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" ' vv. Berit», 20^ Äug. Reichswirtschaftsminister D»t Warm-.j bald hat dem Berliner Vertreter der Associated Preß, Lee P. Lochner, das nachstehende Interview zur Frage der privaten Verschuldung Deutschlands gewahrt:
Eine Newyorker Finanzzeitung meldete vor einigen Tagen, daß Deutschland immer noch mit dem Gedanken spiele, seine privaten Schulden, namentlich an Amerika, einseitig herabzusetzen. Auch ließen sich Newyorker Zeitungen aus Berlin melden, daß sich die deutsche Regierung mit dem Gedanken trage, eine besondere Schnldenkommission nach den Vereinigten Staaten zu entsenden; diese Mission solle entweder eine zeitweilige Zinssenkung oder ein mehrjähriges Zinsmoratorium erreichen. Letztere Nachricht ist bereits amtlich dementiert worden.
Zu den angeblichen Absichten einer Lochuldenabwertung erklärte der Reichswirtschaftsminister:
Was die Frage der Herabsetzung der Privatschulden anlange, so habe er rn dem Interview, das er dem Vertreter des „Nieuwe Rotterdamsche Courant" Anfang Juli in Lausanne gegeben habe, ausgeführt. Laß die oeutsche Regierung eine Herabsetzung der privaten Schul, den an Kapital und Zinsen niemals auch nur erwogen
habe.
Schon damals habe er bemerkt, daß die Reichsregierung alles daran setzen werde, den Schuldeudienft des Reiches unter allen Umständen sicherzustellen, und daß auch die Privaten deutschen Schuldner alles tun würden, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Allerdings werde bei einer Verschärfung der allgenieinen Deflation das Mißverhältnis zwischen Geld- und Güterwert, zwischen alten und neuen Schuldverhältnissen, noch zunehmen. Deshalb sei die Behandlung der privaten Verschuldung gar keine speziell deutsche, sondern eine internationale Frage. Sie werde sich daher in einer deutsch-amerikanischen Aussprache gar nicht allein klären lassen.
Die deutsche Regierung habe stets den Standpunkt vertreten, daß es einzig und allein Sache der deutschen privaten Schuldner sei, sich mit ihren amerikanischen und sonstigen Auslandsgläubigern in Verbindung zu setzen, wenn sie den Schuldendienst nicht mehr leisten zu können glaubten. Die beteiligten Regierungen könnten in dieser Hinsicht nur soweit ein- greifen, als sie durch wirtschaftspolitische Maßnahmen der Deflation Einhalt gebieten und damit die Grundlagen für eine Gesundung der Schuldverhültnisse zu schaffen suchten. Ferner könnten die Regierungen dadurch zu einer Erleichterung des Schuldendienstes beitragen, daß sie gegebenenfalls gesetzliche oder sonstige Hindernipe, die einer Auseinander
setzung zwischen-den Gläubigern und Schuldnern entgegen- sGrixll, aus dm«. Hege xäuuchen. .-^ .
7 Die Febertragung der.fälligen Zins- ,Md Tllguggsraten nach den Gläubigerländern würde freilich außerordentlich gefährdet werden, wenn die Gläubigerläuder sich nicht zu der Erkenntnis dürchringen könnten, daß die Leistung eines so hohen Schuldendienstes, wie ihn die deutsche Volkswirtschaft in den nächsten Jahren an ihre ausländischen Gläubiger zu entrichten habe — mehr als 1,5 Milliarden RM. jährlich —, bis auf einen verschwindenden Bruchteil
sei und deshalb bei den Gläubigerländern offene Grenzen voraussetze.
Der Minister wies schließlich darauf hin, daß auch der Herr Reichskanzler Ende Juli in einem Interview mit einem amerikanischen Zeitungsvertreter ausgesührt habe, Deutschland habe durchaus die Absicht, seine Schulden zu tilgen. Wenn die Frage nach einer Herabsetzung der Zinsrate für Deutschlands private Schulden an das Ausland zur Erörterung komme, werde Deutschland gewiß nicht einseitig Schritte in dieser Richtung unternehmen, sondern eine Einigung mit seinen Gläubigern zu erzielen suchen. Er hoffe zuversichtlich, daß durch eine Einigung mit Deutschlands Privatgläubigern ein Transfermoratorium umgangen werden könne."
