soo ovo Kilometer mit..Graf Zeppelin"
Friedrichshofen, 21. Okt. (Eig. Meldung.) DaS Luftschiff „Graf Zeppelin", das schvu bisher eine Reihe von Rekordleistungen und Jubiläen aufznweisen hat, konnte während der Abwicklung seiner letzten Südamerikafahrt neuerdings gewissermaßen ein „Jnbilänm" begehen. Wie schon durch den Glückwunsch des Reichsverkchrsministeirnms an die Zeppelin- Werft bekannt geworden ist, hat „Graf Zeppelin" un Verlauf seiner 284. Fahrt — und zwar auf dem Rückflug von Rio de Janeiro nach Pernambuco Ende der vergangenen Woche — den 500 OM. Kilometer zurückgelegt, seit seiner Fertigstellung im Jahre 1928 also nicht weniger als eine halbe Million Kilometer geflogen. Diese Strecke ist noch um rund 20 000 Kilometer länger als der zwölffache größte Umfang des Erdballes. Die Bewältigung einer solch respektablen Kilomcter- zahl, Wie sie dem deutschen Luftschiff gelungen ist, ist noch von keinem der bisher gebauten Luftschiffe erreicht worden. Für die Znrücklegnng dieser 500 000 Flugkilometer hat der „Graf Zeppelin" insgesamt eine Fahrzeit von 4960 Stunden benötigt, wobei nicht außer acht gelassen werden darf, daß das Luftschiff dabei so ziemlich alle Klimaten der Erde, von der Arktis bis mitten in die Tropen hinein, durchfahren hat. Neben zahlreichen anderen Fernfahrten über Land und Meer hat das Luftschiff in diesem Zeitraum schon 30 Ozeauübergue- rnngen vollbracht. Dazu gehören 12 Fahrten nach Südamerika,' von denen im lausenden Jahre allein acht Rundfahrten regelmäßig durchgeführt wurden. Wenn man die znrückgeleg- ten 500 000 Kilometer auf die bisher durchgesührten Fahrten des Luftschiffes umlegt, dann ergibt sich ein Durchschnitt von rund 1800 Kilometern für jede Fahrt. An Passagieren wurden ans den seitherigen Verkehrsfahrten rund 7400 Personen befördert. In diesem Zusammenhang ist es auch angebracht, der Tatsache zu bedenken, daß im „Graf Zeppelin" sich immer noch die gleichen Motoren, die von den Maybachwerkcn gebaut wurden, befinden, die schon bei der ersten Fahrt des Schiffes eingebaut waren. Nach einer Verbesserung des Triebwerkes, die nach der seinerzeitigen Notlandung in Südfrankreich sich als zweckmäßig erwiesen hat, haben diese Motoren bis heute ohne jede Störung Dienst getan.
Die nennte und letzte Südamerikafahrt dieses Jahres wird am kommenden Montag morgens um 7 Uhr angetreten und entgegen dem ursprünglichen Plan wieder über Pernambuco bis nach Rio de Janeiro ausgedehnt werden. Unter den zahlreichen Passagieren wird sich diesmal auch der Leiter der englischen Zivilluftfahrt, der Master of ^cmpill, befinden, der, wie erinnerlich, schon an der letzten Südamcrikareise tcilneh- men wollte, aber infolge einer Notlandung seines Flugzeugs nicht mehr rechtzeitig nach Friedrichshafen gelangen konnte.
Lus Slsrtt unü I.snü
Viel geklagt unter Christen und solchen, die der Gemeinde Christi fcrnstehen, wird darüber, daß die heutige Christenheit so gespalten sei. Konfessionen stehen einander gegenüber, ob- schon sie sich alle nach dem Einen Herrn Christus nennen; und zwischen ihnen treiben sich Hunderte von Sekten und Freikirchen herum, deren Charakter teilweise ans lautere Evangelium grenzt, teilweise aber bis ins Judentum, ja ins Heidentum hinein schwankt, und Bestandteile in sich ausgenommen hat, die den kleinen Rest christlicher Erinnerungen zerstören.
