Die Sozialdemokraten aus dem preußischen LandtagSprasidium herauSgewSdlt

Berlin, 22. Juni. (VdZ.) Die Mittwochsitzung des preu­ßischen Landtags begegnete wiederum starkem Interesse der Öffentlichkeit, was sich in überfüllten Tribünen dokumentierte. In den Reihen der nationalsozialistischen Fraktion sah man zum ersten Mal nach Aufhebung des Uniformverbots neben Abgeordneten in der neuen SA.-Uniform auch solche in der schwarzen Uniform der SS. Zunächst stand die politische Amnestie auf der Tagesordnung. Der nationalsozialistische Entwurf, der im wesentlichen die bekannten Beschlüsse des Rechtsausschusses enthielt, wurde zwar angenommen, aber nach recht erheblichen Aenderungen. Die Amnestie wurde be­fristet auf diejenigen politischen Taten, die bis zum 15. Juni L. I. begangen wurden. Auf kommunistischen Antrag wurde die Amnestie ausgedehnt auf Taten, die aus Anlaß von Wirt­schaftskämpfen. Streiks und Demonstrationen entstanden. Auf deutschnationalen Antrag wurde in den Entwurf eingefügt, daß die schweren Delikte vor allem gegen das Leben, schwere Körperverletzung usw. von der Amnestie ausgeschlossen werden.

Bei der folgenden endgültigen Wahl des Landtagspräsi­denten gab es eine Sensation. Die Kommunisten erklärten, sie seinen bedingungslos bereit, für einen anderen Kandidaten zu stimmen, wenn weder ein Nationalsozialist noch ein Deutsch­nationaler in das Präsidium gewählt werde. Die Sitzung wurde unterbrochen. Nach Wiederbeginn ergab sich, daß das Zentrum das kommunistische Anerbieten nicht mitmachen wollte. Für die zahlreichen Wahlakte, die nun folgten, stellten die Kommunisten einen eigenen Kandidaten auf, weswegen man zur Zettelwahl mit Namensaufruf schritt. Mehrere Stunden lang mußte der Landtag deshalb sich mit der Prä­sidiumswahl beschäftigen. Zum endgültigen Präsidenten wurde Abg. Kerrl (NS.) gewählt mit 197 Stimmen der Rechtspar­teien und bei Stimmenthaltung des Zentrums. Endgültig wurde der Deutschnationale Dr. von Kries zum 1. Vizepräsi­denten gewählt. Die Sozialdemokraten sind damit zum ersten Mal in der Nachkriegszeit aus dem preußischen Landtagsprä­sidium herausgewählt. Zum 2. Vorsitzenden wurde der Abg. Baumhoff (Ztr.) gewählt, wobei die Nationalsozialisten un­beschriebene Zettel abgaben. Baumhoff behielt sich seine Er­klärung über Annahme oder Ablehnung des Postens bis mor­gen vor, weil zu erwarten stand, was sich dann auch ereignete, daß an Stelle des herausgewählten sozialdemokratischen noch ein weiterer nationalsozialistischer Vertreter in das Präsidium gewählt wurde, sodaß der Zentrumsvertreter gegenüber zwei Nationalsozialisten und einem Deutschnationalen im Land­tagspräsidium ziemlich isoliert ist. Abg. Hacke (NS.) wurde zum 3. Vizepräsidenten gewählt; Zentrum und Sozialdemo­kraten hatten den Sitzungssaal verlassen und sich nicht an der Abstimmung beteiligt. Das Haus blieb beschlußfähig, weil die Kommunisten mitstimmten und für ihren Kandidaten eintraten.

Es entwickelte sich hierauf eine teilweise stürmische Ge- schäftsordnungsdebalte um die Wahl des Ministerpräsidenten. Sie stand auf der Tagesordnung der Mittwochsitzung, war aber nicht darangekommen. Die Deutschnationalen beantrag­ten, den Versuch der Wahl des Ministerpräsidenten am Don­nerstag vorzunehmen. Abg. Kube (N.S.) erwiderte den Deutschnationalen, daß die Nationalsozialisten sich nicht in Koalitionsverhandlungen einließen und die Wahl des Mini­sterpräsidenten habe Zeit bis nach den Reichstagswahlen. Der deutschnationale Antrag wurde gegen die Antragsteller, Kom­munisten und Deutsche Volkspartei, abgelehnt. Erst nach 9 Uhr abends vertagte sich das Haus auf Donnerstag.

Abwertung des Schillings?