Die deutsche Zinsenlast
Die Zinsenlast, die heute auf der deutschen Wirtschaft ruht, dürfte rund 6,2 Milliarden RM. ausmachen, womit rund 90 Milliarden RM. Verschuldung verzinst werden. Fast ein Fünftel der deutschen Schulden entfällt auf ausländische Schulden. Die Zinslast ist heute zwar um 1,1 Milliarden RM. niedriger als im letzten Jahre, aber dennoch ist jetzt der Umsatz mit mehr Zinsen belastet als ehedem; denn der Geschäftsgang schrumpfte in weit größerem Umfange zusammen als die Zinsen abgebaut wurden.
Die Zinslast von 6,2 Milliarden RM. verteilte sich auf die einzelnen Zweige Mitte 1932 folgendermaßen (in Milliarden RM.): Landwirtschaft 0,85, Hausbesitz 1,51, Oeffentl. Ge- Lietskörperschaften 1,13, Oeffentliche Unternehmungen 0,13, Handel, Verkehr, Handwerk, Industrie 2,10. Im Durchschnitt ist zur Zeit das Schuldenkapital von 90 Milliarden RM. mit 6,6 Prozent verzinst. Einen hohen Zinssatz zahlt die Landwirtschaft (7,2 Proz.), den niedrigsten der Hausbesitz (5,1 Proz.), Den höchsten Zins (8 Proz.) tragen vor allem die Klein- und Mittelbetriebe, die meist mit teueren Kurzkrediten arbeiten.
Bis jetzt lehnte es bekanntlich die Regierung ab, die Zinsen herabzusetzen. Ein erneuter Zinsabbau würde vor allem dem Mittelstand und der Landwirtschaft zugute kommen.
Schleich«, d« Mann im Sinierarund
Er stürzte ve« Sozialdemokraten Müller / Machte Brüning z»m Kanzler und stürzte ihn Er macht Papen z«m Kanzler Berät Hindenbuxg und verständigt sich mit der Opposition Und heute?
Einer der Mitbegründer des Herrenklubs, Dr. Walter Schotte, hat soeben in R. Kittlers Verlag (Leipzig) eine Schrift „Das Kabinett Papen, Schleicher, Ga hl" erscheinen lassen, in der er sich über die Entstehung des Kabinetts und seine Männer ausspricht. Tr. Schotte steht Politisch und Persönlich den maßgebenden Männern des Kabinetts nahe, so daß seine Ausführungen einen besonderen Zuverlässigkeitswert haben, lieber die Rolle Schleichers sagt Schotte das Folgende:
Vor einigen Monaten veröffentlichte Kurt Reibnitz einen Aufsatz über General v. Schleicher; dieser Aufsatz war sehr gut informiert. „Als der Reichspräsident — heißt es darin — im März 1930 dem mit feinem Kabinett stark wackelnden Reichskanzler Hermann Müller die berühmte rote Mappe mit dem Dekret der Reichstagsauflösung geben wollte, war es Groener, der auf Veranlassung von Schleicher Einspruch erhob und dem Reichsoberhaupt erklärte, in einem Kabinett, das mit Notverordnungen arbeiten wolle, könne er die Verantwortung nur übernehmen, wenn die sozialdemokratische Führung ausgeschaltet würde. Dieser Einspruch führte letzten Endes zum Sturz des Kabinetts Hermann Müller, zur Kanzlerschaft Brünings."
Man weiß, daß der Reichspräsident gewisse Persönliche Sympathien für den inzwischen verstorbenen sozialdemokratischen Kanzler Hermann Müller gehabt hät, der ein einfacher, schlichter und menschlich zuverlässiger Mann gewesen ist. In Erinnerung wird auch die Krise sein, die daraus entstand, daß sich die Volkspartei dem Antrag der Regierung
widersetzte, zum Ausgleich des Defizits in der Arbeitslosenversicherung den Beitrag dafür zu erhöhen. Die Regierung stand vor der Frage, ob sie demissionieren oder den Reichstag auslösen solle. General von Schleicher, der in seiner Eigenschaft als Chef des Ministeramtes im Reichswehrministerium dem Reichspräsidenten fast täglich Vortrag zu halten hatte und der auch aus der Kameradschaft des 3. Garderegiments das besondere Vertrauen des Feldmarschalls v. Hindenburg genießt, erörterte in seinem Bortrag beim Reichspräsidenten die kritische Lage der Regierung, die in ihrem Konflikt mit dem Reichstag sachlich im Recht war. Der Reichspräsident war schon bereit, dem Reichskanzler Müller die berühmte rote Mappe zu geben, als General von Schleicher erklärte: in diesem Falle habe er den Auftrag, das Rücktritts ge such des Reichswehr- m i nisters vorzutragen.
