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des Baues eines Einfamilienhauses, Villa Jak in Ulm. Im Nov. 1903 war Zeuge dort und überzeugte sich, daß das Stützen und Verschieben des Hauses sachgemäß erfolgte. Er bestätigt heute das vor 3 Jahren ausgestellte schriftliche Gutachten. Schäden waren nicht wahrzunehmen. Staatsanwalt: 1 Stunde war Rückgauer nicht da, warum? Angeklagter: Weil ich anderweitig durch Arbeiten 1 Stunde abgehalten war. — Nach der Vernehmung der Nagolder Zeugen folgen solche von anderen Orten, wo Rückgauer Hebungen veranlaßt hatte, die jedoch nur als Zeugen, nicht wie der Verteidiger ersucht, auch als Sachverständige über strittige Punkte befragt werden sollen, was der Vorsitzende ausdrücklich feststellt. — Bauinspektor Ernst in Saarburg berichtet über die 1902 vollzogene Hebung eines Schulhauses, die durchaus sachgemäß ausgeführt wurde. Es war aber auch ein vorzüglich geeigneter Bau. Zeuge hat dem Angeklagten mündlich und schriftlich ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt, wofür dieser ihm dankend die Hand drückt. Oberamtsbaumeister Schäfer in Freudenstadt war von B. eingeladen, als das Gasthaus zur Rose 1903 dort von 1" auf 1°° gehoben wurde, es sich anzusehen. Alles war solid. Auch hier waren ca. 20 Leute im Wirtszimmer, aber ohne Fest rc. Ein öiesbezügliches Verbot, war zwar unter den Bauvorschriften seitens der Stadt gegeben, daß man nicht ins Haus solle während der Hebung. Es war ein älteres Haus, untermauert wurde es nicht während der Hebung. Johannes Heinzmann, Bauwerkmeister in Göppingen sah im August 1903 die Hebung eines älteren Hauses in Göppingen. Man hat die Leute ruhig in der Wohnung gelassen. Vorsitzender: Sogar die Stadtmusik soll ja dort musiziert haben. Rechtsanwalt Kiese; Sie hielten sich doch für verpflichtet, bis zum Schluß bei der Hebung anwesend zu bleiben. Zeuge: Natürlich. Ich hatte ja meine Leute dabei. Abgesperrt wurde auch nicht. — Es folgt Architekt Förster-Stuttgart, der Vorbereitungen und Arbeit der Hebung, als sehr solide bezeichnet. Ein Regulator ging nach der Ausgrabung vorzüglich weiter. Verschiebungen von 3—8 cw wären bei dem betr. alten Gebäude sehr schwer zu constaiieren gewesen, wenn sie rorkamen. Es war auch eine morsche Winde dabei, welche die Hebung gut aushielt. Baurat Schneider-Ludwigsburg berichtet ähnlich und Bauinspektor Wirth-Ludwigsburg (Garnisonsbauamt) über Hebung eines Daches bei einer Baracke in Münfingen aus dem Truppenübungsplatz, das um 3^2 in gehoben wurde. Gegen Abend wurde die Sitzung abgebrochen.
Tübingen 18. Okt. (Prozeß Rückgauer.) Ter Ministerialreferent, Oberbaurat F indeisen, bezeugtnoch,daß1904 im Ministerium erwogen worden sei, ob Rückgauer eine Auszeichnung erhalten solle. Ter Hausarzt des Angeklagten,
Tr. Feldmann-Stuttgart wird von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden. Hierauf erklärt er, daß der Angeklagte Rückgauer ein Gewohnheitstrinker sei; derselbe sei ein Sanguiniker und Optimist, er habe am Tage nach dem Unglück chm dasselbe in cynischer Objektivität geschildert und gesagt, daß er bei dem Unglück an der Wirbelsäule verletzt worden sei. Bei Rückgauer sei als Alkoholiker das Verantwortlichkeits- gesühl geschwächt. Der weitere Sachverständige, Medizinalrat Prof. Dr. Oesterle bestätigt, daß bei Rückgauer zwar keine schwere psychische Erkrankung wie Halluzination, Gedächtnisschwäche rc. nachzuweisen sei, daß er dagegen durch den Alkoholgenuß im Verantwortlichkeitsgefühl beschränkt sei, daß er aber in Nagold in seinem Zustand in der Lage gewesen sei, die Gefahr zu erkennen und abzuwenden, wenn auch in etwas schwächerem Maße als ein anderer Mensch. Hosbauwerkmeister Haußer-Ludwigsburg schildert den Zusammensturz des Hauses in Lichtental bei Baden-Baden. Oberamtsarzt Dr. Fricker-Nagold verliest die Liste der 52 Toten und 92 Verwundeten. Damit schließt die heutige Verhandlung. Morgen werden Bausachverständige vernommen. An diese schließen sich die Plädoyers.