Oesterreich kann nicht mehr warten

w. Wien, 22. Jum. Auf Grund der Erklärung des österreichischen Finanzministers in Gens, daß die National­bank am 23. Juni die Devisensperre gegenüber dem Ausland verhängen müsse, falls bis dahin die geplante Anleihe für Oesterreich nicht abgeschlossen sein sollte, hat wie die Blätter heute melden die Oesterreichische Nationalbank bereits ent­sprechende Vorkehrungen getroffen und schon gestern Ueber- weisungen von Auslandsguthaben zunächst zurückgestellt. Auf Devisenanforderungen wurde mitgereilt, daß erst am Donners­tag eine Entscheidung getroffen werden kann.

Berechtigtes Aufsehen erregt die mit den Worten:Fallen­lassen der Schillingparität?" überschriebene Spitzenmeldung

desNeuen Wiener Tagblattes", wonach bei der Oesterreichi- schen Nationalbank die Absicht bestehe,

die bisher künstlich aufrecht erhaltene Schiüingparität fallen zu lassen und die Spanne zwischen in- und auslän­discher Bewertung des Schillings allmählich auszugleichen. .

Aus welchem Niveau zwischen dem in- und ausländischen Kurs der Schilling gehalten werden soll, werde vorwiegend davon abhängcn, ob die Anleihe zustande komme. Die Hoff­nung, die alte Schillingparität auf die Dauer zu halten, scheine, wie man in Lausanne annehme, gering zu Win. Keinesfalls aber werde man den Schilling eine weitere Senkung erleiden lassen.

DasNeue Wiener Tagblatt" berichtet ferner, die Leitung der Nationalbank werde die Devisennotierungen dem tatsäch­lichen Wert des Schillings entsprechend um 25 bis 30 Prozent hinaufsetzen, jedoch nicht mit einem Schlag, sondern schritt­weise. Es ist wohl zu beachten, daß damit keine neue Senkung des Schillingkurses ins Auge gefaßt wird, sondern daß ledig­lich dem bereits eingetretenen tatsächlichen Zustand Rechnung getragen wird. Bekanntlich ist bereits in Form von geneh­migten Privatdevisenclearings zwischen österreichischen Aus- und Einsuhrhändlern der Außenhandel zum großen Teil auf die echten Devisenkurse umgestellt. Eine allmähliche Anpassung der amtlichen Kursnotierungen würde die Handhabung der Dcvisenordnung wirksamer machen, weil bisher jedermann, der Devisen besitzt, wenn nur irgend möglich, sich der Abliefe­rungspflicht entzieht, um nicht einen Verlust von 25 bis 30 Prozent zu erleiden.

Diese Nachricht desNeuen Wiener Tagblatt" steht in enger Verbindung mit einer pessimistischen Auffassung von der Lausanner Berhandlungslage.

Ein Aufruf Hitlers

München, 22. Juni. (Eig. Meldung.) DerVölkische Beobachter" veröffentlicht einen Aufruf Adolf Hitlers, in dem gesagt wird, daß nach den erfolgreichen Wahlkämpfen immer eine neue Welle von Unterdrückungen und Verfolgungen die NSDAP, treffe. Als verantwortlicher Führer der national­sozialistischen Bewegung müsse er es daher ablehnen, mit diesen Parteien heute irgend einen Pakt zu schließen.

Warum Pieeard in Zürich startet

Berlin, 21. Juni. Der belgische Professor Piccard will einen zweiten Aufstieg in die Stratosphäre unternehmen. Diesmal ist aber Zürich als Startplatz gewählt worden. Erst jetzt erfährt man einiges über die Hintergründe des Orts­wechsels. Danach scheint Professor Piccard unter den Einfluß belgischer Chauvinisten geraten zu sein, die alle Hebel in Be­wegung gesetzt haben, um ihn daran zu verhindern, zum zweitenmal in Augsburg zu starten. Die Stadt Augsburg hatte ihm seinerzeit alle möglichen Erleichterungen gewährt. Auch für den zweiten Aufstieg sind ihm die Vorbereitungs­arbeiten, die Gasfüllung, sowie Gas- und Sauerstoff um­sonst angeboten worden. Professor Piccard hat auf das An­gebot der Stadt Augsburg überhaupt keine Antwort erteilt. Er hat dafür die Hülle des Riesenballons mit Zubehör durch Transportautos von Augsburg abgeholt und nach Zürich schaffen lassen.