Das war gewiß ein geschichtlicher Augenblick. Der Reichspräsident, vor die schwere Aufgabe gestellt, ob er unter diesen Umständen die in Aussicht stehende Demission des Kabinetts Müller annehmen sollte, reagierte mit der Gegenfrage, wer denn als neuer Kanzler in Betracht käme; hier siel aus Schleichers Munde zum erstenmal der Name HeinrichBrüning.
General von Schleicher, später wegen dieses Vorschlages auch von seinen Freunden wiederholt kritisch hefragt, soll die klassische Antwort gegeben haben: „Ich konnte doch dem Reichspräsidenten nicht mich selber Vorschlägen". Aber diese Antwort dürfte nicht ganz den Tatsachen entsprechen. Die waren vielmehr so, daß Schleicher auch damals die Ernennung Brünings zum Kanzler von langer Hand vorbereitet hatte; zwischen ihm und Brüning waren viele Besprechungen über dessen Kanzlerschaft vorausgcgangen.
Entäuschungen für Schleicher haben freilich nicht auf sich warten lassen. Zwar blieb das Verhältnis zwischen Schleicher und Brüning lange Zeit persönlich und sachlich sehr gut. Immerhin hat auch Schleicher sich wiederholt darüber beschwert, wie schwer von Entschluß der Kanzler Dr. Heinrich Brüning war, und vor allem, daß er verfehlte personalpolitische Entscheidungen richtigzustellen immer wieder
verzögerte. Wie vielen Leuten hat Dr. Brüning nicht aesiw daß Dr,/MApj ilOMl'AWMMr.ch^rchzbar fei. 'K doch hat es ms zum Herbst 1931 gedauert, daß er sich von Cirr- tius trennte; später noch, als Curtiüs das Unglück mit seiner Zollunionspolitik angerichtet hatte. Immerhin, bis zum Sommer 1931 war die Ehe Brüning-Schleicher gut.
Vom Herbst vorigen Jahres ab setzten. die Bemühungen Schleichers ein, eine Verständigung mit den Nationalsozialisten zu finden. Brüning hat, wie die Geschichte des Reichspräsidenten beweist, von diesen Bemühungen auch Nutzen zu sieben esucht. Allerdings ohne Erfolg. Im Gegenteil, sein eigens erhältnis zur nationalen Opposition verschlechterte sich Als dies klar war, ging Schleicher seinen eigenen Weg Spätestens ab Anfang dieses Jahres dürfte er den Kanzler- Wechsel als Notwendigkeit empfunden haben, wenn er auch anderseits wünschte, Brüning für die Außenpolitik zu erhalten. Schon vorher, bei der Umbildung des Kabinetts Brüning im Oktober vorigen Jahres, war der Gegensatz Schleicher- Brüning latent vorhanden. Aber Schleicher glaubte Wohl diesen Gegensatz noch überwinden zu können dadurch, daß er seinen eigenen Einfluß auf das Kabinett mit der Ernennung des Reichswehrministers Groener zum Reichsinnenminister verstärkte. Als dann Groener als Innenminister mit dem Verbot der SA. und SS. die Partei Brünings ergriff, war Schleicher gezwungen, zu handeln.
Völlig undurchsichtig ist übrigens die Rolle, die General von Schleicher bei dem Verbot der SA. und SS. gespielt hat. Angeblich hat Schleicher auf seinen Minister im Sinne dieses Verbots eingewirkt. Angeblich hat Schleicher auch einzelnen Ministern gegenüber sich im Sinne des Verbots ausgesprochen. Bon der Kabinettssitzung war er ausgeschlossen Am Tag nach dem Verbot hat er sich politischen Freunden gegenüber dahin geäußert, daß dieses Verbot die größte Dummheit der Regierung Brüning sei. Auf diesen scheinbaren Wechsel seiner Ansichten angesprochen, soll er erklärt haben, daß ein Verbot vielleicht nicht zu vermeiden gewesen wäre, niemals aber ein Verbot, einseitig nur gegen die SA. und SS. gerichtet, hätte erlassen werden dürfen. Möglich ist indessen, daß auch Schleicher die Auswirkungen des Verbots erst aus seiner Resonanz begriffen hat; möglich ist, daß zufällig in Sen entscheidenden Tagen sein Verhältnis zur nationalen Opposition eine neue Grundlage bekam.
Die Beziehungen zum Nationalsozialismus bestehen ja überhaupt noch nicht seit sehr langer Zeit. Noch vor zwei Jahren war Schleicher der von den Nationalsozialisten bestgehaßte Mann...