Börstingen OA. Horb 17. Okt. Am Montag feierte der 86jährige Rentamtmann a. D. Seeli und seine 82 Jahre alte Ehefrau das Fest der diamantenen Hochzeit. Das Jubelpaar erhielt vom König ein Glückwunschschreiben und einen prächtigen, mit Widmung versehenen Goldpokal. Durch den Ortspsarrer Bockmayer wurde bei der Feier ein Glückwunschschreiben des Bischofs von Rottenburg verlesen.
Plochingen 17. Okt. In der Nähe des Gasthauses zur Sonne lief ein dort lagerndes Benzinfaß aus. Das Benzin ergoß sich in den Straßenrinnstein und geriet durch irgend einen Zufall in Brand, so daß eine mächtige Feuer- gorbe zum Himmel schlug. Tie benachbarten Häuser waren infolge dessen einer erheblichen Gefahr ausgesetzt; es gelang ober durch Auswerfen von Sand und Dung, das Feuer zu ersticken.
Eßlingen 18. Okt. Gegenwärtig herrscht auf dem hiesigen Güterbahnhof ein reger Versandt mit Filderkraut. Leider ist die Ernte in diesem Jahr nicht so ergiebig, wie in sonstigen Jahren und müssen sich daher die Produzenten mit einer halben Ernte begnügen. Während in normalen Jahren 100 Stück 13—14 Ztr. wiegen, erreichen dieselben Heuer das Gewicht von nur 6—7 Ztr. Der Preis per Ztr. stellt sich auf 3 „A bis 3 ^ 30 während auf dem Wochenmarkt für den Kopf 15—20 bezahlt werden.
Heilbronn 15. Okt. Vor der Strafkammer kamen die Ausschreitungen zur Aburteilung, die anläßlich des Streiks in der Leder
fabrik C. Nebinger in Backnang gegen Arbeitswillige verübt worden sind. Angeklagt waren 10 Personen (darunter eine Frau), die ein Fuhrwerk mit Arbeitswilligen im Ort aufzuhalten suchten, indem sie den Pferden in die Zügel fielen und ein Verkehrshindernis in den Weg stellten. Die Haltung der Streikenden hatte schließlich bewirkt, daß die als Ersatz aus Frankfurt herbeigezogenen Arbeiter ihre Tätigkeit bei der Firma Nebinger nicht ausnahmen. — Das Urteil lautet bei acht Angeklagten auf Gefängnisstrafen von 3 Wochen bis 3 Monaten; zwei Angeklagte wurden freigesprochen.
Straßburg 18. Okt. Ter kaiserliche Statthalter von Elsaß-Lothringen genehmigte bereits das vom Bezirkspräsidenten Prinzen Alexander von Hohenlohe eingereichte E ntlassungsgesuch.
Nürnberg 18. Okt. Der „Fränkische Kurier" meldet von toskanischer Seite, der König von Sachsen habe das Ersuchen der Prinzessin Montignoso, ihre Kinder wieder zu sehen, entschieden abgelehnt. Auf eine Einwirkung von toskaniscker Seite habe der König geantwortet er müsse sich wundern, daß ihm von dieser Seite eine solche Zumutung gestellt werde, da die Mutter der Gräfin, die Großherzogin von Toscana, ihre verheiratete Tochter verreisen lasse wenn die Gräfin, ihre Tochter zu Besuch nach Lindau komme. Von einem Ausgleich könne keine Rede sein. Dieser sei seit 1905 vertragsmäßig festgelegt.
Berlin 17. Okt. Ein unerhörter Gaunerstreich hat gestern Nachmittag die Nachbarstadt Köpenik in Aufregung versetzt. Mit dem Vorortzuge 2 Uhr 40 trafen von Berlin 20 Mann Soldaten vom 4. und 5. Garde-Jnfant.-Reg. unter Führung eines Hauptmanns ein und besetzten alsbald das Rathaus. Vor dem Hauptportal stellte sich ein Doppelposten mit aufge- pflanztem Bajonnet auf, während die anderen Zugänge von einfachen Posten besetzt wurden. Das Rathaus wurde von jedem Verkehr mit der Außenwelt abgeschnitten, selbst die Beamten durften ihre Bureaus nicht verlassen. Bürgermeister Dr. Langerhans mit seiner Frau und ein Schutzmann mußten unter militärischer Bedeckung einen Wagen besteigen. Auch der Hauptkassenrendant v. Wiltberg wurde unter militärischer Bedeckung nach dem Bahnhofe gebracht. Da der die Soldaten anführende Hauptmann vorher auch dem Postamt den Befehl erteilt hatte, daß jede telephonische und telegraphische Verbindung eine Stunde lang zu unterbleiben habe, so war eine Anfrage bei der Vorgesetzten Behörde nach außerhalb unmöglich. Die beiden Arrestanten wurden auf die neue Wache in Berlin eingeliefert, wo man sie bald entließ, da man von der ganzen Angelegenheit hier nichts wußte. Inzwischen hatte
Hein Dämon.
