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(Wetterbericht.) Schwacher Tiefdruck erstreckt sich von Rußland bis nach Südfrankreich. Für Donnerstag und Freitag ist immer noch mehrfach bedecktes und auch zu leich­teren Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.

Btrkenfelo, 21. Juni. Auf Veranlassung von Baumschul­besitzer und Baumwart Rau, hier, versammelten sich die Baumwarte des Bezirks zwecks Gründung einer Baumwärter­vereinigung. Die Vereinigung kam zustande mit dem Ziel der Hebung und Förderung einer einheitlichen Baumpflege und engem Zusammengehen mit den Bezirksobstbauvereinen. Zum Ausdruck kam Verwendung guter eigener Erzeugnisse zuerst im Bezirk selbst. W-

* Wiwbad, 21. Juni. Die Glasertagung des w ür t t.-h o he nz. Verbandsgebiets wurde am Sonn­tag von Bürgermeister Bätzner und Handwerkskammersyn­dikus Eberhardt herzlich begrüßt. Nachdem Vorsitzender Mül­ler die ernste Lage im Glaserhandwerk geschildert und zu reger Mitarbeit in der Organisation aufgefordert hatte, er­stattete Syndikus Dr. Barth den Jahresbericht. Den Ausfüh­rungen schloß sich eine Aussprache über Berufsgenossenschafts­fragen u. a. m. an. Sehr aufschlußreich war ein Bericht von Direktor Junginger von der Hammonia, der mit dem Glaser­handwerk aufs engste verbundenen Versicherungsgesellschaft, über die neuerlich günstige Entwicklung dieses Unternehmens. Es wurde einstimmig beschlossen, mit genannter Versicherung einen Kollektivhastpflichtvertrag abzuschließen. Ehrenobermei­ster Karl Mayer-Eßlingen sprach dann über Richtpreise, Un­kostenberechnung und Verständigungswesen. Als Ort des nächsten (25.) Schwäbischen Glasertages wurde Stuttgart in Aussicht genommen.

Neuigkeiten oo» der Albtalbahn

Eingesandt von einem Freunde des Albtales und seiner Bewohner

Es ist an der Zeit, Betrachtungen darüber anzustellen, was sich bei der Albtalbahn seit Uebernahme durch die Deutsche Eisenbahn-Betriebsgesellschaft verändert hat. Ist doch die Zeit noch gar nicht so lange hinter uns, um nicht mehr der bangen Stunden zu gedenken, die uns die drohende Stillegung des BLEAG.-Betriebes bereitete. Damals hießt es: Wird die Alb­talbahn eingestellt oder nicht. Besonders bedenklich stimmte auch die Tatsache, daß dem gesamten Personale gekündigt wurde und ihm bei Stillegung völlige Entlassung drohte. Wer Gelegenheit hatte, während dieser Notzeit mit den Angestellten zu sprechen, der bekam einen Einblick, über die ungeheure Not­lage, in welche das Personal geraten würde, wenn die Still­legung käme. Aber auch dem Hotel- und Wirtschaftsgewerbe bedeutete eine Stillegung Rückgang der Freguenz und erst die vielen Arbeiter, die mit der Albtalbahn ihre Arbeitsstätten auszusuchen Pflegten, waren besonders stark bedroht. Und als sich die Nachrichten ständig widersprachen, da wurde die Ver­wirrung immer größer. Als es endlich zur Gewißheit wurde, daß der Betrieb durch die DEG. übernommen würde, waren alle Interessenten wie von einem schweren Alpdruck befreit. Von der Schwere der Ungewißheit konnte sich natürlich die große Allgemeinheit keinen Begriff machen, aher wer Gelegen­heit hatte, ständig mit den Betroffenen zusammenzukommen, der nur konnte sich ein Bild davon machen, wie groß die Freude war über die Nachricht: Der Betrieb wird weiter- geführt. Man freute sich in der Allgemeinheit besonders auch darüber, daß nun die vielen Angestellten nicht ihrer Existenz beraubt würden. Andererseits hatten Kenner der Verhältnisse zu der neuen, in Süddeutschland schon mehrere Bahnen unter­haltenden Gesellschaft das Vertrauen, daß nun aus den von der BLEAG. hinterlassenen Ruinen neues Leben erwachen werde. Und diese Hoffnung hat nicht getäuscht, die neue Gesellschaft hat ihrem guten Rufe auch hier Ehre zu schaffen gewußt.