Aber geschichtlich gesehen haben wir kein besonderes Recht, uns zu beklagen, denn in der ersten Zeit der Christenheit und in den Jahrzehnten der Reformation trat diese Erscheinung noch viel breiter und weiter auf: sie ist eben gleichzeitig ein Beweis großen religiösen Interesses und lebendiger, deshalb sich regender Frömmigkeit. Freilich sind diese Regungen vielfach ungeordnet, mißleitet und von gewissenlosen Leuten ausgenützt: was wird da alles im Leben und im Sterben, für diese Welt und das Jenseits vorgegaukelt und versprochen, wo eine einfache Besinnung einen dazu bringen müßte, lächelnd oder empört den falschen Propheten den Laufpaß zu geben.
Und doch sind es falsche Propheten; denn wer das, was Jesus uus gebracht hat, recht versteht, für den gibt es keine Spaltung: das Menschliche trennt, das Göttliche einigt. Wer Gott liebt und Gottes Barmherzigkeit betrachtet, der weiß, daß alles Gnade ist. Wir Menschen sind Bettler, Sünder, verlorene Söhne. An uns und unserem Leben ist nichts auf dieser Erde: was Christus mir gegeben, das ist der Liebe wert. Wir Menschen sind durch ein großes Band zusammengeschlungen, durch das Band gemeinsamer Sündhaftigkeit, Verdorbenheit, Pcrlorenheit. Wir sind allzumal Sünder und es fehlt uns der Ruhm guter Werke, den wir vor dem Richter- ftnhl Gottes notwendig sollten vorweisen können und wenn wir deshalb gerecht werden, so geschieht das ohne unser Verdienst, aus unbegreiflicher Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Das ist Peinlich für uns, beschämend im höchsten Grad; aber wir mögen es bedauern und bestreiten: es ist eben fo, und die Tatsachen kann auch der beredtste Mund nicht wegzaubern: die Sünde, unsere Sünde, nein: meine Sünde ist aber die unleugbarst--. Realität, die ich kenne. Darum muß dieses schaurige Band des Verderbens uns Menschen umschlingen. Aber unter den Strahlen der göttlichen Güte verwandelt sich diese Kette wunderbar, und bis sich unsere Augen wieder gefunden haben, ist daraus ein Band der Gnade, der Vergebung, des Heils geworden: Alle Sünder — alle gerettet! Saget mir: wo sollte es da Raum haben zu Konfessionen und Sekten? Es gibt keinen Platz für derlei Besonderheiten, wo man sich der Wirklichkeit gemäß unter die Gnade stellt.
Dagegen wo der Mensch sich vordrängt, da gibt es Unterschiede: ich bin ein wenig frömmer, ich habe die richtigere theologische Auffassung, ich bin geweiht, ich Lin gesalbt, ich bin handaufgelegt, ich bin versiegelt und so fort: lauter Menschlichkeiten, die sich dazwischen legen und die Gemeinde der Einen Gnade auseinanderreißen. Als fragte der Allmächtige und Ewige darnach, was Menschen zu einander sagen, was Bischöfe und Prediger ihren Gläubigen versprechen. Gott ist größer als unser Herz, größer als unser Verstand; Paulus sagt nicht umsonst, daß die göttliche Torheit weiser sei als die Weisheit der Menschen. Deshalb ein Herr, eine Taufe, ein Glaube, eine Gnade. Lasse sich niemand betören durch den Wind der Lehre, durch törichte Menschenfündlein, die unsere Gemeinschaft zerreißen. Wer feine Sünde und Aottes Gnade erkannt hat, Leides so groß und stark, als es die Wirklichkeit beweist, der kann nicht mehr mit Menschen spalten sondern nur noch unter Gottes Barmherzigkeit zusammenfasten. Menschliches, Allznmenschliches zerreißt, auch unter frommstem Getue; Göttliches aber einigt, weil Gott Einer ist und treu. ^ z
(Wetterbericht.) Die nördliche Depression scheint ostwärts abzuwandern, sodaß sie kaum zur Geltung kommt. Für Samstag und Sonntag ist zeitweilig aufheiterndes, vorwiegend trockenes Wetter zu erwarten.
Calmbach, 21. Okt. Das Gasthaus zum „gold. Hirsch" ging durch Kauf um den Preis von 23 000 RM. (ohne Felder) in die Hände des Emil Seyfried, Koch in Newyork, eines gebürtigen Calmbachers, über. — Zum Amtsboten der hiesigen Gemeinde wurde Karl Rentschler bestimmt.