Man war in Augsburg über das Verhalten Piccards außerordentlich erstaunt. Direktor Scherle von der Ballon- faürik Riedinger in Augsburg hat sich trotzdem nach Zürich begeben, um Professor Piccard zu bestimmen, doch wieder nach Augsburg zurückzukehren. Piccard lehnte das jedoch ab, obwohl er zugab, daß Augsburg tatsächlich ein besserer Startplatz als Zürich sei. Direktor Scherle hat in seiner Unterredung mit Piccard den Eindruck gewonnen, daß auf Piccard von belgischer Seite her der stärkste Druck ausgeübt worden ist, um ihn von seinen deutschen Freunden loszulösen. Die belgischen Organisationen, die ihn unterstützen, haben ihm gegenüber auch unvcrhüllt zum Ausdruck gebracht, daß er sich sogenanntennationalen" Notwendigkeiten zu fügen Labe. Es ist sogar unter Hinweis auf die verschiedenen Straßenkrawalle im Reich die Behauptung aufgestellt wor­den, daß die Verhältnisse in Deutschland sehr unsicher seien und es für Piccard besser wäre, in die Schweiz zu gehen. Es scheint eben, daß gewisse Länder sich noch immer nicht von dem Geist, der während des Krieges herrschte, befreien kön­nen und daß man auch nicht davor zurückschreckt, wissen­schaftlichen Unternehmungen Schwierigkeiten zu bereiten, nur um chauvinistischen Tendenzen huldigen zu können.

Hus Llsül un6 L.SNÜ

Neuenbürg. Sitzung des Gemeinderats am 21. Juni. Die Schäden, welche durch die Hochwasser im Sommer 19 31 an der verbesserten Enzstrecke unterhalb der Stadt ent­standen, sind noch nicht ausgebessert. Nach dem Kostenvoran­schlag des Stadtbauamts wären aufzuwenden, a) für Unter­haltungsarbeiten 300 RM., d) für Neubauarbeiten 5300 RM., c) für Enzräumung 4700 RM.; dabei sind diejenigen Schäden noch nicht inbegriffen, welche die Stadt nicht berühren, z. B. beim Postamtsgrundstück. Nach einem ergangenen Erlaß des württ. Innenministeriums Abt. für den Straßen- und Wasser­bau beteiligt sich der Staat zu Ziffer u mit 33^ Prozent zu d mit 50 Prozent und zu c mit 0 Prozent. Nach ein­gehender Beratung wird vom Gemeinderat beschlossen, dst zu 10300 RM. verauschlagten Arbeiten in diesem Sommer bei günstigem Wasserstand ausführen zu lassen unter der Vor­aussetzung, daß der Staat seinen Beitrag zu u und b ungekürzt gewährt. Es ist beabsichtigt, die Arbeiten teils als Not­standsarbeit, teils durch Wohlfahrtserwerbslose ausführen zn lassen.

Der Fußballvereiu Neuenbürg muß seine Um­kleide- und Unterkunftshütte beim Sportplatz im Breiten Tal erneuern und sucht um Unterstützung durch die Stadt­gemeinde nach. Vom Gemeinderat wird beschlossen, dem Fuß- ballverein die erforderlichen 70 Baustangen 1. und 2. Klaffe aus dem Stadtwald auf dem Stock, ebenso die Steine und aus dem städtischen Vorrat Fußbodenbretter, soweit nötig und vorhanden, unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, einen Bar­beitrag aber aus finanziellen Gründen und der Folgen wegen abzulehnen.

Der Musik Verein beabsichtigt, am Sonntag, den 3. Juli, im Schulhof ein Gartenfest abzuhalten. Der Ge­meinderat hat nichts dagegen; wegen der Abortverhältniffe usw. wird vom Bürgermeisteramt das Nötige veranlaßt werden.

Die Brennholzversorgung an Kriegerwitwen, Sozial- und Kleinrentner soll wie in den Vorjahren erfolgen. Diejenigen Rentner, welche Heuer hievon keinen Gebrauch ma­chen wollen, haben Gelegenheit, dies baldmöglichst bei der Stadtpflege zu melden.

Die Rechnungssachen sind vom Rechnungsausschuß vorbehandelt und werdeu nach dessen Anträgen erledigt.

Von verschiedenen eingegangenen Erlassen nimmt der Ge­meinderat Kenntnis.

Nachdem noch eine Grundstücksschätzung und einige klei­nere Angelegenheiten erledigt waren, wurde die Sitzung um 9 Uhr geschlossen. st.

(Wetterbericht.) Von Westen rückt jetzt Hochdruck vor und verdrängt die Depression über Mitteleuropa. Für Frei­tag und Samstag ist mehrfach aufheiterndes, aber noch nicht auf die Tauer beständiges Wetter zu erwarten.