Mit großem Interesse betrachtete ich in den letzten Wochen und Monaten die Entwicklung. Die Eisenbahnwagen sind besser gepflegt, neu gestrichen, atmen Reinlichkeit und Bequem­lichkeit wohin man blickt. Es gibt jetzt Wagen im Betriebe, die sich mit den neuen 3. Klassewagen der Reichsbahn nicht nur messen können, sondern schöner und behaglicher eingerichtet sind, als diese. Aber auch alle andern Wagen sind in Stand gesetzt worden, so daß man auf Schritt und Tritt einen modernen Zeitgeist atmet. Auch die Bahnhöfe und Haltestellen weisen eine musterhafte Ordnung auf, sind, wie z. B. der Bahnhof Ettlingen, mit wunderbar abgestimmtem Blumen­

schmuck versehen, die Gebäude frisch geputzt und die nächste Umgebung dem Ganzen in moderner Aufmachung tadellos airgepaßt.' Die treibende Kraft zu dieser Verschönerung scheint in Ettlingen zu sitzen und wird mir jeder Fahrgast, der in Ettlingen die Bahnhofsanlagen betrachtet, recht geben. Damit sind wir beim Personale angekommen und verdient dieses ein Lob. Die Leute sind durchweg freundlich und zuvorkommend. Es herrscht hier nicht der kalte Ton wie bei andern ähnlichen Unternehmungen. Das Zugspersonal betrachtet die Mitfah­renden als Gäste, die es zu betreuen hat. Bereitwillig gibt es überall Auskunft, man merkt ihm deutlich an, daß es sich über jeden Fahrgast freut. Schon dieser Geist ist bei Antritt und während der Fahrt ein Stückchen Erholung.

Auch für Verpflegung, Bewirtung, ist bestens gesorgt. Auf fast allen größeren Haltestellen sind schmucke Verkaufsstände anzutreffen, wo man so ziemlich alles haben kann, was man sonst auf Bahnhöfen zu bekommen gewohnt ist. Und in Herrenalb selbst unterhält die Albtalbahn einen sehr gut ge­leiteten Hotel- und Wirtschaftsbetrieb. Alles in allem ver­dient die neue Besitzerin des Albtalbahn-Unternehmens ein uneingeschränktes Lob und es ist dem Unternehmen zu wün­schen, daß der Besuch des Albtales, auch im Interesse des Hotel- und Wirtschaftsgewerbes, immer stärker wird und daß besonders auch der Güterverkehr bald wieder zu neuem Leben erwacht. O. R.

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Vaihingen a. Enz. 21. Juni. (Oberamtssparkasse und Gewerbe). Im Aufträge des Ausschusses des Gewerbeoereins sprach gestern eine Kommission des Vereins bei der Oberamtssparkasse vor, uin die Sparkasse zu bitten, bei der Kündigung von Krediten und Darlehen mit möglichster Schonung vorzugehen. Es wurde der Kommission erklärt, daß auf sofortige Rückzahlung in allen Fällen verzichtet werde, wo die Kredite und Darlehen gesichert oder Vereinbarungen über ratenweise Rückzahlungen abgeschlossen würden. Die Sparkasse lege auf eine weitere Zusammenarbeit mit Handel und Gewerbe den größten Wert und sie wolle alles vermeiden, was unnötige Schwierigkeiten bereite. Auf der anderen Seite sei sie gebunden an ihre Satzungen und die Weisungen des Verwaltungsrates.

Ludwigsburg, 21. Juni. (Ins Zuchthaus eingeliefert). Gestern wurden die beiden Welzheimer Raubmörder, die wegen gemeinschaft­lichen schweren Raubes mit Todesfolge, begangen an der Witwe Adis, zu Zuchthausstrafen von je zwölf Jahren verurteilt wurden, ins hiesige Zuchthaus eingeliefert. Es handelt sich um den 26 jährigen ledigen Arbeiter Richard Schulten aus Düsseldorf und den 23 Jahre alten ledigen Schreiner Friedrich Hirschberg aus Dortmund.