Das Grotzfeuer in Birkenfeld
S Wohnhäuser, 6 Scheunen völlig niedergebraunt — 3V Personen obdachlos
Zu der kurz vor dem gestrigen Redaktionsschlutz eingegangenen und im größten Teil unserer Auflage veröffentlichten Meldung über ein Großfeucr in Birkenfeld können wir jetzt noch einen Ueberblick über den Gesamtbrandherd geben:
Gegen 10 Uhr vormittags erfolgte Feuermeldung. .Die meisten Einwohner waren um diese Zeit auf dem Felde mit dem Einbringen der letzten Erntevorräte beschäftigt. Aber trotzdem waren in kürzester Zeit die Mannschaften der Birkenfelder Freiw. Feuerwehr aus dem Platze. Das Feuer war in dem Anwesen des Karl Scheerer, links abseits der Hauptstraße nach Gräfcnhausen zu, etwa 30 Meter vor dem Orts- ansgang, ausgehrochen. Nachbarn hatten den ersten Ansbruch zwischen der Scheuer und dem leeren älteren Stall- gebäudc bemerkt und fofort Feueralarm gemacht. Bis die Feuerwehr eiutraf, hatten sie schon den Viehbestand des Karl Scheerer gerettet. Der Besitzer selbst war seit Vormittag mit seinem einen Kuhgespann auf dem Felde. Als er den Feuerausbruch im Dorf hemerktc, eilte er heimwärts. Unterdessen aher hatte das Feuer mit solch rasender Schnelligkeit auf die angebauten Scheunen und Wohnhäuser übcrgegriffen, sodaß der gesamte Häuserkomplex in Hellen Flammen stand. Gerettet konnte nichts mehr werden. Betroffen wurden die Besitzer- Karl Scheerer, Bleiholder, Stumpp, Johann Fix und Otto Ehinger. Ein starker Südwestwind fachte das Feuer zu immer neuen Fenergarben au. Ganze Wolkenwände von Rauch und Flngscuer wälzten sich vom Brandherde ans über das Dorf. Bis znm Bahnhof herab wurden brennende Holzteile und Funken getrieben. In wenigen Minuten brannten die sämtlichen Gebäude schon bis zu den Grundmauern nieder. Die Feuerwehr konnte ihre Arbeit nur ans das Verhüten von Uebergreisen des Feuers auf die westlich gelegenen Anwesen der Margarete Stumpp, und das neue Wohnhaus des Johannes Fix beschränken. Auch das an die Hauptstraße verstoßende Wohngebäude des Philipp Reister konnte geschlitzt werden. Die Hauptleitungen des elektrischen Straßennetzes waren sofort von sachkundigen Monteuren ansgcschaltet worden. (Eine sehr beachtenswerte Maßnahme bei allen Bränden.) Die Flugfettergefahr wurde aber infolge 'des anhaltenden Windes immer stärker. Durch ortspolizeiliche Bekanntmachung wurden daher sofort alle Einwohner zu Eigenschutzmaßnahmen für ihre Scheunen anfgefordert. Aber noch während dieser Vorsichtsmaßregel kam fchon der Feueralarm von der über 100 Meter weiter südwestlich, über der Hauptstraße abgelegenen Scheuer des Otto Ehinger. Glücklicherweise traf in demselben Augenblick die bereits angerufene Neucnlnirger Wcckerlinie in Birkenfeld ein. Sie wurde sofort an diesem durch Flugfener entstandenen Brandplatz eingesetzt. Obwohl sie aber anfänglich sofort mit zwei aus der Motorspritze ge- fpcisten Schlauchleitungen das Feuer bekämpfte, konnten die dort eng zusammengebauten Scheuern des Reichstetter und Paul Fix nicht gerettet werden. Wie am Hanptbrandplatz stand auch hier fofort alles in einem einzigen Feuermeer. Glücklicherweise war die obere Hälfte der Scheune des Paul Fix leer. Dadurch war die Fencrsgcwalt gegen die anstoßende Brandmauer der neuerbauten Scheune und Küferei des Paul Fix geringer und hat sie von dem Ueberspringen des Feuers bewahrt. Ein wesentlicher Glücksfall war es jedoch, daß der starke Südwestwind um diese Zeit stark abflaute und einer Windstille Platz machte. Im