ein langsames Abklingen. Ganz vollständig hörten die Bewegungen erst nach 5 Minuten auf. Es ist eines der stärksten Nahbeben, das die Sternwarte auf dem Königsstuhl öisher verzeichnete.

Weitere Erdstöße in Bade«

Im Verlauf des Mittwoch haben sich die Erdstöße mehrfach wiederholt. Bis nachmittags 5 Uhr zählte man vier starke Erderschütterungen. Der Hauptstoß erfolgte um 8. Uhr, der zweite Stoß um 11.15 Uhr, der dritte 12.20 Uhr. Der letzte, etwa 4 Minuten vor 5 Uhr nachmittags, war wiederum ziem­lich heftig, so daß die Bevölkerung des Murgtales erneut stark beunruhigt wurde. Die Apparate des Geodätischen Instituts der Technischen Hochschule in Karlsruhe waren um diese Zeit immer noch in Bewegung, so daß mit weiteren Erschütterun­gen gerechnet werden mußte. Das tektonische Beben ist zu­rückzuführen auf Erdverschiebungen in den Verwerfungsspal­ten, die vom Murggraben in die Rheinebene münden. Am heftigsten wurden die Stöße auch im Laufe des weiteren Tages in Rastatt gespürt.

Sehr stark wurde das Erdbeben auch in Pforzheim ver­spürt. Hier hörte man deutlich ein unterirdisches Rollen. Fenster und Spiegelscheiben klirrten. Häuser wurden stark er­schüttert und mehrfach fielen Gegenstände in den Wohnungen zu Boden. Eigenartig war das Benehmen von Haustieren, Hunde winselten kläglich, Katzen flüchteten ins Freie.

Das Erdbeben in Württemberg

Stuttgart, 8. Febr. Ueber das Erdbeben am Mittwoch vormittag werden jetzt noch weitere Einzelheiten berichtet. In Stuttgart selbst wurde es insbesondere in Häusern der höher gelegenen Stadtteile verspürt. Man hörte die Fenster klirren und hatte das Gefühl, wie wenn plötzlich das Gefüge des Hauses wanke. In Eßlingen kamen Oefen ins Schwanken. Es wurde festgestellt, daß die Stöße in den oberen Stockwerken stärker verspürt wurden als in den unteren. In Ulm wurden im Bett liegende Personen leicht geschaukelt. Ein Kranker sah, wie Blattpflanzenblätter sich bewegten; es war, als ob man einen Baum schüttle. Ein unterirdisches Rollen wurde in­dessen nicht bemerkt. Im zweiten Stockwerk des Geislinger Rathauses gerieten die Hängelampen ins Schwanken.

Nach weiteren Meldungen ist das Erdbeben in einem großen Teil des Landes bemerkt worden, so in Ludwigsburg, Brackenheim, Heilbronn, Herrenberg, Reutlingen, Tübingen, Tuttlingen, Altensteig, Murrhardt, Göppingen, Ulm und Calw; dagegen nicht in Balingen, Ebingen, Gmünd, Ellwangen und Ravensburg. In Tübingen hat man es nur in erhöht gelegenen Häusern wahrgenommen, so im Justizgebäude.

Offizieller Bericht der württ. Erdbebenwarte

Gestern früh wurde von den Instrumenten der württ. Erdbebenwarte ein mittelstarkes Nahbeben ausgezeichnet. Nach den Aufzeichnungen der Stuttgarter Erdbebenwarte (Villa Reitzenstein), die für die ersten Beobachtungen zunächst zur Verfügung stand, traf die erste Erschütternngswclle in Stutt­gart um 8 Uhr 07 Min. und 26 Sek. ein. Die stärkste Be­wegung des Bodens begann etwa 8>F Sekunden später: sie erreichte den Betrag von etwa ein Zehntelmillimcter Boden­verschiebung. Die Entfernung von Stuttgart berechnet sich zu rund 70 Kilometer, und zwar liegt der Herd annähernd westlich bis nordwestlich von Stuttgart. Der Herd liegt also in der Gegend von Rastatt im östlichen Tal des Rhcintal- grabens. Die Entstehung des Bebens ist sehr wahrscheinlich tektonischer Art und hängt mit dem Einbruch des Rheintal­grabens zusammen. Die Bebenstärke ist für dieses Gebiet immerhin auffallend.