Stuttgart, 21. Juni. (60 Jahre Schwarzwaldbahn Stuttgart- Calw). Am 20. Juni 1872, vor nunmehr 60 Jahren, ist als letzte Teilstrecke der 48,5 Kilometer langen Schwarzwaldbahn Zuffenhausen Calw die Strecke WeilderstadtCalw, 22,8 Kilometer lang, eröffnet worden. Wenn die Bahnstrecke auch heute noch keine Schnell- oder Eilzüge kennt, so spielt sie doch als wichtige Zufahrtslinie zum Schwarz­wald für den innerwmttembergischen Verkehr eine wichtige Rolle. Seit 1930 ist von der bis jetzt eingleisigen, normalspurigen Schwarz­waldbahn die 14,4 Kilometer lange Strecke ZuffenhausenLeonberg, zunächst die Berqsirecke DitzingenLeonberg, in zweigleisigem Aus­bau begriffen.

Hessigheim. OA. Besigheim, 21. Juni. (Das vermißte Kind wiedergefunden). Das am Freitag mittag vermißte 7 jährige Mädchen, das seiner Mutter beim Kirschenpflücken unbemerkt weggelaufen war, wurde am Samstag nachmittag unversehrt in einem Kornacker, keine 300 Meter entfernt, wieder ausgesunden. Wie schon gemeldet, handelte es sich um ein geistig und körperlich beschränktes Kind.

Schwenningen a. N-, 21. Juni. (Aus dem Fenster gestürzt.) Am Samstag nachmittag stürzte eine in der Neckarstraße 15 hier wohn­hafte 45 Jahre alte verheiratete Frau aus dem Kiichenfenster auf die Straße. Die Flau war damit beschäftigt, das Kllchenfenster, das sich auf der Rückseite des Hauses befindet, von außen zu reinigen, wozu sie einen Stuhl benützte. Offenbar hat sich die Frau zu weit aus dem Fenster hinausgelehnt. Mit schweren inneren Verletzungen wurde die Bedauernswerte ins hiesige Krankenhaus gebracht. Der Mann war während des Unfalls zu Hause, bemerkte jedoch nichts davon, da er sich nicht gerade in der Küche aufhielt.

Rottweil, 21. Juni. (Ein oermöglicher Bettler.) Bei einer poli­zeilichen Razzia in Billingen wurde ein 57jähriger Wanderbursche aus Spaichingen festgenominen, dessen nähere Untersuchung ergab, daß er laut einem mitgeführten Sparkassenbuch einen Betrag von über 4000 RM. auf der Sparkasse in Spaichingen deponiert hat. Außerdem hatte er zwei Schuldscheine für ausgeliehenes Geld in Höhe von 825 RM. in Besitz. Aufgrund der Einträge in seinem Wanderbuch wurde festgestellt, daß der Betreffende seit Januar 1932

in 49 Gemeinden die öffentliche Fürsorge in Anspruch genommen hatte. Nach Entzug des Wanderbuches durch das Bezirksamt wurde der Bettler wegen fortgesetzten Betrugs in das Amtsgefüngnis Vil- lingen eingeliefert.

Süßen, OA. Geislingen, 21. Juni. (Großseuer in einer Ziegelei.) Heute nachmittag kurz vor 2 Uhr brach im Trockenraum der Ziegelei der Fa. G. Kunze ein Feuer aus, das sich bei dem leicht brennbaren Ziegeleimaterial mit großer Geschwindigkeit ausdehnte und auf die angrenzenden Gebäudeteile Übergriff. Die Ortsfeuerwehr von Süßen konnte des Brandes nicht mehr Herr werden und rief deshalb die Weckerlinien von Geislingen und Göppingen zu Hilfe. Trotz ver­einten Kräften ist es bis zum Spätnachmittag noch nicht gelungen, dem Feuer Einhalt zu gebieten. Durch die große Hitze besteht die Gefahr, daß der hohe Fabrikschornstein einstürzt. Es wurden daher alle nötigen Absperrungsmaßnahmen getroffen. Ueber die Brandur­sache steht Genaues noch nicht fest.