Birkenfelo, 22. Juni. Zur Bekämpfung des Schadens, der auf den Feldern durch Wild- und Schlagtauben angerichtet wird, hat der Gemeinderat beschlossen, die Schußberechtigten auf Markung Birkenfeld zu ermächtigen, die schadenstiftenden Vögel abzuschießen. Zwei Baugesuche wurden genehmigt, eines davon in stets widerruflicher Weise. Auf Grund der in der letzten Gemeinderatssitzung festgesetzten Richtsätze für die Wohlfahrtserwerbslosen, wurde die Unterstützung für die Wohlfahrtserwerbslosen in jedem einzelnen Fall vom Ge­meinderat besonders festgesetzt. Zur Bewertung des Eigen­tums wurden die zur Zeit geltenden Richtlinien bei der Be­dürftigkeitsprüfung für die Krisenfürsorge angewendet. Die Wohlfahrtserwerbslosen erhalten von der Festsetzung oder Ablehnung ihrer Unterstützung selbst Mitteilung. Am Schluß der Sitzung wurde noch eine Grundstücksschätzimg vorgenommen.

Freudenstadt, 22. Juni. (Das Erweiterte Schöffengericht ist tot! Falschmünzerei.) Die gestrige Verhandlung des Freudenstädter Erweiterten Schöffengerichtes war lautGrenzer" seine letzte. Me Notverordnung vom 14. Juni hat der Einrichtung des Erweiterten Schöffengerichtes einen unerwarteten raschen Tod bereitet. Künftig kommen die Fälle sofort vor die Strafkammer des Landgerichts Rottweil, das Schöffengericht Freudenstadt bleibt natürlich bestehen. Verhandelt wurde gestern gegen einen 31 Jahre alten Schreiner aus Freudenstadt, der falsche Zweimarkstücke hcrgestellt und ausgegeben

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Nachdruck verboten. Copyright Hy Langen-Müller, Muttchen.

(5. Fortsetzung.)

In diesen Tugen ließ der alte Müller seine Mühle still stehen und verschloß das Haus. Er war klug geworden; e^s war vorgekommen, daß eine ganze Schar dieser lustigen Städter gekommen war und allerhand Streiche mit seinen Kornsäcken getrieben hatte. Denn die Nächte waren so warm und hell und der Einfälle gab es viele. Der reiche Kammerherr hatte in seinen jungen Tagen einmal mit höchsteigenen Händen einen Ameisenhaufen in einem Trog in die Mühle getragen und ihn dort abgeleert. Jetzt war der Kammerherr gesetzten Alters, aber Otto, sein Sohn, kam noch auf das Schloß und belustigte sich mit seltsamen Dingen. Man konnte vieles über ihn hören . . .

Hufschlag und Rufe klangen durch den Wald. Die jungen Leute ritten spazieren, und die Pferde vom Schloß waren glänzend und übermütig. Die Reiter kamen an das Haus des Müllers, klopften mit ihren Peitschen an und wollten hineinreiten. Die Tür war so niedrig, aber sie wollten doch hineinreiten.

Guten Tag, guten Tag", riefen sie. Wir wollten euch begrüßen.

Der Müller lachte demütig über diesen Einfall

Dann stiegen sie ab, banden die Pferde fest und ließen die Mühle anlaufen.

Der Mahlgang ist leer", schrie der Müller.Ihr be­schädigt die Mühle."

Aber niemand hörte etwas in dem brausenden Lärm.

Johannes!" rief der Müller mit der ganzen Kraft seiner Lungen zum Steinöruch hinauf.

Johannes kam.

Die zermahlen mir die Mühlsteine", schrie der Vater und deutete hin.

Langsam ging Johannes auf die Gesellschaft zu. Er war schrecklich bleich, und die Adern an seinen Schläfen schwollen an. Er erkannte Otto, den Sohn des Kammer­herrn, der Kadettenuniform trug; außer ihm waren noch zwei andere dabei. Einer von ihnen lächelte und grüßte, um alles wieder gutzumachen.

Johannes rief nicht, winkte nicht, sondern ging seinen Weg. Er strebte gerade auf Otto zu. In diesem Augen­blick sieht er zwei Reiterinnen aus dem Walde Nachkom­men, die eine war Victoria. Sie hatte ein grünes Reitkleid an, und ihr Pferd war die weiße Stute vom Schloß. Sie steigt nicht ab, bleibt sitzen und beobachtet alle mit fragen­den Augen.

Da ändert Johannes seinen Weg, er biegt ab, steigt zum Damm hinauf und öffnet die Schleuse; nach und nach nimmt der Lärm ab, die Mühle steht still.