andern Falle wäre eine Rettung dieser westlich anstoßenden Gebäude trotz starken Einsatzes aller Schutzmaßnahmen nicht durchzuführen gewesen. Ein großer Verlust aber entstand dem Küfer Fix durch die Vernichtung von über 2100 Liter neneingeschlagenen Schnapses, die in der alten Scheune in Butten ausgestellt waren. Schwer betroffen ist auch der seit 3 Jahren arbeitslose Otto Ehinger, der infolge seiner Arbeitslosigkeit mit seiner Fenerversicherungsprämie im Rückstand gehlieben ist. Hoffentlich gelingt es, die Versicherungssumme für ihn in Gültigkeit zu lassen. Ein weiterer Flugfeuerausbruch erfolgte bald darauf in der Nähe der Kirche, bei Emil Förschler. Der änßere Giebelteil am Wohnhaus hatte zwischen Dach und Oberstock Feuer gefangen. Da der Eigentümer aber Feuerwache hielt, so konnte der Ausbruch sofort gelöscht werden. Schaden entstand nur unwesentlich. An den beiden alten Brandplätzen wurde unterdessen mit sämtlichen Schlauchleitungen gearbeitet. Dabei machten sich jetzt die engen Hauptleitungen des Ortsnetzes in ganz einschneidender Wirkung bemerkbar. Der Druck ließ so stark nach, daß die Birkenfelder Feuerwehr das Wasser nicht mehr direkt ans den Hydranten entnehmen konnte, fondern den Wasserdruck durch die Pumpen verstärken mußte. Auch die Motorspritze der Neuenbürger Weckerlinie konnte abwechselnd nur noch eine Schlauchleitung in Tätigkeit halten. Ans Anruf war auch um diefe höchste Gefahrzeit die Pforzheimer Weckerlinie im Ort ein- getrosfen. Im raschen Ueberblick über die mangelnde Wasserversorgung wurde die Motorspritze unmittelbar zum Wasserreservoir am oberen Waldrande des Ortes gefahren und gleichzeitig eine über 700 Meter lange Schlauchleitung gelegt. Man wollte mittels Saugen das Wasser direkt über dem Behälter ziehen und unter Druck zum Brandplatze leiten. Beim Einfahren gegen das Reservoir wurde aber in der Eile die neue Straßenschotterung nicht beachtet. Die schwere Motorspritze geriet ins Einsinken und konnte erst nach langer Arbeit wieder frei, gemacht werden. Am Brandplatze mußte man sich unterdessen mit den vorhandenen Schlauchleitungen begnügen. Zum Glück waren die bedrohten Anwesen alle nur 114 stückig, so daß ein durchgreifendes Bespritzen noch möglich war. Schon seit Jahren war die Gemeinde bemüht, die Rohrleitung zu vergrößern, die Vorlage mußte aber wegen Geldmangel immer wieder zurückgestellt werden. Bei einem Ausbruch dieses Großfeuers in der Nacht wäre aber unter den vorhandenen Umständen eine Katastrophe nicht zu vermeiden gewesen. Gegen 3 Uhr mittags war das Feuer eingedämmt und die auswärtigen Weckerlinien konnten abrücken.
Alle Brandbeschädigten sind zum Glück versichert. Viel Schaden dürften jedoch die Angrenzer durch das rasche Ausräumen ihrer Wohnungseinrichtungen erlitten haben. Glücklicherweise brauchte die Sanitätsmannschaft mit Ausnahme der Behandlung kleiner Verletzungen nirgends eingreifen.
Gegen Abend bieten beide Brandplätze ein einziges rauchendes und gualmendes Trümmerfeld. Die Birkenfelder Feuerwehr hat die Feuerwache für die Nacht übernommen. Immer erneut lebt das Feuer an einzelnen Stellen wieder auf und wirft seinen flackernden Schein gegen den Nachthimmel. Die Schlauchleitungen arbeiten alle noch weiter. Durch die engen Zugangswege zu den beiden Brandherden ist die Ueberwachung jedoch äußerst fchwierig. Einzelne ausgebrannte Giebel drohen noch mit Einsturzgefahr, wodurch eine völlige Niederhaltung die größte Vorsicht erfordert.