Schleicher, der Brüning gemacht hat, gab Brüning aus, als die Wege beider Männer auseinandergingen. Schleicher wollte die Verständigung mit der nationalen Opposition, Brüning ging nur zögernd mit und wußte die Verhandlungen Schleichers Mit Hitler, Röhm, Strasser, Göring, Frick, und anderen Führern der Nationalsozialisten nicht zu nutzen. Im Gegenteil) er ent f r emdete sich der nationalen Opposition mehr und mehr. Von da ab dachte Schleicher an den Kanzlerwechsel. Als er Papen fand, war für ihn der Wechsel selbst nur noch eine taktische Frage.
Irr diesem Zusammenhang war immer nur von Schleicher die Rede, nicht von einer „Fronde", nicht von einer „Kamarilla". Das war und das ist richtig. Zwar dürfte auch Staatssekretär Meißner die Umorientierung des Kabinett Brüning für notwendig erachtet haben. Meißner selbst hat den Kanzler dahin beraten, nach dem Fehlschlagen seiner Bemühungen um die Parlamentarische Verlängerung der Amtsperiode Hindenburgs seine Demission einzurcichen. Meißner selbst hat dem Kanzler Ratschläge für die Umbildung seiner Regierung gegeben. Den Sturz des Kabinetts hat Meißner nicht bewirkt! Eine Konspiration Meißner-Schleicher -zu diesem Zwecke — gab es nicht.
Schleicher behält also die Verantwo r t u n g. So wie er sie hat für die Bildung des Kabinetts Brüning, so für sei» Ende, so auch für die Ernennung des Kanzlers Papen. Er hat allein gehandelt aus der Stellung, die er hatte als Ches des Ministeramts im Reichswehrministerium, als Berater des Reichspräsidenten. Kein anderer General hat hier die Hand im Spiel gehabt. Auch der Chef der Heeresleitung nicht General von H a m >n e r st ein - Eg u o r d. Nicht, als ob General von Hammerstein unpolitisch wäre; auch er dürfte die Verständigung mit der Nationalen Opposition im Interesse der Reichswehr wünschen. Aber mit dem Sturz der Regierung Brüning, mit der Ernennung Popens hat Hammerstein nichts zu tun.
Die Entscheidung über das Lansanner Protokoll
rv. Wien, 20. Aug. Die Entscheidung über das endgültig! Schicksal des Äausanner Protokolls wird am Dienstag, den 23. d. M., fallen. Der Nationalrat hat nach der Trauersitzmig für den verstorbenen früheren Bundeskanzler Dr. Schober die nächste Sitzung aus Dienstag anberaumt.
Standarten im Nebel
Roman von Herbert B. Fredersdorf.
Copyright by: Carl Duncker Verlag, Berlin W. 62. 38. Fortsetzung,
„Herr Hauptmann Hardekow — Exzellenz Porck lasten grüßen, die Demoiselle ist glücklich angekommen — wir marschieren morgen auf Tilsit —"
- „Und General Massenbach?"
Der andere legt den Finger auf den Mund:
, „Wir werden uns hier Wiedersehen — Macdonald wird nicht weit kommen. Die Rüsten werden ihn bald haben."
Der Offizier geht.
Friedrich ist allein. Die dürftige Oelkampe wirft mattes Licht um sich — das Fenster ist ein schwarzes Viereck mit dem eingezeichneten Kreuz der Flügel, ab und zu huscht aus der dunklen Straße ein Licht vorüber, eine Fackel, eine Kerze in schmutziger Laterne.
Friedrich kann keinen Schlaf mehr finden. Er hört in der Dunkelheit Geräusche. Rollen nicht Räder? Gehen nicht, wie ein unaufhörlicher Regen, Tritte durch die Finsternis? Vernimmt man nicht halblaute Kommandos?
Was soll aus ihm werden, wenn die Preußen abziehen? Wenn es zum Kampf kommt? Bleibt er hier? Wird man ihn vergessen? Er kann sich ja nicht mehr rühren. Er muß warten, nichts als abwarten — welches entsetzliche Schicksal in diesem Augenblick.
Um achteinhalb Uhr am Morgen rückt Mastenbach mit feinen Bataillonen über das Eis der Memel, unbelästigt, niemand stört den Abzug, kein Franzose läßt sich sehen — doch, einer, ein Offizier, einer der Adjutanten des Mar- fchalls steht am Ufer. Kapitän Legrand.
Er steht ruhig da. die Hände am Degen, de» er vor sich hingestellt hat. sieht dem Uebergang der Kavallerie der Geschütze, der Infanterie zu — grüßt die preußischen Offi- ziere, die bis gestern feine Kameraden waren und morgen feine Todfeinde fein werden.