Ulm, 21. Juni. (Entnebelungsversuch). In der Nähe von Ulm wurde von dem Hamburger Wissenschaftler Professor Dr. Wiegand ein künstlicher Entnebelungsversuch durchgeführt. Nach dem Verfahren gelang es ihm, innerhalb einer Minute durch eine Nebelbank einen regelrechten Kanal von 80 Meter Breite zu schlagen.

Ravensburg, 21. Juni. (Russische Viehaufkäuse im Oberland). Wie der Verband oberschwäbischer Fleckviehzuchtoereine mitteilt, kaufen die Russen voraussichtlich anfang nächster Woche ca. 30 Farren und Kalbinnen. Der Aufkauf, der möglichst an einem Ort im Verband stattfindet, wird noch bekanntgegeben. Die Landwirte, die Tiere zum Verkauf anbieten, wollen jetzt schon die Abstammungsnachweise an- fordern, in welchen eine Mutter- oder eine Ahnenleistung von etwa 2800 Kilogramm Milch nachgewiesen sein muß. Kalbinnen müssen gedeckt sein, dürfen aber nicht über 28 Wochen tragend sein.

Tettnang, 21. Juni. (Verschiebung der Gauzielfahrt des ADAC?) Die zweite Gauzielfahrt des Gau 12 (Württemberg und Hohenzollernj im Allgem. Deutschen Automobilclub soll bekanntlich am Sonntag den 3ll Juli nach Langenargen führen. Auf diesen Tag ist inzwischen die Reichstagswahl anberaumt worden und es besteht die Befürchtung, daß dadurch die Beteiligung an der Fahrt leidet. Der 220 Mitglieder zählende Motorclub Tettnang und die Gemeindeverwaltung von Langenargen werden daher an die Gauleitung in Stuttgart das Er­suchen stellen, die Gauzielfahrt aus Sonntag, 24. Juli vorzuverlegen.

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Stuttgart, 20. Juni. Die Kleine Anfrage der Abg. Kling und Genossen betr. Verbilligung des Einmachzuckers für min­derbemittelte Kreise und insbesonders kinderreiche Familien hat das Finanzministerium wie folgt beantwortet:

Neben den allgemeinen Aufwendungen für die öffentliche Fürsorge in Kap. 2s des Staatshaushaltsplans stehen dem Staatsministerium weitere Mittel nicht zur Verfügung zil dem besonderen Zweck, Einmachzucker für minderbemittelte Volkskreise zu verbilligen. Die gewünschte Maßnahme begegnet auch insofern starken Bedenken, als allenfalls in Stuttgart, wo bisher schon sog. Minderbemitteltenausweise ausgegeben wer­den, ohne größere Ilmstände verbilligter Zucker an bestimmte Kreise zwar ausgegeben werden könnte, nicht aber im übrigen Teil des Landes, wo hiefür zunächst besondere Einrichtungen geschaffen werden müßten. Da für die Frage, wer bezugs­berechtigt sein soll, die Einkommens-, Vermögens- und Fa­milienverhältnisse zugrunde gelegt werden müßten, so wäre eine gerechte Abgrenzung sehr schwierig und führte wohl zu vielen Reibungen. Auch könnte die mißbräuchliche Verwen­dung des Zuckers nicht unterbunden werden. Auf alle Fälle wäre damit für die Behörden eine dem Streben nach möglich­ster Geschäftsvereinfachung zuwiderlaufende, sehr erhebliche Geschäftsvermehrung verbunden, die vermutlich in keinem Verhältnis zur tatsächlich geleisteten wirtschaftlichen Hilfe stände.

Beim Reich Steuervergünstigung für Einmachzucker zu­gunsten bestimmter Volkskreise zu beantragen, ist bei seiner großen Finanznot nach den gemachten Erfahrungen aussichts­los. Zudem hat auf Anfrage schon jetzt das Landesfinanzamt ernste Bedenken erhoben, weil schwer zu überwachen wäre, daß der verbilligt abgegebene Zucker tatsächlich bei den Kreisen verbleibt und den Zwecken zugeführt wird, denen er zukommen soll, und weil damit eine Gefährdung des Steueraufkommens verbunden wäre.