Durchführung Prüfen müssen. Vielleicht kann man vermuten, daß ein Teil der Maßnahmen sich auf den Schutz bäuerlicher Betriebe beziehen, denn hiervon war ja bereits in der Mit­teilung über die erste Sitzung des neuen Reichskabinetts die Rede.

Im übrigen haben auch die Ausschüsse für Arbeitsbeschaf­fung und Siedlung getagt. Das Ergebnis dieser Beratungen ist in der Vorbereitung der neuen Verordnung über die Ar­beitsbeschaffung zu sehen, die dann das Kabinett verabschiedet hat. Diese Verordnung bezieht sich natürlich in erster Linie auf Preußen. In Preußen sind die Gemeindeparlamente auf­gelöst und die Neuwahlen finden am 12. März statt. Damit es bis dahin und auch für die Zeit bis zur Gültigkeitserklärung der Wahlergebnisse kein Vakuum in der öffentlichen Arbeits­beschaffung für preußische Gemeinden eintritt, hat das Reichs­kabinett für die Zwischenzeit die heute bxkanntgegebenc Lösung gefunden.

*

Königsberg, g. Febr. In der Iägerhofstraße kam es am Mitt­woch abend zu schweren Zusammenstößen zwischen Nationalsozialisten und Reichsbannerleuten, die an einer Versammlung im Gewerkschafts- Haus teilgenommen hatten. Die Gegner gingen mit Messern und anderen Waffen aufeinander los. Insgesamt wurden fünf Personen verletzt, davon drei Reichsbannerleute schwer.

Deutschland und die Welt

In einem groß angelegten U-Boot-Film der UfaMorgen­rot", der seinen Weg durch die deutschen Kinos angetreken hat, wird in eindrucksvollen Bildern der Kampf mit den Elementen der Natur und des menschlichen Hasses vorgeführt, den unsere U-Boot-Helden zum Schutze der deutschen Heimat durchgefoch- ten haben. Sie haben es verdient, daß ihre Treue, ihre Opfer­bereitschaft, ihr Wagemut in Erinnerung gerufen werden und jeder echt empfindende Deutsche freut sich voll Stolz dieser Söhne und Brüder. Aber auch dem warmherzigen Patrioten liegt beim Anblick dieser Bilder ein leises Unbehagen auf der Seele. Man hat sich nicht damit begnügt, die Tapferkeit und bei der Rettung Schiffbrüchiger den soldatischen Edelmut ver­deutschen Jnngens vor Augen zu führen, man hat es im Inter­esse der Wirkung des Films für angebracht gehalten, die Tücke der englischen Kriegsführung, die Maskierung von Handels­dampfern mit neutralen Flaggen zu demonstrieren. Die Eisen­bahnzüge rollen endlos durch die Nacht und ans den Wagen dringt das Haßlied gegen England. Was während des Krieges begreiflich und seelisch notwendig war, gehört nicht mehr in die Friedenszeit. Der Deutsche ist ein friedliebendes Volk und jeder von uns kann aus bestem Gewissen heraus beteuern, daß er den Krieg nicht gewollt hat und von ihm überrascht worden ist. Aber das grausame Erlebnis des Weltkrieges müßte uns die Lehre erteilt haben, daß es nicht nur auf unser eigenes gutes Gewissen ankommt, sondern auch darauf, wie die übrige Welt unser Inneres beurteilt. Wir waren, als der Krieg ans­brach, erstaunt, daß plötzlich Dutzende von Völkern, denen wir nur Gutes erwiesen, niemals ein Haar gekrümmt haben, über uns herfielen. Mit etwas mehr Verständnis für die Welt­psychologie wäre die Uebermacht an Feinden, der wir trotz siegreicher Heldentaten schließlich erlegen sind, niemals zustande gekommen. Wir wollen heute mit den andern Völkern wie früher wieder in Frieden und Freundschaft leben, mit ihnen Güter tauschen und uns der Segnungen des Friedens erfreuen. Auch unser Bemühen, das uns in Versailles zugefügte Unrecht abznhalftern, kann nur gefördert werden, wenn die andern Völler uns wieder Vertrauen und Verständnis entgcgenbrin- gen. Wir wollen keinen neuen Krieg, wir wollen nur unser Recht und Lebensranm. Wir erschweren uns diesen Kampf um Ideen und Moral, wenn wir uns auch zu Unrecht dem Verdacht und Eindruck aussetzen, daß uns das Kriegs­geschrei den Kopf umwirbelt, daß wir die andern Völker nicht zur Ruhe kommen lassen wollen. Auch die andern haben tapfer gekämpft und ihr Herzblut für ihr Vaterland hergegeben. Wir können unsere Märtyrer nicht genug feiern, aber wir wollen dabei dem ebenso berechtigten Stolz der andern nicht nahe treten. Die Bildersprache des Films ist das Esperanto der Völker geworden. Der Film bietet die stärksten Möglichkeiten. Phantasie und Urteil der andern Völker zu formen. Auf diesem internationalen Terrain muß man es ganz besonders vermeiden, Fehler zu begehen.