Unmittelbare Gefahr besteht für weitere Ausbreitung nicht mehr. Die vorsorglichen Maßnahmen der Gemeindeverwaltung hatte die obdachlosen Geschädigten bei hilfsbereiten Familien untcrgebracht. Gegen 30 Personen und Kinder waren so zu versorgen. Die amtlichen Behörden hatten Einsicht in den Brandplatz genommen. Ueher die Ursache des Brandausbruches können noch keine Angaben gemacht werden. Die gerüchtweisen Behauptungen, das Feuer sei durch das Ausbrennen des Kamins hei Scheerer entstanden, trifft
nicht zu. Die amtlichen Behörden mutmaßen Brandstiftung. Die Stuttgarter Kriminalpolizei ist daher an dem ersten Brandplatz eifrig mit Nachforschungen beschäftigt. Diese Maßnahmen werden jedoch überall in sülchen Fällen dnrchgeführt so daß kein Rückschluß gezogen werden kann. Wir lassen daher im Folgenden den
amtliche« Bericht
folgen:
„Heute vormittag 1411 Uhr ertönte in unserem Ort Feueralarm. Da mau schon vom Rathaus aus gleich dicke Rauchschwaden feststellte, wurde sofort die ganze Birkenfelder Feuerwehr mittelst Sirene, Rathaus- und Kirchenglocken herbeigerufen, die auch in vorbildlich rascher Weise zur Stelle war. Der Ortsvorsteher begab sich sofort zum Brandplatz und als er die Gefährlichkeit des Brandes entdeckte, wurde im Einvernehmen mit dem Feuerwehrkommandanten Seufer die Weckerlinie Neuenbürg angefordert und das Oberamt Neuenbürg über den Umfang des Brandes und seine Ausdehnungsmöglichkeit verständigt. Zuerst brannte die Scheuer des Karl Scheerer, Totengräber, hier. Die mit Erntevorräten dicht gefüllte Scheuer bot dem Feuer reichlich Nahrung. Es herrschte ein ziemlich starker Wind und das daneben stehende Wohnhaus wurde von den Flammen rasch erfaßt und da mau durch den heftigen Westwind und die starke Rauchentwicklung nicht beikommen konnte, war auch das Wohngebäude rettungslos verloren. Es galt in erster Linie die über 70 Jahre alte Frau Scheerer und deren Enkelkind, etwa 5 Jahre alt, zu retten, was auch gelang. Diese alte Frau Scheerer hat zwar noch einige Brandverletznngen.davongetragen. Das Vieh konnte ebenfalls alles gerettet werden. Karl Scheerer und seine Ehefrau verrichteten zurzeit der Brandcntstehnng Feldarbeiten und waren nicht zu Hause. Sie konnten vor dem Feuer nichts retten, als was sie noch auf dem Leibe trugen. Znsammengebaut mit dem Wohnhaus des Scheerer waren die Wohnhäuser des Christian Stumpp, Goldarbeiters und des Johannes Fix, Goldarheitcrs. Genannte Gebäude sind unter einem Dach und wurden deshalb auch gleichzeitig vom Feuer vernichtet. Das daran sich anschließende Wohnhaus des Friedrich Bleiholder alt ist im Dachstock znm Teil ganz abgebrannt und in den weiteren Stockwerken stark beschädigt. Auf der anderen Brandseite ist die Scheuer des Bleiholder, die mit der Scheuer des Scheerer unter einem Dach znsammengebaut ist, ebenfalls vollständig abgebrannt. Das daneben noch stehende kleine Gebäude des Schneidermeisters Jakob Förschler bildete lange Zeit einen starken Schutz für das weitere Uebergreisen des Feuers auf das Gebäude des Philipp Neuster alt, bis es selbst auch vollständig niedcrbrannte. Da in diesem Ortsteil Birkenfelds sehr viel zusammengebaut ist, mußte sich die Feuerwehr darauf befchränken, den Brandherd abzngrenzen und ein weiteres Uebergreisen des Feuers zu verhüten. Die Wcckerlinie von Neuenbürg war inzwischen ebenfalls einge- troffcn. Auch die Motorspritze von Pforzheim mußte noch zu Hilfe gerufen werden, da durch Funkenslug auch noch die Doppclschener des Fix und Reichstetter in der Schmiedgassc Feuer gefangen hatte und schon lehhaft brannte. Die Weckerlinie setzte dort ihre erste Hilfstätigkeit ein und rettete von der Gräfenhänserstraße her das Gebäude des Goldarbeitcrs Wilhelm