Massenbach. auf die stille Gestalt aufmerksam gemacht, reitet auf ihn zu, pariert den Gaul.
Legrand grüßt militärisch.
Der General fragt laut: „Warum stehen Sie hier, Herr Hauptmann? Warum melden Sie Ihrem Chef nicht, was Sie sehen?"
„Ich will kein unnötiges Gemetzel heraufbeschwören, Exzellenz."
Mastenbach betrachtet erstaunt den Offizier, an dessen Brust neben anderen Auszeichnungen das Offizierskreuz der Ehrenlegion blinkt:
„Sie haben recht, Herr Hauptmann — und ich glaube, Sie handeln im Sinne Ihres Marschalls."
Er ruft einen Offizier, der ihm das Schreiben überreicht, das er ursprünglich durch einen Einwohner dem Marschall zustellen lasten wollte; einen Brief, in dem er von Ma^- donald AbschiB» nimmt und in männlichen Worten seinem Schmerz Ausdruck verleiht, daß er gerade dem von allen sehr verehrten französischen Feldherrn diese Trennung nicht ersparen kann:
„Wollen Sie dem Herrn Marschall Macdonald meinen Brief überbringen, Herr Hauptmann?"
Legrand nimmt das Schreiben, steckt es ein.
„Ich möchte warten, bis die letzten Truppen den Fluß überschritten haben."
Mastenbach ist noch bei Legrand. Er beugt sich vom Pferde herab, spricht leise:
„Sonderbar, das, was Sie tun, ist beinahe halber Verrat."
Die blauen Augen des Bretonen flammen ihn an, während Legrand sehr kühl erwidert:
„Dies ist meine Angelegenheit. Exzellenz — ich vermeide es auch, Ihr Vorgehen zu beurteilen."
Massenbach richtet sich auf, grüßt — reitet davon.
Ms er sich, als letzter jenseits der Memel, umsteht, gewahrt er immer noch den französischen Hauptmann, der, auf seinen Säbel gestützt, am llferhang steht.
Aber jetzt hat Legrand eine Hand an die Augen gelegt, nun macht er eine heftige Bewegung, dreht sich um und geht der Stadt zu.
Die Preußen ziehen den entgegenkommenden Truppen Porcks mit lautem, frohem Gesang entgegen.
Leutnant Below hat seine dienstliche Meldung erstattet, der General weist nach hinten, wo Eva in einem Wagen des Trains mitfährt.
„Erzählen Sie der Demoiselle von Hauptmann paroe- kow, Below — recht genau und ausführlich — wie geht es ihm denn wirklich?"
„Die Verwundung ist, wie mir Oehninger sagte, schwer — aber man darf hoffen, daß er bald wieder auf dem Gaul sitzen wird, nur Fleischwunde, ein tüchtiger Riß, der den halben Oberschenkel zertrennt hat. Die Kälte und das schnelle Gerinnen des Blutes haben ihn gerettet."
„Gut, also beeilen Sie sich, ich erwarte Sie nachher, nehmen Sie sich drei Husaren für eine Rekognoszierung mit!"
Der Leutnant trabt neben der Straße an den vorwärtsziehenden Preußen zurück bis zur Nachhut, wo er Eva findet.
Porck hatte, alsbald nach Abschluß der Konvention, und noch vor dem schnellen Aufbruch aus Tauroggen, den Major Thiele beordert, um ihn als besonderen Adjutanten nach Berlin zu schicken. Thiele trägt ein langes, ausführliches Schreiben mit sich, in dem der General nochmals alle seine Gründe darlegt, vor allem darauf hinweist, daß angesichts der russischen Uebermacht der Untergang des Korps Macdonald unausbleiblich sei. Porck erklärt sich bereit, an jeder Stelle alle Folgen seiner Handlungsweise, die aus Pflichtgefühl und Patriotismus zusammengesetzt sei, zu tragen.
Thiele ist sofort abgeritten, muß Umwege machen, wird kaum vor dem vierten oder fünften Januar in Berlin sein können.
*
General Bachelu trifft Macdonald beim Frühstück. Der Marschall ist schlechter Laune und unruhig, er fährt den noch jungen General an:
„Wo stecken Sie denn, ich warte seit gestern auf Ihre Ankunft hier — haben Sie sich mit den Preußen vereinigt?
„Ich war gestern bereits am Rendezvous-Ort, aber allein "
,7 nd heute?"
„Allein."
„Das ist sonderbar, sonderbar, aber die Kavallerie steht doch da?"
„Nicht ein Mann."
Es klopft.
sFsrtfetzunz folgt)