Diese Erkenntnis ist auch bei der heutigen Reichsregiernng vorhanden. Der Berliner Korrespondent derTimes" berich­tet seinem Blatt von einer Unterredung, die er mit Dr. Ernst Hanfstaengl, dem angelsächsischen Berater Hitlers, gehabt hat. Dieser versicherte, Hitler sei mit der Tendenz des Ufa-Films Morgenrot" gar nicht einverstanden. Er bedanre die naive einseitige Darstellung, als seien Mut und Edelmut nur bei den Deutschen zu finden, Gewalt und Tücke nur bei den Englän­dern. Er sei überhaupt dagegen,sture Klischcepropaganda", wie sie im Krieg überall üblich war, wieder aufleben zu lassen. Das entspreche auch nicht dem Geist der jungen deutschen Ge­neration, die er führe. Das sind Worte, die auch bei den Politischen Gegnern des Reichskanzlers Zustimmung finden werden. Vor der Ueberhcblichkeit über den Gegner ans innen­politischem Gebiet hat auch der Stahlhelmführer Oberstleut­nant a. D. Düsterberg eindringlich gewarnt. Er erinnerte an die Verbundenheit der Frontsoldaten, an die seelische Ge­meinschaft im Schützengraben, der in gleicher Weise Marxisten wie Nationalisten angehörten. Wenn die Erfahrungen nach dem Kriege diese einstigen Frontsoldaten einander entfremdet haben, habe niemand das Recht, diese in der Not des Vater­landes bewährten Männer öffentlich der mangelnden Vater­landsliebe zu bezichtigen. Eine solche Anmaßung komme ins­besondere denjenigen nicht zu,die während des Weltkrieges noch in den Windeln lagen oder die Schulbank drückten". Be­geisterung ist keine Hcringsware. Auch der Patriotismus muß, wenn er kulturell veredeln soll, mit Mäßigung genossen werden. Nur wenn er sich über die Niederungen der Eitelkeit und Haßsucht erhebt, wenn er gerecht und vorbildlich ist, wird er dem Vatcrlandc nützlich sein und ihm in der Welt mora­lische Eroberungen sichern.

Die Zeit arbeitet für uns, aber nur wenn wir die Nerven behalten. Die Verhandlungen im Genfer Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz beweisen aufs neue, daß diese Völker- vcrtretung nicht imstande ist. der Welt den Frieden zu schenken. Man sucht nach Formeln, Vertagungen, um den Entscheidun­gen auszuwcichcn. Sie werden in der tödlichen Langeweile der Debatten erstickt. Inzwischen hänfen sich in den Glas- schräuken der Varräume zu den Berhandlungssälcu der Kon­ferenz sichtbar anfgereiht die Bittschriften. Es waren zunächst die Bekenntnisse von zehn Millionen Menschen, die am 5. Febr. 1932 feierlichst überreicht wurden. Ans diesen zehn Millionen sind inzwischen zwanzig, fünfzig und mehr Millionen geworden und seitenweise gehen durch das Journal der Konferenz die Aufrufe, die aus aller Welt die Abrüstung und immer wieder die Abrüstung fordern. Die sinnlose Einteilung in bis über die Zähne gerüstete Staaten und abgerüstete Völker wird auch für die Weltmeinnng immer unerträglicher. Stören wir diese Entwicklung nicht durch Unbedachtheiten!

Mannheim, 8. Febr. Der'40 Jahre alte Schlosser Martin Gaber aus Lützelsachsen wurde heute im Verlaufe von Zwistigkeiten von seiner Ehefrau erschlagen. Frau Gaber wurde verhaftet.