Eine restlose Verwertung der bevorstehenden Beerenernte erscheint auch ohne besondere Maßnahmen gesichert.

Die Deutsche Dolkspartei i« Württemberg

* Stuttgart, 21. Juni. Der geschäftsführende Ausschuß des Landesverbands Württemberg der Deutschen Volkspartei trat am 17. Juni zu einer Sitzung zusammen, um zu den

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Nachdruck verboten. Copyright by Langen-Müller, München.

(4. Fortsetzung.)

In einem Augenblick war Johannes zur Stelle. Er handelte vollständig instinktmäßig, ohne lleberlegung, ohne Vorsatz. Er hörte nicht, daß die Mutter oben auf dem Schiff schrie: mein Kind, mein Kind! und er sah auch keine Menschen mehr. Ohne weiteres sprang er aus dem Boot und tauchte unter.

Einen Augenblick lang war er verschwunden, eine Minute lang; man sah, wie an der Stelle, wo er hinein­gesprungen war, das Wasser kochte, und man begriff, daß er arbeitete. Auf dem Schiff dauerte der Jammer an.

Da tauchte er wieder auf, ein wenig weiter draußen, mehrere Klafter von der Unglücksstelle entfernt. Man schrie ihm zu und deutete wie rasend: Nein, hier war es, hier war es!

Und er tauchte wieder.

Von neuem eine qualvolle Spanne Zeit ununter­brochenes Wehklagen einer Frau und eines Mannes auf Deck, die die Hände rangen. Ein anderer Mann sprang vom Schiff hinab, der Steuermann, der Jacke und Stiefel abgeworfen hatte. Sorgfältig suchte er die Stelle ab, wo das Mädchen untergegangen war, und alle setzten ihre Hoff­nung auf ihn.

Da sah man wieder Johannes' Kopf über der Wasser­fläche, noch weiter draußen als zuvor, viele Klafter weiter draußen. Er hatte seine Mütze verloren, sein Kopf glänzte wie der eines Seehundes in der Sonne. Mar. erkannte, daß er mit etwas kämpfte, er schwamm mühsam, seine eine Hand war nicht frei. Einen Augenblick später hielt er etwas mit dem Mund, mit den Zähnen fest, ein mächtiges Bündel,' es war die Verunglückte. Erstaunte Schreie dran­gen vom Schiff und vom Land bis zu ihm hinaus, selbst der Steuermann mußte die neuen Rufe gehört haben, er steckte den Kopf herauf und sah sich um.

Endlich hatte Johannes das Boot erreicht, das abge­trieben war,' er brachte das Mädchen an Bord und kam

selbst nach, das Ganze ging ohne Ueberlegung vor sich. Die Leute sahen, wie er sich über das Mädchen beugte und ihr die Kleider am Rücken buchstäblich aufriß, dann packte er die Ruder und ruderte im Sturm zu Schiff hin. Als die Verunglückte ergriffen und an Bord gebracht wurde, er­tönte ein vielseitiges, jubelndes Hurra.

Wie kamen Sie darauf, so weit draußen zu suchen?" fragte man ihn.

Er antwortete:

Ich kenne den Grund hier. Und dann ist hier Strö­mung. Das wußte ich."

Ein Herr drängte sich an der Schiffsseite vor, er ist bleich wie der Tod, er lächelte verzerrt und Tränen hängen ihm an den Wimpern.

Kommen Sie einen Augenblick an Bord!" ruft er hinunter.Ich möchte Ihnen danken. Wir schulden Ihnen so viel Dank. Nur einen Augenblick."

Und der Mann eilt wieder aus der Menschenmenge weg, bleich wie der Tod.

Die Ladetüre an der Schiffsseite wird zurückgeschlagen, Johannes geht an Bord.