Oelschläger. Auf der anderen Seite wurde von der Birkenfelder Feuerwehr das Feuer bekämpft. Die dicht daneben gebaute Scheuer des Otto Ehinger, Goldarbeiters hier, sowie ein daran angebautes Wohnhaus konnten allerdings nicht gerettet werden, Wohl aber das ganze übrige Häuserviertel. Die Pforzheimer Wehr war damit beschäftigt, das Feuer des ersten Brandherdes von der Heergasse aus z» bekämpfen und war bemüht, das Wasser in direkter Schlauchleitung vom Wasserbehälter aus direkt herbeizuleiten. Dabei versank allerdings die Motorspritze in dem anfgefüllten Boden beim Wasserhochbehälter und es dauerte längere Zeit, bis die Spritze wieder fahrfähig gemacht war. Der anfangs starke Wind hatte sich inzwischen fast vollständig gelegt und es gelang nun den vereinigten Wehren, ein noch veiteres Umsichgreifen des Feuers zu verhindern. Die da und dort noch aus- gebrochenen Feuer in den Dachstühlen der Nachbargebäude konnten sofort gelöscht werden, weil man gleich in jedes Gebäude Löschmannschaften schickte. Sogar in dem Gebäude des Emil Förschler, Landwirts hier, bei der Kirche, mußte gelöscht werden, da auch noch dorthin (Luftlinie etwa 300 Meter) durch Funkenflug Feuer übertragen wurde. An den Löscharbeiten beteiligte sich der ganze freiw. Arbeitsdienst in vorbildlicher Weise.
Durch die Brandkatastrophe sind 5 Familien mit zusammen 30 Personen obdachlos geworden. Der Schaden wird nach dem Brandversicherungsanschlag der Gebäude auf rund 40 000 RM. ohne Mobiliarschaden geschätzt. Die Pforzheimer Wehr konnte mittags um 2 Uhr wieder abrücken, die Weckerlinie Neuenbürg dagegen erst zwischen 4 und 145 Uhr nachmittags. Bei diesem^ Brandfall hat sich als dringendstes Bedürfnis erwiesen, daß in der Gemeinde ein größerer Feuerweiher vorhanden sein sollte. Die Brandursache ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt. Neuhaus."
Die Drandursache aufgeklärt
Zu diesem amtlichen Bericht können wir durch letzte Mitteilung der amtlichen Stelle nachtragen, daß unterdessen die Ursache der Brandentstehung geklärt werden konnte. Das fünfjährige Sühnchen des Karl Scheerer spielte am Vormittag unbewacht, während seine Eltern und Geschwister abwesend waren, im Stall mit Streichhölzern. Er machte dabei ei» kleines Feuerle. Wie er selbst bei der Vernehmung aussagte, wollte der Wind das Feuerle zuerst ausblasen, aber dann habe es aufeinmal so stark gebrannt, daß er Angst bekommen habe und zu feiner Großmutter in die Küche gelaufen sei. Bis diese dann das Unglück von dem Kinde in Erfahrung bringen konnte, hatte das Feuer bereits die ganze Scheuer erfaßt. Die Bestürzung der schwergeschädigten Eltern des Kindes ist begreiflich. Der Vater ist nach der Mitteilung völlig fassungslos geworden.
Dieses Vorkommnis zeigt wieder erneut, wie wichtig die stete Mahnung und Ueberwachung der Kinder gegen „das Zündeln" ist.
Württemberg
Calw, 21. Okt. (Kabelverlegung gefährdet Häuser). Die Kabelverlegung in der Badstraße ist auf unerwartete Schwierigkeiten gestoßen. Im enggebauten alten Teil der Straße haben sich infolge der Grabarbeiten einige Häuser gefenkt und Risse erhalten, so daß die Gebäude abgestützt werden mußten. Da es sich zum Teil um größere Häuser mit nach der Straße zu überhängenden Obergeschossen handelt, wurden mancherlei Befürchtungen laut. Nach dem Urteil der Fachleute werden sich jedoch keinerlei weitere nachteilige Folgen zeigen. Die Telegraphenbauverwaltung ist bemüht, den durch die schwache Fundamentierung der Gebäude — die Urfache hiezu ist wohl die Grundwasserhöhe in diesem tief gelegenen Stadtteil — entstandenen Schaden durch Einbringen von Fundamentoerstärkungen wieder zu beheben.
Nagold, 21. Okt. (Nothilfe für die Unwettergeschädigten). An-