Otto rief:

Nein laß sie gehen! Warum machst du das?"

Laß die Mühle gehen, sage ich."

Hast du die Mühle anlaufen lassen?" fragte Victoria.

Ja", antwortete er lachend.Warum steht sie still? Warum darf sie nicht gehen?"

Weil sie leer ist", antwortete Johannes mit stockendem Atem und sah ihn an.Verstehen Sie das? Die Mühle ist leer."

Sie war doch leer, hörst du", sagte auch Victoria.

Wie konnte ich das wissen?" fragte Otto und lachte. Warum war sie leer, frage ich? War denn kein Korn drin?"

Sitz wieder auf!" unterbrach ihn einer seiner Kame­raden, um der Sache ein Ende zu machen.

Sie saßen auf. Einer von ihnen entschuldigte sick bei Johannes, ehe er fortritt.

Victoria war die letzte. Als sie ein kleines Stück weil gekommen war, wandte sie das Pferd und kam zurück.

Sie müssen so gut sein und Ihren Vater bitten, daß er das entschuldigen möge", sagte sie.

Es wäre richtiger gewesen, wenn der Herr Kadett das selbst getan hätte," antwortete Johannes.

Jawohl. Natürlich; aber ... Er ist so voller Ein­fälle . . . Wie lange ist es her, seit ich Sie gesehen habe, Johannes.

Er sah zu ihr auf, lauschend, ob er richtig höre Hatte sie den letzten Sonntag vergessen, seinen großen Tag!

Er antwortete:

»Ich sah Sie am Sonntag auf der Landungsbrücke."

Jawohl," sagte sie sofort.Welch ein Glück, daß Sie dem Steuermann beim Suchen helfen konnten. Ihr habt doch das Mädchen gefunden?"

Kurz und gekränkt antwortete er:

Ja. Wir fanden das Mädchen."

Oder war es so." fuhr sie fort, als fiele ihr etwas ein, war es so, daß Sie allein . . .? Na, es ist gleich. Jaja,

also, ich hoffe, Sie richten es Ihrem Vater aus. Gute Nacht."

Sie nickte lächelnd, straffte die Zügel und ritt fort.

Als Victoria außer Sicht war, schleuderte Johannes ihr nach in den Wald, zornig und unruhig. Er fand Vic­toria, wie sie ganz allein bei einem Baum stand. Tie lehnte an dem Baum und schluchzte.

War sie heruntergefallen? Hatte sie sich weh getan?

Er ging zu ihr hin und fragte:

»Ist Ihnen etwas zugestoßen?"

Sie trat ihm einen Schritt entgegen, sie breitete die Arme aus und sah ihn strahlend an. Dann hielt sie inne, ließ die Arme sinken und antwortete:

Nein, es ist mir nichts zugestoßen; ich stieg ab und ließ die Stute vorausgehen . . . Johannes, Sie sollen mich nicht so ansehen. Sie standen beim Teich und sahen mich an. Was wollen Sie?"

Er stammelte:

Was ich will? Ich verstehe nicht ..."

Sie sind da so breit," sagte sie und legte plötzlich ihre Hand auf die seine.Sie sind da so breit, am Handgelenk. Und dann sind Sie ganz braun von der Sonne, nuß­braun. . ."

Er bewegte sich, er wollte ihre Hand nehmen. Da raffte sie ihr Kleid zusammen und sagte:

Nein, es ist mir also nichts zugestoßen. Ich wollte nur gern zu Fuß heimgehen. Gute Nacht."

3. ,

Johannes reiste wieder zur Stadt. Und Jahre uns Tage vergingen, eine lange, bewegte Zeit mit Arbeit und Traumen, Studium und Versen; er hatte gute Fortschritte gemacht, es war ihm geglückt, ein Gedicht zu schreiben über Esther,ein Judenmädchen, das Königin in Persien wurde", eine Arbeit, die gedruckt und sogar bezahlt wurde. Ein anderes Gedicht,Der Jrrgang der Liebe", das in den Mund des Mönches Vendt gelegt war, machte seinen Na­men bekannt.

Ja, was war die Liebe? Ein Wind, der in den Rosen rauscht, nein, ein gelbes Irrlicht im Blute. Die Liebe war eine höllenheiße Musik, die selbst die Herzen der freist tanzen macht. Sie war wie die Marguerite, die sich de" Kommen der Nacht weit öffnet, und sie war wie die Ane­mone, die sich vor einem Atemhauch verschließt und bei Berührung stirbt.

So war die Liebe. Tr- Li ' -

(Fortsetzung folgt.) .