Er blieb nicht lange dort; er gab seinen Namen und seine Adresse an. Eine Frau hatte den triefenden Mann umarmt, der bleiche, verstörte Herr hatte ihm seine Uhr in die Hand gedrückt. Johannes kam in eine Kajüte, wo zwei Männer an der Geretteten arbeiteten, sie sagten: jetzt kommt sie zu sich, der Puls schlägt! Johannes sah die Kranke an, ein junges, blondes Mädchen in kurzem Kleid; das Kleid war am Rücken ganz zerrissen. Dann setzte ihm ein Mann einen Hut auf den Kopf, und er wurde hinaus­geführt.

Es war ihm nicht ganz klar, wie er an Land gekommen war und das Boot auf den Strand gezogen hatte. Er hörte, wie noch einmal Hurra gerufen wurde und die Musik festlich spielte, als das Schiff fortdampste. Eine Woge der Wollust durchrollte ihn kalt und süß von oben bis unten; er lächelte, bewegte die Lippen.

So wird also heute nichts aus der Fahrt", sagte Ditlef. Er sah mißvergnügt aus.

Victoria war gekommen, sie trat hinzu und sagte rasch:

Nein, bist du verrückt! Er muß doch heim und die Kleider wechseln."

Hoh, welch ei« Ereignis in seinem neunzehnten Jahre!

Johannes eilte nach Hause. Immer noch klang die Musik und das laute Hurra in seinen Ohren, eine starke Erregung trieb ihn immer weiter. Er ging an seinem Heim vorbei und schlug den Weg durch den Wald hinauf zum Eranitbruch ein. Hier suchte er sich einen schönen Platz aus, wo die Sonne hinbrannte. Seine Kleider dampften. Er setzte sich. Eine närrische und freudige Unruhe ließ ihn wieder aufstehen und umhergehen. Wir war er des Glückes voll! Er siel auf die Knie und dankte Gott mit heißen Tränen für diesen Tag. Sie hatte dabei gestanden, hatte die Hurrarufe gehört. Gehen Sie heim und ziehen Sie trockene Kleider an, hatte sie gesagt.

Er setzte sich und lachte immer wieder, hingerissen vor Jubel. Jawohl, sie hatte ihn diese Arbeit ausführen sehen, diese Heldentat, mit Stolz hatten ihre Blicke ihn begleitet, als er mit der Ertrunkenen zwischen seinen Zähnen heran­kam. Victoria, Victoria! Wenn sie wüßte, wie unsagbar er zu jeder Minute seines Lebens ihr gehörte! Er wollte ihr Diener und Sklave sein und ihren Weg mit seinen Schultern reinfegen. Und er wollte ihre beiden kleinen Schuhe küssen und ihren Wagen ziehen und an kalten Tagen Holz in ihren Ofen legen. Vergoldetes Holz wollte er in ihren Ofen legen, Victoria!

Er sah sich um. Niemand hörte ihn. Er war allein mit sich selbst. Er hielt die kostbare Uhr in der Hand, sie tickte, sie ging.

Dank, Dank für diesen guten Tag! Er streichelte das Moos auf den Steinen und die abgefallenen Zweige. Victoria hatte ihm nicht zugelächelt; nein freilich, das war nicht ihre Art. Sie stand nur auf der Landungsbrücke, ein kleiner roter Hauch flog über ihre Wangen. Vielleicht hätte sie seine Uhr angenommen, wenn er sie ihr gegeben hättet

Die Sonne sank, und die Wärme nahm ab Er fühlte, daß er naß war. Da sprang er, leicht wie eine Feder, nach Hause.

Auf dem Schloß waren Sommergäste, Fremde aus der Stadt, es gab Tanz und Musik. Und eine Woche lang wehte Tag und Nacht die Fahne auf dem runden Turm.

Und Heu lag da und sollte eingefahren werden, aber die Pferde waren durch die vergnügten Gäste in Beschlag genommen worden, und das Heu blieb liegen. Und groge Strecken ungemähter Wiesen standen da, aber die Knecht wurden als Kutscher und Ruderknechte verwendet, und das Gras blieb stehen und verdarb.

Und die Musik spielte immer noch im gelben Saal. ' (Fortsetzung folgt.)