Roman von Franz Treller.
(Fortsetzung.)
„Vierzehn Tage vor deiner Befreiung," fuhr Ellinghaus fort, „habe ich erfahren, daß der Schurke'in Towertown deinen Namen auf einen Grabstein gesetzt hat und erst meine Nachforschungen hier brachten mir die tröstliche Gewißheit, daß jene Inschrift log. Doch das alles sind bei dem hiesigen Rechtsverfahren schwerwiegende Umstände. Deine Frau hat sich heimlich mit Henry entfernt, ehe noch festzustellen war, ob du einfach eine Reise angetreten hättest, ermordet seiest oder ein Unglücksfall vorliege. Als ich die Ueberzeugung hatte, daß man Dich in einem Jrrenhause untergebracht habe, eine hier zu Lande bequeme Art für reiche Leute, sich überlästiger Angehöriger zu entledigen, und selbstverständlich beschloß, dich zu suchen, begab ich mich, ehe ich verreiste, zum Sheriff, sagte dem, daß ich nach deinem testamentarisch niedergelegten Willen für den Fall deines Ab- lebens Testamentsvollstrecker sei, und ersuchte ihn, ein wachsames Auge auf Contenthouse zu haben. Das versprach er. Was nun aber in der Zeit und besonders, seitdem man dich begraben hat, geschehen ist, weiß ich nicht. Meine Aufgabe war es, dich zu suchen. Sage nün selbst, ob wir nicht gut tun, zunächst die Fälschungen aufzudecken und dich dann erst gesund und frei den Lebenden wieder zuzugesellen."
„Welch ein Gewirr von bestialischen Maßregeln, um mich ins Verderben zu stürzen! Aber sage mir, was konnte das Weib dabei haben, mich auf diese Weise zu beseitigen, es war doch einfacher, mich umbringen zu lassen, wenn sie mich los sein wollte, um mit ihrem Galan ins Weite gehen zu können."
Der Mordversuch auf Dich war nicht geglückt. Damals glaubte ich,
Vancouver sei der, der den Meuchelmörder ausgesandt hatte, ich bin jetzt anderer Meinung."
„Sie?"
„Ja! Sie mochte fürchten, daß die Wiederholung und das Gelingen eines solchen Attentats den Anbeter doch stutzig machen könnte und griff zu dem Mittel, dich lebendig zu begraben."
„Aber dann — dann — ?"
„Die Antwort gibt dein Leichenstein. Wir werden genauere Einblicke in dieses ganze Treiben gewinnen. Ich will dich nur überzeugen, daß es nicht richtig wäre, ohne weiteres nach Rockesville zu gehen."
Nach einigem Nachdenken sagte Hohenthal: „Du hast gewiß recht, aber mein Henry — ?"
„Habe ich dich ausfindig gemacht, Arnold, werden wir auch deinen Henry finden, obgleich ich denken sollte, daß seine Mutter sich nicht sträuben würde, ihn dir zu überlassen."
„Sie haßt mich und kennt meine Liebe zu dem Kinde, sie weiß, wie sie mich am schwersten treffen kann."
„Gib dich nicht unnötigen Sorgen hin. Du bist der Gefahr entronnen, und alle Hindernisse auf deinem ferneren Lebensweg werden sich ebensogut beseitigen lassen."
„Ich will es mit dir hoffen."
Am andern Tage begab sich Doktor Ellinghaus nach Covington, und von dort in einem Wagen nach Marylodge, hatte sich aber zur Vorsorge einen Sheriffsbeamten mitgenommen.
Nicht wenig erstaunt war er, als ihm der Pförtner auf sein Verlangen, Mr. Bolton zu sprechen, erwiderte, daß dieser seit vierzehn Tagen Marylodge verlassen habe, nachdem er seine Anstalt an Dr. G. Harding verkauft habe. Ellinghaus schickte hierauf seine Karte an Mr. Harding, der ihn alsbald in sein Arbeitszimmer führen ließ.